Der Ausschuss für Sicherheit und Ordnung nimmt den Sachstandsbericht zur Kenntnis.
Sachdarstellung:
Nach § 28 (1) BHKG müssen
Maßnahmen ergriffen werden, durch die eine Aufgabenerfüllung der Leitstelle
auch bei Ausfall sichergestellt wird. Hieraus ergibt sich für die Leitstelle
des Kreises Borken ein Bedarf an Redundanz.
2015 wurde von der Firma IDH-consult Ingenieurbüro Drägert & Harmeling GmbH eine Expertise zur Vernetzung der Leitstellen der Kreise Borken, Coesfeld und Steinfurt sowie der Einsatzzentrale Bocholt zur gegenseitigen Redundanz erstellt. Diese Expertise wurde im Herbst 2016 fertiggestellt.
Betrachtet wurden als mögliche Ausfallszenarien:
1.
Technischer
Ausfall einer Leitstelle bspw. durch Wassereinbruch, Feuer etc.
2.
Geplanter
organisatorischer Ausfall einer Leitstelle bspw. Im Zuge einen Evakuierung
durch Bombenfund
3.
Ungeplanter
organisatorischer Ausfall einer Leitstelle bspw. Räumung durch Feuer
Untersucht wurden als Handlungsalternativen:
1.
Vernetzte Leitstellen: Die
Draht-/Funkabfragesysteme werden technisch nicht miteinander vernetzt. Hier
wird vom jeweiligen Einsatzleitsystem ein Replikationsserver mit
Datensynchronisation in einem Redundanzstandort integriert.
2.
Errichtung Virtueller
Leitstellen:
Die Draht-/Funkabfragesysteme werden technisch miteinander vernetzt. Die
jeweiligen Einsatzleitsysteme werden auf ein gemeinsames System migriert. D.h.
alle Einsatzleitsystemarbeitsplätze arbeiten auf einem aktiven Serversystem; in
den anderen Standorten läuft ein passives Serversystem mit Datensynchronisation
zum aktiven Serversystem.
3.
Errichtung Virtueller
Leitstellen im Regionalverbund: Identisch zu 2. Variante, jedoch erfolgt
die Migration nach dem Systemkonzept „Regionalverbund“ des Herstellers CKS
Systeme. Das beinhaltet, dass alle Serversysteme in den Kreisleitstellen im
aktiven Betrieb sind und automatisch die relevanten Daten nach einem
technischen Regelwerk synchronisieren.
Die drei Handlungsalternativen wurden mit
Blick auf die möglichen Ausfallszenarien für folgende unterschiedliche
Konstellationen betrachtet:
a)
Vernetzung
der Kreisleitstellen Borken, Coesfeld und Steinfurt. Die Einsatzzentrale
Bocholt ist hierbei an der Kreisleitstelle Borken angebunden.
b)
Vernetzung
der Kreisleitstelle Borken und der Leitstelle Bocholt sowie Vernetzung der
Kreisleitstellen Coesfeld und Steinfurt.
Betrachtet und wurden die Kriterien:
1.
Dauer
für eine technische Umsetzung / Realisierung des Redundanzkonzeptes
2.
Notwendiges
Investitionsvolumen
3.
Schulungsaufwände
für das Personal
4.
Zeitdauer
bis zur möglichen Übernahme des Leitstellenbetriebes bei Ausfall einer
Leitstelle. Die drei unterschiedlichen Ausfallszenarien wurden dabei getrennt
betrachtet
5.
Grad
der interkommunale Zusammenarbeit
6.
Ergänzendem
Nebenkriterien wie Potenzial für sogenannten „Grenzbereichsbetrachtungen“, d.h.
Bearbeitung von Notrufen per Handy aus dem Nachbarkreis (Basisstation eigener
Kreis)
Die Kriterien wurden für die
unterschiedlichen Konstellationen und Handlungsalternativen in eine
Entscheidungsmatrix gebracht.
Die Expertise trifft für die Leitstelle des
Kreises Borken sowie für die Einsatzzentrale Bocholt, auch vor dem Hintergrund
der bereits getätigten Investitionen in die Leitstellentechnik, die eindeutige
Empfehlung zum Aufbau einer gemeinsamen virtuellen Leitstelle. Da der
Regionalverbund gegenüber der empfohlenen Alternative eine etwas höhere
Ausfallsicherheit im Bereich des Einsatzleitsystems beinhaltet, wird zudem
empfohlen im Falle des Zustandekommens und Etablierung eines Regionalverbundes
der Leitstellen der Kreise Coesfeld und Steinfurt, sich in diesen später
zusätzlich zu integrieren.
Das Gutachten betrachtet und bewertet
vorrangig die technische Machbarkeit der Redundanz-Varianten. Die
organisatorischen, finanziellen und auch politischen Aspekte der
Redundanz-Varianten unterstreichen die Empfehlung des Gutachters und lassen die
Zusammenarbeit mit der Einsatzzentrale als „gesetzt“ erscheinen.
Für die Zusammenarbeit mit der
Einsatzzentrale in Bocholt sprechen weiterhin:
-
Das
benötigte Investitionsvolumen für die Realisierung der empfohlenen Variante
unterscheidet sich insbesondere für den Kreis Borken erheblich von der
Alternativ-Lösung „Regionalverbund“
-
Einheitliche
Alarm- und Ausrückeordnung (besonders wichtig: Stichwörter)
-
Einheitliche
Philosophie und Ablauf in der Einsatzbearbeitung (beim Tagesgeschäft und auch
in Sonderlagen)
-
Einheitliche
Rahmenbedingungen (z.B. Rufkreise, Funkskizzen) im Funkverkehr durch die
gemeinsame / einheitliche TTB (technisch taktische Betriebsstelle)
-
Einheitliche
Schreibweise beschleunigen z.B. das Lokalisieren von Ortsangaben
(unterschiedliche Schreibweisen Straße, Str. Strasse ergeben im
Leitstellensystem unterschiedliche Treffer)
-
Örtliche
Nähe des Krisenstabes und der Einsatzleitung
-
Das
Handling mit dem gewohnten System wirkt insbesondere in angespannten
Krisenlagen psychologisch positiv und unterstützt die Qualität bei der
Einsatzbearbeitung
-
Ständiger
Austausch von Kollegen mit der jeweils anderen Organisation und gemeinsame
Arbeitskreise zu Gewährleistung einer einheitlichen Arbeitsweise
Um die Umsetzung der Empfehlungen zu
ermöglichen, wurde in den vergangenen Jahren mit der Stadt Bocholt sowie den
beiden Kreisen Steinfurt und Coesfeld Investitionen in neue Technik jeweils
abgestimmt getätigt. Die Kernkomponenten des Leitstellensystems (Draht- und
Funkabfragesystem (DFS) sowie das Einsatzleitsystem (ELS) mit dem Schwerpunkt
Disposition sind identisch geblieben.
Der Kreis Borken benötigt, um die
Redundanz für die Einsatzzentrale in Bocholt vollständig übernehmen zu können,
derzeit keine zusätzlichen Investitionen. Die bereits jetzt vorhandenen
Überlaufplätze, die z.B. bei Unwetterlagen (Stürme wie Kyrill, Fredericke,
Hochwasser) besetzt werden, entsprechen zwar keinem vollausgestattetem
Arbeitsplatz, reichen für eine Redundanz der Einsatzzentrale aber vorübergehend
aus. Die dv-technische Vollausstattung für den Redundanzfall wird beim
Leitstellenneubau im Ergänzungsgebäude berücksichtigt.
Damit die Einsatzzentrale Bocholt die Aufgaben der Leitstelle des Kreises Borken übernehmen könnte, wären noch folgende Investitionen notwendig:
a)
Möblierung
incl. Technik für 4 voll ausgestatte Notrufabfrageplätze
b)
Lizenzen
für 4 zusätzliche User
c)
Erweiterung
der Telefonanlage
d)
Zentrale
Komponenten (IT-Vernetzung, Firewall)
Nach den Kostenschätzungen des
Beratungsunternehmens ist hierfür mit einem Investitionsaufwand von ca. 160.000
Euro zu rechnen (Grundlage 2015, Preissteigerungen und Veränderungen sind nicht
berücksichtigt)).
Während der Kreis Borken die Ausstattung für
den Redundanzfall auch für besondere Lagen benötigt und nutzen kann, ist dies
in Bocholt größenbedingt so nicht gegeben. Hier müssen die bezifferten
Investitionen ausschließlich für die Redundanz der Leitstelle des Kreises
getätigt werden. Aus diesem Grunde ist eine Kostenbeteiligung des Kreises
vorgesehen.
Bevor die Stadt Bocholt bzw. der Kreis
Borken Investitionen tätigt, welche überwiegend bzw. ausschließlich für die Leistellenredundanz
der anderen Verwaltung notwendig ist, ist eine Kooperationsvereinbarung
zwischen dem Kreis Borken und der Stadt Bocholt zur gegenseitigen Realisierung
der Ausfallsicherheit der Leitstelle als rechtliche Absicherung erforderlich.
Die politischen Gremien werden bezüglich der Kooperationsvereinbarung und der Investitionen rechtzeitig informiert und beteiligt.