Betreff
Ausbreitung der Wildschweinbestände im Kreis Borken
Vorlage
0138/2018/KREIS/1
Art
Beschlussvorlage
Referenzvorlage

Die Kreisverwaltung hat keine unmittelbaren rechtlichen Zuständigkeiten (Kompetenzen), um die seit Jahren auch bundesweit beobachtete Tendenz der expandierenden Entwicklung der Wildschweinbestände bezüglich Anzahl und Ausdehnung  im Kreis Borken zu beeinflussen. Sie setzt aber die in ihrer Möglichkeit stehenden, indirekten Maßnahmen fort, um die Aktivitäten der maßgeblichen Akteure zu fördern und zu erleichtern.

     


Sachdarstellung:

Anlass

In der Sitzung des Kreistages am 26.04.2018 wies der Kreistagsabgeordnete Stilkenbäumer auf zunehmenden Schäden durch Wildschweine im Bereich Reken/Haltern hin und fragte, welche Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Wildschweine getroffen werden können. Landrat Dr. Zwicker sichert ihm eine Aufbereitung des Themas zu.

 

Ausgangslage

In Expertenkreisen besteht Einigkeit darüber, dass die Anzahl der Wildschweine und die Ausdehnung der von Wildschweinen besiedelten Flächen in den letzten Jahren in Deutschland kontinuierlich zunehmen. Die Betroffenheit innerhalb des Kreisgebietes Borken ist sehr unterschiedlich. Wie viele Wildschweine in einem Gebiet leben, kann nur indirekt aus vergleichenden statistischen Erhebungen abgeleitet werden:

1.    Anzahl der bei der Jagd erlegten Wildschweine

2.    Anzahl von Verkehrsunfällen mit Wildschweinen

3.    Anzahl von gemeldeten Schäden durch Wildschweine

 

 

Eine Karte mit der Darstellung der erlegten Wildschweine des Jagdjahres 2016/2017 ist als Anhang beigefügt.

 

 

 

Schwarzwildstrecke Kreis Borken

 

 

Jagdjahr                    Kreis Borken                        Altkreis Ahaus          Altkreis Borken

                                   Gesamt                                  Hegering 1 – 6           Hegering 7 - 17

98/99                          51                                           17                               34

99/00                          92                                           45                               47

00/01                          56                                           45                               11

01/02                          97                                           49                               48

02/03                          121                                         46                               75

03/04                          108                                         46                               62

04/05                          83                                           44                               39

05/06                          87                                           35                               52

06/07                          148                                         65                               83

07/08                          198                                         101                             97

08/09                          293                                         159                             134

09/10                          144                                         74                               70

10/11                          85                                           20                               65

11/12                          104                                         22                               82

12/13                          102                                         28                               74

13/14                          70                                           16                               54

14/15                          165                                         49                               116

15/16                          167                                         53                               114

16/17                          291                                         126                             165

 

 

Bereits die heutige Anzahl von Wildschweinen in unserer Region wird aus folgenden Gründen kritisch gesehen:

 

a)    Wildschweine verursachen zunehmend Schäden in Naturschutzgebieten und landwirtschaftlich genutzten Flächen und führen zu deutlich erhöhten finanziellen Belastungen für die Jagdbeteiligten

b)    Mit der steigenden Anzahl von Wildschweinen steigt das Risiko an Verkehrsunfällen mit Schwarzwild

c)    Mit einer höheren Populationsdichte erhöht sich das Risiko der Einschleppung  bzw. Ausbreitung  der Afrikanischen Schweinepest (ASP)  insbesondere durch fahrlässiges Entsorgen von Speiseresten mit in der Folge dramatischen Handelseinschränkungen für Halter von Mast- und Zuchtschweinen

d)    Im Falle des Ausbruchs der ASP in der Region steigt für die zuständigen Behörden der Aufwand der Bekämpfung und der Entsorgung von Fallwild mit höherer Populationsdichte

 

Nach § 29 BJagdG sind Wildschäden in der Landwirtschaft ersatzpflichtig und zwar durch die Jagdgenossenschaft bzw. durch den Inhaber einer Eigenjagd. Die Haftung wird teils auf den Jagdpächter übertragen. Zur Abgeltung der Haftungszahlungen können Versicherungen abgeschlossen werden, deren Prämien jedoch mit Zunahme der Wildschäden deutlich steigen. 

Der in den vergangenen Jahren zu beobachtende Anstieg der Wildschweinpopulation wird von Experten u.a.  auf hohes Futterangebot, schutzbietende Vegetation, die milden Winter sowie fehlende oder ungeeignete Jagdintensität  zurückgeführt.

 

Als möglichen Maßnahmen zur Eindämmung der Wildschweinbestände werden von Fachleuten folgende Maßnahmen genannt:

 

1)    Schaffung einer wildschweinfeindlichen Umgebung durch land- und forstwirtschaftliche Maßnahmen (Futterangebot reduzieren, schutzbietende Feldkulturflächen reduzieren, Bejagungsschneisen in Feldkulturen) 

2)    Schaffung von Barrieren für die räumliche Verbreitung der Wildschweine durch Nutzung von geeigneten Zäunen entlang von Autobahnen, großen Bundesstraßen wie B67n oder B54

3)    Intensivierung und Koordinierung geeigneter jagdlicher Maßnahmen z.B. revierübergreifender Drückjagden, Anwendung  geeigneter geschulter populationssteuernder Jagdmethoden (z.B. Bejagung von Frischlingen) unter Beachtung gesetzlicher Vorgaben

4)    Erleichterung jagdlicher Aktivitäten (z.B. durch  Reduzierung lokaler oder zeitlicher Bejagungsverbote und Kirrungsverbote,  Deregulierung von Jagdmethoden)

 

Unter den Experten besteht keine Einigkeit, in welchem Maße die genannten Methoden effektiv sind.

 

Die aufgezeigten Maßnahmen können getroffen werden durch: 

 

1)    Land- und Forstwirtschaft

2)    Eigentümer von Flächen, insbesondere großer Flächen wie z.B. DBU 

3)    Jagdpächter

4)    Gesetzgeber (Land / Bund)

 

Die Kreisverwaltung kann nur indirekte Einfluss nehmen durch:

 

1)    Zusammenbringen und Motivation von Akteuren und Initiierung von revier- und kreisübergreifenden Drückjagden

2)    Organisatorische und finanzielle Unterstützung von Drückjagden für Versicherungen oder Hundemeute. Dafür steht im Haushalt 2018 des Kreises Borken ein Budget von 2.000 € zur Verfügung. Zudem werden Trichinenuntersuchungen für Wildschweine aus dem Kreisgebiet kostenlos durchgeführt.

3)    Lobbyarbeit in vielen Fachgesprächen in Richtung Verpächter Naturschutzgebiete (BZRG MS), sowie den niederländischen Ministerien und Provinzen

 

Diese Schritte zur indirekten Einflussnahme werden schon seit 2017 von der Kreisverwaltung sehr intensiv betrieben.