Betreff
Tarifmaßnahme zum 01.08.2022 im ÖPNV - WestfalenTarif im Münsterland
Vorlage
0209/2021/KREIS
Art
Beschlussvorlage

1.    Die Vertreterinnen und Vertreter wirken auf eine moderate Preiserhöhung in den M-Preisstufen hin. Dabei sollte eine durchschnittliche Erhöhung von bis zu 2 % nicht überschritten werden.

2.    Die Vertreterinnen und Vertreter setzen sich intensiv für die Einführung des eTarif Westfalen zum 1. Dezember 2021 ein.

3.    Die Vertreterinnen und Vertreter setzen sich intensiv für die Überführung des JobTicket Piloten in den Regelbetrieb zum 1. August 2022 ein.

4.    Die Vertreterinnen und Vertreter setzen sich intensiv für eine nutzerfreundliche Vereinfachung des Tarifangebotes ein.


Sachdarstellung:

Im Tarifraum Westfalen werden die Merkmale der Bus- und Bahn-Tickets und ihrer Preise grundsätzlich zum 1. August eines Jahres angepasst. Neben Preisen und Beförderungsbedingungen betrifft dies auch strukturelle Änderungen wie z. B. räumliche Geltungsbereiche, zeitliche Geltungsdauer oder ganz neue Ticketarten.

Der Umsetzung einer Tarifmaßnahme geht eine Beschlusskette voraus, die in den regionalen Tarifgremien im Frühjahr des Vorjahres ihren Anfang nimmt und grundsätzlich mit einem Beschluss im Dezember des Vorjahres in den Tarifausschüssen der Tarifgemeinschaft Münsterland und Ruhr-Lippe sowie auf gesamtwestfälischer Ebene im Tarifausschuss der WestfalenTarif GmbH beendet wird. In den vergangenen zwei Jahren wurden die Monate Januar und Februar des Tarifjahres allerdings noch für Nachverhandlungen genutzt. Ab März des Tarifjahres erfolgt die zeitaufwändige Neuprogrammierung von Bordcomputern und Ticketautomaten und der Genehmigungsprozess bei der Bezirksregierung Detmold.

Die Zahl der mitwirkenden Institutionen ist enorm groß. Zu nennen sind Kreise, kreisfreie Städte, der Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL), die Aufsichtsräte der WVG-Gruppe (RVM, RLG und VKU) der Stadtwerke Münster und Hamm sowie zahlreicher privater Verkehrsunternehmen, kurzum alle Institutionen, die Einnahmeverantwortung tragen. Die Tarifgemeinschaft Münsterland und Ruhr-Lippe (TG) zählt alleine 28 Partner und die Beschlüsse über eine Tarifmaßnahme mit unmittelbarem Einfluss auf die wirtschaftlichen Verhältnisse dieser Unternehmen müssen in der Tarifausschuss-Sitzung der TG einstimmig beschlossen werden. Diese Partner sowie die Kreistage als Bus-Aufgabenträger und Bus-Einnahmenverantwortliche können im Münsterland unmittelbar nur über die Preisstufen 0M bis 5M bestimmen. Dieses gilt auch für Tickets der Preisstufen 7M und 9M welche nicht dem Stammsortiment des WestfalenTarifs angehören (z.B. SchulWegMonatsTickets). Für Tickets im Stammsortiment in den Preisstufen W6 bis W10 des Westfalentarifs, die dann zum Tragen kommen, wenn man innerhalb von Westfalen über die Tarifgrenzen hinausfährt, ist der WestfalenTarifausschuss der WestfalenTarif GmbH zuständig. Die Kreise als erlösverantwortliche Partner haben über ihre TG und den NWL auch in diesem Gremium Sitz und Stimme.

Zu den Tarifmaßnahmen der letzten Jahre gab es in den Münsterlandkreisen sowie in der Stadt Münster erhebliche politische Diskussionen. Das Tarifsystem wurde als viel zu kompliziert und die Fahrpreise als zu teuer kritisiert. Die Menschen würden damit vom ÖPNV ferngehalten und die Verkehrswende behindert. Vom Grundsatz wurde gefordert:

·      die Fahrpreise abzusenken,

·      den räumlichen Geltungsbereich der Tickets zu vergrößern und zu vereinfachen,

·      die Mitfahrt in Bus und Bahn für die Kundinnen und Kunden zu vereinfachen.

Die politischen Vertreterinnen und Vertreter im ZVM gaben 2019 selbst ein Fachgutachten in Auftrag, um einen Entwurf für ein stark vereinfachtes und preislich günstigeres Tarifsystem zu erarbeiten. Eine Umsetzung des Gutachtens erwies sich allerdings als sehr teuer und das Thema wurde auch angesichts der Coronakrise zurückgestellt.

Um die strukturellen Verbesserungswünsche, welche unter anderem aus der Politik geäußert wurden umzusetzen, arbeiten verschiedenen Fachgremien der Tarifgemeinschaft sowie der WestfalenTarif GmbH an den unten genannten drei Themenblöcken. Der große Vorbereitungs- und Abstimmungsaufwand führt dazu, dass eine flächendeckende Einführung nicht immer zeitnah umsetzbar ist:

Strukturelle Verbesserung

Voraussichtliche Umsetzung

Westfalenweites pauschales SchülerTicket

Pilot startete Anfang 2021 mit mehreren Schulträgern

Einführung eines elektronischen Tarifes im Check-In Check Out – Verfahren

Umsetzung ist für den 1. Dezember 2021 geplant

Ein JobTicket mit vereinfachten Preisstufen und günstigeren Preisen

Umsetzung mit der Tarifmaßnahme zum 1. August 2022 geplant

Strukturell verbessertes Zeitkartenangebot

Umsetzung mit der Tarifmaßnahme zum 1. August 2023

Ungeachtet der erheblichen, parteiübergreifenden Diskussionen wurden in den vergangenen Jahren von den politischen Vertreterinnen und Vertretern den jeweils ausgehandelten Tariferhöhungen zugestimmt, da

·      die Fahrpreiserhöhungen deutlich moderater ausfielen, als insbesondere die eigenwirtschaftlich fahrenden Verkehrsunternehmen zunächst gefordert hatten,

·      strukturelle Maßnahmen wie die Umwandlung des MonatsTickets in ein 30-TageTicket, der Pilot zur Einführung des SchülerTickets und die Vereinfachung bei den Tickets für die Fahrradmitnahme ansonsten nicht umgesetzt worden wären

·      Tarifvergünstigungen wie z.B. das 9 Uhr Tagesticket im Münsterland (- 20 % ) an das Tarifpaket gekoppelt wurden.

Die Bemühungen der vergangenen Jahre zeigten am Rande, dass bei Tarifabsenkungen wohl ein finanzieller Ausgleich durch die Aufgabenträger an die eigenwirtschaftlich fahrenden Verkehrsunternehmen zu zahlen ist, welcher rechtlich als Beihilfe eingestuft werden könnte. Dadurch müssen derartige Maßnahmen nach dem EU-Recht entweder als Allgemeine Vorschrift erlassen oder von der EU vorab notifiziert werden. Das Notifizierungsverfahren verlangt eine Vorlaufzeit von vielen Monaten und verursacht entsprechende Kosten für anwaltliche Unterstützung.

Aufgrund der Diskussionen in den vergangenen Jahren und der damit verbundenen Unsicherheit soll es in diesem Jahr eine strukturierte Abfolge von Verhandlungsgesprächen geben. Auf der Basis frühzeitig zu treffender Beschlüsse sollen die kommunale RVM und die einnahmeverantwortlichen Kreise des Münsterlandes in die Verhandlungen mit den anderen Partnern der Tarifgemeinschaft gehen können. Auf dieser Basis wird dann ein abschließend abgestimmter Vorschlag für eine Beschlussfassung der Kreistage im Dezember für eine Tarifmaßnahme 2022 ermöglicht.

Neben den Kreisen / kreisfreien Städten muss auch die NWL-Zweckverbandsversammlung in dieser Situation eine Entscheidung zur Tarifmaßnahmen 2022 treffen. Inhaltlich hat sich der NWL wie folgt positioniert: Wie auch die Kreise im Gebiet Ruhr-Lippe sieht der NWL, dass eine Preissteigerung - gerade mit Blick auf die Probleme im Rahmen der Corona-Krise – die Gefahr birgt, dass Kunden abwandern. Dennoch möchte man mit einer moderaten Tariferhöhung von maximal 2 Prozent den Partnern in der Tarifgemeinschaft entgegenkommen, die auf inflationsbedingt gestiegene Preise bei den Lohnkosten, Treibstoff- und Anschaffungskosten von Bussen verweisen. Damit möchte der NWL die weitere Umsetzung der o.g. aktuellen Tarifprojekte ermöglichen.

Zudem weist der NWL darauf hin, dass ohne Tariferhöhungen zukünftig nicht mehr:

·      ÖPNV-Leistungen ausgeweitet und

·      ein Umstieg auf umweltfreundliche Antriebe sowie Maßnahmen zur Digitalisierung finanziert werden könnten.

Das entsprechend §4 Abs. 6 der Gesellschaftervereinbarung der TG Münsterland – Ruhr-Lippe vorgesehene Verfahren sieht bei der Vorbereitung der Tarifmaßnahme vor, die Inflationsentwicklung (Indexwerte des statistischen Bundesamtes mit den Komponenten Lohnkosten, Treibstoff- bzw. Energiekosten, sowie Anschaffungskosten für Schienenfahrzeuge und Busse im geeigneten Verhältnis) sowie eine Erlöskomponente einfließen zu lassen. Der aktuelle Wert für die Inflationsentwicklung im Vergleichszeitraum 2018 bis 2020 beträgt 0,82%. Für den Zeitraum 2019 bis 2021 (Werte bis April 2021) beträgt der Wert 1,56%.

Sofern in der Gesellschafterversammlung der TG Münsterland / Ruhr-Lippe keine Einigung zu einer Tarifmaßnahme beschlossen wird, kommt das Verfahren nach §5 des Gesellschaftsvertrages zum Tragen. Hierzu müsste ein erlösverantwortlicher Partner einen Antrag auf eine Tariferhöhung gemäß derzeitigem Indexwert der Preissteigerungen von Verkehrsdienstleistungen stellen. Alle vorhandenen Tickets müssten dann gemäß diesem Indexwert fortgeschrieben werden. Strukturelle Änderungen, wie die geplante Einführung eines neuen JobTickets nach Ablauf des Piloten, wären dann nicht umsetzbar.

Falls auch einem solchen Antrag in Indexhöhe durch ein oder mehrere Partnerunternehmen nicht zugestimmt würde, müssten die ablehnenden Partnerunternehmen den beantragenden Partnerunternehmen die (aus der Ablehnung) entstehenden Mindereinnahmen ausgleichen. Hierfür würde dann der Indexwert für den Zeitraum, in dem die Tarifmaßnahme wirkt (01.08.2022 bis 31.07.2023), herangezogen werden müssen. Eine Abschätzung, in welcher Höhe sich der Index entwickeln wird, ist derzeit seriös nicht möglich.

Entscheidungsalternative(n):

Ja.

Dem Beschlussvorschlag wird nicht gefolgt.


Finanzielle Auswirkungen:             Ja   Nein           Nicht nennbar.


  


Klimafolgenabschätzung:

Klimafolgen, die sich aus dem Beschluss ergeben, sind

 positiv

 nicht zu erwarten / sind nicht ersichtlich

 nicht wesentlich (z.B. in Folge von Geringfügigkeit, fehlender Unmittelbarkeit, sich weitgehend neutralisierender Wechselwirkungen)

 negativ – Klimaschonendere Alternativen

 kommen aus Sicht der Verwaltung nicht in Betracht (bei Bedarf Ausführungen durch FE), weil…

 werden von der Verwaltung aus folgenden Gründen nicht vorgeschlagen

(z.B. Wirtschaftlichkeit, Kosten, technische Risiken, Verlässlichkeit, etc.): Ausführungen durch FE