Betreff
Machbarkeitsstudie für die Schienenverbindung Bocholt-Borken-Coesfeld-(Münster) - abschließende Ergebnisse für eine Wiederinbetriebnahme
Vorlage
0196/2021/KREIS
Art
Beschlussvorlage

Die abschließenden Ergebnisse der Machbarkeitsstudie für die Wiederinbetriebnahme der Schienenstrecke Bocholt-Borken-Coesfeld-(Münster) werden zur Kenntnis genommen.


Sachdarstellung:

Eine erste vom Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) beauftragte Machbarkeitsstudie für eine mögliche Wiederinbetriebnahme der ehemaligen Schienenstrecke von Bocholt über Rhede und Borken nach Coesfeld für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) wurde im Januar 2020 vorgelegt.

Untersucht wurden darin drei unterschiedliche Planfälle, nämlich die Gesamtstrecke Bocholt - Coesfeld mit einer Durchbindung nach Münster (RB 63), der Teilabschnitt Bocholt - Borken mit einer Durchbindung nach Essen (RE 14) sowie der Teilabschnitt Rhede - Bocholt mit einer Durchbindung nach Düsseldorf (RE 19). Darüber hinaus wurden zusätzlich die Gesamtstrecke mit allen drei Linien und der Teilabschnitt Bocholt - Borken mit den beiden Linien RE 14 und RE 19 untersucht.

Da auf der ehemaligen Trasse keine Gleise mehr liegen, musste der Gutachter auf Basis einer vom NWL eingeholten juristischen Expertise die Annahme treffen, dass alle Kreuzungen mit dem Straßenverkehr niveaufrei, also als Über- oder Unterführungen, zu bauen sind. Dadurch konnte trotz guter erwarteter Fahrgastzahlen in keinem der Planfälle ein volkswirtschaftlicher Nutzen mit einem Nutzen-Kosten-Indikator (NKI) größer 1 erreicht werden. Dies ist aber Voraussetzung für eine Förderung von Infrastrukturprojekten über die Bedarfs- und Ausbauplanung des Landes NRW.

Für die Gesamtstrecke von Bocholt nach Coesfeld mit Halten in Rhede, Borken, Ramsdorf, Velen und Gescher - und ab Coesfeld weiter nach Münster (RB 63) - wurde ein NKI von 0,86 erreicht. Die Studie ergab für die reaktivierte Strecke 6.800 Fahrgäste im SPNV (pro Werktag) und Investitionskosten von 440 Mio. €. Weitere Planfälle mit kürzeren Streckenführungen zwischen Borken und Coesfeld ergaben noch deutlich geringere Nutzen-Kosten-Werte.

Eine Wiederinbetriebnahme nur zwischen Bocholt und Borken als RE 14 nach Essen ergab bei 4.100 Fahrgästen im SPNV (pro Werktag) und Investitionskosten von 190 Mio. € einen NKI von 0,76. Den besten, aber dennoch nicht ausreichenden NKI von 0,94 erreicht eine Wiederinbetriebnahme des Abschnitts Bocholt - Rhede als Verlängerung der RE 19 aus Düsseldorf. Hier werden 2.300 Fahrgäste im SPNV (pro Werktag) bei Investitionskosten in Höhe von 88 Mio. € erwartet. Die Varianten mit mehreren sich überlagernden Linien haben einen NKI von 0,85 bzw. 0,93 ergeben.

Da in einer Vorstudie ohne die Berücksichtigung des Baus von Über- und Unterführungen auch Werte von über 1 erreichbar schienen, hat der NWL in den vergangenen Monaten weitere Untersuchungen durchgeführt. Dabei ging es darum sehr spezifisch zu überprüfen, ob es Kreuzungen gibt, an denen auch der Bau höhengleicher und damit kostengünstigerer beschrankter Bahnübergänge möglich wäre.

Diese Fragestellung ist für den Abschnitt Bocholt – Borken exemplarisch zusammen mit der Bezirksregierung Münster und dem Verkehrsministerium NRW mit dem Bundesverkehrsministerium erörtert worden, das in solchen Fällen (in einer späteren Planungsphase) auf Basis der detaillierten Planunterlagen und Vorabstimmungen mit den Beteiligten eine entsprechende Ausnahme erteilen müsste, bevor eine Planfeststellung erfolgen kann.

Für eine Ausnahmegenehmigung ist insbesondere ein nur schwacher Verkehr auf der kreuzenden Straße (<100 Fahrzeuge/Tag) maßgeblich. In der Studie sind ehemalige Bahnübergänge an Straßen und Wegen mit einem so niedrigen Verkehr jedoch ohnehin im Zuge von Bündelungskonzepten mit Ersatzwegen nicht als künftige Kreuzung der Bahn vorgesehen. Als Ergebnis einer beispielhaften Betrachtung von Bahnübergängen wurde in den Erörterungen festgestellt, dass entsprechende Ausnahmegenehmigungen für neue Bahnübergänge sehr unwahrscheinlich und allenfalls in einzelnen sehr speziellen Ausnahmefällen überhaupt nur dann denkbar sind, wenn schwerwiegende Schutzgründe oder technische Unmöglichkeiten gegen die Einrichtung einer Über- oder Unterführung sprechen.

Als weiterer Aspekt ist der planungsrechtliche Status der ehemaligen Trasse erneut betrachtet worden. Mit der Bahnreform zum 01.01.1994 wurden die rechtlichen Entwidmungsverfahren in das Allgemeine Eisenbahngesetz (AEG) aufgenommen. Da die Stilllegung der Strecke vor diesem Zeitpunkt erfolgt ist, ist eine Entwidmung der Trasse nicht eindeutig feststellbar. Zwischen Bocholt und Borken sind die Flächen der ehemaligen Schienenstrecke zum großen Teil im Eigentum der Städte Bocholt, Rhede und Borken. Nach 1994 wurden einzelne Streckenteile, die heute in Privateigentum sind, gemäß AEG von Bahnbetriebszwecken freigestellt. In Borken wurde 2014 nach der Modernisierung und Verlegung des Bahnhofs Borken die Trasse im Bereich des ehemaligen Bahnhofs ebenso freigestellt wie die bis zur Aufgabe des Bundeswehrstandorts Borken noch bestehende Teilstrecke der Strecke in Richtung Coesfeld bis zur ehemaligen Kaserne. Damit sind die Strecken zwischen den Bahnhöfen Bocholt und Rhede, den Bahnhöfen Rhede und Borken sowie von Borken nach Coesfeld in ihren Trassenverläufen unterbrochen.

Vor dem Hintergrund dieser faktischen Entwidmung der stillgelegten und zurückgebauten Strecke und der nicht erkennbaren Aussicht auf Ausnahmegenehmigungen geht der NWL davon aus, dass eine Einrichtung von Bahnübergängen unter den bestehenden Rahmenbedingungen nicht möglich ist und das Ergebnis der Machbarkeitsstudie trotz der durchaus relevanten Fahrgastpotenziale Bestand hat. Damit kann nach Mitteilung des NRWL eine Reaktivierung der Schienenstrecke Bocholt-Coesfeld-Münster nicht erfolgsversprechend weiterverfolgt werden.

Die an der Trasse liegenden Kommunen Bocholt, Rhede und Borken werden nun unterstützt vom Kreis Borken weiter beraten, ob jetzt ausschließlich die Planungen

zum Radschnellweg weiterverfolgt werden. Ziel ist eine politische Beratung und Entscheidung in den Räten. Das Verfahren werden die Verwaltungen der betroffenen Kommunen jetzt schnellstmöglich abstimmen und den Gremien zur Entscheidung vorlegen.

Entscheidungsalternative(n):

Nein.


Finanzielle Auswirkungen:             Ja   Nein


Klimafolgenabschätzung:

Klimafolgen, die sich aus dem Beschluss ergeben, sind

 positiv

 nicht zu erwarten / sind nicht ersichtlich

 nicht wesentlich (z.B. in Folge von Geringfügigkeit, fehlender Unmittelbarkeit, sich weitgehend neutralisierender Wechselwirkungen)

 negativ – Klimaschonendere Alternativen

 kommen aus Sicht der Verwaltung nicht in Betracht (bei Bedarf Ausführungen durch FE), weil…

 werden von der Verwaltung aus folgenden Gründen nicht vorgeschlagen

(z.B. Wirtschaftlichkeit, Kosten, technische Risiken, Verlässlichkeit, etc.): Ausführungen durch FE