Betreff
Bleiberecht für seit langem in Deutschland lebende Flüchtlinge
Vorlage
0098/2006
Art
Beschlussvorlage öffentlich

Der Kreistag nimmt die Sachdarstellung zum Antrag der SPD-Kreistagsfraktion vom 08.04./10.04.2006 zum Bleiberecht für seit lange in Deutschland lebende Flüchtlinge zur Kenntnis.


Sachdarstellung:

Bereits vor in Kraft treten des Zuwanderungsrechtes zum 01.01.2005 haben nicht nur Fachbehörden untereinander, sondern auch andere Beteiligte (politische Mandatsträger, Vertreter von Interessenverbänden, z. B. Caritas, Flüchtlingsräte) eine Regelung für sinnvoll erachtet, langjährig geduldeten Ausländern, insbesondere jene der zweiten Generation unter bestimmten Voraussetzungen, ein Aufenthaltsrecht einzuräumen. In verschiedenen Verfahren hat auch die Kreisverwaltung den Bedarf für eine Altfallregelung - auch öffentlich - zum Ausdruck gebracht. Noch vor einigen Wochen hat Landrat Wiesmann dieses Anliegen dem Staatssekretär im Innenministerium, Herrn Brendel, gegenüber vorgetragen, um damit die entsprechende Initiative des Innenministers bei der Innenministerkonferenz zu unterstützen. Dem insofern gestellten Antrag steht die Ausländerbehörde positiv gegenüber.

 

Der Kreis Borken pflegt seit Jahren im Rahmen der begrenzten rechtlichen Möglichkeiten eine humane Praxis der Rechtsanwendung. Auf die Aussagen der Verwaltung in den Kreistags-/Kreisausschusssitzungen der letzten Jahre wird insofern verwiesen. Diese positive Grundhaltung wird u.a. dadurch dokumentiert, dass längerfristige Duldungen (Bewährungsduldung) ausgesprochen werden, – nach altem Recht – Probebefugnisse gewährt und großzügige Ausreisefristen (teilweise bis zu 6 Monaten) vereinbart werden. Diese werden insbesondere dann ausgesprochen, wenn hierdurch Kindern ein Schulabschluss ermöglicht werden kann. Ein gänzlicher Verzicht auf die Durchsetzung der Ausreisepflicht ist demgegenüber der Ausländerbehörde nicht möglich. Ein dauerhaftes Bleiberecht kann nur über eine sogenannte Altfallregelung erreicht werden.

 

So könnten nach Auffassung der Verwaltung in Anlehnung an die Diskussion in der Innministerkonferenz vom 09.12.2005 in Karlsruhe diejenigen Asylbewerber und ausreisepflichtigen Personen mit langjährigem, ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet eine Chance auf einen dauerhaften, rechtmäßigen Aufenthalt erhalten, die seit mehreren Jahren die für sich und ggfls. ihre Familien zum Lebensunterhalt erforderlichen Mittel auf legale Weise selbst erarbeiten und ihre Kinder unabhängig vom Bestehen einer Schulpflicht, zum Schulbesuch anhalten. Ehegatten und minderjährige Kinder der diese Voraussetzung erfüllenden Ausländer, können bei Vorliegen einer familiären Lebensgemeinschaft in die begünstigende Regelung mit einbezogen werden. Ebenso könnten von der Regelung auch volljährige, ledige Kinder profitieren, wenn sie im Bundesgebiet geboren sind oder bei ihrer Einreise in das Bundesgebiet minderjährig waren. Weitere Voraussetzung ist allerdings, dass sie sich aufgrund ihrer bisherigen Ausbildung und beruflichen Tätigkeit bereits in die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland integriert haben und damit zu rechnen ist, dass sich die bisherige Integration fortsetzen und vertiefen wird.

 

 

Kein dauerhaftes Bleiberechtes sollte dem Personenkreis zugesprochen werden,

·         dem in einem Weiterwanderungsverfahren bereits ein Einreisevisum zugesichert oder erteilt worden ist,

·         der behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung vorsätzlich hinauszögert oder behindert oder die Ausländerbehörde über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände getäuscht hat (z.B. Identitätsverschleierung)

·         der Ausweisungsgründe verwirklicht

·         der wegen einer im Bundesgebiet vorsätzlich begangenen Straftat verurteilt worden ist, wobei Geldstrafen von bis zu 50 Tagessätzen außer Betracht bleiben können.

 

Als Konsequenz ist festzuhalten, dass nicht alle Ausländer von einer Altfallregelung profitieren können. Auch nach Erlass einer Altfallregelung müssen demnach durch die Ausländerbehörde Rückführungen (auch öffentlichkeitswirksame) durchgeführt werden müssen.

 

Die Ausländerbehörde Borken ist bereits gegenwärtig bestrebt, die Grundideen einer oben skizzierten Altfallreglung zum Tragen kommen zu lassen, was jedoch nur im Härtefallverfahren möglich ist. Sowohl das Härtefallverfahren als auch ein Petitionsverfahren kann erst nach Abschluss des ausländerrechtlichen Verfahren angestoßen werden. Im Rahmen der Stellungnahme gegenüber der Härtefallkommission und gegenüber dem Petitionsausschuss berücksichtigt die Ausländerbehörde des Kreises Borken bereits die vorhin genannten Besonderheiten. Ausländer, die in die hiesige Gesellschaft sozial und kulturell integriert sind, die ihren Lebensunterhalt gesichert haben, die ihre Kinder regelmäßig zum Schulbesuch anhalten und sich im übrigen auch straffrei führen, werden im Rahmen eines Härtefallantrages von der Ausländerbehörde positiv beurteilt, im Hinblick darauf, diesem Personenkreis auf Dauer die Chance zu geben, in der Bundesrepublik Deutschland weiter leben zu können.

 

Zu der im Antrag der SPD-Fraktion angesprochenen Problematik der Arbeitserlaubnis für geduldete Ausländer ist festzustellen, dass das Zuwanderungsrecht prinzipiell positiv angelegt ist. In den meisten Fällen steht ausländerrechtlich einer Arbeitserlaubnis nichts im Wege. Die Erlaubnis wird  ausländerrechtlich nur dann verweigert, wenn der Ausländer durch sein Verhalten (z.B. fehlende Mitwirkung) einen Versagungsgrund verwirklicht. Im Anschluss an eine ausländerrechtliche Prüfung erfolgt in einem weiteren Schritt eine sogenannte Vorrangprüfung  durch die Bundesanstalt für Arbeit. Dabei wird geprüft, ob bevorrechtigte Arbeitnehmer (1. Deutsche 2. EU-Bürger 3. weitere Ausländer mit unterschiedlichen Aufenthaltsstati) dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Dies führt insbesondere bei begehrten Arbeits- oder Ausbildungsplätzen zu Versagungen durch die Bundesanstalt für Arbeit. An diese Entscheidung ist die Ausländerbehörde gebunden.

 

Auf auf diese Problematik hat Landrat Wiesmann verschiedentlich öffentlich hingewiesen und eine Lockerung für langjährige Geduldete, insbesondere zugunsten einer Ausbildungserlaubnis für betroffene Schulabgänger, eingefordert.