Die Verwaltung wird beauftragt eine app-unterstützte Ersthelferalarmierung im Kreis Borken einzuführen.
Sachdarstellung:
Der Ausschuss für Sicherheit und Ordnung des Kreises Borken hat in
seiner Sitzung vom 01.04.2019 die Verwaltung beauftragt zu prüfen, ob und unter
welchen Voraussetzungen die Einführung einer app-unterstützten Ersthelferalarmierung
möglich ist.
Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand zählt jede Sekunde! Daher sollte das
therapiefreie Intervall zwischen dem Eintritt eines lebensbedrohlichen
medizinischen Notfalls dem Eintreffen des Rettungsdienstes möglichst verringert
und damit der Reanimationserfolg wesentlich verbessert werden.
Wir im Kreis Borken verfügen über eine Vielzahl von qualifizierten
Menschen (Mitarbeiter/innen im Rettungsdienst, Krankenschwestern und
Krankenpfleger, Ärzte /innen,….) die bereit sind Ihr Können für Andere
einzusetzen. Dieses ehrenamtliche Engagement gilt es zu aktivieren und
einzubinden.
Eine App-unterstützte Ersthelferalarmierung ergänzt den öffentlichen
Rettungsdienst, ohne aber dessen Bestandteil zu sein. Es handelt sich um eine
sinnvolle Ergänzung des bereits gut funktionierenden Rettungsdienstes. Die
Rettungskette wird somit gestärkt, ohne eine Änderung an der bisherigen
etablierten Struktur des Rettungsdienstes vorzunehmen.
Dabei werden medizinisch qualifizierte Ersthelfer, die sich in
unmittelbarer Nähe zum Notfall befinden, durch die GPS-Komponente ihrer
Smartphones geortet und durch die Leitstelle automatisch parallel zum
Rettungsdienst über eine App alarmiert. Diese Ersthelfer können allein durch
die örtliche Nähe sehr oft schneller als der Rettungsdienst am Notfallort sein
und schon in der Zeit, bis zu dessen Eintreffen, qualifizierte lebensrettende
Maßnahmen einleiten, die gerade in den ersten Minuten oft entscheidend sind.
Bei der Einführung eines solchen Alarmierungssystems für qualifizierte
Ersthelfer bedarf es zwingend einer technischen Kompatibilität der
Alarmierungssysteme, sowie eine organisatorische Projektbegleitung.
Technisch wird das Alarmierungssystem über eine Leitstellen-Kopplung an
den Webserver des Anbieters initialisiert. Die Ersthelfer werden vom Webserver
über eine entsprechende App ihres persönlichen Smartphones alarmiert.
Die Ersthelfer senden über die App aktuelle Ortungsdaten an den
Webserver des Anbieters.
Anhand der Ortungsdaten ermittelt der Webserver im Alarmierungsfall den
oder die am nächsten verfügbaren qualifizierten Ersthelfer. Diese werden über
eine Push-Benachrichtigung zu seiner Einsatzbereitschaft befragt.
Bestätigt der Ersthelfer seine Einsatzbereitschaft, kann er für diesen
Einsatz beauftragt werden.
Mit der Einsatzübernahme erhält der Ersthelfer automatisch die von der
Leitstelle versandten Einsatzinformationen.
Bei der Einführung eines Alarmierungssystems für qualifizierte Ersthelfer
kommt der organisatorischen Begleitung ein sehr hoher Stellenwert zu.
Ein solches System beruht auf freiwilligen Helfern, diese müssen mit
Hilfe der Öffentlichkeitsarbeit rekrutiert werden. Auch hierfür muss
entsprechendes Medienmaterial erstellt werden. Außerdem empfiehlt es sich den
Ersthelfern eine kleine Ausstattung an Hilfsmitteln, sprich Einmalhandschuhe
und eine Beatmungsmaske, zur Verfügung zu stellen. Der Eigenschutz der
Ersthelfer ist wichtig und dem sollte von Seiten des Trägers Rechnung getragen
werden. Zudem erhält dies die Motivation der Ersthelfer und wird als
Wertschätzung ihrer wichtigen Arbeiten wahrgenommen.
Im Anschluss der internen Vorbereitungen muss durch gezielte
Öffentlichkeitsarbeit ein entsprechender Personenkreis informiert werden. In
Frage kommen hierfür nicht nur Personen, welche im Kreis Borken wohnen, sondern
auch solche, die von extern einpendeln.
Vor der Freischaltung eines Alarmierungssystems für qualifizierte
Ersthelfer müssen zwingend Rechts-, Datenschutz- und Versicherungsvoraussetzungen
geprüft werden.
Durch die Ärztliche Leitung des Rettungsdienstes muss eine
Mindestqualifikation für mögliche Ersthelfer festgelegt werden. Es muss ein
Konzept über Qualitätsstandards erarbeitet werden um sicherzustellen, dass die
freiwilligen Ersthelfer tatsächlich als solche geeignet sind. Die
interessierten Ersthelfer müssen sich beim Kreis Borken registrieren lassen und
ihre Qualifikation nachweisen. Nach Überprüfung der Qualifikation wird der
Ersthelfer für das System freigegeben.
Durch die aktive Alarmierung eines Ersthelfers wird dieser vom Kreis
Borken „beauftragt“ und damit zum Verwaltungshelfer.
Zudem müssen Alarmierungsindikationen sowie Kontraindikationen unter
Beteiligung der Ärztlichen Leitung des Rettungsdienstes erarbeitet werden.
Insbesondere entsteht hier folgender Aufwand
o
Erstellung
von Informationsmaterial
o
Presseinformationen,
Öffentlichkeitsarbeit, soziale Medien, Informationsveranstaltungen in allen
Städten und Gemeinde im Kreis Borken
o
Betreuung
einer Supportplattform, Ansprechpartner für Ersthelfer zu Themen wie
Registrierung, technische Probleme, etc.
o
Prüfung
der Helfer Qualifikation
o
Aufrechterhaltung
der Motivation und Bindung der ehrenamtlichen Ersthelfer durch regelmäßige
Kommunikation und mediale Präsens
o
Bereitstellung
von Werbematerialien / Ausstattung der Ersthelfer
Die Ersthelferalarmierung muss nicht
zwingend an der Kreisgrenze Borken enden. Es besteht grundsätzlich die
Möglichkeit die Nachbarkreise in dieses System miteinzubinden. Sofern die
umliegenden Kreise die gleiche Alarmierungs-App einführen würden, könnte die
Alarmierung auch übergreifend bzw. gegenseitig erfolgen.
Der Kreis Wesel befasst sich aktuell
ebenfalls mit der Einführung einer app-unterstützen Ersthelferalarmierung.
Erste Gespräche hinsichtlich einer möglichen Zusammenarbeit haben bereits
stattgefunden. Der Kreis Coesfeld prüft derzeit ebenfalls die Einführung einer
entsprechenden App. Die Kreise Steinfurt und Warendorf wollen aufgrund der
bestehenden Strukturen derzeit keine app-unterstütze Ersthelferalarmierung
einführen.
An die App sollen vorhandene Defi-Register
(AED) eingebunden oder direkt erfasst und gepflegt werden können.
Für die Einführung und Betrieb einer app-unterstützte
Ersthelferalarmierung entstehen voraussichtlich folgende Kosten (netto):
o Für den Ersthelfer wird
die App kostenfrei zur Verfügung gestellt.
o Die lfd. Kosten für den Kreis Borken für die Nutzung einer
solchen App betragen jährlich ca. 10 ct je Einwohner des Kreises Borken (35.000
€ p.a.)
o Einführungskosten
(9.500 €)
o Schnittstelle zum
Einsatzleitsystem (ca. 10.000 €)
o Werbematerial (ca.
2.000 € jährlich)
Einführung einer app-unterstützten Ersthelferalarmierung kann mit dem
vorhandenen Personalbestand nicht umgesetzt werden. Für die Einführungsphase,
d.h. für die Dauer von ca. 2 Jahren ist von einem zusätzlichen Personalaufwand
in Umfang einer 0,5 Stelle auszugehen.
Der laufende Betrieb nach Einführung kann voraussichtlich mit dem
vorhandenen Personal abgewickelt werden.
Die Einschätzung des Personalaufwandes erfolgte aufgrund von
Erfahrungswerten anderer Rettungsdienstträger, welche bereits eine
app-unterstützte Ersthelfer-Alarmierung einsetzen, u.a. Kreis Gütersloh, Stadt
Bielefeld, Stadt Aachen, Region Aachen, Landkreis Vechta und Landkreis
Oldenburg.
Finanzielle Auswirkungen:
einmalige
Einführungskosten 19.500,00 €
Personalkosten
(Einführung=2 Jahre a 0,5 Stelle) 120.000,00
€
laufende Jährliche
Kosten 37.000,00 €
Die Kosten für die app-unterstützte Ersthelferalarmierung sind keine
Kosten des Rettungsdienstes und können daher nicht über die
Rettungsdienstgebühren refinanziert werden, d.h. die Mittel müssen über den
Kreishaushalt getragen werden.