Die Kreisverwaltung hat keine unmittelbaren rechtlichen Zuständigkeiten (Kompetenzen), um die seit Jahren auch bundesweit beobachtete Tendenz der expandierenden Entwicklung der Wildschweinbestände bezüglich Anzahl und Ausdehnung im Kreis Borken zu beeinflussen. Sie setzt aber die in ihrer Möglichkeit stehenden, indirekten Maßnahmen fort, um die Aktivitäten der maßgeblichen Akteure zu fördern und zu erleichtern.
Sachdarstellung:
Anlass
In der Sitzung des Kreistages am 26.04.2018
wies der Kreistagsabgeordnete Stilkenbäumer auf zunehmenden Schäden durch
Wildschweine im Bereich Reken/Haltern hin und fragte, welche Maßnahmen gegen
die Ausbreitung der Wildschweine getroffen werden können. Landrat Dr. Zwicker
sichert ihm eine Aufbereitung des Themas zu.
Ausgangslage
In Expertenkreisen besteht Einigkeit darüber, dass die Anzahl der
Wildschweine und die Ausdehnung der von Wildschweinen besiedelten Flächen in
den letzten Jahren in Deutschland kontinuierlich zunehmen. Die Betroffenheit
innerhalb des Kreisgebietes Borken ist sehr unterschiedlich. Wie viele
Wildschweine in einem Gebiet leben, kann nur indirekt aus vergleichenden
statistischen Erhebungen abgeleitet werden:
1.
Anzahl
der bei der Jagd erlegten Wildschweine
2.
Anzahl
von Verkehrsunfällen mit Wildschweinen
3.
Anzahl
von gemeldeten Schäden durch Wildschweine
Eine Karte mit der Darstellung der erlegten Wildschweine des Jagdjahres
2016/2017 ist als Anhang beigefügt.
Schwarzwildstrecke
Kreis Borken
Jagdjahr Kreis Borken Altkreis Ahaus Altkreis Borken
Gesamt Hegering 1 – 6 Hegering 7 - 17
98/99 51
17 34
99/00 92 45 47
00/01 56 45 11
01/02 97 49 48
02/03 121 46 75
03/04 108 46 62
04/05 83 44 39
05/06 87 35 52
06/07 148 65 83
07/08 198 101 97
08/09 293 159 134
09/10 144 74 70
10/11 85 20 65
11/12 104 22 82
12/13 102 28 74
13/14 70 16 54
14/15 165 49 116
15/16 167 53 114
16/17 291 126 165
Bereits die heutige Anzahl von Wildschweinen in unserer Region wird aus
folgenden Gründen kritisch gesehen:
a)
Wildschweine
verursachen zunehmend Schäden in Naturschutzgebieten und landwirtschaftlich
genutzten Flächen und führen zu deutlich erhöhten finanziellen Belastungen für
die Jagdbeteiligten
b)
Mit
der steigenden Anzahl von Wildschweinen steigt das Risiko an Verkehrsunfällen
mit Schwarzwild
c)
Mit
einer höheren Populationsdichte erhöht sich das Risiko der Einschleppung bzw. Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) insbesondere durch fahrlässiges Entsorgen von
Speiseresten mit in der Folge dramatischen Handelseinschränkungen für Halter
von Mast- und Zuchtschweinen
d)
Im
Falle des Ausbruchs der ASP in der Region steigt für die zuständigen Behörden
der Aufwand der Bekämpfung und der Entsorgung von Fallwild mit höherer Populationsdichte
Nach § 29 BJagdG sind Wildschäden in der Landwirtschaft ersatzpflichtig
und zwar durch die Jagdgenossenschaft bzw. durch den Inhaber einer Eigenjagd.
Die Haftung wird teils auf den Jagdpächter übertragen. Zur Abgeltung der
Haftungszahlungen können Versicherungen abgeschlossen werden, deren Prämien
jedoch mit Zunahme der Wildschäden deutlich steigen.
Der in den vergangenen Jahren zu beobachtende Anstieg der
Wildschweinpopulation wird von Experten u.a.
auf hohes Futterangebot, schutzbietende Vegetation, die milden Winter
sowie fehlende oder ungeeignete Jagdintensität
zurückgeführt.
Als möglichen Maßnahmen zur Eindämmung der Wildschweinbestände werden
von Fachleuten folgende Maßnahmen genannt:
1)
Schaffung
einer wildschweinfeindlichen Umgebung durch land- und forstwirtschaftliche
Maßnahmen (Futterangebot reduzieren, schutzbietende Feldkulturflächen
reduzieren, Bejagungsschneisen in Feldkulturen)
2)
Schaffung
von Barrieren für die räumliche Verbreitung der Wildschweine durch Nutzung von
geeigneten Zäunen entlang von Autobahnen, großen Bundesstraßen wie B67n oder
B54
3)
Intensivierung
und Koordinierung geeigneter jagdlicher Maßnahmen z.B. revierübergreifender
Drückjagden, Anwendung geeigneter
geschulter populationssteuernder Jagdmethoden (z.B. Bejagung von Frischlingen)
unter Beachtung gesetzlicher Vorgaben
4)
Erleichterung
jagdlicher Aktivitäten (z.B. durch
Reduzierung lokaler oder zeitlicher Bejagungsverbote und
Kirrungsverbote, Deregulierung von
Jagdmethoden)
Unter den Experten besteht keine Einigkeit, in welchem Maße die
genannten Methoden effektiv sind.
Die aufgezeigten Maßnahmen können getroffen werden durch:
1)
Land-
und Forstwirtschaft
2)
Eigentümer
von Flächen, insbesondere großer Flächen wie z.B. DBU
3)
Jagdpächter
4)
Gesetzgeber
(Land / Bund)
Die Kreisverwaltung kann nur indirekte Einfluss nehmen durch:
1)
Zusammenbringen
und Motivation von Akteuren und Initiierung von revier- und kreisübergreifenden
Drückjagden
2)
Organisatorische
und finanzielle Unterstützung von Drückjagden für Versicherungen oder
Hundemeute. Dafür steht im Haushalt 2018 des Kreises Borken ein Budget von
2.000 € zur Verfügung. Zudem werden Trichinenuntersuchungen für Wildschweine
aus dem Kreisgebiet kostenlos durchgeführt.
3)
Lobbyarbeit
in vielen Fachgesprächen in Richtung Verpächter Naturschutzgebiete (BZRG MS),
sowie den niederländischen Ministerien und Provinzen
Diese Schritte zur indirekten Einflussnahme werden schon seit 2017 von
der Kreisverwaltung sehr intensiv betrieben.