Der Ausschuss nimmt den aktuellen Sachstand zur Entwicklung der Förderschullandschaft im Kreis Borken zur Kenntnis.
Rechtsgrundlage:
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Sachdarstellung:
1.
Überblick über die Förderschulen im
Kreisgebiet Borken
1.1.
Förderschulen in Trägerschaft des Kreises
Schule |
Förderschwerpunkt |
Standorte |
Schüler/innen |
Neumühlenschule |
Geistige
Entwicklung |
Borken |
155 |
Brüder-Grimm-Schule |
Sprache |
Gescher |
160 |
Hans-Christian-Andersen-Schule |
Emotionale
und Soziale Entwicklung |
Südlohn |
100 |
Overbergschule |
Lernen |
Ahaus Bocholt |
85 135 |
|
Summe |
5 |
635 |
1.2. Förderschulen
in anderer Schulträgerschaft
Schule / Schulträger |
Förderschwerpunkt |
Standorte |
Schüler |
St.
Felicitas-Schule Stadt
Vreden |
Lernen / Sprache / Emotionale und Soziale Entwicklung
(Verbund) |
Vreden |
200 |
Brückenschule LWL |
Körperliche und Motorische Entwicklung |
Reken |
160 |
Johannesschule Diakonische
Stiftung Wittekindshof |
Geistige Entwicklung |
Gronau |
195 |
Haus
Hall Stiftung
Haus Hall |
Geistige Entwicklung |
Gescher |
190 |
Bischof-Ketteler-Schule Caritasverband
Bocholt |
Geistige Entwicklung |
Bocholt |
160 |
|
Summe |
5 |
905 |
2.
Neue Mindestgrößenverordnung ab dem
01.08.2019
Zum 01.08.2019 tritt die neue
Mindestgrößenverordnung für die Errichtung und Fortführung der öffentlichen
Förderschulen in Kraft. Künftig sind folgende Schülerzahlen erforderlich:
Förderschwerpunkt |
nur Primarstufe |
nur
Sekundarstufe I |
Primar- und Sekundarstufe I |
Geistige
Entwicklung |
./. |
./. |
50 |
Sprache |
55 |
66 |
./. |
Emotionale und Soziale
Entwicklung |
33 |
55 |
88 |
Lernen |
28 |
84 |
112 |
Verbund |
28 |
84 |
112 |
Körperliche und Motorische
Entwicklung |
./. |
./. |
100 |
Wenn eine Schule Teilstandorte betreibt, müssen an jedem Teilstandort
mindestens die Hälfte der Schülerinnen und Schüler nach der
Mindestgrößenverordnung beschult werden.
Aufgrund der aktuellen
Schülerzahlen ist die Förderschullandschaft im Kreis Borken derzeit stabil
aufgestellt. Kein Schulstandort ist gefährdet.
3. Schulgesetzliche
Regelungen zur Schulträgerschaft
Grundsätzlich sind die Städte
und Gemeinde nach § 78 Abs. 1 SchulG NRW originär verpflichteter Schulträger
für alle Schulformen, soweit das Schulgesetz nichts anderes bestimmt.
Nach § 78 Abs. 2 SchulG NRW
sind die Kreise und kreisfreien Städte lediglich originärer Träger der
Berufskollegs. Die Landschaftsverbände sind nach § 78 Abs. 3 SchulG NRW Träger
der Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation, mit dem
Förderschwerpunkt Körperliche und Motorische Entwicklung und in der Sekundarstufe I mit dem Förderschwerpunkt Sprache.
Nach § 78 Abs. 4 SchulG NRW
sind die Schulträger gemeinsam mit dem Land für eine zukunftsgerichtete Weiterentwicklung
der Schulen verantwortlich. Sie sind verpflichtet, Schulen zu errichten und
fortzuführen, wenn in ihrem Gebiet ein Bedürfnis dafür besteht und die
Mindestgröße gewährleistet ist. Die Verpflichtung, Schulen zu errichten und
fortzuführen besteht nicht, soweit und solange bereits vorhandene Schulen
anderer öffentlicher oder privater Schulträger das Schulbedürfnis erfüllen.
Erst wenn die Voraussetzungen
für die Errichtung und Fortführung einer Schule, für die die Trägerschaft der
Städte und Gemeinden vorgesehen ist, nur durch die Zusammenarbeit von mehreren
Gemeinden erreicht werden und diese Zusammenarbeit nicht zur Errichtung der
Schule führt, ist der Kreis nachrangig verpflichtet, die Schulen zu errichten.
4.
Aktuelle Situation der verschiedenen
Förderschwerpunkte
4.1. Förderschwerpunkt
Geistige Entwicklung
Im Kreisgebiet Borken wird an
vier Schulstandorten der Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung für etwa 700
Schülerinnen und Schüler angeboten. Drei der vier Förderschulen sind in
Schulträgerschaft privater Ersatzschulträger. Für die vierte Förderschule
Geistige Entwicklung ist der Kreis Borken Schulträger.
Aufgrund des Beschlusses der
Bürgermeisterkonferenz vom 28.03.2017 wurde der Kreis Borken mit der
federführenden Betreuung der Schulentwicklungsplanung der Förderschulen
Geistige Entwicklung in Abstimmung mit den privaten Ersatzschulträgern
beauftragt. Im Rahmen dieses Prozesses wurden zum Schuljahresbeginn 2018/2019
die Schuleinzugsgebiete neu festgelegt.
Die privaten Ersatzschulträger
werden durch den Kreis Borken finanziell unterstützt, u.a. durch Zuschüsse zu
den Eigenanteilen der Schulträger oder Finanzbeteiligungen bei
Schulbaumaßnahmen (z. B. siehe Vorlage Diakonische Stiftung Wittekindshof).
Trotz rückläufiger
Geburtenzahlen und der Möglichkeiten des Gemeinsamen Lernens sind die
Schülerzahlen an allen Schulstandorten mindestens stabil oder steigen sogar
leicht an. Insgesamt ist damit das System der
Förderschulen mit diesem Förderschwerpunkt stabil.
4.2. Förderschwerpunkt
Sprache
Die Schülerzahlen der
Kreisförderschule mit dem Förderschwerpunkt Sprache in der Primarstufe sind
seit Jahren am Schulstandort Gescher sehr stabil. Kreisweit ist die
Brüder-Grimm-Schule die einzige Förderschule, die ein reines Primarangebot
vorhält. An der Schule werden z.T. auch Schülerinnen und Schüler beschult, bei
denen neben dem vorrangigen Förderschwerpunkt Sprache auch ein
Förderschwerpunkt Lernen oder Emotionale und Soziale Entwicklung festgestellt
wurde. Nicht zuletzt aufgrund der konstanten Schülerzahlen ist die Förderschule
Sprache ebenfalls stabil.
4.3. Förderschwerpunkt
Emotionale und Soziale Entwicklung
Zum 01.01.2018 ist die
Hans-Christian-Andersen-Schule von den beiden bisherigen Teilstandorten Ahaus
und Rhede an einen Standort in Südlohn zusammengelegt worden. Insgesamt werden
zzt. etwa 95 Schüler und 5 Schülerinnen in Südlohn beschult. Durch die
Zusammenführung der beiden Teilstandorte relativ kleinen Schulstandorten mit
kleinen Kollegien sollten die Lehrerressourcen gebündelt und dadurch die
Vertretungssituation verbessert werden. Bei zwei sehr kleinen Schulstandorten,
die zudem noch sehr weit voneinander entfernt lagen, war oft keine
Unterrichtsvertretung zu gewährleisten. Der Umzug nach Südlohn soll
perspektivisch auch für die Errichtung einer
Offenen Ganztagsschule für die Primarstufe und die Überführung in eine
gebundene Ganztagsschule in der Sekundarstufe I für das Schülerklientel mit
diesem Förderschwerpunkt genutzt werden. Darüber hinaus ist der Aufbau eines
pädagogischen Unterstützungssystems ggf. mit Anbindung an die Jugendhilfe
geplant.
Durch die Inklusion kommen an
der Förderschule Emotionale und Soziale Entwicklung häufig Schülerinnen und
Schüler an, die aufgrund des Umfanges des Förderbedarfes im gemeinsamen Lernen
nicht mehr beschulbar sind. Diese Zielgruppe stellt Lehrkräfte und
Schulsozialarbeit oft vor besondere Herausforderungen, insbesondere in der
Eingewöhnungsphase.
Für den Förderschwerpunkt
Emotionale und Soziale Entwicklung erwarten sowohl der Schulträger als auch die
Schulaufsicht mindestens stabile voraussichtlich aber eher steigende
Schülerzahlen.
4.4. Förderschwerpunkt
Lernen
Zum 01.08.2016 hat der Kreis
Borken die Schulträgerschaft für die Förderschule Lernen übernommen. Der Kreis
hat die Schulträgerschaft der Overbergschule von der Stadt Bocholt übernommen
und am Standort der ehemaligen Don-Bosco-Schule in Ahaus einen Teilstandort
errichtet. Die Primarstufe wurde auslaufend gestellt. Die kommunalen
Förderschulen Lernen Pestalozzischule der Stadt Gronau, die Don-Bosco-Schule
des Schulzweckverbandes Ahaus-Heek-Legden-Schöppingen, die Johannesschule der
Stadt Stadtlohn und die Johannesschule der Stadt Borken wurden geschlossen.
Diese Maßnahme wurde mit den beteiligten kommunalen Schulträgern eng
abgestimmt, um für den Förderschwerpunkt Lernen weiterhin ein Angebot im Kreis
Borken machen zu können.
Bei der Übernahme der
Schulträgerschaft durch den Kreis wurde die Primarstufe auslaufend gestellt.
Ein wesentlicher Grund hierfür war, dass nach der Mindestgrößenverordnung für
die Fortführung einer Förderschule Lernen mit nur einer Sekundarstufe I
deutlich niedrigere Schülerzahlen erreicht werden müssen als bei einer
Förderschule Lernen mit Primar- und Sekundarstufe I. Mit dieser Maßnahme sollte
das Bestehen des Förderschulangebotes im Kreis möglichst langfristig gesichert
werden.
Gerade beim Förderschwerpunkt
Lernen entscheiden sich viele Eltern in der Schuleingangsphase für das
gemeinsame Lernen. An allen aufgelösten Förderschulen mit diesem
Förderschwerpunkt wurden zuletzt kaum mehr Schülerinnen und Schüler im
Primarbereich beschult. Dieser Rückgang ist darauf zurückzuführen, dass der
Förderschwerpunkt Lernen im Rahmen der AO SF-Verfahren i.d.R. erst ab der
Jahrgangsstufe 3 festgestellt wird.
Wie bei Übernahme der Schulträgerschaft
von allen beteiligten Schulträgern erwartet wurde, sind die Schülerzahlen
zurückgegangen und werden aufgrund starker Entlassjahrgänge in den kommenden
Jahren noch weiter zurückgehen. Der Kreis Borken geht jedoch davon aus, dass
weiterhin Bedarf an einem Schulangebot im Förderschwerpunkt Lernen bestehen
wird.
Aufgrund der Änderung der
Mindestgrößenverordnung sind derzeit
beide Teilstandorte der Overbergschule gesichert.
4.5. Förderschulen
im Verbund
Bei der St. Felicitas-Schule
in Trägerschaft der Stadt Vreden handelt es sich um eine Förderschule im
Verbund. Für diese Schulform gelten die gleichen Mindestgrößen wie für
Förderschulen Lernen. Aufgrund der aktuellen hohen Schülerzahlen ist die St.
Felicitas-Schule ebenfalls stabil.
4.6. Förderschwerpunkt
Körperliche und Motorische Entwicklung
Auch für die Förderschule in
Trägerschaft des LWL ist von mindestens stabilen Schülerzahlen und damit von
einem stabilen Förderschulangebot auszugehen.
5.
Herausforderungen
5.1. Veränderungen
aufgrund geänderter AO SF-Verfahren
Die AO SF-Verfahren wurden in
den vergangenen Jahren verändert. Eltern können nach wie vor jederzeit einen
Antrag auf Feststellung des Förderbedarfes stellen. Eine Verpflichtung der
Eltern, den Förderbedarf feststellen zu lassen, besteht nicht.
Umgekehrt dürfen Schulen ein
AO SF-Verfahren nicht jederzeit einleiten. Insbesondere beim Förderschwerpunkt
Lernen können Schulen die Verfahren erst im dritten Schulbesuchsjahr nach der
Schuleingangsphase eröffnen. Dies ist u. a. darin begründet, dass die
Feststellung des Förderschwerpunktes Lernen weitreichenden Auswirkungen
für die Kinder hat. Insbesondere kann aufgrund der mit diesem Förderschwerpunkt
verbundenen zieldifferenten Beschulung kein regulärer Schulabschluss erreicht
werden.
Bei anderen
Förderschwerpunkten, insbesondere Geistige Entwicklung und Sinnesstörungen,
können die AO SF-Verfahren früher eröffnet werden. In besonderen Fällen und bei
großen Auffälligkeiten gilt dies auch für den Förderschwerpunkt Emotionale und
Soziale Entwicklung.
Insgesamt sind die Zahlen der
Antragstellungen im Primarbereich stark rückläufig. Häufig sind AO SF-Verfahren
noch nicht abgeschlossen, wenn die Schülerinnen und Schüler in die
Sekundarstufe I wechseln.
5.2. Lehrerversorgung
Die Lehrerressource einer
Schule wird aufgrund der Schülerzahlen der stichtagsbezogenen amtlichen
Schulstatistik (sog. Oktoberstatistik) berechnet. Veränderungen, die sich nach
dem Statistikstichtag ergeben, fließen nicht mehr in die Bemessung der
Lehrerressource ein.
Durch die Veränderung der
Schüler-Lehrer-Relation an den Förderschulen sind mehr Schülerinnen und Schüler
je Lehrkraft zu unterrichten. Dies gilt insbesondere für den Förderschwerpunkt
Emotionale und Soziale Entwicklung. Dadurch musste häufig die bislang übliche
Doppelbesetzung der Klassen aufgegeben werden.
Durch die von der
Landesregierung geplante Neuausrichtung der Inklusion ist von weiteren
Veränderungen der Bemessung der Lehrerressource auszugehen.
Insgesamt besteht ein Mangel
an sonderpädagogischen Lehrkräften sowohl an den Förderschulen als auch an den
Regelschulen. Die Bezirksregierung ist bemüht, beide Systeme im gleichen
Verhältnis mit entsprechenden Lehrkräften auszustatten.
Dadurch müssen häufig Lehrkräfte von den Förderschulen ganz oder
teilweise an Regelschulen abgeordnet werden.
5.3. Übergänge
aus dem gemeinsamen Lernen
Die Schulleitungen stellen
vermehrt fest, dass Regelschulen während des laufenden Schuljahres einen
Wechsel an eine Förderschule anstoßen. Dies ist häufig dann der Fall, wenn das
Gemeinsame Lernen an der Regelschule gescheitert ist. Aufgrund der oben
beschriebenen Systematik der Bemessung der Lehrerressource für die Schulen sind
die Förderschulen personell kaum in der Lage, im laufenden Schuljahr neue
Schülerinnen und Schüler von den Regelschulen aufzunehmen. Schulrechtlich ist
auch der Wechsel im laufenden Schuljahr nicht vorgesehen. In Abstimmung mit der
zuständigen Schulaufsichtsbeamtin werden die Förderschulen neue Schülerinnen
und Schüler aus dem gemeinsamen Lernen nur noch zum Wechsel des Schuljahres
aufnehmen.
5.4. Kleine
Förderschulsysteme
Die Systeme der Förderschulen
Lernen und Emotionale und Soziale Entwicklung sind aufgrund der allgemeinen
Entwicklungen mittlerweile sehr klein und damit verbunden auch die Anzahl der
Lehrkräfte eher gering. Krankheitsbedingte Personalausfälle und unbesetzte
Stellen wirken sich hier deutlicher aus als in den größeren Systemen der
Regelschulen. Personalausfälle in diesen Förderschulen können daher in
Vertretungssituationen oft nicht aufgefangen werden. Dies führt in der Folge zu
vermehrtem Unterrichtsausfall.
5.5. Schülerfahrkosten
Weitere Anfahrtswege, viele
Krankheits- und Vertretungssituationen in Verbindung mit kurzfristigen
Stundenplanänderungen und dadurch notwendig werdenden zusätzlichen Fahrten
haben dazu geführt, dass die Schülerfahrkosten für den Schülerspezialverkehr an
den Förderschulen in den vergangenen Jahren überproportional stark angestiegen
sind. Aufgrund der langen Schulwege und oft fehlenden Verbindungen ist eine
Umstellung auf den öffentlichen Personennahverkehr faktisch nicht möglich.
Darüber hinaus ist in vielen Fällen die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel
behinderungsbedingt nicht möglich. Der Kreis Borken rechnet daher weiterhin mit
hohen Kosten für die Schülerbeförderung zu den Förderschulen.
5.6. Weiterentwicklung
der Förderschullandschaft
Nach Einschätzung des Kreises
Borken wird trotz der Inklusion weiterhin ein flächendeckendes
Förderschulangebot im Kreisgebiet notwendig sein. Bei den Förderschwerpunkten
Geistige Entwicklung sowie Körperliche und Motorische Entwicklung ist auch
perspektivisch von stabilen Schulstandorten auszugehen.
Für die Förderschwerpunkte
Lernen, Sprache sowie Emotionale und Soziale Entwicklung ist es erforderlich,
das weitere Vorgehen mit den beteiligten Schulleitungen und Schulträgern eng
abzustimmen, um so auf die jeweiligen Herausforderungen reagieren zu können.
In einem ersten
Schritt sollen mit der Schulaufsicht und den Schulleitungen der Overbergschule,
der Brüder-Grimm-Schule, der Hans-Christian-Andersen und der St.
Felicitas-Schule in Trägerschaft der Stadt Vreden Gespräche unter Federführung
der Bezirksregierung geführt werden.