Der Jugendhilfeausschuss nimmt den Bericht zur Kenntnis.
Rechtsgrundlage:
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Sachdarstellung:
Auf die Berichterstattung zu den
Auswirkungen der Corona-Pandemie in der Jugendhilfe in den letzten Sitzungen
des Jugendhilfeausschusses am 26.05.2020, 10.09.2020, 01.12.2020 und 09.02.2021
wird Bezug genommen. Seitdem hat sich das Infektionsgeschehen dynamisch
entwickelt.
Die Entwicklung der SARS-CoV-2-Pandemie hat auf die Aufgabenbereiche des Kreisjugendamtes unterschiedliche Auswirkungen. Diese lassen sich wie folgt beschreiben:
Situation im Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD)
Den Mitarbarbeiter*innen im ASD wird zunehmend berichtet, dass der anhaltende (Teil-) Lockdown die Eltern im Alltag mit ihren Kindern stark herausfordert. Eltern fällt es immer schwerer, die Kinder und Jugendlichen zu motivieren, einen strukturierten Alltag beizubehalten. Die Kinder und Jugendlichen vermissen die Freizeitkontakte zu Gleichaltrigen, sei es im Sportverein oder im Bereich der offenen Jugendarbeit. Stattdessen beschäftigen sich Kinder- und Jugendliche vermehrt mit elektronischen Medien. Die Begleitung des Homeschoolings stellt für Eltern eine erhebliche Anstrengung dar. In einigen Familien nehmen die innerfamiliären Konflikte sowohl auf der Paarebene als auch zwischen Kindern und Eltern zu.
Für den Einsatz von Schulassistenzen wurden kreisweite Kriterien für Homeschooling vereinbart. Nach den Osterferien hat sich in vielen Schulen der Wechselunterricht eingespielt, die Kriterien für den Einsatz von Schulassistenzen wurden entsprechend angepasst. Kinder, die im Rahmen des Kinderschutzes besonders gefährdet sind, sowie Kinder, die aus besonderen Härten betreut werden müssen, werden in der Schule bzw. in der Kindertageseinrichtung/-tagespflege betreut. Die Kooperation zwischen dem ASD, den Schulen und der Kindertagesbetreuung läuft weiterhin reibungslos. Ob aber dadurch tatsächlich keine Lücke im Kinderschutz entsteht, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beantwortet werden und wird weiterhin aufmerksam beobachtet.
Für das Kreisjugendamt ergaben sich in den Jahren 2018 - 2020 zum Stichtag 31.12 folgende Zahlen:
Stichtag |
§ 8a SGB VIII-Meldungen |
betroffene Kinder |
31.12.2018 |
72 |
116 |
31.12.2019 |
87 |
149 |
31.12.2020 |
181 |
324 |
Für das Kreisjugendamt ergaben sich für die ersten drei Monate in diesem Jahr folgende Zahlen:
Stichtag |
§ 8a SGB
VIII-Meldungen |
betroffene
Kinder |
31.03.2021 |
28 |
47 |
Die Meldungen über Kindeswohlgefährdungen bewegen sich in den ersten drei Monaten des Jahres 2021 weiterhin auf einem hohen Niveau.
Während des gesamten Lockdowns ist der Allgemeine Soziale Dienst mit dem entsprechenden Hygienekonzept und unter Einhaltung der AHA-L Regeln arbeitsfähig geblieben. Bisher hat sich nur ein Mitarbeiter des Allgemeinen Sozialen Dienst mit dem Coronavirus infiziert. Persönliche Kontakte, auch in den Familien, finden über den gesamten Zeitraum des Lockdowns statt.
Auswirkungen aus Sicht des
Pflegekinderdienstes
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Pflegekinder in den Pflegefamilien des Kreisjugendamtes Borken lassen sich von unterschiedlichen Seiten betrachten und sind sehr verschieden.
Während und nach dem ersten Lockdown im Frühjahr/ Sommer 2020 meldeten Pflegeeltern mit jüngeren Pflegekindern durchaus zurück, dass sie die Zeit mit reduzierten Kontakten zu Personen außerhalb der Kernfamilie als sehr entspannt erlebt haben. Pflegeeltern und Pflegekinder konnten ihre Beziehungen und Bindungen durch den sehr intensiven Kontakt zueinander festigen. Die Pflegekinder konnten ihre Pflegeeltern als verlässliche Bezugspersonen erleben und Vertrauen entwickeln.
Bei den älteren schulpflichtigen Pflegekindern und Kindern in der Tagesbetreuung wurde nach mehreren Wochen des Lockdowns allerdings deutlich, dass ihnen der strukturierte, verlässliche und wiederkehrende Alltag fehlt. Alle Pflegekinder haben in ihren Herkunftssystemen traumatische Erfahrungen erleben müssen, sei es durch Vernachlässigung, Verwahrlosung oder Misshandlung. Sie haben erwachsene Menschen als unberechenbar, unzuverlässig und zum Teil als gefährlich erlebt und das Urvertrauen in erwachsene Bezugspersonen verloren. Wichtig für eine heilende Erfahrung in den Pflegefamilien ist zum einen der Aufbau einer sicheren Bindung zu ihren Pflegeeltern, aber besonders auch ein verlässlicher, strukturierter und berechenbarer Alltag. Durch den Wegfall von Schul- und Kita-Besuch fehlt diese Struktur. Der unstete Wechsel zwischen Präsenz- und Distanzunterricht und die Mischung von Distanz- und Präsenzunterricht führt besonders bei Kindern mit traumatischen Erfahrungen in früher Kindheit und damit einhergehenden Bindungsstörungen zu Irritationen und Verunsicherung. Diese Verunsicherung entlädt sich in der Regel in den Pflegefamilien durch oppositionelles und grenzüberschreitendes Verhalten. Die Kinder reagieren mit Impulsdurchbrüchen und sind für ihre Pflegeeltern teilweise nur begrenzt emotional erreichbar. Eine Notbetreuung in Anspruch zu nehmen, war auch für Pflegefamilien in solchen Fällen möglich. Die Kooperation zwischen den Schulen und den Kindertagesstätten verlief reibungslos.
Wie alle Eltern befinden sich auch Pflegeeltern in einer Doppelrolle. Neben der Erziehung und Betreuung des Kindes müssen sie den Distanzunterricht begleiten, ihre Kinder anleiten und unterstützen. Um die Beziehung zwischen Pflegekindern und Pflegeeltern nicht zusätzlich durch das Homeschooling zu belasten, wird den Familien bei Bedarf auch während des Homeschooling eine Schulassistenz ermöglicht. Um einen dramatischen Leistungsabfall zu verhindern, nutzen einige Pflegekinder regelmäßige schulische Nachhilfe.
Der Kontakt zu Gleichaltrigen fehlt den Kindern und verhindert möglicherweise, soziale Kompetenzen zu erweitern.
Sofern es für die Entwicklung des Kindes förderlich ist, finden im Lockdown begleitete Besuchskontakte zwischen den Pflegekindern und leiblichen Eltern statt. Diese erfolgen, soweit es wetterbedingt möglich ist, im Freien auf Spielplätzen und in Parks.
Die zusätzlichen Fortbildungsangebote und Netzwerktreffen für Pflegefamilien mussten aufgrund des Lockdowns im vergangenen Jahr komplett entfallen. Die Pflegeltern vermissen diese Zusammenkünfte, der fehlende persönliche Austausch mit anderen Pflegeeltern wird bedauert.
Einige familiengerichtliche Verfahren gem. § 1666 BGB, in denen eine familienpsychologische Begutachtung beschlossen wurde, verlängern sich aufgrund der Kontaktbeschränkungen, sodass die Verweildauer von Kindern in Bereitschaftspflegefamilien deutlich länger ist.
Auswirkungen der
Corona-Pandemie auf die Kinder- und Jugendarbeit
Die Situation in der Kinder- und Jugendarbeit ist anhaltend unbeständig und dadurch stark belastend für ehrenamtlich Tätige in der Jugendverbandsarbeit, für Beschäftigte in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit und allen voranstehend für die Kinder und Jugendlichen selbst.
Durch die Anerkennung als „Weiteres außerschulisches Bildungsangebot“ nach § 7a der Coronaschutzverordnung NRW sind Präsenzangebote in der Kinder- und Jugendarbeit weiterhin gestattet. Diese lassen sich für junge Menschen bis 18 Jahre in 5er Gruppen gestalten und für Jugendliche unter 14 Jahren bis 20 Teilnehmende im Außenbereich umsetzen.
Im Alltag der Offenen Kinder- und Jugendarbeit zeigt sich mit Blick auf die Angebotsmöglichkeiten und die damit verbundenen Einschränkungen ein klares Bild.
Die Fachkräfte beschreiben, dass die Wahrnehmung von Präsenzangeboten einen hohen Zulauf bei Kindern und Jugendlichen auslöst und gleichzeitig das Interesse an digitalen Formaten abnimmt. Durch die vorgegebenen Einschränkungen der Personenzahl und Vorabanmeldung und die verringerte Angebotsanzahl durch den Hygieneschutz ist die Erreichbarkeit von bestimmten Zielgruppen deutlich verändert.
Die Angebote sind sehr schnell ausgeschöpft und lassen eine überwiegende Nutzung von jüngeren Besuchern feststellen. Der Blick auf und die Beziehung zu der Zielgruppe von Jugendlichen ab 14 Jahren nimmt ab. Jugendliche empfinden stärkeren Frust, sind mit familiären Konflikten konfrontiert und geraten in eine soziale Isolation.
Dies äußert sich in vermehrten „organisierten Treffen“ von Peer Groups im Sozialraum, Rückzug von Jugendlichen in „Onlinewelten“ und Ablehnung gegenüber Schule, der Politik und den geltenden Regelungen. Die pädagogischen Fachkräfte versuchen mit den bestehenden Möglichkeiten durch Gespräche, politische Aufklärung und Einzelfallhilfe die Jugendlichen zu erreichen und zu unterstützen.
Auch die Jugendverbandsarbeit hat mit starken Auswirkungen aufgrund der Corona-Pandemie zu kämpfen. Für dieses Arbeitsfeld gelten dieselben Bestimmungen, wie in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit. Nur gibt es innerhalb der beiden Arbeitsfelder deutliche strukturelle Unterschiede.
Die Jugendverbandsarbeit ist fast ausschließlich ehrenamtlich aufgestellt. Das Umsetzen von Digital- und Präsenzangeboten ist mit einem erheblichen zeitlichen Aufwand verbunden. Die gültigen Bestimmungen der Coronaschutzverordnung zu erfassen, das konzeptionelle Planen und Umsetzen von Methoden und Möglichkeiten zu erarbeiten und die Hygieneschutzmaßnahmen zu schaffen, sprengt an vielen Stellen langfristig die ehrenamtlichen Kapazitäten.
Die konkreten Rückmeldungen an dieser Stelle aus der Ehrenamtsarbeit sind, dass die Motivation aufgrund der lang anhaltenden Beschränkungen verschwindet, dass Leiterrunden ihre Aktivitäten aussetzen oder sich ganz auflösen. Dies hat auch enorme Auswirkungen auf das Planen und Vorbereiten von Ferienlagern und Ferienangeboten vor Ort.
Die Abteilung Kinder- und Jugendförderung greift diese Themen auf und erarbeitet Möglichkeiten und Projekte, die Ehrenamtler sowie Fachkräfte in ihrem Tun stärken und motivieren sollen.
Das Projekt #jugendarbeithatbock spricht gezielt ehrenamtlich organisierte Teams und Leiterrunden an, sich wieder gemeinsam auszutauschen und durch eine Aktion zusammenzufinden. Zur Unterstützung für die Ferienplanung sind Förderpositionen angepasst, Infobroschüren erstellt und eine digitale Informationsveranstaltung organisiert worden.
Die Ferienplanung für die Sommerferien 2021 stellt alle Vereine und Verbände vor große Herausforderungen. Hier hat sich die Abteilung Kinder- und Jugendförderung mit Vertretern von Vereinen und Verbänden der Jugendverbandsarbeit über Sorgen, Unsicherheiten und Ideen in organisierten digitalen Gesprächsrunden ausgetauscht.
Es wurde eine Broschüre mit Informationen zu bestehenden Fördermöglichkeiten und Best Practice Modellen gestaltet, Beispiele für Hygienekonzepte und Öffnungsmodelle zur Umsetzung von Angeboten gebündelt online bereitgestellt und eine digitale Veranstaltung zur Vorstellung der bestehenden Fördermöglichkeiten seitens des Kreises Borken geplant.
Zur Unterstützung für die Ferienplanungen sind bereits im letzten Jahr die Förderpositionen coronabedingt angepasst worden. Angebotszeiten sind weiter verkürzt möglich, die finanziellen Fördermöglichkeiten sind ausgeweitet und die Übernahme von Stornierungs- und Ausfallkosten sind auch in diesem Jahr seitens des Kreises Borken gewährleistet.
Das Angebot der Beratung und Unterstützung durch die Abteilung Kinder- und Jugendförderung wird zunehmend stärker in Anspruch genommen: Die Planungen für Angebote in den Ferien werden mit positiverem Blick angegangen und die Bereitschaft ggf. sehr spontan auf neue Bedingungen und Voraussetzungen aufgrund des Pandemie-Geschehens zu reagieren ist vorhanden. Die Abteilung Kinder- und Jugendförderung fokussiert hier eine dauerhafte proaktive Gestaltung der fachlichen Beratung in der Jugendverbandsarbeit.
Genauere Informationen und Details finden sich auf der Homepage www.jugendarbeit-kreis-borken.de
Situation in der Kindertagesbetreuung
Mit dem „Lockdown“ seit dem 14.12.2020 („eingeschränkter Pandemiebetrieb in der Kindertagesbetreuung“) hat das Land an die Eltern dringend appelliert, Betreuungsangebote nur zu nutzen, wenn es absolut notwendig ist. Die Betreuungsgarantie wurde bestätigt, für die von Eltern angefragte Betreuung fand daher keine Bedarfsprüfung statt. Ab dem 22.02.2021 ist die Kindertagesbetreuung in den „eingeschränkten Regelbetrieb“ gewechselt. Nunmehr konnten grundsätzlich alle Kinder wieder die Kindertagesbetreuungsangebote nutzen. Die Coronabetreuungsverordnung sieht seit dem 11.01.2021 vor, dass die Betreuung in festen Gruppen zu erfolgen hat. Um die Umsetzung der Hygiene- und Infektionsschutzmaßnahmen zu ermöglichen, werden in Kindertageseinrichtungen die Betreuungsumfänge von 25, 35 und 45 Stunden um 10 Stunden gekürzt. Die Einrichtungen können auf die Einschränkungen verzichten oder eine Einschränkung in einem geringeren Umfang vornehmen. In der Kindertagespflege erfolgt die Betreuung im zeitlichen Umfang der Betreuungsverträge, Großtagespflegestellen sollen die Kinder nach Möglichkeit in zwei Gruppen aufteilen. Der eingeschränkte Regelbetrieb gilt nach wie vor fort.
Mit dem Inkrafttreten der sog. Bundesnotbremse am 23.04.2021 sind nun bundesweite Rahmenregelungen gekoppelt an Inzidenzwertgrenzen festgelegt. Ab einer 7-Tage-Inzidenz von 165 an drei aufeinanderfolgenden Tagen gilt ein Betreuungsverbot mit einer bedarfsorientierten Notbetreuung. Die Notbetreuung kann dennoch ein weit gefasster Personenkreis in Anspruch nehmen. Die Inzidenzwertgrenze wurde im Kreis Borken nach Inkrafttreten der Bundesnotbremse nicht erreicht.
Diese Schutzmaßnahmen wurden jeweils mit eindringlichen Schreiben des Landesfamilienministers an Eltern, Kita-Beschäftigte, Träger und Kindertagespflegepersonen erklärt. Diese Schreiben wurden – wie die bisherigen Informationen zur Corona-Pandemie – kurzfristig entsprechend vom Kreisjugendamt verteilt und veröffentlicht.
Um den dringenden Appell zu unterstützen und die Eltern für die Einschränkungen zu entlasten, hatten sich die Landesregierung und die Kommunalen Spitzenverbände im Januar darauf verständigt, die Elternbeiträge für alle Beitragspflichtigen für den Monat Januar 2021 zu erlassen und den Ertragsausfall von rund 400 T-Euro jeweils zur Hälfte zu übernehmen. Das soll auch für Eltern gelten, die das eingeschränkte Betreuungsangebot in der Kita und Kindertagespflege in dieser Zeit in Anspruch nehmen. Für eine schnelle, unbürokratische Unterstützung hat die Verwaltung die Zahlung der Elternbeiträge zunächst vorläufig gestoppt. Der JHA hat den Erlass der Elternbeiträge für Januar in der Sitzung am 09.02.2021 beschlossen und die Verwaltung beauftragt, den Verzicht unter gleichen Konditionen zu verlängern. Der Kreistag hat diesen Beschluss in seiner Sitzung am 11.03.2021 bestätigt.
Da die Einschränkungen auch im Februar fortbestanden haben, hat der Kreis Borken den Zahlungsstopp verlängert. Das Land hat allerdings die Erstattungsfrage aufgeschoben, um im Sommer die verbleibenden finanziellen Spielräume für eine Erstattung prüfen zu können. Vor diesem Hintergrund hat der Kreis Borken für März und April zunächst wieder die Elternbeiträge eingezogen und den Eltern zugesagt, dass nachträgliche Erstattungsregelungen des Landes verrechnet werden.
Nun hat das Land ein neues Angebot vorgelegt: Zwei Monate sollen für den Zeitraum Februar bis Juni erstattet werden, um Eltern für die Einschränkungen in der Kita-Betreuung und Kindertagespflege entgegenzukommen. Dies soll nach der Ankündigung des Landes auch noch evtl. ausstehende Zeiträume einer Notbetreuung bis Ende Juni abgelten, wenn der Inzidenzwert von 165 überschritten wird. Die Kommunen erhalten dafür die Hälfte der Ertragsausfälle vom Land erstattet. Die Kommunen haben das Angebot über ihre Spitzenverbände zwar als unzureichend bewertet, dennoch sollte dieses minimale Angebot des Landes zügig den Eltern zu Gute kommen, sodass für den Monat Mai die Zahlung vorerst gestoppt worden ist. Die Detailregelungen des Landes zum Elternbeitragserlass bleiben nun abzuwarten.
Neben diesen finanziellen Entlastungen wird für Eltern mit der zunehmenden Dauer der Pandemie die Rückkehr zu einer regelmäßigen Kindertagesbetreuung immer wichtiger. Die Mehrfachbelastung aus eigener beruflicher Tätigkeit, Homeschooling für Schulkinder, Betreuung der Kita- bzw. Tagespflegekinder zu Hause oder in eingeschränktem Umfang und den allgemeinen Beschränkungen im gesellschaftlichen Leben führt immer mehr Familien an ihre Grenzen.
Nach dem im Februar und März 2021 Infektionssachverhalte in der Kindertagesbetreuung zugenommen hatten, hat sich dies im April und Anfang Mai wieder abgeschwächt. Das Infektionsrisiko hat durch die seit Ende April allgemein gesunkene Inzidenz aber sicherlich auch durch einen geringeren Eintrag nach den Impfungen der Tätigen in Kindertagesbetreuung deutlich abgenommen, in aller Regel sind keine nennenswerten Folgeinfektionen festzustellen.
Im eingeschränkten Regelbetrieb melden Kindertageseinrichtungen und Jugendämter für die Kindertagespflege Daten zur Belegung und zum Infektionsgeschehen an das Landesfamilienministerium. Im Kita-Bereich beteiligen sich regelmäßig ca. 70 und mehr von den 106 Kitas im Jugendamtsbezirk. Die Belegung liegt in diesen Kitas In den letzten Wochen stabil bei durchschnittlich 82% in einer Bandbreite von 40 bis 95%. Drei Viertel der Kitas haben die Betreuungsumfänge nach der Regelung der Coronabetreuungsverordnung um jeweils 10 Wochenstunden reduziert, ein Viertel der Kitas können mehr Stunden oder den vollen Betreuungsumfang anbieten. Durchschnittlich melden ca. 30-40% der Kitas Personalausfälle aufgrund von Quarantäneverfügungen oder arbeitsmedizinischen Gefährdungsbeurteilungen, Kinderkrankentagen und der Betreuung eigener Kinder durch Homeschooling etc. In der Kindertagespflege ist das Infektionsgeschehen sehr gering. Die Besuchsquote der Kinder liegt etwas über der Quote in Kitas, aktuell bei 87%.
Für Beschäftigte in der Kindertagesbetreuung ist die kostenlose freiwillige Testmöglichkeit mittels PoC-Antigen-Test (sog. Corona-Schnelltest) sukzessive, aber teilweise sehr kurzfristig bis zum 25.04.2021 verlängert worden. Die Kosten hierfür übernimmt das Land NRW. Bestätigungen zur Testberechtigung haben die Träger bzw. für Tagespflegepersonen das Jugendamt ausgestellt.
Ab dem 12.04.2021 sollen Beschäftigten und Kindern in Kindertagesbetreuung wöchentlich zwei Selbsttests vom Land NRW zur Verfügung gestellt werden. Die Erstlieferung über das beauftragte Logistikunternehmen des Landes hat sich zunächst verzögert und ist über die Spitzenverbände der Träger und das Jugendamt abgewickelt worden. Die weiteren Lieferungen sollen direkt an die Kitas und für die Tagespflegepersonen weiterhin an das Jugendamt zur Weiterleitung geliefert werden. Nach wie vor melden Kitas ausbleibende oder zu geringe Lieferungen. Die Verwaltung hat aktuell eine Abfrage bei allen Kitas/ Trägern gestartet, um dem Land einen Überblick zurückmelden zu können. Neben den vom Land bereitgestellten Tests sind die Kita-Träger verpflichtet, den Beschäftigten wöchentlich zwei Tests anzubieten. Darüber hinaus stehen auch die Bürgerteststellen zur Verfügung. In der Arbeitsgemeinschaft I (Tagesbetreuung) haben Kitas angegeben, dass Eltern das Angebot der Selbsttests für ihre Kinder zu Hause gut nutzen und die Ergebnisse zurückmelden.
Mit der zunehmenden Bereitstellung von Impfstoffen und der Priorisierung in der Kategorie II konnten die Tätigen in Kindertagesbetreuung an den Wochenenden in der 10. bis 12. Kalenderwoche in mobilen Impfstellen in den Kommunen mit dem Wirkstoff der Firma AstraZeneca geimpft werden. Wenngleich der zeitweise Impfstopp für den Wirkstoff die Organisation erschwert hat, sind die Impftermine insgesamt gut verlaufen. Zurzeit wird die Zweitimpfung ab Anfang Juni wahlweise mit den Wirkstoffen der Firmen AstraZeneca oder Biontech vorbereitet.
Ausblick:
Zu der Frage, wie die Folgen der Corona-Pandemie aus der Perspektive der Jugendämter eingeschätzt werden, wurde eine Jugendamtsumfrage in ganz Deutschland durchgeführt. Etwa zwei von drei Jugendämtern haben sich bundesweit an der Befragung beteiligt.
Eine zusammenfassende Ergebnisdarstellung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter liegt nun vor (siehe Anlage). Diese deckt sich im Wesentlichen mit der Einschätzung des Kreisjugendamtes.
Die wesentlichen Erkenntnisse sind hier zusammengefasst:
Es besteht kein Zweifel, dass die Pandemie Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder, Jugendlichen und ihren Familien hat. Anders als im Frühjahr 2020 kann man im zweiten Jahr der Pandemie nicht mehr davon ausgehen, dass die Folgen nur vorübergehender Natur sind, oder nur bestimmte Gruppen besonders betreffen.
Zwei Ausnahmejahre sind für die kurze Lebensspanne von Kindern und jungen Menschen ein einschneidender biographischer Einschnitt. Die soziale Distanzierung wird Auswirkungen auf die Entwicklungschancen der Kinder und jungen Menschen haben. Die Jugendamtsbefragung zeigt, dass sich die Bedingungen des Aufwachsens durch die Folgen der Pandemie insgesamt für alle jungen Menschen verändert haben.
Vor allem in den Bereichen schulische Teilhabe, Übergänge in Ausbildung, Kontakt zu Gleichaltrigen, Freizeitverhalten und Engagement in Vereinen sowie ehrenamtliche Aktivitäten sehen über 80 % der Befragten eine starke Verschlechterung.
Besonders stark von den Auswirkungen der Pandemie sind Kinder zwischen 3 und 14 Jahren betroffen. Aber auch Alleinerziehende und psychisch erkrankte Elternteile sowie Familien in prekären Lebenslagen.
Grundsätzlich zeigt sich eine Verschlechterung der Erreichbarkeit bei allen Gruppen und Familienformen. Besonders deutlich hat sich die Erreichbarkeit bei Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren sowie Familien in prekären Lebenslagen und bei psychisch erkrankten Eltern verschlechtert.
Gefragt nach den neuen Gruppen, die ins Blickfeld der Jugendamtsarbeit gerückt sind, ergibt sich, dass alle jungen Menschen und Familien in den Fokus gerückt sind, aber vor allem junge Menschen mit psychischen Problemen und Suchterkrankungen sowie Familien mit geringen sozialen und materiellen Ressourcen.
Insgesamt sehen die Befragten den stärksten Mehrbedarf in den Bereichen schulische Teilhabe/Schulsozialarbeit, der Jugendsozialarbeit, sozialer Integration und dem Bereich des Kinderschutzes.
Gefragt nach den konzeptionellen Änderungsbedarfen, wird auch hier die schulische Teilhabe/Schulsozialarbeit genannt. Es zeigen sich im Bereich Kindeswohlgefährdungen Unterschiede zwischen städtischen und ländlich zuständigen Jugendämtern. Bei den städtischen Jugendämtern wird ein erheblich höherer konzeptioneller Veränderungsbedarf gesehen als bei den Landkreisjugendämtern.
Hinsichtlich der Veränderungsnotwendigkeit in den Kooperationsstrukturen zeigt sich der Bedarf bei der Kooperation mit Schulen und den Gesundheitsämtern am deutlichsten.
Die Beurteilung der Rahmenbedingungen in Jugendämtern, um die Arbeit nach der Pandemie fachlich gut ausführen zu können fällt sehr unterschiedlich aus. Die städtischen Jugendämter bewerten ihre Rahmenbedingungen durchweg schlechter.
Handlungsbedarfe, um aus den Erfahrungen der Pandemie zu lernen, wird vor allem im Bereich der niedrigschwelligen Unterstützungsstrukturen und alltagnaher und zugänglicher Bildungsangebote gesehen. Zudem wird der digitalen Ausstattung des Jugendamtes eine hohe Bedeutung beigemessen.
Die langfristigen Folgen der Pandemie werden von den Befragten sehr unterschiedlich eingeschätzt. Vor allem entstandene Bildungslücken junger Menschen werden schwer auszugleichen sein. Zudem wird erwartet, dass der Bedarf intensiver Einzelfallhilfen zunehmen wird.
Die Bundesregierung hat nun ein Unterstützungspaket in Höhe von zwei Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Die Hälfte davon steht für Fördermaßnahmen zum Abbau pandemiebedingter Lernrückstände zur Verfügung. Die andere Hälfte soll für Maßnahmen zur Förderung der frühkindlichen Bildung, Unterstützung für Ferienfreizeiten und außerschulische Angebote und Begleitung von Kindern und Jugendlichen im Alltag und in der Schule eingesetzt werden.