Betreff
Weiterentwicklung der Richtlinien zur Förderung von Kindern in Tagespflege
Vorlage
0172/2021/KREIS
Art
Beschlussvorlage

  


1.    Der Jugendhilfeausschuss beschließt die beigefügten Richtlinien zur Förderung von Kindern in Tagespflege mit Inkrafttreten zum 01.08.2021.

2.    Der Jugendhilfeausschuss lehnt den Antrag Nr. 02-02 zum Haushalt 2021 (Anlage 2) unter Berücksichtigung der Weiterentwicklung der Richtlinien entsprechend dieser Vorlage, insbesondere Ziffer II.4, ab.

 


Rechtsgrundlage:

§§ 23, 24, 43 Achtes Sozialgesetzbuch (SGB VIII), 21 - 23 Kinderbildungsgesetz NRW (KiBiz)

 

Sachdarstellung:

       I.            Bisherige Entwicklung

Seit 2005 wird der rechtliche Rahmen für die Kindertagespflege fortlaufend weiterentwickelt. Einhergehend sind die Angebote der Kindertagespflege ausgebaut worden und deren Bedeutung in der Betreuungsbedarfsplanung ist kontinuierlich gestiegen. Kindertagespflege ist dabei ein gleichrangiges Angebot zur Kita-Betreuung.

Die Städte mit eigenem Jugendamt und der Kreis Borken haben sich erstmals zum 01.04.2006 auf einheitliche Tagespflegerichtlinien im Kreis Borken verständigt und diese zum 01.01.2009, 01.08.2013 und 01.08.2018 auf Basis der rechtlichen Veränderungen und der Bedarfsentwicklung fortgeschrieben.

Die Kindertagespflege versorgt heute zusammen mit den Kitas den Rechtsanspruch auf Betreuung für unter 3-jährige Kinder und bietet außerdem eine ergänzende, flexible Betreuung für Kinder bis 14 Jahren für Betreuungsbedarfe außerhalb der Regelöffnungszeiten von Kita und OGS (Randzeiten, Wochenenden etc.) an. Die Kindertagespflege versorgt dabei insbesondere Kinder

·      von Familien, in denen beide Elternteile erwerbstätig sind,

·      von allein Erziehenden, die erwerbstätig/ in Ausbildung sind,

·      von SGB II-Leistungsbeziehern für die Vermittlung in Arbeit.

Die Tagespflege trägt mit diesen Angeboten wesentlich zur frühkindlichen Bildung und für die Eltern sowie für die Arbeitgeber zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei. Diese Betreuungsbedarfe sind ohne die Angebote der Kindertagespflege nicht zu decken. Die Entwicklung der Kindertagespflege im Kreisjugendamtsbezirk wird an Hand der nachfolgen-den Schaubilder deutlich:

test

In der Planung zum Kindergartenjahr 2021/22 sind insgesamt 700 U3-Kinder berücksichtigt, davon 655 U3-Plätze in Kindertagespflege. Die Versorgungsquote für die U3-Betreuung beträgt 47,6%, davon 12,3%-Punkte in Kindertagespflege. Pandemiebedingt stagnieren die Zahlen in der Kindertagespflege derzeit. Aktuell arbeitet der Kreis Borken mit 215 Tagespflegepersonen zusammen, davon 211 Frauen und 4 Männer.

bild 2

* ab 01.08.2018 inklusive Verfügungszeiten

bild 3*vorläufige Zahlen unter Berücksichtigung der hälftigen landesseitigen Erstattung der
  pandemiebedingt nicht erhobenen Elternbeiträge.

Dem Aufwand von 5,75 Mio. EUR stehen Elternbeiträge von rund 0,82 Mio. EUR (14%) und eine Landeszuweisung von rund 0,54 Mio. EUR (9%) für das vergangene Kita-Jahr gegenüber. Derzeit werden rund 4,4 Mio. EUR über die Jugendamtsumlage (76%; ohne Personalkosten, Delegation SkF) gedeckt.

Ein Kindertagespflegeplatz fließt durchschnittlich mit einem rund 2.000 EUR höheren Netto-Aufwand in das Budget Jugend und Familie als ein Kita-Platz für U3-Kinder. Dies ist in erster Linie in der deutlich geringeren Landesförderung für einen Kindertagespflegeplatz (ca. 9%) gegenüber einem Kita-Platz für ein U3-Kind (ca. 58% inkl. KiFöG-Belastungsausgleich) begründet. Trotzdem ist die Kindertagespflege für die örtliche Versorgungsstruktur und die flexible Bedarfsdeckung unverzichtbar, da über Kitas und OGS nur in größeren Einheiten (Gruppen) und innerhalb von Regelöffnungszeiten auf die Betreuungsnachfrage reagiert werden kann.

Mit der Weiterentwicklung der Tagespflegerichtlinien werden die Anforderung aus der KiBiz Revision wie auch der Antrag zum Haushalt 2021 und mehrere Anträge von Fraktionen in den Kommunen aufgegriffen. Diese Anträge waren im Wesentlichen auf die Förderung die Erhaltungsförderung zur Ausstattung und höhere Mietkostenzuschüsse für die Großtagespflegestellen ausgerichtet. Ebenso werden in den neuen Richtlinien die gestiegenen fachlichen Anforderungen an die Kindertagespflege berücksichtigt.

Die Beschäftigung als Kindertagespflegeperson steht in Konkurrenz zur vorherigen Berufstätigkeit. Ebenso scheiden Kindertagespflegepersonen aus Altersgründen aus. Es gilt, das Engagement der aktiven Kindertagespflegepersonen für diese Aufgabe aufrechtzuerhalten und für neue Personen interessanter zu machen. Letztlich gilt es, ausreichend Tagespflegeplätze für die Sicherstellung des Rechtsanspruches auf Kindertagesbetreuung vorhalten zu können (vgl TOP Fortschreibung der Betreuungsbedarfsplanung für die Jahre 2021ff).

In der Sitzung des Jugendhilfeausschusses vom 09.02.2021 wurde die Verwaltung mit der Weiterentwicklung der Richtlinien zur Förderung von Kindern in Tagespflege unter Berücksichtigung des Haushaltsantrages beauftragt. In die Überarbeitung der Förderrichtlinien wurden Fachberatungen für Kindertagespflege, Kindertagespflegepersonen und Großtagespflegestellen wie auch die Verwaltung einbezogen. Die Eckpunkte der neuen Förderrichtlinien wurden mit den Stadtjugendämtern vorabgestimmt. In wesentlichen Förderbereichen werden auch weiterhin kreisweit einheitliche Richtlinien angewendet, sodass auch künftig in den jugendamtsbezirksübergreifend tätigen Tagespflegestellen weitgehend gleiche Förderbedingungen bestehen.

Auf Basis dieses Prozesses lässt sich folgendes Fazit für die vorgelegten weiterentwickelten Richtlinien ziehen:

-       Es liegt eine umfassende Anpassung der Richtlinien zur KiBiz-Änderung, zu den politischen Anträgen und der fachlichen Entwicklung in der Kindertagespflege vor.

-       Die Anhebungen der unterschiedlichen Fördersätze tragen dazu bei, für diesen Bereich geeignete Personen akquirieren zu können.

-       Damit bleibt die Kindertagespflege ein verlässlicher Pfeiler in der Kindertagesbetreuung im Kreis Borken und dokumentiert dessen kinder- und familienfreundlichen Charakter.

-       An das MKFFI NRW wird weiterhin herangetragen, den gleichen Förderauftrag in der Kindertagespflege wie bei den Kitas annähernd gleichwertig finanziell zu fördern (vgl. § 2 Abs. 3 KiBiz).


    II.            Weiterentwicklung der Richtlinien zur Förderung von Kindern in Tagespflege

Der als Anlage 1 beigefügte Entwurf der überarbeiteten Richtlinien zur Förderung von Kindern in Tagespflege ist Ergebnis der Beratungen. Die wesentlichen Änderungen sind grau unterlegt. Im Weiteren wurden die Förderrichtlinien auch sprachlich überarbeitet. Die bisherige Fassung der Richtlinien ist auf der Homepage des Kreises Borken über den folgenden Link abrufbar: https://www.kreis-borken.de/kindertagespflege.

Im Folgenden werden die Eckpunkte der Änderungen mit ihren finanziellen Auswirkungen für den Kreisjugendamtsbezirk beschrieben. Auf die Förderbereiche mit unterschiedlichen Regelungen in den Jugendamtsbezirken wird hingewiesen.

1.        Qualifikationsanforderungen (Ziff. 4.2.1 TP-RL)

Die Qualifikation der Kindertagespflegepersonen ist zum Kita-Jahr 2022/23 auf das Kompetenzorientierte Qualifikationshandbuch (im Folgenden QHB genannt) umzustellen.

Bislang wurden die Qualifizierungskosten vom Fachbereich Jugend und Familie komplett übernommen. Dabei wurden die Kosten der Einführungsphase nach einer Zusammenarbeit von sechs Monaten erstattet. Künftig soll die Kostenübernahme vorab von den Tagespflegepersonen beantragt werden. Die Bewilligung setzt eine umfassendere Eignungs-prüfung voraus. Mit den Kursteilnehmern*innen wird vertraglich vereinbart:

-       die Selbstverpflichtung zur jeweils vollständigen Kursteilnahme

(bei pädagogischen Fachkräften sind es 80 Unterrichtsstunden),

-       die Zusammenarbeit mit dem FB 51.12 in der Kindertagespflege

für mindestens zwei Jahren nach Abschluss des Kurses und

-       eine anteilige Rückforderung bei vorzeitigem Ausscheiden.

Gemäß § 46 Abs. 4 KiBiz gewährt das Land NRW dem Jugendamt einen Zuschuss von 2.000 EUR für jede Kindertagespflegeperson, die die Qualifizierung nach dem QHB abgeschlossen hat (QHB-Zuschuss).

Die Verfahrensweise zur Einführung der QHB-Qualifizierung ist mit den Stadtjugendämtern abgestimmt. Ein erster Durchgang zur Qualifikation nach dem QHB startet im Oktober 2021.

Für die Qualifizierung nach dem QHB werden Praktikumsplätze für jeweils 40 Stunden in Kitas und Kindertagespflegestellen benötigt. Kindertagespflegepersonen, die einen Praktikumsplatz nach dem QHB zur Verfügung stellen, haben sich hierfür zu qualifizieren. Der Aufwand einschließlich der jeweiligen Vor- und Nachbereitungszeit wird pro Praktikum mit 200 EUR gefördert.

Ungewiss bleibt die Auswirkung der neuen gesetzlichen Anforderung, dass Kindertagespflegepersonen erst nach einer Qualifizierung von 160 Unterrichtsstunden mehr als 1 Kind betreuen dürfen. Dies reduziert die Einkommensmöglichkeiten für rund ein halbes Jahr gegenüber der bisherigen Rechtslage. Wie sich diese Neuregelung auf die Akquise von Kindertagespflegepersonen bleibt abzuwarten (vgl. § 21 Abs. 1 KiBiz und § 17 KiBiz a.F.).

Voraussichtliche Mehrkosten

2021:                        3.800 EUR

2022:                      11.000 EUR

2.        Erhöhung des Stundensatzes (Ziff. 6.1 TP-RL)

Die vorliegende Weiterentwicklung der Stundensätze basiert auf der Steigerungsrate im TVöD (Stufe S 4), da die Tätigkeit der Kindertagespflege laut einer Empfehlung des Berufsverbandes Kindertagespflege damit verglichen werden kann und auf die Entwicklung der Kindpauschalen für Kitas nach dem KiBiz.

Die Wirkung beider Fortschreibungen ist identisch und führt in der Stufe 3 zu einer Steigerung von rund 0,30 EUR. Diese Anhebung wurde in der gesamten Tabelle auf die Förderleistung übertragen, da bereits 95 % der Tagespflegepersonen voll qualifiziert sind und sich andere in der Qualifizierung befinden. Der Sachkostensatz bleibt bei 1,90 EUR (vgl. § 23 Abs. 2 Nr. 1 und 2). Der regelmäßige Stundensatz liegt dann in der Stufe 3 bei 5,80 EUR.

Zukünftig wird jährlich die Steigerung in Anlehnung an die Fortschreibung der Kindpauschalen gem. § 37 KiBiz übernommen und veröffentlicht, um der Anpassungsverpflichtung gem. § 24 Abs. 3 Nr. 9 KiBiz nachzukommen.

Die Erhöhung der Förderleistung um 0,30 EUR wird von den Stadtjugendämtern unterstützt.

Voraussichtliche Mehrkosten

2021:                    193.000 EUR

2022:                    465.000 EUR

3.        Beiträge zur Fortsetzung der Arbeitslosenversicherung (Ziff. 6.8 TP-RL)

Die neuen Richtlinien berücksichtigen eine Empfehlung des Bundesverbandes für Kindertagespflege. In wenigen Fällen ist es mit einem Berufswechsel in die Kindertagespflege möglich, sich als selbstständig Tätige*r gegen Arbeitslosigkeit versichern zu können (vgl. § 28a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 SGB III). Dies soll analog zu § 23 SGB VIII gefördert werden. Der Fördersatz nach dem SGB III steigt nach 2 Jahren Versicherungszeit.

Die Einführung dieses Förderinstrumentes wird von den Stadtjugendämtern unterstützt.

Voraussichtliche Mehrkosten

2021:                           500 EUR

2022:                        1.200 EUR

2023:                        2.400 EUR

4.        Erhaltungspauschale zur Investitionsförderung (Ziff. 6.10 TP-RL)

Die Förderung von Bund und Land für die Neueinrichtung von U3-Plätzen in der häuslichen Kindertagespflege liegt bei 500 EUR pro Platz und bei maximal 2.500 EUR für 5 Plätze. Dieser Betrag wurde trotz Inflation und Anhebung anderer Fördersätze in den Investitionsförderricht-linien NRW seit dem Ausbau der Kindertagespflege im Zuge der Einführung des Rechtsanspruchs vor 15 Jahren nicht angepasst. Eine Erhaltungspauschale zur Erneuerung der Ausstattung fördern Bund und Land im Bereich der Kindertagespflege bis dato nicht. Ebenso fehlt die Förderung der Ausstattung von Plätzen für Tagespflegekinder ab 3 bis 13 Jahren. Demgegenüber wird die Ausstattung für Ü3-Plätze in Kitas gefördert.

Im Stundensatz ist eine Sachkostenförderung von 1,90 EUR hinterlegt. Dieser Betrag wurde in Anlehnung an die einkommensteuerrechtlich abziehbare Betriebskostenpauschale fest-gelegt. Kindertagespflegepersonen bestreiten davon ihre laufenden Sachausgaben zur Kindertagespflege. In Bocholt und Borken wird die Erneuerung der Ausstattung zusätzlich gefördert. Der Bedarf wurde von Kindertagespflegepersonen benannt und die Förderung in Haushaltsanträgen von Fraktionen eingebracht.

Solange Bund und Land für U3-Plätze in Kindertagespflege keine Erhaltungsförderung gewähren und die Neueinrichtung von Ü3-Plätzen nicht fördern, wird vorgeschlagen, dass der Kreis Borken dies übernimmt. U3-Tagespflegeplätze sollen fünf Jahre nach der Investitionsförderung des Landes und Ü3-Plätze erstmalig und jeweils nach 5 Jahren gefördert werden. Dazu stellt der Kreis Borken auf Antrag alle fünf Jahre 500 EUR pro Platz zur Verfügung. Diese Regelung entspricht der 2019 verabschiedeten pauschalen Förderregel bei der Stadt Bocholt. Da grundsätzlich die Einheitlichkeit der Regelungen im Kreis Borken verfolgt wird, wird daher statt der jährlichen Förderung nach dem Haushaltsantrag Nr. 02-02 (Anlage 2) vorgeschlagen, die Regelung aus Bocholt zu übernehmen. Die Erneuerung der Ausstattung sollte durch Verwendungsnachweis nachgehalten werden, um die Zweckbindung dieser zusätzlichen Förderung sicherzustellen.

Die Förderposition wird entsprechend angepasst, sobald sich das Land in diesem Bereich engagiert.

Voraussichtliche Mehrkosten

2021:           max. 140.500 EUR

2022:             max. 26.500 EUR

5.        Vertretung (Ziff. 7 TP-RL)

Die besondere Bindungs- und Beziehungsorientierung in der Kindertagespflege mit der eindeutigen Zuordnung eines Kindes zu einer Tagespflegeperson ist bei der Regelung im Vertretungsfall eine große Herausforderung.

Die Jugendämter haben gemäß § 23 Absatz 4 Satz 2 SGB VIII die Pflicht, für Ausfallzeiten (z. B. bei Krankheit) einer Kindertagespflegeperson rechtzeitig eine andere Betreuungsmöglichkeit für das Tagespflegekind sicherzustellen. Diese Verpflichtung hat für die Verlässlichkeit der Kindertagespflege, besonders für berufstätige Eltern, eine große Bedeutung. Das KiBiz knüpft die Landespauschale für die Kindertagespflegefälle an die Sicherstellung einer transparenten Vertretungsregelung (vgl. § 24 Abs. 3 Ziffer 5 KiBiz).

Zu den nachfolgend benannten Modellen, gibt es in allen Sozialräumen die spontane Unterstützung von Kindertagespflegepersonen untereinander. Sie sind - ausgenommen in der Pandemie - miteinander im Kontakt und übernehmen die erforderliche Vertretung. Allerdings möchten sie auch im Einzelfall entscheiden können und nicht verbindlich darauf festgelegt sein.

5.1  Das Team-/Tandemmodell (Ziff. 7.1 TP-RL)

Das Team-/Tandemmodell wurde mit der letzten Richtlinienfortschreibung zum 01.08.2018 zur Erprobung eingeführt. In diesem Modell planen die Kindertagespflegepersonen die Vertretung verlässlich und verpflichtend ein. Sie erhalten für einen freigehaltenen Platz eine Pauschale von bisher 100 EUR pro Monat. Dieses Modell ist in den letzten drei Jahren hinter den Erwartungen zurückgeblieben.

Für Betreuungsverträge mit einem geringeren Wochenstundenumfang ist bislang die Förderpauschale gestaffelt reduziert worden. Diese Abstufung für geringere Betreuungsumfänge soll aufgrund des gleichen Zeitaufwandes für die Beziehungsarbeit zum Kind und der geringen Anreizwirkung zur Einrichtung von Vertretungsplätzen aufgehoben werden. Bis dato wird diese Vertretungsregelung nur im U3 Bereich genutzt. Die Beziehungsarbeit ist in dieser Altersklasse wöchentlich und unabhängig vom gebuchten Stundenumfang zu leisten, um die Betreuung kurzfristig übernehmen zu können. Eine Reduzierung der Pauschale soll nur noch als Generalklausel festgehalten werden, wenn im Einzelfall ein Missverhältnis vorliegt.

Mit den neuen Richtlinien wird auch eine Anhebung der Vertretungsplatzpauschale auf 150 EUR empfohlen, damit dieses Modell an Attraktivität gewinnt. Andere Jugendämter gewähren bereits 200 EUR z.B. im Kreis Coesfeld.

Voraussichtliche Mehrkosten

2021:                        4.250 EUR

2022:                      10.200 EUR

Mit der verbesserten Förderung wird ein größeres Angebot von Vertretungsplätzen im Team- und Tandemmodell erwartet, sodass daraus grundsätzlich ein höherer Aufwand entstehen wird.

5.2  Das Stützpunktmodell (Ziff. 7.2 TP-RL)

Da die spontane Vertretungsleistung von Kindertagespflegepersonen und das Team-/ Tandem-Modell nicht alle Bedarfe deckt, wird in einem weiteren Schritt, das Stützpunktmodell hinzugenommen und erprobt. Dazu stellt eine Kindertagespflegeperson eigene geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung und besucht auch die Tagespflegekinder in den Haushalten der Kollegen*innen. Sie bietet ihre Leistung für 10 - 15 Tagespflegekinder in Vertretungsfällen an, entwickelt ergänzend zur eigentlichen Kindertagespflegeperson eine Beziehung zu jedem Kind, kennt dessen Bedürfnisse und ist ebenso den Eltern bekannt. Bei Bedarf kann sie direkt das jeweilige Tagespflegekind übernehmen.

Ausgehend von der Vertretungskraft in der Großtagespflege wurde die Arbeitszeit etc. ermittelt. Es wurden 30 Stunden/Woche für die Beziehungsarbeit, 10 Stunden/Woche Verfügungszeit und 125 Kindbetreuungsstunden/Monat pauschal für Vertretungszeiten einberechnet. Die Beziehungsarbeit wird mit dem doppelten Stundensatz, d.h. mit 11,60 EUR gefördert, da hierzu keine Kinderzahl angewendet werden kann. Der bisherige Stundensatz für Vertretungskräfte in der Großtagespflege von 7,50 EUR hat dazu geführt, dass in der Vergangenheit die Vertretungskraftstellen schwer besetzt werden konnten (siehe auch Ziff. 9). Zusätzlich können die Vertretungskräfte nur zu konkreten Vertretungszeiten die Betriebskostenpauschale in der Einkommenssteuererklärung geltend machen.

Die Förderung beläuft sich dann auf insgesamt 2.470,80 EUR. Sind über die Pauschale hinausgehende Vertretungszeiten erforderlich, werden sie zusätzlich per Stundenzettelabrechnung finanziert. Die Umsetzung des Stützpunktmodells benötigt Vorlaufzeit. Die Belegungsplanung beginnt in der Kindertagespflege für das nächste zu planende Betreuungsjahr 2022/23. Es könnten dann voraussichtlich 2 - 3 Stützpunktmodelle an den Start gehen. Die Erfahrungen mit diesen Vertretungsmodellen werden spätestens nach Ablauf von drei Jahren wieder im JHA vorgestellt.

Die Stadtjugendämter orientieren sich an den Vertretungsmodellen und entscheiden eine Aufnahme in die eigenen Förderrichtlinien nach ihrer Betreuungsbedarfsplanung.

Voraussichtliche Mehrkosten

2022:                 ca. 38.000 EUR

2023:                 ca. 90.000 EUR

6.        Betreuung von Kindern mit Behinderung (Ziff. 8 TP-RL)

Für Kinder, denen das Landesjugendamt eine zusätzliche Förderung aufgrund einer Behinderung oder einer drohenden Behinderung bewilligt hat, ist eine qualifizierte Vertretung vorzuhalten, die dazu jeweils zwei Plätze freihalten muss. Hier wird die 1,5-fache Freihaltepauschale pro Kind, somit 225 EUR gezahlt. Werden die Kinder in einer Großtagespflegestelle betreut, ist die Platzzahl bereits reduziert.

Voraussichtliche Mehrkosten

2022:                   ca. 2.250 EUR

2023:                   ca. 5.400 EUR

7.        Besondere Regelungen für die Großtagespflegestelle (Ziff. 9 TP-RL)

Die neuen KiBiz-Regelungen zur Großtagespflegestelle mit einer Platzzahl unter besonderen Voraussetzungen für bis zu 15 Kinder sind in die neuen Richtlinien aufgenommen. In der Praxis spielen sie derzeit noch keine Rolle.

7.1  Vertretungsregelung in der Großtagespflegestelle (Ziff. 9.4 TP-RL)

In den bisherigen Richtlinien wird die Beziehungsarbeit der Vertretungskraft pauschal mit 80 Stunden pro Monat gefördert. Gleichzeitig wird nach den Richtlinien eine Anwesenheit von 20 Stunden pro Woche erwartet. In den neuen Richtlinien wird ausgeführt, dass die 20 Stunden Anwesenheit der Vertretungstagespflegeperson in der Großtagespflegestelle pro Woche mit dem Faktor 4,3 auf den Monat umgerechnet werden und somit künftig 86 Stunden pro Monat betragen. Dieser Faktor entspricht der Berechnung bei der regelmäßigen Förderung.

Da die Vertretungstagespflegeperson keine „eigenen“ Tagespflegekinder betreuen kann, werden diese Stunden mit dem doppelten Stundensatz der jeweiligen Qualifizierungsstufe finanziert. Bisher wird der einfache Stundensatz zuzüglich eines Zuschlages von 2 EUR gewährt. Für die Qualifizierungsstufe III bedeutet dies nun einen Stundensatz von 11,60 EUR (siehe auch Ziff. 6.2). Die Vertretungs- und Verfügungszeit werden mit dem einfachen Stundensatz vergütet. Lediglich zu konkreten Vertretungszeiten kann die Vertretungstagespflegeperson eine Betriebskostenpauschale bei der Einkommenssteuer-veranlagung geltend machen.

Voraussichtliche Mehrkosten

2021:                 ca. 20.000 EUR

2022:                 ca. 50.000 EUR

In der neuen, möglichen Ausgestaltungsform der Großtagespflegestelle nach der KiBiz-Revision mit einer Belegung von bis zu 15 Kindern wäre die Vertretungsleistung ggf. mit einer zweiten Vertretungskraft zu organisieren.

7.2  Miet- und Nebenkostenförderung der Großtagespflegestelle (Ziff. 9.7 TP-RL)

Im Kreisjugendamtsbezirk gibt es zurzeit neun Großtagespflegestellen. Zu August 2021 startet eine weitere Großtagespflegestelle in Legden. Eine Förderung als Großtagespflegestelle erfolgt nur, wenn diese aufgrund der sozialräumlichen Betreuungsbedarfe in die Jugendhilfeplanung aufgenommen worden ist.

Die bisherige Mietförderung liegt bei 516 EUR. Die Neuregelung der Mietförderung greift die Rückmeldung von Kindertagespflegepersonen auf, die - wie alle anderen Kindertagespflegepersonen - das Risiko der Selbstständigkeit tragen und zusätzlich für die Bewirtschaftungskosten des Gebäudes aufkommen, dass ausschließlich für die Großtagespflegestelle genutzt werden kann.

Bei den ersten drei Großtagespflegestellen im Kreisjugendamtsbezirk waren die Investitionsförderungen des Bundes und Landes für Umbau- und Ausstattungsförderungen noch budgetiert. Die damalige Förderung lag daher im Einzelfall deutlich unter den heutigen Möglichkeiten. Die seinerzeit sparsame, behelfsmäßige Fertigstellung und die zwischenzeitliche Abnutzung - bei gleichzeitig fehlender Erhaltungsförderung durch Bund und Land - führten zu Renovierungsstaus.

Mit der zunehmenden Etablierung der Großtagespflegestellen und den Erfahrungen aus den zurückliegenden Betriebsjahren sollen nun zu den Mieten anteilige Nebenkosten in die Förderung aufgenommen werden, um eine Angleichung an die betriebswirtschaftliche Lage in der häuslichen Kindertagespflege zu erreichen. Der ermittelte Durchschnitt der Miet- und Nebenkosten (für Strom, Wasser, Heizung, Abwasser, Müllentsorgung, Brandschutz, Hausrat- und Gebäudeversicherung) ergab eine Summe von ~ 1.062 EUR.

In die Richtlinien ist ein Zuschuss des Kreises von 90% der jeweiligen Miet- einschließlich benannter Nebenkosten aufgenommen. Die Förderung wird auf maximal 950 EUR begrenzt. Mit dem mindestens 10-prozentigen Eigenanteil liegt es nach wie vor im Interesse der Tagespflegepersonen in der Großtagespflege, kostenbewusst zu agieren. Gleichzeitig besteht dadurch keine Benachteiligung der häuslichen Kindertagespflege. Der jeweilige Zuschuss wird auf Basis eingereichter Belege ermittelt und kann auf Antrag angepasst werden.

Die neue Förderung ermöglicht zukünftig, Rücklagen für Renovierungsbedarfe zu bilden. Kinder, die erst später oder/und mit weniger als 35 Betreuungsstunden pro Woche zu betreuen sind, können auch in der Großtagespflegestelle aufgenommen werden, ohne dass dies zu einer betriebswirtschaftlichen Belastung führt. Mit dieser Regelung wird die Finanzierungssicherung für Großtagespflegestellen in der Startphase nach dem Beschluss des JHA und des Kreistages zur Sitzungsvorlage Nr. 0200/2019/KREIS abgelöst.

Voraussichtliche Mehrkosten

2021:                 ca. 20.500 EUR

2022:                 ca. 51.000 EUR

8.        Tagespflege im Haushalt der Personensorgeberechtigten (Ziff. 10.1 TP-RL)

In dieser Tagespflegeform im Anstellungsverhältnis ist bei der Kostenentwicklung die Aufstockung auf den steigenden Mindestlohn zu berücksichtigen.

Bereits gängige Praxis ist, dass Minijobber*innen automatisch mit der Anmeldung eine Zuzahlung in ihrer Rentenversicherung hinzubuchen – andernfalls ist dem bei der Anmeldung zu widersprechen. Die Zuzahlung zu diesen Rentenversicherungsbeiträgen sind zu 100% von den Kindertagespflegepersonen zu tragen. Zu 50% sind sie gemäß § 23 SGB VIII vom Fachbereich Jugend und Familie zu erstatten (Abs. 4). Diese Leistung wird nun in die Richtlinien aufgenommen.

9.        Tagespflege in anderen Räumlichkeiten (Ziff. 10.2 TP-RL)

Dieser Ort der Kindertagespflege wird in § 22 Abs. 1 SGB VIII und § 22 Abs. 5 KiBiz benannt und findet sich in den neuen Richtlinien wieder. Gefördert wird diese Kindertagespflegeform ausnahmsweise und nach Bedarf im Zusammenhang mit dem Stützpunktmodell, wenn eine Stützpunkt-Tagespflegeperson die Betreuung nicht in ihrem Privathaushalt anbieten kann (vgl. Ziffer 6.2).

Die Miet- und Nebenkostenförderung wird angelehnt an die der Großtagespflege vorgeschlagen. In Abhängigkeit zu den Betreuungsmöglichkeiten soll die Förderung maximal 5/9 von 950 EUR, rund 528 EUR betragen. Zur Festsetzung und Anpassung gelten die gleichen Regelungen wie zur Großtagespflegestelle (vgl. Ausführungen Ziff. 8.2 der Vorlage).

Voraussichtliche Mehrkosten

ab 2022:             ca. 8.000 EUR


 III.            Zusammenfassung der finanziellen Auswirkungen

Richtlinien-Ziffer

2021

2022

2023

1. Umsetzung der QHB Qualifizierung

3.800 EUR

11.000 EUR

2. Höhe des Stundensatzes

193.000 EUR

465.000 EUR

4. Beiträge zur Arbeitslosenversicherung

500 EUR

1.200 EUR

2.400 EUR

5. Investitionsförderung

140.500 EUR

26.500 EUR

7.1 Team-/Tandemmodell

4.250 EUR

10.200 EUR

7.2 Stützpunktmodell

38.000 EUR

90.000 EUR

8. Betreuung Kind mit Behinderung

2.250 EUR

5400 EUR

9.1 Vertretungskraft Großtagespflegestelle

20.000 EUR

50.000 EUR

9.2 Miet-/Nebenkosten Großtagespflegestelle

20.500 EUR

51.000 EUR

11. Tagespflege in anderen Räumen

8.000 EUR

Budgetmehraufwand insgesamt:

384.800 EUR

666.300 EUR

92.400 EUR

Nach der letzten Richtlinienfortschreibung zum 01.08.2018 bedeutet die Gesamtsumme dieser Weiterentwicklungsvorschläge einen Aufwandsanstieg von rund 13%. Dieser Anstieg liegt im Rahmen der Anpassung der Betriebskostenförderung für Kitas durch die KiBiz-Revision (+15%). Der anteilige Aufwand für das Haushaltsjahr 2021 beträgt 384 TEUR. In der Budgetplanung 2021 ist ein Mehraufwand von 300 TEUR berücksichtigt.

Entscheidungsalternative(n):

Ja.

Die Förderrichtlinien für die Kindertagespflege können im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben nach den Beratungen im JHA festgelegt werden.

Die grundsätzliche Weiterentwicklung ist zur Sicherung einer ausreichenden Versorgung mit Kindertagespflegeplätzen und damit zur Sicherstellung des Rechtsanspruchs auf Kindertagesbetreuung erforderlich.