Betreff
Weiterer Umgang mit den RWE-Aktien
Vorlage
0177/2017/KREIS
Art
Beschlussvorlage

Vor dem Hintergrund der in Aussicht gestellten Dividendenzahlungen für die Jahre ab 2017 und der positiven Aktienkursentwicklung hält der Kreis Borken bis auf weiteres seine RWE-Aktien in seinem Bestand. Der Kreisausschuss wird sich erneut mit dem weiteren Umgang mit den RWE-Aktien befassen, sobald der Aktienkurs den aktuellen Buchwert von 15,00 Euro/Aktie unter- oder den Wert von 25,00 Euro/Aktie überschreitet.


Rechtsgrundlage:

§ 26 Abs. 1 lit. k) Kreisordnung NRW

§ 3 der Richtlinien für Kapitalanlagen des Kreises Borken

Sachdarstellung:

Um die Handlungsfähigkeit des Kreises Borken über seinen RWE-Aktienbestand zu erhöhen, erteilte der Kreistag am 01.12.2016 dem Landrat die Vollmacht, den Aktienbestand des Kreises Borken an der RWE AG (318.714 Aktien) den Gesellschaftern der Vereinigung der kommunalen RWE-Aktionäre Westfalen GmbH (VKA) nach deren gesellschaftsvertraglichen Vorgaben zum Kauf anzubieten. Den Zeitpunkt sollte der Kreisausschuss festlegen. Der Kreisausschuss hatte dann am 02.03.2017 entschieden, den Aktienbestand den VkA-Gesellschaftern unverzüglich zum Kauf anzubieten (siehe Sitzungsvorlagen 0297/2016 und 0053/2017).

Die gesellschaftsvertraglich vorgegebene Angebotsfrist endete am 02.05.2017. Im Anbietungsverfahren hat kein VkA-Gesellschafter Kaufinteresse geäußert. Damit ist das Ziel, die Handlungsfähigkeit im weiteren Umgang mit den RWE-Aktien zu erhöhen, erreicht. Der Kreis Borken kann nunmehr frei über seine RWE-Aktien verfügen.

Vorgesehen ist nunmehr, dass sich der Kreistag nach diesem Anbietungsverfahren erneut mit dem weiteren Umgang mit den RWE-Aktien befasst. Die 318.714 RWE-Aktien sind im Entwurf des Jahresabschlusses 2016 mit 15,00 Euro/Aktie bewertet. Tatsächlich liegt der aktuelle Börsenkurs seit dem 07.06.2017 über 19,00 Euro/Aktie. Seit Anfang des Jahres hat die RWE-Aktie rund 70 Prozent an Wert zugelegt und wies die erfolgreichste Wertentwicklung im Deutschen Aktien-Index auf. Diese erfreuliche Kursentwicklung hat die Erwartungen zum Jahreswechsel übertroffen und ist vor allem durch folgende Effekte positiv beeinflusst:

      Das Bundesverfassungsgericht hat jüngst die zwischen 2011 und 2016 erhobene Kernbrennstoffsteuer für verfassungswidrig erklärt. Die RWE AG hatte rund 1,7 Mrd. Euro Kernbrennstoffsteuer gezahlt und geht nunmehr von einer entsprechenden Rückzahlung aus.

      Nach Einschätzung von Analysten hat das Interesse neuer Investoren zuletzt wieder spürbar zugenommen. Die Hoffnung auf steigende Strompreise und einen „Kapazitätsmarkt“ treibt die Aktie an. Denkbar ist, dass in einem „Kapazitätsmarkt“ Reservekraftwerke für ihren Beitrag zur Versorgungssicherheit extra vergütet werden. Greift die Bundesregierung diese Überlegungen auf, könnten sich die wirtschaftlichen Bedingungen für den Betrieb konventioneller Kraftwerke der RWE stabilisieren.

      Der Börsengang des RWE-Tochterunternehmens innogy im Herbst 2016 ist erfolgreich verlaufen und entspannt die Finanzlage der RWE AG, da der Verkauf von 23 Prozent der innogy-Anteile ca. 2,6 Mrd. Euro einbrachte. Die RWE AG ist aktuelle mit 77 Prozent an innogy beteiligt. Die Dividende der Ökostromtochter gleicht das schwächelnde Geschäft mit konventionellen RWE-Kraftwerken zum Teil aus.

      RWE strebt für 2017 eine Dividende in Höhe von 50 Cent/Aktie an. Das Niveau der Dividende soll auch in den Folgejahren mindestens gehalten werden. Dieses hat der Vorstandsvorsitzende in der jüngsten Hauptversammlung im April 2017 mitgeteilt. Durch einen guten Start ins Geschäftsjahr 2017 bekräftigt RWE AG die angestrebte Dividende.

Fast alle aktuell vorliegenden Analysteneinschätzungen empfehlen derzeit, RWE-Aktien zu halten oder sogar zu kaufen. Auch die für 2017 angestrebte Dividendenrendite von derzeit rd. 2,5 Prozent wird im Verhältnis zu alternativen Anlageformen außerhalb des Aktienmarktes positiv bewertet. In Anbetracht der positiven Aktienkursentwicklung und der optimistischen Unternehmensprognosen schlägt die Kreisverwaltung vor, die RWE-Aktien bis auf weiteres zu halten und den Aktienkurskorridor für eine erneute politische Beratung im Kreisausschuss auf +/- 5,00 Euro je Aktie zum gegenwärtigen Kurs von rd. 20,00 Euro festzulegen.

Der Kreistag hat am 09.03.2017 die Kreisverwaltung beauftragt, Vorschläge zu erarbeiten, wie die Erlöse aus einem möglichen Verkauf der RWE-Aktien dauerhaft im Vermögen des Kreises gesichert werden können. Die RWE-Aktien sind in der Bilanz des Kreises Borken als Wertpapiere des Anlagevermögens derzeit im Wert von 4,78 Mio. Euro (15,00 Euro/Aktie) erfasst. Ein vollständiger oder teilweiser Verkauf von RWE-Aktien würde zunächst einen Zugang an Barmitteln (Liquide Mittel) in Höhe des Verkaufserlöses bewirken. Die RWE-Aktien würden dann im Anlagevermögen in Höhe des Buchwertes von 4,78 Mio. Euro in Abgang gestellt. Der Teil des Verkaufserlöses unterhalb oder oberhalb des Buchwertes würde gem. § 43 Abs. 3 GemHVO NRW unmittelbar mit der Allgemeinen Rücklage verrechnet. Ein Verkauf der RWE-Aktien wäre somit ergebnisneutral und damit nicht unmittelbar kreisumlagerelevant.

Für langfristige Kapitalanlagen hat der Kreis Borken in seinen Richtlinien für Kapitalanlagen vom 24.09.2015 als Ziel festgelegt, rechtzeitig für bereits eingegangene Verpflichtungen, die erst künftig liquiditätswirksam werden, eine Finanzvorsorge zu treffen. Damit soll auch eine Verstetigung der Haushaltsbelastungen im Zeitablauf erreicht und ein Beitrag zur Generationengerechtigkeit geleistet werden. Der Kreis Borken legt insbesondere Kapital an für die nachhaltige Finanzierung zukünftiger Verpflichtungen aus der Beamtenversorgung.

Zur nachhaltigen Finanzierung zukünftiger Pensionslasten werden seit 2011 verstärkt Finanzmittel in dem kvw-Versorgungsfonds angelegt. Zum 31.12.2016 belaufen sich die Einzahlungen auf fast 38 Mio. Euro. Demgegenüber stehen allerdings auf der Passivseite der Bilanz 150 Mio. Euro als Pensions- und Beihilfeverpflichtungen für aktive Beamte und Versorgungsempfänger. Da es bei der Beamtenversorgung wesentlich darauf ankommt, einen gleichmäßigen und planbaren zukünftigen Liquiditätsabfluss zu organisieren, ist es nicht erforderlich (und auch faktisch nicht möglich), in voller Höhe der gesamten Pensionsrückstellungen verfügbares Kapital zu bilden. Dennoch bleibt für die Zukunft ein erheblicher Finanzierungsbedarf für liquiditätsmäßig ungedeckte Pensionsrückstellungen. Der kvw-Versorgungsfonds zeichnet sich durch eine konservative, aber erfolgreiche Anlagestrategie bei niedrigen Verwaltungskosten von 0,1 Prozent des angelegten Kapitals p.a. aus. Andere Fonds berechnen teils das Vierfache an Verwaltungskosten und nehmen zusätzlich einen erheblichen Ausgabeaufschlag.

Termingeldanlagen stellen derzeit keine adäquate Anlageform dar. Zum Vergleich erreichen beispielsweise neue Termingeldanlagen derzeit bei einer fünfjährigen Vertragslaufzeit je nach Anlagevariante eine Verzinsung von 0,5 Prozent im ersten Jahr bis zu 1,5 Prozent im letzten Jahr oder gleichbleibend bis zu 1,0 Prozent p.a.

Bei einem etwaigen Verkauf der RWE-Aktien könnten die liquiden Mittel auch in eine bestehende oder neu zu gründende Stiftung fließen. Neben den kommunalrechtlichen Erfordernissen ist hierbei zu beachten, dass derzeit schon zahlreiche Stiftungen Schwierigkeiten haben, aus dem Stiftungsvermögen ausreichend Finanzmittel für den Stiftungszweck zu erwirtschaften.

Wichtige (Schul-)Infrastruktureinrichtungen werden in den nächsten Jahren mit einschlägigen Förderprogrammen (z.B. KInvFG, Programm NRW.BANK.Gute Schule 2020) mit hohen Förderquoten refinanziert. Die darüber hinaus erforderlichen Eigenmittel können durch die bestehende Liquidität geleistet werden, so dass aus diesem Grund kein Aktienverkauf erforderlich ist.

Entscheidungsalternative(n):

Ja

·         Der Landrat wird ermächtigt, den Aktienbestand des Kreises Borken an der RWE AG unverzüglich oder zu einem festzulegenden Zeitpunkt zu veräußern.

·         Der Kreistag legt eine andere Aktienkursunter- und –obergrenze fest, bei deren Überschreitung sich der Kreisausschuss erneut mit dem Umgang mit den RWE-Aktien befassen soll.


Finanzielle Auswirkungen:

--

Siehe Sachdarstellung.