Betreff
Einführung einer app-unterstützten Ersthelferalarmierung
Vorlage
0154/2019/KREIS/1
Art
Beschlussvorlage
Referenzvorlage

Die Verwaltung wird beauftragt eine app-unterstützte Ersthelferalarmierung im Kreis Borken einzuführen.  


 

Sachdarstellung:

Der Ausschuss für Sicherheit und Ordnung des Kreises Borken hat in seiner Sitzung vom 01.04.2019 die Verwaltung beauftragt zu prüfen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Einführung einer app-unterstützten Ersthelferalarmierung möglich ist.

 

Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand zählt jede Sekunde! Daher sollte das therapiefreie Intervall zwischen dem Eintritt eines lebensbedrohlichen medizinischen Notfalls dem Eintreffen des Rettungsdienstes möglichst verringert und damit der Reanimationserfolg wesentlich verbessert werden.

 

Wir im Kreis Borken verfügen über eine Vielzahl von qualifizierten Menschen (Mitarbeiter/innen im Rettungsdienst, Krankenschwestern und Krankenpfleger, Ärzte /innen,….) die bereit sind Ihr Können für Andere einzusetzen. Dieses ehrenamtliche Engagement gilt es zu aktivieren und einzubinden.

 

Eine App-unterstützte Ersthelferalarmierung ergänzt den öffentlichen Rettungsdienst, ohne aber dessen Bestandteil zu sein. Es handelt sich um eine sinnvolle Ergänzung des bereits gut funktionierenden Rettungsdienstes. Die Rettungskette wird somit gestärkt, ohne eine Änderung an der bisherigen etablierten Struktur des Rettungsdienstes vorzunehmen.

Dabei werden medizinisch qualifizierte Ersthelfer, die sich in unmittelbarer Nähe zum Notfall befinden, durch die GPS-Komponente ihrer Smartphones geortet und durch die Leitstelle automatisch parallel zum Rettungsdienst über eine App alarmiert. Diese Ersthelfer können allein durch die örtliche Nähe sehr oft schneller als der Rettungsdienst am Notfallort sein und schon in der Zeit, bis zu dessen Eintreffen, qualifizierte lebensrettende Maßnahmen einleiten, die gerade in den ersten Minuten oft entscheidend sind.

 

Bei der Einführung eines solchen Alarmierungssystems für qualifizierte Ersthelfer bedarf es zwingend einer technischen Kompatibilität der Alarmierungssysteme, sowie eine organisatorische Projektbegleitung.

 

Technisch wird das Alarmierungssystem über eine Leitstellen-Kopplung an den Webserver des Anbieters initialisiert. Die Ersthelfer werden vom Webserver über eine entsprechende App ihres persönlichen Smartphones alarmiert.

 

Die Ersthelfer senden über die App aktuelle Ortungsdaten an den Webserver des Anbieters.

Anhand der Ortungsdaten ermittelt der Webserver im Alarmierungsfall den oder die am nächsten verfügbaren qualifizierten Ersthelfer. Diese werden über eine Push-Benachrichtigung zu seiner Einsatzbereitschaft befragt.

Bestätigt der Ersthelfer seine Einsatzbereitschaft, kann er für diesen Einsatz beauftragt werden.

Mit der Einsatzübernahme erhält der Ersthelfer automatisch die von der Leitstelle versandten Einsatzinformationen.

 

Bei der Einführung eines Alarmierungssystems für qualifizierte Ersthelfer kommt der organisatorischen Begleitung ein sehr hoher Stellenwert zu.

 

Ein solches System beruht auf freiwilligen Helfern, diese müssen mit Hilfe der Öffentlichkeitsarbeit rekrutiert werden. Auch hierfür muss entsprechendes Medienmaterial erstellt werden. Außerdem empfiehlt es sich den Ersthelfern eine kleine Ausstattung an Hilfsmitteln, sprich Einmalhandschuhe und eine Beatmungsmaske, zur Verfügung zu stellen. Der Eigenschutz der Ersthelfer ist wichtig und dem sollte von Seiten des Trägers Rechnung getragen werden. Zudem erhält dies die Motivation der Ersthelfer und wird als Wertschätzung ihrer wichtigen Arbeiten wahrgenommen.

 

Im Anschluss der internen Vorbereitungen muss durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit ein entsprechender Personenkreis informiert werden. In Frage kommen hierfür nicht nur Personen, welche im Kreis Borken wohnen, sondern auch solche, die von extern einpendeln.

 

Vor der Freischaltung eines Alarmierungssystems für qualifizierte Ersthelfer müssen zwingend Rechts-, Datenschutz- und Versicherungsvoraussetzungen geprüft werden.

 

Durch die Ärztliche Leitung des Rettungsdienstes muss eine Mindestqualifikation für mögliche Ersthelfer festgelegt werden. Es muss ein Konzept über Qualitätsstandards erarbeitet werden um sicherzustellen, dass die freiwilligen Ersthelfer tatsächlich als solche geeignet sind. Die interessierten Ersthelfer müssen sich beim Kreis Borken registrieren lassen und ihre Qualifikation nachweisen. Nach Überprüfung der Qualifikation wird der Ersthelfer für das System freigegeben.

Durch die aktive Alarmierung eines Ersthelfers wird dieser vom Kreis Borken „beauftragt“ und damit zum Verwaltungshelfer.

Zudem müssen Alarmierungsindikationen sowie Kontraindikationen unter Beteiligung der Ärztlichen Leitung des Rettungsdienstes erarbeitet werden.

 

Insbesondere entsteht hier folgender Aufwand

o   Erstellung von Informationsmaterial

o   Presseinformationen, Öffentlichkeitsarbeit, soziale Medien, Informationsveranstaltungen in allen Städten und Gemeinde im Kreis Borken

o   Betreuung einer Supportplattform, Ansprechpartner für Ersthelfer zu Themen wie Registrierung, technische Probleme, etc.

o   Prüfung der Helfer Qualifikation

o   Aufrechterhaltung der Motivation und Bindung der ehrenamtlichen Ersthelfer durch regelmäßige Kommunikation und mediale Präsens

o   Bereitstellung von Werbematerialien / Ausstattung der Ersthelfer

 

Die Ersthelferalarmierung muss nicht zwingend an der Kreisgrenze Borken enden. Es besteht grundsätzlich die Möglichkeit die Nachbarkreise in dieses System miteinzubinden. Sofern die umliegenden Kreise die gleiche Alarmierungs-App einführen würden, könnte die Alarmierung auch übergreifend bzw. gegenseitig erfolgen.

Der Kreis Wesel befasst sich aktuell ebenfalls mit der Einführung einer app-unterstützen Ersthelferalarmierung. Erste Gespräche hinsichtlich einer möglichen Zusammenarbeit haben bereits stattgefunden. Der Kreis Coesfeld prüft derzeit ebenfalls die Einführung einer entsprechenden App. Die Kreise Steinfurt und Warendorf wollen aufgrund der bestehenden Strukturen derzeit keine app-unterstütze Ersthelferalarmierung einführen.

 

An die App sollen vorhandene Defi-Register (AED) eingebunden oder direkt erfasst und gepflegt werden können.

 

Für die Einführung und Betrieb einer app-unterstützte Ersthelferalarmierung entstehen voraussichtlich folgende Kosten (netto):

 

o          Für den Ersthelfer wird die App kostenfrei zur Verfügung gestellt.

o          Die lfd. Kosten für den Kreis Borken für die Nutzung einer solchen App betragen jährlich ca. 10 ct je Einwohner des Kreises Borken (35.000 € p.a.)

o          Einführungskosten (9.500 €)

o          Schnittstelle zum Einsatzleitsystem (ca. 10.000 €)

o          Werbematerial (ca. 2.000 € jährlich)

 

Einführung einer app-unterstützten Ersthelferalarmierung kann mit dem vorhandenen Personalbestand nicht umgesetzt werden. Für die Einführungsphase, d.h. für die Dauer von ca. 2 Jahren ist von einem zusätzlichen Personalaufwand in Umfang einer 0,5 Stelle auszugehen.

Der laufende Betrieb nach Einführung kann voraussichtlich mit dem vorhandenen Personal abgewickelt werden.

Die Einschätzung des Personalaufwandes erfolgte aufgrund von Erfahrungswerten anderer Rettungsdienstträger, welche bereits eine app-unterstützte Ersthelfer-Alarmierung einsetzen, u.a. Kreis Gütersloh, Stadt Bielefeld, Stadt Aachen, Region Aachen, Landkreis Vechta und Landkreis Oldenburg.

 

  


Finanzielle Auswirkungen:

 

einmalige Einführungskosten                                                             19.500,00 €

Personalkosten (Einführung=2 Jahre a 0,5 Stelle)                            120.000,00 €

laufende Jährliche Kosten                                                                  37.000,00 €

 

 

Die Kosten für die app-unterstützte Ersthelferalarmierung sind keine Kosten des Rettungsdienstes und können daher nicht über die Rettungsdienstgebühren refinanziert werden, d.h. die Mittel müssen über den Kreishaushalt getragen werden.