Die abschließenden Ergebnisse der Machbarkeitsstudie für die Wiederinbetriebnahme der Schienenstrecke Bocholt-Borken-Coesfeld-(Münster) werden zur Kenntnis genommen.
Sachdarstellung:
Eine erste vom Zweckverband
Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) beauftragte Machbarkeitsstudie für eine
mögliche Wiederinbetriebnahme der ehemaligen Schienenstrecke von Bocholt über
Rhede und Borken nach Coesfeld für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) wurde
im Januar 2020 vorgelegt.
Untersucht wurden darin drei
unterschiedliche Planfälle, nämlich die Gesamtstrecke Bocholt - Coesfeld mit
einer Durchbindung nach Münster (RB 63), der Teilabschnitt Bocholt - Borken mit
einer Durchbindung nach Essen (RE 14) sowie der Teilabschnitt Rhede - Bocholt
mit einer Durchbindung nach Düsseldorf (RE 19). Darüber hinaus wurden
zusätzlich die Gesamtstrecke mit allen drei Linien und der Teilabschnitt
Bocholt - Borken mit den beiden Linien RE 14 und RE 19 untersucht.
Da auf der ehemaligen Trasse
keine Gleise mehr liegen, musste der Gutachter auf Basis einer vom NWL
eingeholten juristischen Expertise die Annahme treffen, dass alle Kreuzungen
mit dem Straßenverkehr niveaufrei, also als Über- oder Unterführungen, zu bauen
sind. Dadurch konnte trotz guter erwarteter Fahrgastzahlen in keinem der
Planfälle ein volkswirtschaftlicher Nutzen mit einem Nutzen-Kosten-Indikator
(NKI) größer 1 erreicht werden. Dies ist aber Voraussetzung für eine Förderung
von Infrastrukturprojekten über die Bedarfs- und Ausbauplanung des Landes NRW.
Für die Gesamtstrecke von
Bocholt nach Coesfeld mit Halten in Rhede, Borken, Ramsdorf, Velen und Gescher
- und ab Coesfeld weiter nach Münster (RB 63) - wurde ein NKI von 0,86
erreicht. Die Studie ergab für die reaktivierte Strecke 6.800 Fahrgäste im SPNV
(pro Werktag) und Investitionskosten von 440 Mio. €. Weitere Planfälle mit
kürzeren Streckenführungen zwischen Borken und Coesfeld ergaben noch deutlich
geringere Nutzen-Kosten-Werte.
Eine Wiederinbetriebnahme nur zwischen
Bocholt und Borken als RE 14 nach Essen ergab bei 4.100 Fahrgästen im SPNV (pro
Werktag) und Investitionskosten von 190 Mio. € einen NKI von 0,76. Den besten,
aber dennoch nicht ausreichenden NKI von 0,94 erreicht eine Wiederinbetriebnahme
des Abschnitts Bocholt - Rhede als Verlängerung der RE 19 aus Düsseldorf. Hier
werden 2.300 Fahrgäste im SPNV (pro Werktag) bei Investitionskosten in Höhe von
88 Mio. € erwartet. Die Varianten mit mehreren sich überlagernden Linien haben einen
NKI von 0,85 bzw. 0,93 ergeben.
Da in einer Vorstudie ohne die
Berücksichtigung des Baus von Über- und Unterführungen auch Werte von über 1
erreichbar schienen, hat der NWL in den vergangenen Monaten weitere
Untersuchungen durchgeführt. Dabei ging es darum sehr spezifisch zu überprüfen,
ob es Kreuzungen gibt, an denen auch der Bau höhengleicher und damit
kostengünstigerer beschrankter Bahnübergänge möglich wäre.
Diese Fragestellung ist für den Abschnitt
Bocholt – Borken exemplarisch zusammen mit der Bezirksregierung Münster und dem
Verkehrsministerium NRW mit dem Bundesverkehrsministerium erörtert worden, das
in solchen Fällen (in einer späteren Planungsphase) auf Basis der detaillierten
Planunterlagen und Vorabstimmungen mit den Beteiligten eine entsprechende
Ausnahme erteilen müsste, bevor eine Planfeststellung erfolgen kann.
Für eine Ausnahmegenehmigung ist
insbesondere ein nur schwacher Verkehr auf der kreuzenden Straße (<100
Fahrzeuge/Tag) maßgeblich. In der Studie sind ehemalige Bahnübergänge an
Straßen und Wegen mit einem so niedrigen Verkehr jedoch ohnehin im Zuge von
Bündelungskonzepten mit Ersatzwegen nicht als künftige Kreuzung der Bahn
vorgesehen. Als Ergebnis einer beispielhaften Betrachtung von Bahnübergängen
wurde in den Erörterungen festgestellt, dass entsprechende
Ausnahmegenehmigungen für neue Bahnübergänge sehr unwahrscheinlich und
allenfalls in einzelnen sehr speziellen Ausnahmefällen überhaupt nur dann
denkbar sind, wenn schwerwiegende Schutzgründe oder technische Unmöglichkeiten
gegen die Einrichtung einer Über- oder Unterführung sprechen.
Als weiterer Aspekt ist der
planungsrechtliche Status der ehemaligen Trasse erneut betrachtet worden. Mit
der Bahnreform zum 01.01.1994 wurden die rechtlichen Entwidmungsverfahren in
das Allgemeine Eisenbahngesetz (AEG) aufgenommen. Da die Stilllegung der
Strecke vor diesem Zeitpunkt erfolgt ist, ist eine Entwidmung der Trasse nicht
eindeutig feststellbar. Zwischen Bocholt und Borken sind die Flächen der
ehemaligen Schienenstrecke zum großen Teil im Eigentum der Städte Bocholt,
Rhede und Borken. Nach 1994 wurden einzelne Streckenteile, die heute in
Privateigentum sind, gemäß AEG von Bahnbetriebszwecken freigestellt. In Borken
wurde 2014 nach der Modernisierung und Verlegung des Bahnhofs Borken die Trasse
im Bereich des ehemaligen Bahnhofs ebenso freigestellt wie die bis zur Aufgabe
des Bundeswehrstandorts Borken noch bestehende Teilstrecke der Strecke in
Richtung Coesfeld bis zur ehemaligen Kaserne. Damit sind die Strecken zwischen
den Bahnhöfen Bocholt und Rhede, den Bahnhöfen Rhede und Borken sowie von
Borken nach Coesfeld in ihren Trassenverläufen unterbrochen.
Vor dem Hintergrund dieser faktischen
Entwidmung der stillgelegten und zurückgebauten Strecke und der nicht
erkennbaren Aussicht auf Ausnahmegenehmigungen geht der NWL davon aus, dass
eine Einrichtung von Bahnübergängen unter den bestehenden Rahmenbedingungen
nicht möglich ist und das Ergebnis der Machbarkeitsstudie trotz der durchaus
relevanten Fahrgastpotenziale Bestand hat. Damit kann nach Mitteilung des NRWL
eine Reaktivierung der Schienenstrecke Bocholt-Coesfeld-Münster nicht
erfolgsversprechend weiterverfolgt werden.
Die an der Trasse liegenden Kommunen
Bocholt, Rhede und Borken werden nun unterstützt vom Kreis Borken weiter beraten,
ob jetzt ausschließlich die Planungen
zum Radschnellweg weiterverfolgt werden.
Ziel ist eine politische Beratung und Entscheidung in den Räten. Das Verfahren
werden die Verwaltungen der betroffenen Kommunen jetzt schnellstmöglich
abstimmen und den Gremien zur Entscheidung vorlegen.
Entscheidungsalternative(n):
Nein.
Klimafolgen, die sich aus dem Beschluss ergeben, sind
positiv
nicht zu erwarten / sind nicht ersichtlich
nicht wesentlich (z.B. in Folge von Geringfügigkeit, fehlender Unmittelbarkeit, sich weitgehend neutralisierender Wechselwirkungen)
negativ – Klimaschonendere Alternativen
kommen aus Sicht der Verwaltung nicht in Betracht (bei Bedarf Ausführungen durch FE), weil…
werden von der Verwaltung aus folgenden Gründen nicht vorgeschlagen
(z.B.
Wirtschaftlichkeit, Kosten, technische Risiken, Verlässlichkeit, etc.): Ausführungen durch FE