Betreff
Schulsozialarbeit an Hauptschulen
Vorlage
0204/2005
Art
Beschlussvorlage öffentlich

1.     Der JHA beschließt die Einführung von Schulsozialarbeit als freiwillige Leistung der öffentlichen Jugendhilfe mit jeweils einem 0,5-Stellenanteil an den Hauptschulen in den Orten:

Þ     Heek

Þ     Heiden

Þ     Legden

Þ     Raesfeld

Þ     Südlohn

Þ     Velen

Þ     Vreden (2 Hauptschulen)

    Als inhaltliche Konzeption wird das „Modell Isselburg“ zu Grunde gelegt.

    Der Beschluss steht unter dem Vorbehalt, dass der Kreistag im Haushaltsplan 2006 die erforderlichen Mittel zur Verfügung stellt.

2.     Die entstehenden Brutto-Personalkosten werden jeweils zur Hälfte vom Schulträger und vom Kreis Borken getragen. Hinsichtlich der anteiligen Finanzierung der Erstausstattung und sonstiger Sachkosten wird die Verwaltung beauftragt, mit dem jeweiligen Schulträger Regelungen zu vereinbaren, die einer Kostenteilung entsprechen.

3.     Die Projekte sollen möglichst zeitgleich im 1. Quartal 2006 beginnen und zunächst auf drei Jahre befristet werden. Die in Isselburg seit dem 15.08.2005 fortgesetzte Schulsozialarbeit wird damit zeitlich gleichgezogen.

4.     Die einzustellenden sozialpädagogischen Fachkräfte werden beim Kreis Borken angesiedelt. Dem Kreistag wird empfohlen, die erforderlichen Stellen (incl. Isselburg 9 x 0,5 = 4,5 Stellen) ab dem Stellenplan 2006 für 3 Jahre zur Verfügung zu stellen.

5.     Die Verwaltung wird beauftragt, darauf zu drängen, dass das Land für Schulsozialarbeit die Finanzierung übernimmt.

6.     Sollte das Land Finanzmittel bereitstellen, wird sich der Kreis aus der Förderung zurückziehen. Dieses ist vertraglich abzusichern.


Rechtsgrundlage:

Beschlüsse des JHA vom 09.02.2005 und 28.06.2005


Sachdarstellung:

zu 1.

Der JHA hat sich in den letzten Jahren intensiv mit Schulsozialarbeit auseinandergesetzt. Nach Abschluss des Modellprojektes an der Hauptschule in Isselburg hat der JHA am 09.02.05 beschlossen, den Schulträgern in seinem Zuständigkeitsbereich das Angebot zu unterbreiten, Stellen für Schulsozialarbeiter/innen an Hauptschulen zur Hälfte mitzufinanzieren.

In den JHA-Sitzungen am 21.04.05 sowie am 28.06.05 wurde ebenfalls auf diese Thematik eingegangen. Auf die Vorlagen und Protokolle wird verwiesen.

Aufgrund des o.g. Beschlusses wurde bei den in Frage kommenden Schulträgern deren Bedarf nach Schulsozialarbeit abgefragt, der sich wie folgt darstellt:

An den Hauptschulen in Gescher und Stadtlohn sind Schulsozialarbeiter/innen tätig, die über das Land finanziert werden. In Reken läuft ein Projekt, das über das DRK abgewickelt wird. Schöppingen hat sich auf Grund der Projekte, die über die Anlauf- und Kontaktstelle an der Hauptschule durchgeführt werden, entschlossen, zunächst keinen Antrag zu stellen. Nach Mitteilung der Stadt Rhede gibt es eine Förderzusage des DRK für eine 80 %-ige Refinanzierung von 2 Schulsozialarbeiterstellen in Vollzeitform für das Schulzentrum.

Anträge auf Mitfinanzierung liegen vor aus

-          Isselburg

-          Raesfeld

-          Heiden

-          Velen

-          Südlohn

-          Legden

-          Heek

-          Vreden (2 Hauptschulen)

Für Isselburg hat der JHA bereits am 28.06.05 beschlossen, die Schulsozialarbeit fortzusetzen.

Somit liegen noch aus 7 Kommunen offene Anträge für insgesamt 8 mitzufinanzierende Stellen an Hauptschulen (jeweils im Umfang von 0,5 Stellen, wobei der Kreis und der Schulträger je die Hälfte der Personalkosten übernehmen) vor. Es wird vorgeschlagen, diesen Anträgen stattzugeben.

Bereits am 09.02.2005 hat der JHA als Grundlage für die Schulsozialarbeit die Konzeption des „Modells Isselburg“ als wirksames präventives Instrument beschlossen.

zu 2.

Der JHA hat am 09.02.05 ebenfalls beschlossen, dass die hälftige Mitfinanzierung durch den Schulträger Voraussetzung für die Installation von Schulsozialarbeit ist. Weitere Informationen sind den „Finanziellen Auswirkungen“ zu entnehmen.

zu 3.

Der Bedarf an Schulsozialarbeit wird immer offenkundiger und wurde auch vom JHA erkannt. Schulen und Schulträger drängen darauf, mit der Schulsozialarbeit nach dem Isselburger Modell so schnell wie möglich zu beginnen, die antragstellenden Schulträger haben sich zur Mitfinanzierung bereit erklärt. Im Interesse einer gleichmäßigen Versorgung der in Betracht kommenden Hauptschulen im Zuständigkeitsbereich des Kreises soll deshalb mit Schulsozialarbeit an diesen Hauptschulen gleichzeitig begonnen werden.

Das hat den Vorteil, dass das gesamte Personalauswahlverfahren einheitlich und in einem Gesamtprozess durchgeführt werden kann. Einarbeitungszeiten verlaufen parallel und können effizient gesteuert werden; der Aufbau und die Abstimmung von fachlichen Standards werden erleichtert. Die fachliche Begleitung und die anschließende Wirksamkeitsanalyse sind bei zeitlicher Parallelität deutlich effektiver und aussagekräftiger.

Unter Berücksichtigung der erforderlichen Vorlaufzeit (z. B. Stellenausschreibung, Personalauswahlgespräche) soll möglichst im ersten Quartal 2006 mit der Schulsozialarbeit begonnen werden.

Aus den vorgenannten Gründen ist es sinnvoll, die in Isselburg bereits fortgesetzte Schulsozialarbeit mit den neuen Maßnahmen zeitlich gleichzuziehen.

Die Befristung auf zunächst drei Jahre dient dazu, nach einem für die Beurteilung ausreichenden Projektzeitraum eine Evaluierung zu ermöglichen.

zu 4.

Die Verwaltung schlägt vor, die Schulsozialarbeit in eigener Trägerschaft zu installieren. Dafür sprechen aus unserer Sicht folgende Argumente:

Þ      Die Steuerungsverantwortung der öffentlichen Jugendhilfe erfordert Schulsozialarbeit in öffentlicher Trägerschaft.

Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben nach § 79 Abs. 1 SGB VIII für die Erfüllung der Aufgaben nach diesem Buch die Gesamtverantwortung einschließlich der Planungsverantwortung (sog. Steuerungsverantwortung).

Insbesondere nach den positiven Ergebnissen des Modells Isselburg besteht ein außerordentliches Interesse des öffentlichen Jugendhilfeträgers, an diesen Erfolg anzuknüpfen und ihn auf die anderen Städte und Gemeinden des Zuständigkeitsbereichs zu übertragen.

Eine Anbindung der Schulsozialarbeit bei freien Trägern, die außerdem eine differenzierte Palette erzieherischer Angebote vorhalten, ist problematisch. Ein solcher Träger hat ein starkes Interesse daran, seine eigenen Angebote zu akquirieren, wenn es darum geht, im Einzelfall bei Schülern/innen oder deren Familien Hilfen zu installieren. Dadurch sind zum Einen Konflikte der freien Träger untereinander nicht auszuschließen, zum Anderen wird der öffentliche Träger in seiner – fachlichen und finanziellen – Steuerungsmöglichkeit eingeschränkt. Gerade diese ist aber entscheidend bei der Aufgabe, die Jugendhilfe mit der größten Effizienz bei möglichst geringem Ressourceneinsatz zu organisieren.

Þ      Die Anbindung an den ASD ist eine wesentliche Grundlage für den Erfolg des „Modells Isselburg“.

Diese Feststellung ist ein originäres Ergebnis des Modellprojekts nach über drei Jahren Laufzeit. Der Abschlussbericht enthält auf S. 14 einen deutlichen Hinweis auf die Sinnhaftigkeit dieser Anbindung. Zu Beginn des Projektes (die Konzeption Schulsozialarbeit wurde vom JHA in der Sitzung am 18.06.1998 verabschiedet) war nicht vorhersehbar, dass die Anbindung im Laufe des Projektes einen so hohen Stellenwert bekommen würde. Im Projektverlauf hat sich aber eindeutig herausgestellt, dass die Anbindung an den ASD eine wesentliche Grundlage für den Erfolg des Projektes darstellt. Schulsozialarbeit ist ein integraler Bestandteil von ASD-Arbeit.

Þ      Die Anbindung der Schulsozialarbeit beim öffentlichen Träger der Jugendhilfe ist mit einem geringeren Steuerungs- und Administrationsaufwand verbunden.

Durch die enge Verzahnung zwischen Schulsozialarbeiter/in und ASD-Team sind kurze Wege gewährleistet, Schnittstellen entfallen, der Koordinationsaufwand wird eng begrenzt und Zeit und Kosten werden minimiert. Durch die Mitgliedschaft im ASD-Team werden Doppelbetreuungen durch Schulsozialarbeit und ASD vermieden, Absprachen und Vorgehensweisen können ohne Zeitverzug direkt umgesetzt werden.

Durch die Teamanbindung könnten Arbeitsausfälle, z. B. durch Krankheit oder Vakanz, besser ausgeglichen und überbrückt werden. Da mehrere Schulsozialarbeiter/innen in einem Team arbeiten, könnte hier flexibel agiert werden, da ein Gesamtüberblick über die Hauptschulen des Verantwortungsbereiches des zuständigen Teams besteht. Vertretungen wären damit möglich.

Durch die Anstellung beim Kreis wird die Dienst- und Fachaufsicht klar geregelt. Es ist von vornherein eindeutig, wer die Anweisungskompetenz hat, nämlich die jeweilige Leitung des ASD-Teams. Wäre ein freier Träger Anstellungsträger, müssten Kooperationsvereinbarungen getroffen werden. Unstimmigkeiten, unterschiedliche Vorstellungen etc. müssten jeweils zwischen Schule, Schulträger, Schulaufsicht, freiem Träger und Kreis ausgetragen werden. Schule, Schulträger und Schulaufsicht hätten es nicht mit einem Ansprechpartner, dem Kreis, sondern mit verschiedenen Ansprechpartnern zu tun.

Þ      Durch die Anbindung der Schulsozialarbeit beim öffentlichen Träger wird ein einheitlicher fachlicher Standard sichergestellt.

Der Kreis hat durch seine Fachaufsicht die Möglichkeit, eine qualitativ und organisatorisch einheitliche Form von Schulsozialarbeit sicherzustellen und für eine kontinuierliche Fort- und Weiterbildung zu sorgen.

Þ      Der öffentliche Träger der Jugendhilfe ist Kooperationspartner von Schulträgern, Schulen und Schulaufsicht.

Durch die vielfältige Aufgabenstellung des öffentlichen Trägers der Jugendhilfe (beispielhaft seien die Kinder- und Jugendarbeit, Eltern- und Familienbildung, Jugendsozialarbeit, Tagesbetreuungseinrichtungen wie auch die Einzelfallarbeit in den Sozialen Diensten genannt) ergeben sich umfangreiche Kooperationsbeziehungen zu den Schulträgern (sprich: Städte und Gemeinden) auf unterschiedlichen Ebenen, zu den Schulen und zur Schulaufsicht. Zu den Schulen bestehen zum Einen in Einzelfällen Kontakte der Sozialen Dienste, die dort häufig präsent sind, zum Anderen wird in Projekten miteinander gearbeitet. Darüber hinaus besteht ein enger Kontakt zur Schulaufsicht, nicht zuletzt dadurch begründet, dass Schulaufsicht und Fachbereich Jugend und Familie in einem Gebäude sitzen.

Þ      Durch die Anbindung beim öffentlichen Träger wird nicht gegen das Subsidiaritätsprinzip verstoßen.

Das Subsidiaritätsprinzip besagt, dass Jugendhilfeleistungen dann durch den öffentlichen Träger vorgehalten werden sollen, wenn sie nicht in geeigneter Weise durch freie Träger angeboten werden können. Dieses Prinzip steht in einem Spannungsfeld zur Steuerungsverantwortung des öffentlichen Trägers. Aus den dort genannten Gründen kann die Schulsozialarbeit eben nicht in geeigneter Weise durch freie Träger wahrgenommen werden.

Im Übrigen wurden die Träger in den vergangenen Jahren im Rahmen der Arbeitsgemeinschaften I bis III der Jugendhilfeplanung nach § 78 SGB VIII intensiv an der Jugendhilfeplanung beteiligt. Bei der Ausdifferenzierung der Angebote in allen Bereichen der Jugendhilfe wurden diese Angebote nahezu vollständig freien Trägern übertragen. Der öffentliche Träger hat auf das Vorhalten eigener Angebote – sei  es im Bereich der offenen Jugendarbeit, bei den Kindergärten oder bei den erzieherischen Hilfen – verzichtet.

Fazit:

Unter Berücksichtigung der von den freien Trägern vorgebrachten Argumente für deren Trägerschaft (das Schreiben der Arbeitsgemeinschaft der Verbände der freien Wohlfahrtspflege im Kreis Borken vom 10.06.2005, das die „Positionierung der AG Wohlfahrt zum Thema Trägerschaft Schulsozialarbeit“ enthält, wurde dem Protokoll der JHA-Sitzung vom 28.06.05 als Anlage 1 beigefügt) sowie der vorstehend genannten Argumente zur öffentlichen Trägerschaft von Schulsozialarbeit, kommt die Verwaltung zu dem Ergebnis, dass die Trägerschaft für die Schulsozialarbeit beim öffentlichen Träger liegen sollte. Sie hat dies am 01.09.05 in einem Gespräch der AG III mit einigen Geschäftsführern der Wohlfahrtsverbände eingehend dargelegt und erörtert.

zu 5.

Mit Datum vom 30.06.05 ist dem Ministerium für Schule des Landes ein zwischen dem Fachbereich Schule und Kultur, der Schulaufsicht und dem Fachbereich Jugend und Familie abgestimmtes Schreiben übersandt worden, in dem um Informationen hinsichtlich der zukünftigen Haltung des Ministeriums in dieser Frage gebeten wird. Das Ministerium hat mit Schreiben vom 15.08.2005 Stellung bezogen. Das Schreiben ist als Anlage beigefügt. Dem Schreiben ist zu entnehmen, dass mit einer Landesfinanzierung derzeit nicht zu rechnen ist. Das Land teilt aber grundsätzlich die Einschätzung der Notwendigkeit von Schulsozialarbeit an vielen Hauptschulen. Daher soll weiter darauf gedrängt werden, das Land zu einer finanziellen Förderung der Schulsozialarbeit zu bewegen.

zu 6.

Die Dienstverträge werden auf drei Jahre befristet. Eine aufzunehmende Klausel soll den Kreis von Verpflichtungen freistellen, wenn das Land in die Finanzierung einsteigen sollte


Finanzielle Auswirkungen:

 

Zurzeit liegen noch aus 7 Kommunen offene Anträge für insgesamt 8 mitzufinanzierende Stellen an Hauptschulen vor. Isselburg ist dem hinzuzurechnen, so dass 9 Schulsozialarbeiterstellen mit einem Stellenanteil von jeweils 0,5 mitzufinanzieren sind. Es wird von durchschnittlichen Personalkosten für eine 0,5-Stelle von 25.000 € p. a. ausgegangen. Sachkosten werden entsprechend der Finanzierungsvereinbarung spitz abgerechnet.

Bei einer hälftigen Kostenübernahme seitens des Schulträgers entstehen für den Kreis pro 0,5-Stelle jährliche Personalkosten von durchschnittlich 12.500 €, so dass – incl. Isselburg – eine jährliche Budgetbelastung von 112.500 € entsteht.

Im Haushalt 2005 sind für die Fortsetzung des Isselburger Modells bereits 20.000 € eingestellt worden. Gegenüber 2005 wird der Jugendamtsetat also in einer Größenordnung von 92.500 € mehr belastet.

Bei den genannten Beträgen handelt es sich um kalkulierte Durchschnittswerte. Die tatsächliche Belastung richtet sich nach den entstehenden Kosten.


Anlage:

Schreiben des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 15.08.2005