Betreff
Künftige Zuführungen zum kvw-Versorgungsfonds
Vorlage
0317/2021/KREIS
Art
Beschlussvorlage

Die in den Haushaltsjahren 2022 bis 2024 festzulegenden Beträge zur Finanzierung der Pensionslasten werden zunächst dem von den Kommunalen Versorgungskassen Westfalen-Lippe zum 01.10.2020 aufgelegten kvw-Versorgungsfonds Chance zugeführt. Nach Auswertung der jeweiligen Wertentwicklungen soll über die künftige Aufteilung der Zuführungshöhen in den kvw-Versorgungsfonds Klassik und Chance entschieden.

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Rechtsgrundlage:

§ 4 der Richtlinie für Kapitalanlagen des Kreises Borken vom 21.02.2019

§ 75 Abs. 6 GO NRW

Sachdarstellung:

1.         Finanzierung künftiger Pensionslasten

Der Kreis Borken hat gem. § 37 Abs. 1 KomHVO NRW Pensionsverpflichtungen nach den beamtenrechtlichen Vorschriften als Rückstellungen in seiner Bilanz auszuweisen. Durch die Bilanzierung werden bestehende Verpflichtungen für künftig anfallende Pensions- und Beihilfezahlungen gegenüber allen aktiv Bediensteten, allen Pensionären und allen Hinterbliebenen nachvollziehbar. Mit der Eröffnungsbilanz zum 01.01.2006 wurden die bis dahin entstandenen Pensions- und Beihilfebelastungen mit 100,8 Mio. Euro erstmals in Form der Pensions- und Beihilferückstellungen transparent. Die Pensions- und Beihilferückstellungen belaufen sich inzwischen zum 31.12.2020 auf ca. 183,1 Mio. Euro (Barwert mit Rechnungszinsfuß von 5 Prozent). Im Rahmen der Rückstellungsbildung werden die absehbaren Versorgungslasten als Aufwand aber nicht den Haushaltsjahren zugeordnet, in denen die Lasten zu zahlen sind, sondern verursachungsgerecht den Haushaltsjahren, in denen die Beamtinnen und Beamten aktiv tätig sind. Insofern bilden die Rückstellungen nur den jeweils aktuellen Stand der Versorgungsverpflichtungen ab, lösen aber nicht die Frage der Finanzierung dieser Versorgungsleistungen. Allerdings ist der Kreis Borken verpflichtet, die notwendige Liquidität zur Auszahlung der anfallenden Pensions- und Beihilfezahlungen auch in den nächsten Jahrzehnten sicherzustellen (vgl. § 75 Abs. 6 GO NRW).

Zur Finanzierung dieser zukünftigen Pensionszahlungen des Kreises Borken hat der Kreistag vor diesem Hintergrund am 21.07.2011 beschlossen, jeweils im Zuge der jährlichen Haushaltsberatungen festgelegte Finanzmittel in den Versorgungsfonds der Kommunalen Versorgungskassen Westfalen-Lippe (kvw) anzulegen. Seit 2011 wird deshalb jährlich in den Haushaltsberatungen unter Beachtung der jeweiligen Liquiditätslage über die Erhöhung der Liquiditätsvorsorge neu entschieden. In der Richtlinie für Kapitalanlagen des Kreises Borken vom 24.09.2015 (zuletzt geändert am 21.02.2019) wurde festgelegt, dass die Höhe der jährlichen Zuführungen zum Versorgungsfonds möglichst mindestens dem positiven Saldo aus der Zuführung zu den Pensions- und Beihilferückstellungen und der Inanspruchnahme der Pensions- und Beihilferückstellungen durch Versorgungsauszahlungen („Nettozuführung zu den Pensions- und Beihilferückstellungen“) entsprechen soll, sofern hierdurch die dauerhafte Leistungsfähigkeit des Kreises Borken nicht gefährdet wird. Bis zum 31.12.2020 hat der Kreis Borken Einzahlungen von rund 65,1 Mio. EUR in den kvw-Versorgungsfonds geleistet. Der Marktwert des kvw-Versorgungsfonds betrug zum letzten Bilanzstichtag ca. 71,4 Mio. Euro. D.h. fast 39 Prozent der aktuell bilanzierten Pensions- und Beihilfebelastungen sind mit Liquidität hinterlegt.

2.         Bisherige Entwicklung des kvw-Versorgungsfonds

Die Entscheidung eine Liquiditätsvorsorge durch regelmäßige Einlagen in den kvw-Versorgungsfonds zu betreiben, erfolgt mit dem Ziel, ein langfristiges und sicheres Anlagevermögen in Geld zu schaffen, das in Zukunft zweckgebunden für die erforderlichen Liquiditätsabflüsse bereitsteht. Neben der sicheren Anlage und der flexiblen Gestaltung von Ein- und Auszahlungen ist auch die Erzielung eines angemessenen Ertrages von Belang. Diesen Zielsetzungen wird der kvw-Versorgungsfonds als langfristig ausgerichteter Fonds mit konservativer Anlagestrategie (Strategische Vermögensaufteilung: Aktienquote 14 Prozent, Rentenquote 63,5 Prozent, alternative Investments 17,5 Prozent, Liquidität 5 Prozent) insgesamt gerecht. Eine breite Streuung über verschiedene Anlagesegmente entspricht der risikobegrenzenden Anlagephilosophie des Versorgungsfonds. Zur weiteren Risikobegrenzung ist der kvw-Versorgungsfonds zusätzlich mit einer Wertuntergrenze ausgestattet, die aktuell auf 94 Prozent des Fondspreises vom letzten Werktag des alten Jahres festgelegt ist.

Diese Wertsicherung kam 2020 deutlich zum Tragen. Auch der kvw-Versorgungsfonds konnte sich im ersten Quartal 2020 nicht dem Kursverfall an den internationalen Kapitalmärten entziehen und befand sich seit Mitte März 2020 in der Wertsicherung. Aufgrund dieser Wertsicherung konnte der kvw-Versorgungsfonds bis Ende 2020 keine neuen risikobehafteteren Investitionen vornehmen und daher nicht von der nachfolgenden positiven Entwicklung profitieren. Der Fonds beendete somit das Jahr 2020 mit einem Wertverlust in Höhe von 7,19 Prozent, nach einer Wertsteigerung im Vorjahr von noch 9,3 Prozent.

Die Wertentwicklung des kvw-Versorgungsfonds des Kreises Borken bis zum 31.12.2020 stellt sich wie folgt dar:

Seit Beginn des Jahres 2021 steht durch die Neujustierung der Wertuntergrenze und fortgeführten Erholung des Fondspreises wieder ein „Risikobudget“ zur Verfügung, um sukzessive die strategische Vermögensaufteilung des Fonds wiederaufzubauen. Am Ende des 1. Quartals 2021 entspricht die Wertentwicklung des kvw-Versorgungsfonds noch -0,75 Prozent, zum Schluss des 2. Quartals 2021 beträgt der Wertzuwachs bereits +0,84 Prozent und per Ende August (27.08.2021) +2,35 Prozent.

3.         Modifizierung in den kvw-Versorgungsfonds

Da jegliche Maßnahmen zur Einhaltung einer Wertsicherungsgrenze Kosten verursachen, die immer zu Lasten der Fondsperformance gehen, hat die kvw zum 01.10.2020 neben dem bisherigen kvw-Versorgungsfonds, der in kvw-Versorgungsfonds Klassik umbenannt wurde, als Ergänzung den neuen kvw-Versorgungsfonds Chance aufgelegt, um das Risiko einer erneuten temporären „Glattstellung“ in der Zukunft zu reduzieren. Die wesentlichen Unterschiede des neuen Fonds im Vergleich zum kvw-Versorgungsfonds Klassik sind:

  • kein fixes Risikobudget, d. h. keine Wertsicherungsgrenze
  • eine höhere strategische Quote an Aktien und alternativen Investments (wie z.B. Immobilienspezialfonds) zu Lasten der Quote von niedrig verzinslichen Rentenpapieren.

Der neue kvw-Versorgungsfonds Chance verfolgt eine moderate Anlagestrategie (Strategische Vermögensaufteilung: Aktienquote 20 Prozent, Rentenquote 46,5 Prozent, alternative Investments 32,5 Prozent, Liquidität 1 Prozent).


Abbildung: Strategische Vermögensaufteilung in den beiden kvw-Versorgungsfonds

 

Der kvw-Versorgungsfonds Chance startete am 01.10.2020 zunächst mit kvw-eigenen Mitteln und steht seit Anfang 2021 für alle kvw-Mitglieder zur Verfügung. Der neue Fonds erzielte im 1. Quartal 2021 eine Rendite in Höhe von +0,43 Prozent und im 2. Quartal lag die Wertentwicklung bei +3,4 Prozent und per Ende August (27.08.2021) bei 5,69 Prozent.

Die Kreisverwaltung schlägt vor, ergänzend zum jetzigen kvw-Versorgungsfonds Klassik auch den modifizierten kvw-Versorgungsfonds Chance zur Finanzierung künftiger Pensionslasten zu nutzen. Im Sinne der Risikostreuung bietet der kvw-Versorgungsfonds Chance bei einer moderaten Anlagestrategie einerseits die Aussicht, auch in einem schwierigen Marktumfeld ohne Budgetbegrenzung an nachfolgenden positiven Marktentwicklungen ohne Zeitverzögerung zu partizipieren, andererseits gibt es bei einem weiter anhaltend schwierigen Marktumfeld keine festgelegte sichernde Wertuntergrenze. Beim kvw-Versorgungsfonds Klassik steht hingegen bei einem schwierigen Marktumfeld die Wertsicherungsgrenze und die dann folgenden Sicherungsmaßnahmen („Gegenpositionen“) im Vordergrund mit der Konsequenz, erst mit Verzögerungen an einer anschließenden positiven Entwicklung der Märkte teilzuhaben. Wegen der hohen Bedeutung der Wertsicherung bei der risikobegrenzenden Anlagephilosophie des kvw-Versorgungsfonds Klassik soll dieser auch weiterhin hauptsächlich für die Finanzierung künftiger Pensionslasten dienen. Daher sollen zunächst nur die in den Haushaltsjahren 2022 bis 2024 festzulegenden Zuführungsbeträge von vorläufig ca. 18,9 Mio. Euro ausschließlich in den kvw-Versorgungsfonds Chance eingelegt werden. Nach Auswertung der jeweiligen Wertentwicklungen und Risikolagen in den Haushaltsjahren 2022 bis 2024 soll über die weitere Aufteilung der Zuführungshöhen in den kvw-Versorgungsfonds Klassik und Chance entschieden werden. Hierzu wird über die Entwicklung der beiden Versorgungsfonds jährlich in den Controllingberichten zum 30.06. und 30.09. sowie im Anhang des Jahresabschlusses berichtet. 

 

4.         Nachhaltigkeit in den kvw-Versorgungsfonds Klassik und Chance

Die Verwaltung der kvw-Versorgungsfonds übernimmt seit Jahren die ODDO BHF Asset Management GmbH. Diese sorgen nicht nur für eine rentable, sichere und liquide Kapitalanlage, sondern berücksichtigen auch Nachhaltigkeitsaspekte. Hierzu finden neben norm- und sektorbasierten Unternehmensausschlüssen auch sog. ESG-Ratings sowie die Ergebnisse des regelmäßigen Dialogs von Fondsgesellschaft mit einzelnen Unternehmen zu individuellen ESG-Themen im Kapitalanlageprozess Berücksichtigung. Ab 2021 wird in einem expliziten vierteljährlichen Report über die Struktur der kvw-Versorgungsfonds Klassik und Chance auch unter Nachhaltigkeitsaspekten berichtet.

 

 

Entscheidungsalternative(n):

Ja, die in den Haushaltsjahren 2022 bis 2024 festzulegenden Beträge zur Finanzierung der Pensionslasten werden weiterhin dem von den Kommunalen Versorgungskassen Westfalen-Lippe aufgelegten kvw-Versorgungsfonds Klassik zugeführt.

 


Finanzielle Auswirkungen:             Ja   Nein

Höhe der finanziellen Auswirkungen:                                                                            

Anpassung im laufenden Haushalt erforderlich:                     Ja                Nein      

Produkt Nr./Bezeichnung: 11.06.01 Haushaltswesen

Kontengruppe Nr./Bezeichnung: 27-Auszahlungen für den Erwerb von Finanzanlagen

Finanzierungsbeteiligung Dritter:                                            Ja                Nein      

Finanzielle Auswirkungen in Folgejahren:                              Ja                Nein      

(siehe Sachdarstellung)

 


  


Klimafolgenabschätzung:

Klimafolgen, die sich aus dem Beschluss ergeben, sind

 nicht zu erwarten / sind nicht ersichtlich