Betreff
Einbindung der Biologischen Station Zwillbrock in die Betreuung der Naturschutzgebiete
Vorlage
0048/2005
Art
Beschlussvorlage öffentlich

Der Ausschuss für Umweltschutz nimmt die Ausführungen zur Einbindung der Biologischen Station Zwillbrock in die Betreuung der Naturschutzgebiete zustimmend zur Kenntnis.


Sachdarstellung:

1.0      Ausgangssituation

1.1     Naturschutzgebiete im Kreis Borken

Im Kreis Borken sind aktuell 69 Gebiete durch Ordnungsbehördliche Verordnung der Bezirksregierung Münster oder als Ergebnis der Landschaftsplanung des Kreises Borken als Naturschutzgebiet gekennzeichnet.

Die Fläche dieser Gebiete umfasst ca. 4.500 ha, das sind ~ 3 % des Kreisgebietes.

Kurzfristig wird die Zahl der Naturschutzgebiete durch Zusammenfassung mehrerer Gebiete zu einem größeren Areal abnehmen, wobei der Flächenumfang sich jedoch nicht ver­ändert.

Mittel- bis langfristig wird die Anzahl und die flächenmäßige Ausdehnung der Schutz­gebiete weiter ansteigen.

1.2     Rechtlicher Rahmen

Gemäß Bundesnaturschutzgesetz und dem nordrhein-westfälischen Landschaftsgesetz werden Naturschutzgebiete festgesetzt, soweit dies

a)      zur Erhaltung von Lebensgemeinschaften oder Biotopen bestimmter wild leben­der Tier- und Pflanzenarten,

b)      aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen, landeskundlichen oder erd­geschicht­lichen Gründen oder

c)      wegen der Seltenheit, besonderen Eigenart oder hervorragenden Schönheit einer Fläche oder eines Landschaftsbestandteils

erforderlich ist. Die Festsetzung ist auch zulässig zur Herstellung oder Wiederherstellung einer Lebensgemeinschaft oder Lebensstätte im Sinne von Buchstabe a).

Die Naturschutzgebiete stellen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland die höchste Schutzkategorie für die besonders geschützten Teile von Natur und Landschaft dar.

Naturschutzgebiete sind in der Regel nicht als Totalreservate zu verstehen, aus denen sich der Mensch vollständig zurückzieht und die Natur sich selbst überlässt, d. h. unbeein­flusst ent­wickeln kann.

Ein solches Schutzgebiet könnte man sich in echten Naturlandschaften, wie man sie z. B. noch in den Hochalpen oder in Skandinavien findet, vorstellen.

In einer Kulturlandschaft, also einer Landschaft wie wir sie im Kreis Borken finden, geht es darum, einen bestimmten schutzwürdigen Zustand der Sukzession, wie z. B. Heide oder Feuchtwiesen zu erhalten. Da es sich hierbei um vom Menschen durch sein Handeln ge­schaffene Lebensräume handelt, sind dem jeweiligen Schutzzweck dienende Eingriffe, z. B. Beweidung der Heide durch Schafe, notwendig.

Verantwortlich und zuständig für alle Maßnahmen in Naturschutzgebieten ist gemäß § 34 (5) LG NW die Untere Landschaftsbehörde. Soweit besonders geschützte Teile von Natur und Landschaft im Eigentum des Landes NRW stehen, kann das Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen eine hiervon abweichende Regelung treffen. In derartigen Fällen könnte die Betreuungs­verpflich­tung z. B. auf die Höhere Landschaftsbehörde der Bezirksregierung, auf Natur­schutzvereine usw. übertragen werden. Eine solche Übertragung kann sich nur auf das praktische Manage­ment beziehen, nicht jedoch auf die hoheitlichen Maßnahmen. Diese verbleiben in jedem Fall bei der Unteren Landschaftsbehörde als Sonderordnungs­behörde.

1.3     Betreuungssituation im Kreis Borken

Grundsätzlich ist die Untere Landschaftsbehörde im Kreisgebiet für alle Naturschutzgebiete als Betreuer zuständig.

Das Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (MUNLV) hat bisher zu keiner Zeit von der o. a. Regelung des § 34 (5) LG NW Gebrauch gemacht.

Unabhängig davon hat sich jedoch im Laufe der Jahre eine Tradition gebildet, die das Mana­gement der Naturschutzgebiete aufteilt.

Von den 69 Naturschutzgebieten im Kreis Borken erfolgt die Betreuung zurzeit für:

   39   Naturschutzgebiete durch die Untere Landschaftsbehörde des Kreises Borken

   28   Naturschutzgebiete durch die Biologische Station Zwillbrock

     1   Naturschutzgebiet durch die Biologische Station Kreis Wesel (Büngern`sche-Dingdener Heide)

     1   Naturschutzgebiet durch die Biologische Station Kreis Recklinghausen (Rhader Wiesen).

Die drei Biologischen Stationen betreuen überwiegend Gebiete, die zum Feuchtwiesenpro­gramm des Landes Nordrhein-Westfalen gehören, wobei die Biologische Station Zwillbrock auch noch einige Hochmoor-Naturschutzgebiete in ihrer räumlichen Nachbarschaft, die zum überwiegenden Teil im Landeseigentum stehen, betreut.

Die Naturschutzgebiete „Büngern`sche-Dingdener Heide“ und „Rhader Wiesen“, die von den beiden Bio­logischen Stationen der Kreise Wesel und Recklinghausen betreut werden, liegen mit ihren jeweiligen Flächenschwerpunkten außerhalb des Kreises Borken. Auf sie wird daher im Wei­teren nicht näher eingegangen.

Die Betreuungsarbeit der Biologischen Station Zwillbrock und die des Kreises Borken unter­scheidet sich durchaus.

Die Naturschutzgebiete im Zuständigkeitsbereich des Kreises haben unterschiedliche Eigen­tümer. Es handelt sich hier sowohl um öffentliches als auch um privates Eigentum. Unab­hängig hiervon finden Maßnahmen auf allen Flächen in enger einvernehmlicher Ab­sprache mit den Eigentümern statt.

Die Biologische Station Zwillbrock betreut Naturschutzgebiete, die zum größten Teil Eigen­tum des Landes Nordrhein-Westfalen sind. Die Maßnahmen konzentrieren sich auf die landeseigenen Flächen. Private Flächen fallen weitestgehend aus dem Betreuungsspekt­rum heraus. Daneben beobachten die Alteigentümer, die oft heute als Bewirtschafter ihre früheren Eigentumsflächen vom Land gepachtet haben, das Management der Bio­logischen Station Zwillbrock durchaus kritisch.

Dabei stoßen die Bewirtschaftungsmaßnahmen und der sich daraus ergebende Flächen­zustand teilweise auf Kritik.

Im Unterschied zu dem in der Hauptsache als Feuchtgrünland-Lebensraum anzuspre­chenden Betreuungsgebiet der Biologischen Station Zwillbrock repräsentieren die Schutz­gebiete, die in die Zuständigkeit der Unteren Landschaftsbehörde fallen, die vielfältigen Lebensraumtypen der Landschaft des Westmünsterlandes.

Dementsprechend unterschiedlich sind auch die jährlich durchzuführenden Pflege- und Ent­wicklungsmaßnahmen.

Sie werden im Auftrag des Kreises von Land- und Forstwirten, von Unternehmen des Tief- und Landschaftsbaues, von Naturschutz-, Heimat- und Wandervereinen, aber auch vom Betrieb für Straßen, Gebäudewirtschaft und Grünflächen (81) des Kreises Borken durch­geführt.

1.4     Finanzierung

Die Finanzierung der praktischen Betreuung, also der vor Ort stattfindenden Arbeiten, er­folgt bei der Unteren Landschaftsbehörde des Kreises und der Station unterschiedlich.

Da die Station fast ausschließlich Maßnahmen auf landeseigenen Flächen durchführt, wird diese Tätigkeit zu 100 % durch das Land Nordrhein-Westfalen getragen.

Die Landschaftsbehörde ist, wie bereits unter Ziffer 1.3 erläutert, in den Naturschutz­gebieten unabhängig von den Eigentumsverhältnissen tätig. Projekte auf landeseigenen Grundstücken werden ebenfalls zu 100 % vom Land finanziert. In allen anderen Fällen beteiligt sich Nord­rhein-Westfalen mit 70 % an den entstehenden Kosten, die restlichen 30 % sind vom Kreis aufzubringen.

Eine Besonderheit des Kreises Borken ist das Vorhandensein einer eigenen Gärtner­gruppe, die teilweise in den Naturschutzgebieten Arbeiten ausführt. Diese Einheit, vor Jahren Bestandteil der Unteren Landschaftsbehörde, ist seit geraumer Zeit dem Kreis­betrieb für Straßen, Gebäudewirtschaft und Grünflächen – 81 – zugeordnet. Hierfür erhält der Kreis­betrieb aus dem Budget des Fachbereich Natur und Umwelt – 66 – eine Ver­gütung der Per­sonalkosten, die für 2002 mit einem Ergebnis von 100.000 € abschloss.

Im Zuge der Aufgabenkritik ist verabredet worden, diese Tätigkeiten in mehreren Schritten abzubauen. Alle Arbeiten, die von der Gärtnergruppe ausgeführt werden, können von ge­eig­neten Unternehmen, Vereinen, Verbänden usw., erledigt werden. Dies wird zu Ein­sparungen führen, da die Kosten von derartigen Arbeiten (siehe vor) von 70 % bis zu 100 % durch das Land übernommen werden.

2.0   Veranlassung

   Im Rahmen der Beratung des Entwurfs des Kreishaushaltes 2004 für den Fachbereich Natur und Umwelt hat der Umweltausschuss folgenden einstimmigen Beschluss gefasst:

„Die Verwaltung wird beauftragt, rechtzeitig für die Beratungen zum Budget 2005 eine Konzeption zu erarbeiten, die eine stärkere Einbeziehung der Biologischen Station Zwillbrock e.V. in die Betreuung der Naturschutzgebiete im Kreis Borken zum Inhalt hat.“

Der Verein „Biologische Station Zwillbrock e. V.“ mit Sitz in Vreden hat gemäß Satzung folgende Ziele:

           1.           Beratung der Landwirte in ökologischen Fragen bei der Landbewirtschaftung in Gebieten mit Bewirtschaftungseinschränkungen,

           2.           Pflege und Beobachtung von Naturschutzgebieten und von schutzwürdigen Flächen nach dem Feuchtwiesenschutzprogramm der Landesregierung im westlichen Münster­land, vorrangig auf landeseigenen Grundstücken oder nach Vereinbarung mit den jeweiligen Eigentümern,

           3.           Praxisbezogene wissenschaftliche Auswertung von Ergebnissen, die bei der Durch­führung von Naturschutzmaßnahmen sowie bei der Landbewirtschaftung unter Beach­tung ökologischer Belange gewonnen werden,

           4.           Information der Öffentlichkeit über Ziele des Vereins und die Ergebnisse seiner Tätig­keit,

           5.           Aufbau und Unterhaltung einer Einrichtung der Weiterbildung nach dem Weiterbildungs­gesetz NRW im Bereich Ökologie und Landwirtschaft,

           6.           Kooperation mit den naturschutzarbeitenden Partnern bzw. Institutionen in den Nieder­landen, insbesondere im grenznahen Raum.

Insbesondere die Ziffer 2. des Aufgabenspektrums ermöglicht die Einbindung der Station in die Betreuung der Naturschutzgebiete im Kreis Borken entsprechend dem o. a. Beschluss.

3.0   Einbindung der Biologischen Station Zwillbrock e. V. in die Betreuung der Natur­schutzgebiete

3.1     Finanzierung der Biologischen Stationen

Die verschiedenen Biologischen Stationen in Nordrhein-Westfalen können aufgrund ihrer unterschiedlichen Finanzierungen in zwei Gruppen eingeteilt werden.

Es handelt sich einmal um die projektgeförderten und zum anderen um die institutionell geförderten Stationen.

Bei der ersten Gruppe nehmen die Station Aufgaben im Zusammenhang mit bestimmten Naturschutzprojekten wahr. Im Zuge der in der Regel mehrjährigen Förderungen durch das Land und die anderen Träger können die Einzelprojekte bearbeitet und abge­schlossen werden.

Der zweiten Gruppe ist eine bestimmte Funktion zugewiesen, die sie langfristig bzw. dauer­haft ausübt. Das Land und die anderen Träger übernehmen die Kosten nach einem fest­gesetzten Rahmen.

Die Biologische Station Zwillbrock gehört zu den institutionellgeförderten Stationen. Die Gesamtkosten teilen sich das Land NRW mit 80 %, der Kreis Borken mit 15 % und die Stadt Vreden mit 5 %.

Auf Empfehlung des Landesrechnungshofes hat das Ministerium für Umwelt und Natur­schutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz durch die „Förderrichtlinien Biologische Stationen NRW-FöBS“ die Finanzierungsfragen neu geordnet. Danach erhalten alle Bio­logischen Stationen für die nachfolgend genannten Aufgabenbereiche finanzielle Zuwen­dungen:

Ø  Schutzgebietsbetreuung,

Ø  Vertragsnaturschutz,

Ø  Artenschutz,

Ø  Wissenschaftliche und beratende Aufgaben,

Ø  Naturschutzbildung und

Ø  Sonderanschaffungen.

Das Aufgabenspektrum der Biologischen Stationen wird den v. g. Maßnahmen nach einem im Detail vorgegebenen Schema zugeordnet und über gesonderte Verrechnungs­einheiten wird eine zu fördernde Kostenaufstellung durchgeführt.

Für die Biologische Station Zwillbrock bedeutet dies eine klare Zuordnung der Arbeiten zu den verschiedenen Aufgabengebieten und Projekten.

Die Einbindung der Biologischen Station Zwillbrock in die Betreuung der Naturschutz­gebiete im Kreis Borken entspricht der geänderten Vorgehensweise des Landes und fügt sich in den Gesamtfinanzierungsrahmen ein.

3.2     Praktische Einbindung

Die Betreuung der Naturschutzgebiete im Kreis Borken gemeinsam mit der Biologischen Station muss sich an den Erfordernissen der Praxis orientieren und sowohl für Natur und Landschaft als auch für beide Partner (ULB/Biologische Station) vorteilhaft sein.

Die Station ist dabei für die Durchführung praxisorientierter Pflege- und Optimierungsmaß­nahmen in den Schutzgebieten gefordert. Sie soll die Tätigkeiten des Kreis­betriebes – 81 – mittelfristig vollständig ersetzen.

Mittels eines Standardleistungsverzeichnisses werden die möglichen anfallenden Arbeiten be­schrieben. Die Station kann auf dieser Grundlage die entstehenden Kosten auch für einen mehrjährigen Zeitraum kalkulieren.

Im Zuge einer Vereinbarung erfolgt eine grundsätzliche Beauftragung der Biologischen Station, wobei dabei noch nicht detailliert die einzelnen Tätigkeiten, die im Vertragszeit­raum anfallen, genannt werden können. Diese ergeben sich, soweit sie in einer jährlichen Planung und Aufgabenbesprechung nicht fixiert werden können, im Laufe des Jahres. Un­abhängig da­von wird jedoch eine Mindestzuwendung genannt, damit die Biologische Station über eine Planungssicherheit verfügen kann.

Aus dieser Darstellung ist ersichtlich, dass die Mindestbeauftragung nur eine Grenze nach unten bildet. Steigerungen sind aufgrund der Erfordernisse der Praxis durchaus möglich.

Insgesamt wird ein flexibles Reagieren ermöglicht, d. h. ein im Zusammenhang mit natür­lichen, vorher nicht festlegbaren Umständen gebotenes Verfahren.

Der Fachdienst 14 – Revision und Aufsicht – hat sich grundsätzlich zustimmend zu einer der­artigen Vorgehensweise geäußert.

Die Biologische Station Zwillbrock begrüßt das beschriebene Verfahren und sieht darin eine weitere Möglichkeit einer positiven Zusammenarbeit.


Finanzielle Auswirkungen:

Durch die verstärkte Einbindung der Biologischen Station Zwillbrock ergeben sich mittelfristig Einsparungen beim Personalbedarf für die Betreuung der Naturschutzgebiete. Zusätzliche Einsparungen werden durch die Inanspruchnahme von Fördermitteln des Landes NRW erwartet.