Betreff
Ausgleich des coronabedingten Schadens bei der Flughafen Münster Osnabrück GmbH (FMO)
Vorlage
0030/2021/KREIS
Art
Beschlussvorlage

1.      Der Kreis Borken beteiligt sich an der Zuführung von Eigenkapital an die Flughafen Münster Osnabrück GmbH in Höhe von 46.180 Euro für das Jahr 2021.

2.    Die Vertretung des Kreises Borken in der Gesellschafterversammlung der FMO GmbH wird angewiesen, die entsprechenden Beschlüsse zu fassen.

3.    Sämtliche Beschlüsse stehen unter der Bedingung, dass sich alle Gesellschafter, die aktuell für die Finanzierung des Finanzierungskonzeptes 2.0 und des coronabedingten Schadens vorgesehen sind, daran beteiligen.

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Rechtsgrundlage:

§§ 26 Abs. 1, 53 Abs. 1 KrO NRW

Sachdarstellung:

  1. Langfristiges Finanzierungskonzept seit 2014

 

Die Flughafen Münster Osnabrück GmbH (FMO GmbH) errichtet und betreibt den Verkehrsflughafen Münster/Osnabrück und fördert die zivile Luftfahrt und den Flugsport. Unternehmensgegenstand sind zudem alle im Zusammenhang mit Vermietung und Verpachtung stehender Geschäfte einschließlich der Versorgung Dritter mit elektrischer Energie für den Bereich des Flughafens Münster/Osnabrück.

Gesellschafter der FMO GmbH sind: Stadtwerke Münster GmbH (35,06 Prozent), Beteiligungsgesellschaft des Kreises Steinfurt mbH (30,28 Prozent), OBG Osnabrücker Beteiligungs- und Grundstücksentwicklungsgesellschaft mbH (17,20 Prozent), Grevener Verkehrs GmbH (5,89 Prozent), BEVOS Beteiligungs- und Vermögensverwaltungs-gesellschaft mbH Landkreis Osnabrück (5,08 Prozent),  Kreis Warendorf (2,44 Prozent),  FMO Luftfahrtförderungs-GmbH (2,08 Prozent), Kreis Borken, Kreis Coesfeld, Landkreis Grafschaft Bentheim,  Landkreis Emsland (je 0,45 Prozent), IHK Nord Westfalen (0,07 Porzent), IHK Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim, Handwerkskammer Münster, Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim (je 0,03 Prozent).

Da sich die beiden Industrie- und Handelskammern, die beiden Handwerkskammern und die FMO Luftfahrtförderungs-GmbH nicht an der Finanzierung beteiligen dürfen, erhöht sich der Anteil des Kreises Borken an der Finanzierung rechnerisch auf 0,4618 Prozent.

 

 

1.1       Finanzierungskonzept 1.0 (2015-2020)

Die FMO GmbH finanzierte fast alle größeren Investitionsmaßnahmen der Vergangenheit (z.B. Terminalneubau, Catering-Gebäude, Frachtgebäude, Parkhäuser) im Wesentlichen durch Fremdkapital. Dies führte dazu, dass die FMO GmbH über eine relativ schlechte Kapitalausstattung verfügte und das Betriebsergebnis seinerzeit im erheblichen Umfang mit Fremdkapitalzinsen belastet war. So betrugen die Bankenverbindlichkeiten Ende 2014 ca. 84 Mio. Euro. Das Ergebnis der Flughafengesellschaft war 2014 demzufolge mit Zinsen in der Größenordnung von fast 4 Mio. Euro belastet. Der Kapitaldienst der Flughafengesellschaft (Zinsen zzgl. Tilgung) betrug seinerzeit jedes Jahr über 11 Mio. Euro. Vor diesem Hintergrund brachte die Gesellschafterversammlung der FMO GmbH ein langfristiges Finanzierungskonzept auf den Weg. Ziel dieses Finanzierungskonzeptes 1.0 war es, durch eine Zuführung von Gesellschaftermitteln (Kombination aus Gesellschafterdarlehen und Eigenkapitalstärkungen) den Liquiditätsbedarf der FMO GmbH zu decken und darüber hinaus die Bankdarlehen zügig zurückzuführen.

Für das Jahr 2015 gewährte der Kreis Borken der FMO GmbH nach Kreistagsbeschluss vom 11.12.2014 (SV 0352/2014) zunächst ein Gesellschafterdarlehen von 75.833 Euro. Dieses Gesellschafterdarlehn wird seit 2018 in Raten getilgt. Für die Jahre 2016 bis 2020 gewährte der Kreis Borken dann jährlich eine Kapitalerhöhung von 75.833 Euro, also insgesamt 379.165 Euro (SV 0054/2015, SV 0265/2015, SV 0228/2016). Der Kreistag hat zuletzt am 08.12.2016 die Tranchen der Geschäftsjahre 2019 und 2020 entsprechend seiner Anteile am Stammkapital (0,4514 Prozent) mit jeweils 75.833 Euro an der Kapitalerhöhung der FMO Flughafen Münster/Osnabrück GmbH beschlossen.

 

 

2015

2016

2017

2018

2019

2020

gesamt

Gesellschafter-darlehen

16,4 Mio.€

 

 

 

 

 

16,4 Mio.€

Anteil

Kreis Borken

75.833 €

 

 

 

 

 

75.833 €

Eigenkapital-zufuhr

 

16,4 Mio.€

16,4 Mio.€

16,4 Mio.€

16,4 Mio.€

16,4 Mio.€

82,0 Mio. €

Anteil

Kreis Borken

 

75.833 €

75.833 €

75.833 €

75.833 €

75.833 €

379.165 €

Übersicht Finanzierungskonzept 1.0 (2015-2020)

Im Zeitraum von 2014 bis 2018 wurde das operative Ergebnis (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen-EBITDA) von ca. -5,5 Mio. Euro auf -0,97 Mio. Euro verbessert. Einzig im Jahr 2019 konnte das operative Ergebnis aufgrund der Germania Insolvenz nicht verbessert werden, sondern lag bei ca. -1,86 Mio. Euro. Die Bankdarlehen konnten inzwischen von ca. 84 Mio. Euro in 2014 auf ca. 24 Mio. Euro in 2020 zurückgeführt werden.


1.2       Finanzierungskonzept 2.0 (2021-2025)

Im Dezember 2018 beauftrage die FMO-Gesellschafterversammlung die FMO-Geschäftsführung, das langfristige Finanzierungkonzept 1.0 für die Zeit ab dem Geschäftsjahr 2021 zu überarbeiten („Finanzierungskonzept 2.0“), zumal die Beschlusskette des ersten Finanzierungskonzepts durch die fünfte Einzahlung in die Kapitalrücklage im Januar 2020 endete. Dieses Finanzierungskonzept 2.0 sieht im Zeitraum 2021 bis 2025 einen jährlichen Kapitalbedarf in Form von Gesellschafterdarlehen in Höhe von 7 Mio. Euro vor (insgesamt 35 Mio. Euro). Der Kreistag hat sich am 10.10.2019 (SV 0242/2019/KREIS) mit dem Finanzierungskonzept 2.0 befasst und für die Jahre 2021 bis 2025 jeweils ein Gesellschafterdarlehn von jährlich 32.325 Euro, also insgesamt 161.625 Euro, beschlossen. Die Gesellschafterdarlehen sind jeweils 3 Jahre tilgungsfrei und werden dann über eine Laufzeit von jeweils 15 Jahren inkl. Zins an die Gesellschafter zurückgezahlt.

 

 

2021

2022

2023

2024

2025

Gesamt

Gesellschafter-darlehen

7,0 Mio. €

7,0 Mio. €

7,0 Mio. €

7,0 Mio. €

7,0 Mio. €

35,0 Mio. €

Anteil

Kreis Borken

32.325 €

32.325 €

32.325 €

32.325 €

32.325 €

161.625 €

Übersicht Finanzierungskonzept 2.0 (2021-2025)

Mit dem Kapitalbedarf soll u. a. das erhöhte Investitionsvolumen bis 2025 finanziert werden, welches insbesondere auf die Vorgaben einer neuen europäischen Sicherheitsbehörde (EASA) zurückzuführen ist. Folgende Instandhaltungs- und Beschaffungskosten sind bis 2025 mit folgendem Volumen geplant:

·         Deckschichtsanierung und Erneuerung der Befeuerung der Start- und Landebahn (6,5 Mio. €),

·         Sanierung der Rollwege (1,5 Mio. €),

·         Sanierung der Fluggastbrücken und Gepäckförderanlagen (4,0 Mio. €),

·         Ersatz von Feuerlöschfahrzeugen und Vorfeldfahrzeugen (5,5 Mio. €),

·         Erneuerung Flugzeugenteiser (1,5 Mio. €),

·         Sanierung von Strom- und Kälteanlage (2,2 Mio. €) sowie

·         sonstige Regelinvestitionen (4,8 Mio. €).

In der Gesellschafterversammlung der FMO GmbH am 12.12.2019 wurde die Umsetzung des Finanzierungskonzeptes 2.0 für die Jahre 2021 bis 2025 und die Ausgabe von Gesellschafterdarlehen in Höhe von je 7 Mio. Euro p.a. beschlossen.

Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die FMO GmbH in den Jahren ab 2026 bis 2030 weitere Gesellschaftermittel benötigen wird. Das Finanzierungskonzept 2.0 plant hier aktuell einen Betrag i. H. v. rd. 3,5 Mio. Euro p. a. ein (insgesamt rd. 17,5 Mio. Euro). Wesentliche Informationen und Beschlüsse im Zusammenhang mit dem Finanzierungskonzept 2.0 können der seinerzeitigen Sitzungsvorlage SV 0242/2019/KREIS entnommen werden.

 

2.      Aktuelle Auswirkungen auf den FMO aufgrund der Corona-Pandemie

Die aktuelle Corona-Pandemie erreichte Anfang März 2020 mit enormer Wucht auch Europa. Nahezu der gesamte europäische Luftverkehr brach zu diesem Zeitpunkt komplett ein. Der FMO hatte bis zu diesem Zeitpunkt ein Wachstum von ca. 25 Prozent und war damit der wachstumsstärkste deutsche Flughafen im 1. Quartal 2020. In der Folge des Luftverkehr-Lockdowns brachen zu diesem Zeitpunkt auch die Umsätze der FMO GmbH, wie Verkehrserlöse, Parkeinnahmen und umsatzbedingte Entgelte (Gastronomie, Betankung) nahezu komplett ein. Durch sofortige kurzfristige Gegenmaßnahmen wie fast 100 prozentige Kurzarbeit sowie ein umfangreicher Investitions- und Ausgabenstopp wurde die vorhandene Liquidität soweit wie möglich geschont.

Ab Juni 2020 konnten zwar vorübergehend vereinzelte Verbindungen, u.a. Lufthansa nach München, wieder bedient werden, jedoch nutzten letztlich im Jahre 2020 insgesamt nur 223.518 Fluggäste den Flughafen Münster Osnabrück. Gegenüber dem Jahr 2019 wurden damit 77,5 Prozent weniger Fluggäste gezählt. Mit diesem Rückgang liegt der FMO prozentual aber im Schnitt der anderen deutschen Verkehrsflughäfen. Zwar lassen die mittlerweile bekannten Flugplanungen für 2021 einen spürbaren Anstieg der Passagierzahlen erwarten, jedoch unterliegen alle Prognosen in Anbetracht der Corona-Pandemie - insbesondere des derzeitigen erneuten Lockdowns - erheblichen Unsicherheiten.

Die FMO GmbH hat angesichts der sich abzeichnenden Entwicklung gemeinsam mit dem Beratungsunternehmen PwC im Sommer 2020 eine Wirtschaftsplanung (Stand 06/2020) für die kommenden fünf Jahre erarbeitet. Aus diesen Berechnungen ergibt sich für die Wirtschaftsjahre 2020 und 2021 ein Kapitalbedarf von insgesamt 10 Mio. Euro. Dieser Finanzbedarf ist im Wesentlichen aus Verkehrsprognosen abgeleitet. Die Berechnungen unterliegen aktuell erheblichen Unsicherheiten. Der Kapitalbedarf soll in Form von Eigenkapitalzuführungen erfolgen. Der Anteil des Kreises Borken, der im Jahr 2021 ausgezahlt werden soll, beträgt 46.180 Euro.

Ob weiterer Finanzierungsbedarf besteht, hängt branchenweit wesentlich vom weiteren Pandemieverlauf ab. In der derzeitigen Wirtschaftsplanung der FMO GmbH für die Jahre 2022 bis 2025 wird ein weiterer Liquiditätsbedarf von insgesamt rd. 20 Mio. Euro prognostiziert, der in den Jahren 2022 und 2023 mit jeweils 10 Mio. Euro von den Gesellschaftern getragen werden soll. Gegenüber dem bisherigen Finanzierungskonzept 2.0 kann sich im Zeitraum bis 2025 somit ein coronabedingter zusätzlicher Finanzierungsbedarf von insgesamt rd. 30 Mio. Euro ergeben. Offen ist zudem noch, ob öffentliche Zuschüsse zur Unterstützung der Flughäfen durch Bund oder Land erfolgen. Sollten von Dritten Mittel für die FMO GmbH zur Verfügung gestellt, werden diese bei der Zahlung der Corona-bedingten Eigenkapitalzuführung entsprechend gekürzt.

Nach Angaben der FMO-Geschäftsführung ist zur Liquiditätssicherung über den NRW-Rettungsschirm keine Kreditaufnahme möglich, da kein Kreditinstitut derzeit bereit ist, die verbleibende 20-prozentige Haftung zu übernehmen. Ein reiner Bankkredit ist ebenfalls nicht möglich, da eine Rückzahlung aus Zusatzerlösen in der Zukunft derzeit nicht möglich erscheint.

Die Kreisverwaltung schlägt vor, den durch den massiven coronabedingten Einbruch des Luftverkehrs aufgetretenen Finanzbedarf für die Wirtschaftsjahre 2020 und 2021 durch eine anteilige Zuführung von Eigenkapital zu decken. Eine Entscheidung über eine weitere prognostizierte coronabedingte Finanzierung für die Jahre 2022 und 2023 von voraussichtlich rd. 20 Mio. Euro soll erst nach einer eingehenden Beratung der Gesellschafter über die künftige strategische Ausrichtung der FMO GmbH im Jahresverlauf 2021 erfolgen. Hierzu ist insbesondere die künftige Positionierung der drei größten Gesellschafter Stadtwerke Münster, Beteiligungsgesellschaft des Kreises Steinfurt mbH und OBG Osnabrücker Beteiligungs- und Grundstücksentwicklungsgesellschaft mbH ausschlag-gebend. Der Rat der Stadt Osnabrück hat in diesem Zusammenhang schon eine Entscheidung getroffen, für die Jahre 2021 und 2022 jeweils die Einzahlung in die Kapitalrücklage in Höhe ihres prozentualen Anteils vorzunehmen.

Der FMO-Geschäftsführer Prof. Dr. Rainer Schwarz wird in der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Kreisentwicklung und Digitalisierung am 08.02.2021 weitere Erläuterungen geben.

Nachrichtlich:

Die Kreistagsmitglieder haben per e-mail vom 03.12.2020 einen offenen Brief des Aktionsbündnisses „FMO-Ausstieg jetzt!“ vom 29.11.2020 zur Kenntnis erhalten. Eine Bewertung des Inhalts dieses Briefes durch die FMO-Geschäftsführung ist als Anlage beigefügt.

 

Entscheidungsalternative(n):

Der Kreis Borken beteiligt sich nicht an der Kapitalerhöhung. Dadurch wird aber die notwendige coronabedingte Finanzierung und damit die Zukunftsperspektive des Flughafens Münster-Osnabrück als internationaler Verkehrsflughafen in NRW gefährdet.

 

 


Finanzielle Auswirkungen:             Ja   Nein

Höhe der finanziellen Auswirkungen:                                          46.180                            

Anpassung im laufenden Haushalt erforderlich:                     Ja                Nein      

Die coronabedingte Kapitalzuführung ist im Teilfinanzplan des Produkts 11.03.04 vorsorglich eingeplant, steht aber unter dem Vorbehalt eines entsprechenden Kreistagsbeschlusses.

Produkt Nr./Bezeichnung: 11.03.04 Wirtschaft, Arbeitsmarkt, Kreisentwicklung, EU-Angelegenheiten, Statistik

Kontengruppe Nr./Bezeichnung: 27-Auszahlungen für den Erwerb von Finanzanlagen

Finanzierungsbeteiligung Dritter:                                            Ja                Nein      

Finanzielle Auswirkungen in Folgejahren:                              Ja                Nein      

Eine Entscheidung über eine weitere prognostizierte coronabedingte Finanzierung für die Jahre 2022 und 2023 von voraussichtlich rd. 20 Mio. Euro soll erst nach einer eingehenden Beratung der Gesellschafter über die künftige strategische Ausrichtung der FMO GmbH im Jahresverlauf 2021 erfolgen.

 


  


Klimafolgenabschätzung:

Die deutschen Flughäfen haben sich verpflichtet, bis 2030 die eigenen CO2-Emissionen (z.B. Energieversorgung, Gebäudetechnik, Fuhrpark, flughafenspezifische Anlagen) gegenüber dem Jahr 2010 um 50 Prozent zu reduzieren und bis 2050 die eigenen CO2-Emissionen auf Netto Null herunterzufahren. Darüber hinaus unterstützen die Flughäfen die Fluggesellschaften bei deren CO2-Emissionsreduzierungen z.B. durch Bodenstrom statt Hilfstriebwerke, Rollverkehre durch Schleppverfahren, umweltbezogene Entgelte.

FMO klimaneutral 2030: Der FMO hat seit 2010 seine CO2-Emissionen bereits um 90 Prozent reduziert. Auf Basis eines Emissionsregisters, das die restlichen 10 Prozent katalogisiert, hat der FMO schon im Jahre 2019 ein Konzept entwickelt, um bereits 2030 klimaneutral die Infrastruktur betreiben zu können