Betreff
Beteiligung des Kreises Borken am Aktienkapital der RWE AG in Essen
Vorlage
0132/2005
Aktenzeichen
21 21 10
Art
Beschlussvorlage öffentlich

Der Kreistag nimmt die Überlegungen zur Verwendung der RWE-Aktien zur Kenntnis und verweist die Vorlage zu weiteren Beratungen in die Fraktionen. Die abschließende Entscheidung erfolgt in der Sitzung des Kreistages im September 2005.


Rechtsgrundlage:

§ 26 Abs. 1 Buchst. k Kreisordnung NRW


Sachdarstellung:

Einführung

Der Kreis Borken ist Eigentümer von 304.640 Stück RWE-Stammaktien (Inhaberaktien), wobei er erst mit der Fusion von VEW (Vereinigte Elektrizitätswerke Westfalen) und RWE (Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerke) Aktionär der RWE AG geworden ist. Zunächst war der Kreis Teilhaber an der VEW AG.

Da es sich bei den Aktien nach dem Neuen kommunalen Finanzmanagement (NKF) um einen Bestand des langfristigen Anlagevermögens handelt und der Kreis eine nachhaltige Finanzpolitik betreiben will, sollte die Nutzung des Aktienbestandes langfristig eine finanzielle Wirkung für den Kreishaushalt und den Kreis entfalten. Gleichzeitig sollte gewährleistet sein, dass z.B. bei der Nutzung des Aktienvermögens zur Finanzierung einer Investition die Vermögenssubstanz der Aktien in der Form erwirtschafteter Abschreibungen erhalten bleibt und so auch für die nachfolgenden Generationen noch nutzbar ist.

Historie

Vorläufer der 1925 gegründeten VEW GmbH waren die Elektrizitätswerke Westfalen, das Westfälische Verbands-Elektrizitätswerk Dortmund und das 1898 gegründete Städtische Elektrizitätswerk Dortmund, das das älteste Unternehmen in dem Verbund war. Der VEW schlossen sich im Laufe der Jahre weitere kommunale Elektrizitätswerke aus Westfalen an. Anteilseigner der in der VEW zusammengeschlossenen Elektrizitätswerke waren ausschließlich Kommunen. Hierin dokumentiert sich die Auffassung der preußischen und westfälischen Politiker und Verwaltungsbeamten, dass die Energieversorgung ein Grundbaustein der Daseinsvorsorge sei und somit in den Aufgabenkanon der öffentlichen Hand gehöre.

Anders verhielt sich die Situation bei der RWE. Sie wurde 1898 von dem Unternehmer Hugo Stinnes gegründet und versorgte zunächst nur die Stadt Essen mit Energie. Mit der räumlichen Expansion des Unternehmens bot Stinnes den sich anschließenden Kommunen auch die Teilhabe an seinem Unternehmen an. Dieses führte dazu, dass auch die RWE im Laufe der Zeit zu einem kommunal beherrschten Unternehmen wurde.

Von Anfang an standen die RWE und die Westfälischen Elektrizitätswerke in Konkurrenz zu einander. Trotzdem gab es schon bis 1930 immer wieder Versuche von beiden Seiten, VEW und RWE zu fusionieren, die aber scheiterten. Mit der Umwandlung der VEW von einer GmbH in eine AG endeten diese Versuche für eine lange Zeit, und es entwickelten sich die festen Grenzen zwischen den Versorgungsgebieten. Im Rheinland wirkte die RWE, und in Westfalen war die VEW tätig. Zu diesem Zeitpunkt reichte das Versorgungsgebiet der VEW von Lingen bis Berleburg und von Bochum bis Gütersloh. Bis zur Aufhebung der festen Versorgungsgebiete 1998 änderte sich an diesen Gebietsabgrenzungen nichts.

Jedoch an der Struktur der VEW AG änderte sich einiges. Nach dem Erwerb der Edelhoff GmbH, der Harpen AG und der Mehrheitsbeteiligung an der MEAG in Halle wurde die VEW AG zur Holding, unter deren Dach die VEW Energie AG, die MEAG, Edelhoff und Harpen als Führungsgesellschaften fungierten. Im Jahre 2000 kam noch die Westfälische Ferngas AG hinzu. Auch hatte sich im Laufe der Zeit die Gesellschafterstruktur gewandelt. Aus der ehemals reinen kommunalen Aktionärsgemeinschaft war eine gemischte Struktur entstanden. Neben den Kommunen waren die RWE AG, das Bayernwerk und die Commerzbank als starke Anteilseigner hinzugetreten. Die privaten Aktionäre hatten mittlerweile ca. 48 % der Anteile erworben. Trotzdem hatten die Kommunen auf Grund der Mehrfachstimmrechte ihrer Namensaktien immer noch über 70 % die Stimmen in der Hauptversammlung.

Mit der gesetzlichen Aufhebung der festen Versorgungsgebiete und der Freigabe des Energiemarktes wurden Fusionsgespräche mit der RWE aufgenommen, die im Jahre 2000 mit der Fusion beider Unternehmen zum Abschluss gebracht wurden. Seitdem ist der Kreis Borken mit 304.640 Aktien Anteilseigner an der RWE AG.

Aktienbestand, Entwicklung und Dividende

Um das Jahr 1960 besaß der Kreis Borken 34.488 Aktien mit einem Nennwert von 50,00 DM der VEW AG.

Mitte der sechziger Jahre wurde die VEW AG an der Börse platziert und gleichzeitig eine Kapitalerhöhung vorgenommen. Die kommunalen Anteilseigner verzichteten hierbei auf ihr Bezugsrecht an jungen Aktien. Im Gegenzug wurden die kommunalen Aktien mit einem Dreifachstimmrecht ausgestattet und vinkuliert. Letzteres bedeutet, dass die Aktien nicht mehr frei verkäuflich waren.

Einige Zeit später wurde die Vereinigung kommunaler Aktionäre der VEW GmbH (VkA) gegründet. Die kommunalen Aktionäre der VEW AG, so auch der Kreis Borken, zeichneten analog zur ihrem Aktienbestand Stammeinlagen an der VkA. Aufgabe der VkA war es, die kommunalen Interessen innerhalb der VEW gegenüber den privaten Anteilseignern zu bündeln, die Interessen der kommunalen Aktionäre abzustimmen und ihren Einfluss auf die VEW AG zu sichern. Im Gesellschaftsvertrag wurde daher festgeschrieben, dass die Gesellschafter ihre Namensaktien nur nach vorheriger Anbietung innerhalb der Gesellschaftergemeinschaft am Markt veräußern dürfen. Die Anbietungsfrist beträgt hierbei zwei Monate. Die VkA besteht heute als Vereinigung ehemaliger kommunaler Aktionäre der VEW GmbH mit den gleichen Zielen und Inhalten in Bezug auf die RWE AG weiter. Daher kann der Kreis Borken seine aus den VEW-Namensaktien entstandenen Inhaberaktien an der RWE AG erst nach einer zweimonatigen Anbietfrist am Markt veräußern.

Parallel dazu besteht ebenfalls eine Vereinigung ehemaliger kommunaler Aktionäre der RWE GmbH, die die gleichen Ziele verfolgt. Durch beide Vereinigungen, die sich untereinander abstimmen, wird ein Stimmpotential von ca. 32 % aller Stimmen in der Hauptversammlung gebündelt. Da auf den Hauptversammlungen das Prinzip der Stimmenmehrheit gilt und häufig nur eine Präsenz von etwas über 50 % erreicht wird – auf der letzten Hauptversammlung waren 56,52 % des stimmberechtigten Grundkapitals anwesend -, haben die kommunalen Aktionäre durch die Bündelung die Stimmenmehrheit und den größten Einfluss auf das Unternehmen.

Der Kreis Borken hat in der Folge an zwei weiteren Kapitalerhöhungen teilgenommen. Im Zuge der Kapitalerhöhung 1982 im Ausgabeverhältnis 3:1 bekam der Kreis Borken 11.496 Namensaktien mit einem Nennwert von 50,00 DM zugeteilt. Die Aktien wurden zum 1,5-fachen des Nennwertes ausgegeben. Die Kapitalerhöhung 1985 konnte nur durch die Erfüllung der Forderung der privaten Aktionäre, die 1982 ausgegebenen Namensaktien in Inhaberaktien umzuwandeln, durchgeführt werden. Das Ausgabeverhältnis war mit 4:1 festgelegt, und der Ausgabekurs betrug wiederum das 1,5-fache des Nennwertes. Hiernach befanden sich Ende 1985 43.110 Namensaktien und 14.370 Inhaberaktien mit einem Nennwert von 50,00 DM im Bestand des Kreises Borken. 1998 wurde auf Grund gesetzlicher Vorgaben das Mehrfachstimmrecht bei der VEW AG abgeschafft. Als Entschädigung erhielten die kommunalen Aktionäre Inhaberaktien. Der Kreis Borken erhielt 3.448 Inhaberaktien mit einem Nennwert von 50,00 DM. Insgesamt war der Kreis Borken nun im Besitz von 60.928 Aktien der VEW AG mit einem Nennwert von 50,00 DM.

Nach der 1998 erfolgten gesetzlichen Abschaffung der festen Grenzen der Versorgungsgebiete begannen im Jahre 1999 Fusionsverhandlungen zwischen der RWE AG und der VEW AG. Diese wurden im Jahre 2000 abgeschlossen. Die RWE AG alt und die VEW AG wurden zum 01.07.2000 auf die RWE AG neu verschmolzen. Auf der Basis eines neutralen Wertgutachtens wurden an die Aktionäre der VEW AG je Namensaktie und Inhaberaktie mit einem Nennwert von 50,00 DM fünf Aktien der RWE AG neu ausgegeben. Damit ist der Kreis Borken mit der Fusion der beiden Unternehmen Anteilseigner an der RWE AG und besitzt 304.640 Inhaberaktien der RWE AG. Neben dem Kreis Borken sind verschiedene Städte und Gemeinden aus dem Kreis direkt oder indirekt über Beteiligungsgesellschaften Anteilseigner der RWE AG. Zu nennen sind die Städte Ahaus, Gronau, Rhede und Stadtlohn sowie die Gemeinden Heek und Schöppingen.

Der Wert der RWE-Aktie hatte in den letzten Jahren einen wechselvollen Verlauf. Der Rückblick soll sich jedoch bis auf die Zeit nach 1990 beschränken. Anfang der 90-er Jahre lag der Aktienkurs im DAX bei ca. 20,00 EUR. Von 1992 an stieg er in einem steilen Verlauf bis zum Jahr 1998 auf etwa 58,00 EUR, um dann bis zum Abschluss der Fusionsverhandlungen auf einen Kurs von 33,00 EUR zu fallen. Nach der Fusion erfolgte mit dem Börsenboom in den Jahren 2000 bis 2002 ein rascher Anstieg bis zur 50,00 EUR Marke. Mit dem Börseneinbruch sackte auch die RWE-Aktie bis auf einen Wert von 20,00 EUR ab, nahm aber dann wieder kontinuierlich zu und steht heute bei einem Wert von knapp 47,00 EUR. Der abgebildete Chart verdeutlicht diesen Verlauf auch bildlich.

Quelle: RWE AG Internetauftritt (RWE Kursinfo)

Das zeigt, dass der einem Aktienpaket innewohnende Vermögenswert nicht wie bei vielen anderen Anlagen einem kontinuierlichen Weg folgt, sondern sich sprunghaft ändern kann. Daher lässt sich auch heute nicht sagen, wohin der Wert der Aktien in den nächsten Jahren tendiert. Analysten messen den Aktien aber ein Potential zu, das bis zur Marke von 55,00 EUR reicht. Gleichzeitig wird aber auch deutlich, dass die Aktie trotz wechselvoller Entwicklung langfristig einen steigenden Verlauf nimmt. Der aktuelle Wert des Aktienpaketes liegt bei etwa 14.250.000 EUR.

Eingesetzt hat der Kreis Borken insgesamt ein Kapital von mindestens 3,45 Mio. DM oder knapp 1,8 Mio. EUR. Hätte er dieses Kapital zum Zeitpunkt der letzten Kapitalerhöhung 1985 am Kapitalmarkt mit einem Zinssatz von 7,5 % angelegt und die Zinsen ebenfalls angelegt, so hätte er nach 20 Jahren ca. 7,5 Mio. EUR erwirtschaftet. Gleichzeitig hätte die Geldanlage aber keinen Ertrag zur direkten Konsumtion abgeworfen. Im Gegensatz dazu konnte der Kreis die jährlichen Dividenden aus dem Aktienkapital im Haushalt vereinnahmen, soweit sie nicht zur Tilgung der Finanzierung der Kapitalerhöhungen diente. Das heißt, neben der Wertsteigerung hatte der Kreis noch einen Ertrag aus Dividenden.

Seit der Fusion nimmt die Dividende kontinuierlich zu. Die Entwicklung kann aus der nachstehenden Tabelle abgelesen werden:

Jahr

Euro je Aktie

2000

1,00

2001

1,00

2002

1,10

2003

1,25

2004

1,50

Für das Jahr 2005 hat der Vorstand eine Dividende von 1,75 EUR je Aktie angekündigt, was auch von den Analysten erwartet wird. Unter Berücksichtigung der Steuerzahlungen betrug für das Jahr 2004 die Ausschüttung 430.000 EUR. Bezogen auf den heutigen Börsenwert beträgt die Rendite der Aktien damit 3,14 %. Langfristig plant der Vorstand eine Ausschüttung von ca. 50 % des Nettoergebnisses. Derzeit liegt die Quote bei ca. 40 % des Gewinns nach Steuern. Das heißt auch, dass in der Zukunft neben einer weiteren Wertsteigerung der Aktien mit steigenden Erträgen aus Dividendeneinnahmen gerechnet werden kann.

Mit Blick auf die Wertsteigerungen und die Dividenden kann von einem guten finanziellen Engagement des Kreises gesprochen werden. Es ist zu untersuchen, ob die Rendite für den Kreis durch eine andere Verwendung verbessert werden kann.

Verwendungsalternativen

Der Kreis trennt sich von den Aktien

Die Aktien werden verkauft. Der Erlös fließt in den Kreishaushalt.

Im Jahr des Verkaufs kann die Kreisumlage (bei diesjährigen Umlagegrundlagen) um ca. 4,7 %-Punkte gesenkt werden. Im Folgejahr ist das Vermögen allerdings verbraucht. Die Kreisumlage muss dann wieder angehoben werden, und zwar dauerhaft über den Einspareffekt hinaus, da dann auch keine Dividenden mehr eingenommen werden.

Der Verkaufserlös wird zur Schuldentilgung verwendet.

Die Fremddarlehen belaufen sich (Stand Ende 2004) auf 20,8 Mio. EUR. Hierfür beträgt die Zinsquote im Durchschnitt aller Darlehen 5,2 %. Bei Tilgung der Fremddarlehen in Höhe des Verkaufserlöses entfällt damit die Differenz zwischen Dividendeneinnahmen und Zinsausgaben. Das entspricht einer Einsparung von ca. 280.000 EUR. Der Entlastungseffekt berücksichtigt allerdings nicht, dass die langfristig angelegten Darlehensverträge des Kreises in dieser Größenordnung kurzfristig nur unter Zahlung von Vorfälligkeitsentschädigungen aufgelöst werden können. Ob dann noch eine Wirtschaftlichkeit gegeben ist, muss im Einzelfall ermittelt werden. Bei Auslaufen von Zinsbindungsfristen können Aktien verkauft und mit dem Erlös die jeweiligen Darlehen getilgt werden.

Ein Einspareffekt ergibt sich auch bei Tilgung des Inneren Darlehens, das ansonsten in den nächsten Jahren in Fremddarlehen umgewandelt werden muss. Die Tilgung kann sofort erfolgen. Die Zinseinsparungen sind allerdings im Haushalt nicht ablesbar, da sie erst in der Zukunft eintreten.

Eine nachhaltige Haushaltsentlastung tritt darüber hinaus in allen Fällen nur ein, wenn es in dieser Größenordnung nicht wieder zur Neuverschuldung kommt.

Der Verkaufserlös wird für Investitionen des Kreises eingesetzt

Die Verwaltungs- und Schulgebäude des Kreises sowie die Kreisstraßen befinden sich – mit zwei Ausnahmen - nach Abschluss der großen Sanierungsmaßnahmen am Standort Ahaus in einem ordnungsgemäßen Bauzustand. Sie bedürfen laufender Unterhaltung. Durch das Vorziehen von Arbeiten ergeben sich aber keine wirtschaftlichen Vorteile.

Denkbar ist es, für Investitionen das Aktienvermögen ganz oder teilweise einzusetzen. Dabei muss der Grundsatz gelten, das Vermögen auf Dauer dem Kreis zu erhalten. In Wirtschaftlichkeitsberechnungen sind daher Abschreibungen und Dividendenausfälle einzubeziehen.

Einbringung der Aktien in eine Stiftung

Die Aktien können einer Stiftung übertragen werden. Gesetzliche Pflicht einer Stiftung ist es, den Stiftungsbestand zu erhalten. Wenn diese die Aktien im Bestand behält, fließen ihr als Einnahmen die Dividenden zu. Diese Einnahmen sind  nicht höher als bei den Dividendeneinnahmen im Kreishaushalt.

Die Stiftung kann die Aktien auch veräußern und den Erlös wiederum anlegen. Da die Stiftung sich – wie der Kreis – bei der Anlage spekulativer Elemente enthalten muss, erzielt sie bei der Bewirtschaftung des Betrages keine höhere Rendite als der Kreis Borken. Eine Stiftungsgründung bringt erst mit nennenswerten Zustiftungen Vorteile. Um zu spürbaren Zinseinnahmen zu kommen, müssen diese Zustiftungen Millionenhöhe erreichen. Das ist nicht zu erwarten.

Berücksichtigt werden muss auch, dass in den letzten Jahren im Westmünsterland mehrere Stiftungen gegründet wurden. Diese Entwicklung ist im Grundsatz sehr positiv. Es muss aber darauf geachtet werden, dass es nicht zu einer Konkurrenzsituation zwischen den Stiftungen kommt, und zwar sowohl hinsichtlich der Identifikation der Bevölkerung mit der Stiftung als auch mit Blick auf mögliche Zustiftungen.

Wirtschaftlich hat die Übertragung der Aktien in eine Stiftung im Vergleich mit einer Bewirtschaftung im Kreisvermögen keine Vorteile. Für den Kreis Borken hat eine solche Vermögensübertragung nur Nachteile, da ihm die Dividenden nicht mehr zufließen. Um mindestens die Dividendenausfälle zu kompensieren, müssen in deren Höhe dauerhaft Ausgaben entfallen.

Einbringung der Aktien in eine Beteiligungsgesellschaft

Neben der Einbringung in eine Stiftung kann das Aktienpaket auch in eine Beteiligungsgesellschaft eingelegt werden. Damit gelangen die Aktien aber auch in die Haftungssphäre der Gesellschaft und können im Schadensfalle für den Kreis verloren sein. Auch geht die Verfügungsgewalt über das Vermögen teilweise verloren.

Mit der Einlage entfällt für den Kreishaushalt die Dividende. Umgekehrt kann bei Gesellschaften, die aufgabenbedingt Verluste erwirtschaften, der Verlustausgleich des Kreises dauerhaft in Höhe der Dividende gemindert werden. Hierdurch kann sich eine ergebnisneutrale Situation ergeben. Dieses hängt jedoch von den steuerlichen Gegebenheiten der Gesellschaft ab und müsste für jeden Einzelfall geprüft werden.

Darüber hinaus sind gesellschafts- und steuerrechtliche Fragen zu klären, ggfls. auch mit Mitgesellschaftern. Diese sind je nach Gesellschaft unterschiedlich und bedürfen genauer Untersuchungen. Wichtige Aspekte sind dabei die Aufgabenstellung der Unternehmen, ihre Besteuerung sowie die Frage, ob sie aufgabenbedingt Verluste oder Gewinne erwirtschaften.

Der Kreis behält die Aktien

In diesem Falle kann der Kreis von zwei Entwicklungen profitieren. Zum einen ist der steigende Börsenkurs der Aktie zu nennen. Dabei muss aber auch beachtet werden, dass die Aktien nicht ständig im Wert steigen werden und auch Kurseinbrüche möglich sind. Jedoch gehört die RWE-Aktie als Versorgerwert zu den so genannten Standardwerten, die sich langfristig mit dem DAX oder noch darüber hinaus entwickeln.

Zum anderen steht auch der steigende Dividendenertrag im Blickfeld. Dieser Ertrag kann – wie bereits geschehen - nach derzeitigem Steuerrecht bis auf etwa 95 % der Bruttodividende gesteigert werden. Dieser Wert wird z.Zt. nur bei einem Verlustausgleich einer steuerpflichtigen Beteiligungsgesellschaft noch übertroffen. Nach den Aussagen des Vorstandes der RWE AG kann zumindest für die kommenden Jahre von einer Steigerung der Dividendenausschüttung ausgegangen werden. Den Versorgungsunternehmen wird trotz der Regulierung im Strom- und Gasmarkt von den Analysten eine gute Ertragslage attestiert.

 

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die verbleibende Flexibilität im Umgang mit den Aktien. Dem Kreis steht immer noch der Weg offen, das Aktienpaket oder Teile davon bei einem wirtschaftlich zwingenden Grund zu veräußern. Weiterhin kann der Kreis z.B. über den Landrat als Mitglied des Regionalbeirates bei der RWE Energie AG im gewissen Rahmen Einfluss auf die Geschäftspolitik der RWE nehmen. Darüber hinaus bleibt kreisintern der kommunalpolitische Einfluss im Rahmen der jährliche Haushaltsberatungen über die Verwendung der Dividende erhalten. Verschiedene Optionen hierzu werden nachstehend kurz dargestellt.

Dividende als allgemeines Finanzierungsmittel

 

Der Kreishaushalt ist seit Jahren dadurch gekennzeichnet, dass bei steigenden Ausgaben die Einnahmen aus dem Finanzausgleich zurückgehen. Hohe Kreisumlagen sind die Folge. Um die Belastungen der Gemeinden im Rahmen zu halten, ist es nicht vertretbar, auf mögliche Einnahmen zu verzichten. Der Wegfall einer jährlichen Dividende von ca. 450.000 EUR ist eine spürbare Belastung für den Kreishaushalt.

Dividende für freiwillige Leistungen des Kreises

Trotz der von den freien Trägern der Wohlfahrtspflege dargelegten Bedarfe musste der Kreis Borken auf Grund der Finanzenge in den vergangenen Jahren seine Leistungen im sozialen Bereich umschichten und teilweise einstellen. Um den Trägern größere Planungssicherheit zu geben, kann sich der Kreis binden, in Höhe der Aktiendividende bestimmte Aufgaben zu bezuschussen.

 

 

Tilgung des Inneren Darlehens

Eine Selbstbindung kann auch darin bestehen, die Dividende zur Schuldenreduzierung, z.B. zur dringend notwendigen Tilgung des Inneren Darlehens, einzusetzen. Dem Inneren Darlehn wurde aus finanzwirtschaftlichen Gesichtspunkten – geringere Zinsbelastung des Haushalts - der Vorzug vor einer Fremdfinanzierung gegeben. Gespeist wurde es zu einem großen Teil aus den Rückstellungen zur Rekultivierung von Abfalldeponien und dort auch entsprechend verzinst. Mit der Schließung der Deponien Ahaus-Alstätte und Borken-Hoxfeld werden nun erhebliche Mittel zur Sicherung und Rekultivierung notwendig. Ohne eine Tilgung des Inneren Darlehns müssen hierfür Fremdmittel aufgenommen werden, die den Kreishaushalt mit zusätzlichen Zinsen belasten. Mit der Tilgung kann eine Zinsbelastung aus Fremddarlehn vermieden werden.

Fazit

  • Ein Verkauf der Aktien zur einmaligen Senkung der Kreisumlage ist unter finanzwirtschaftlichen Gesichtspunkten keine sinnvolle Verwendung des Aktienbestandes, da im folgenden Jahr die Kreisumlage nicht nur um die vorgenommene Senkung, sondern zusätzlich um die entfallende Dividende erhöht werden müsste. Auch andere Nutzungen nach einem Verkauf der Aktien bieten keine Gewähr dafür, dass hierdurch ein wirtschaftlich höherer Ertrag als in der bestehenden Situation generiert werden kann.

  • Die Einbringung des Aktienkapitals in eine Stiftung führt nur für den Fall, dass es gelingt, Leistungen im entsprechenden Umfang auf die Stiftung zu übertragen, zu einem zumindest neutralen wirtschaftlichen Ergebnis für den Kreishaushalt. Gleichzeitig verliert der Kreis im erheblichen Umfang die Verfügungsgewalt auf das Kapital. Denn die Entnahme der Aktien aus dem Vermögen einer Stiftung ist nur innerhalb erheblicher Grenzen möglich. Ähnlich wird die Verfügungsgewalt auch im Falle der Einlage in eine Beteiligungsgesellschaft eingeschränkt. Mit einer Einlage steht die Dividende als Haushaltsmittel nicht mehr zur Verfügung. Soweit der Kreis mit der Einlage keine Leistungen abgeben kann, muss er zusätzliche Mittel (in der Regel über die Kreisumlage) erwirtschaften. Auch ist nicht in jedem Falle gewährleistet, dass mit der Auslagerung der Aktien ein höherer Dividendenertrag erzielt werden kann.

Vor diesem Hintergrund wird nachstehende Verwendung der RWE-Aktien vorgeschlagen:

  1. Die Aktien an der RWE AG verbleiben im Eigentum des Kreis Borken.

  1. Die Aktien werden so bewirtschaftet, dass der höchstmögliche Ertrag erzielt wird.

  1. Die Einnahmen werden bis auf Weiteres zur Tilgung des Inneren Darlehns herangezogen.

Entscheidungsalternative(n):

Ja

Nein

Wenn ja, welche ?