Gemeinsamer Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, SPD und UWG/Stadtpartei v. 31.01.2022
1. Der Kreistag Borken
positioniert sich gegen zukünftige Transporte von abgereichertem
Uranhexafluorid aus der Urananreicherungsanlage in Gronau nach
Russland.
2. Der Kreistag Borken
unterstützt die Forderung des Bundesumweltministeriums sowie zahlreicher
Anti-Atom-Initiativen und Umweltverbände, die Urananreicherungsanlage Gronau
als Quelle der Urantransporte in das Atomausstiegsgesetz aufzunehmen und ihre
Stilllegung herbeizuführen.
3. Der Kreistag Borken beauftragt
die Kreisverwaltung, bei den Bundes- und Landtagsabgeordneten der Region eine
Stellungnahme zur Resolution einzufordern und diese den KTA vorzulegen.
Sachdarstellung:
Obwohl der
Atomausstieg in Deutschland offiziell für 2022 beschlossen worden ist, sind die
Urananreicherungsanlage (UAA) in Gronau sowie die Brennelementefabrik Lingen
von diesem Atomausstieg bislang ausgeschlossen und dürfen ohne zeitliche
Begrenzung weiter produzieren. Eine Belieferung deutscher Atomanlagen aus
Gronau betrifft schon aktuell nur noch die Brennelementefabrik Lingen – alle
anderen Abnehmer sind Atomkraftwerke im Ausland.
Der Betrieb der
Urananreicherungsanlage in Gronau führt zu regelmäßigem Lieferverkehr mit
hochgiftig-radioaktivem Uranhexafluorid (UF6) von und zur UAA. Allein in den
Jahren 2019 und 2020 wurden dabei knapp 18 000 t Uranmüll in 20 Zugladungen aus
der Urananreicherungsanlage in Gronau befördert.
Diese Uranzüge fuhren von Gronau kommend quer durch das Münsterland über
Münster-Hauptbahnhof und Hamm zum Hafen von Amsterdam.
Zielort dieser
Urantransporte war die russische, "geschlossene" Atomstadt Novouralsk
bei Ekaterinburg. Dort lagert das Uran unter freiem Himmel ohne erkennbare
Weiterverwertung. Selbst die russische staatliche Atomfirma Rosatom gibt zu,
dass in Russland bereits rund 1 Mio. t abgereichertes Uran auf Halde liegen
hat. Eine Entsorgung sei frühestens bis 2080 möglich, durch den Neubau von
mehreren Schnellen Brütern!
Ein
Rechtsgutachten im Bundestag ergab im Herbst 2020, dass diese Uranexporte nach
Russland einen Verstoß gegen die EU-Sanktionen gegenüber Russland darstellen,
die im Zuge der Krim-Annexion und der militärischen Offensiven auf dem
ukrainischen Festland erlassen worden waren. Abgereichertes UF6 kann nämlich
für panzerbrechende Munition – und damit für militärische Zwecke – eingesetzt
werden.
Die
Betreiberfirma der Gronauer UAA, die deutsch-niederländisch-britische Urenco,
zeigte sich bislang taub gegenüber jeder Kritik an diesen unverantwortlichen
und offensichtlich rechtswidrigen Uranexporten. Im April 2020 schrieb die Stadt
Münster an die Urenco mit der Bitte an, die Urantransporte zumindest auf dem
Höhepunkt der Corona-Pandemie auszusetzen. Durch die stets vorhandene Gefahr
von schweren Unfällen, die zur Bildung von tödlicher Flusssäure führen können,
wären die Einsatzkräfte zur Sicherung des Transportweg schnell an ihrer
Belastungsgrenze. Die Urenco führte die gefährlichen Urantransporte ungerührt
weiter.
In Russland ist
demokratischer, zivilgesellschaftlicher Protest gegen die Importe von Uranmüll
aus Gronau kaum noch möglich. Renommierte Umweltorganisationen wie Ecodefense
oder andere NGOs werden als "ausländische Agenten" diffamiert.
Schikanen und Prozesse gegen Oppositionelle sind inzwischen an der
Tagesordnung. Insofern entsteht der Eindruck, als mache sich die Urenco in Gronau
die sehr schlechte Menschenrechtslage in Russland für die eigenen Uranexporte
zunutze. Das ist wenig verantwortungsvoll.
Wie groß der
Widerspruch in der russischen Bevölkerung trotzdem ist, zeigte sich Anfang 2020
als Ecodefense und Greenpeace Russland im Bundesumweltministerium in Berlin
eine russische Online-Petition von mehr als 70 000 Menschen gegen die
Urantransporte aus Gronau überreichten. Das ist im heutigen Russland eine sehr
beachtliche Zahl.
Aus diesem Grunde
ergreift der Kreistag Borken die Initiative des Rates der Stadt Münster auf,
zukünftige Transporte von abgereichertem Uranhexafluorid aus der
Urananreicherungsanlage in Gronau nach
Russland zu unterbinden. Der Kreistag ist nicht bereit, die Risiken der
Urantransporte weiter hinzunehmen. Wenn Deutschland Ende 2022 aus der
Atomenergie aussteigt, muss sich dies auch auf das Münsterland auswirken.
Ansonsten wird die Region noch Jahrzehnte nach der Abschaltung des letzten
deutschen AKWs in Lingen eine Drehscheibe des internationalen Uranhandels bleiben
– mit allen damit verbundenen Gefahren und Risiken für die Bevölkerung und auch
die Menschen am Zielort in Russland.
Von daher fordert
der Kreistag unmissverständlich ein Aus für die Urantransporte für den
Transport mit abgereichertem Uranhexafluorid aus der Urananreicherungsanlage in
Gronau nach Russland. Der Kreistag Borken begrüßt zudem die Forderung des
Bundesumweltministeriums nach einer Stilllegung der Urananreicherungsanlage in
Gronau. Diese würde weitere Urantransporte überflüssig machen.
gez. gez. gez.
Jens Steiner Elisabeth Lindenhahn Jörg von Borczyskowski
Daniela Kersting Daniel Höschler und Fraktion
und Fraktion und Fraktion