Betreff
Vorstellung des Entwurfs der 2. Fortschreibung der Pflegebedarfsplanung für den Kreis Borken
Vorlage
0096/2022/KREIS
Art
Beschlussvorlage

Der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration nimmt die Ausführungen zur zweiten Fortschreibung der Pflegebedarfsplanung für den Kreis Borken zur Kenntnis.


Rechtsgrundlage:

§ 7 Alten- und Pflegegesetz NRW (APG NRW)

Sachdarstellung:

 

Zweite Fortschreibung der Pflegebedarfsplanung 2021

a) Hintergrund

Nach § 7 des Alten- und Pflegegesetzes NRW (APG NRW) sind die Kreise und kreisfreien Städte verpflichtet, regelmäßig eine Bestandsaufnahme der pflegerischen Angebotsstruktur vorzunehmen und künftige örtliche Bedarfe festzustellen.

Dieser Verpflichtung kam der Kreis Borken erstmalig im Jahr 2015 nach. Der Kreistag beschloss die erste Pflegebedarfsplanung für den Kreis Borken am 10.12.2015 und erklärte sie für nicht verbindlich. Bei einer nicht verbindlichen Planung ist die Pflegebedarfsplanung alle zwei Jahre zu aktualisieren. Die erste Fortschreibung der Pflegebedarfsplanung wurde dem Ausschuss für Arbeit, Soziales und Gesundheit des Kreises Borken im Entwurf im November 2017 vorgestellt. Anschließend erfolgte ein umfangreicher Beteiligungsprozess, in den die Verwaltung und die Politik in den Städten und Gemeinden, in der Pflege tätige Institutionen im Kreis Borken, die Kommunale Konferenz Alter und Pflege sowie die Nachbarkreise eingebunden wurden. Am 11.10.2018 beschloss der Kreistag die erste Fortschreibung der Pflegebedarfsplanung 2017 einschließlich der aus dem Beteiligungsprozess entwickelten Handlungsempfehlungen als nicht verbindliche Planung.

Ursprünglich war die zweite Fortschreibung der Pflegebedarfsplanung für das Jahr 2020 geplant. Die dafür vorgesehene Beteiligung verschiedener Akteurinnen und Akteure konnte aufgrund der Corona-Pandemie jedoch nicht erfolgen. Aus diesem Grund wurde entschieden, die zweite Fortschreibung der Pflegebedarfsplanung auf das Jahr 2021 zu verschieben und im Jahr 2020 einen weiteren Update-Bericht zu erstellen.

Für die zweite Fortschreibung der Pflegebedarfsplanung wurden das Grundgerüst und der Inhalt der bisherigen Planungen im Wesentlichen beibehalten, fortgeschrieben und angepasst. Auf Sozialraumebene werden kurz- und mittelfristige Bedarfe betrachtet, damit die Städte und Gemeinden frühzeitig wissen, wo und in welchem Umfang mittelfristig ein Bedarf an vollstationären Plätzen und an Plätzen in ambulanten Wohngemeinschaften entstehen wird. So fällt es ihnen leichter, auf Investorenanfragen zu reagieren und rechtzeitig für ihre Stadt oder Gemeinde zu planen. Auf Kreisebene wird zusätzlich auch der langfristige Bedarf untersucht. Neben den Bestandsdaten und dem Platzbedarf werden der Bedarf an Pflegekräften sowie die Umsetzung der Handlungsempfehlungen erläutert.

Für die zweite Fortschreibung der Pflegebedarfsplanung wurden die in 2015 durch das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) aus Essen festgelegten Parameter der fünf verschiedenen Szenarien zur Berechnung der Anzahl der Pflegebedürftigen in den verschiedenen Versorgungsformen wissenschaftlich evaluiert. Für die Evaluation wurde erneut das RWI beauftragt. Im Ergebnis wurden geringe Anpassungen der bisherigen Parameter vorgenommen.

Grundlage der Pflegebedarfsplanung bilden hauptsächlich die Daten aus der Pflegestatistik 2019 sowie die aktuellsten Daten zum Bevölkerungsstand der Städte und Gemeinden des Kreises Borken, die Gemeindemodellrechnungen für 2021-2050 auf kommunaler Ebene sowie die Bevölkerungsvorausberechnungen für 2021-2050 für den Kreis Borken. Der Einbezug der Daten der Pflegestatistik 2019 sowie der aktuellen Bevölkerungsprognosen hat zu deutlich abweichenden Ergebnissen geführt.

b) Wesentliche Ergebnisse der 2. Fortschreibung der Pflegebedarfsplanung

Der Entwurf der 2. Fortschreibung der Pflegebedarfsplanung wird allen Ausschussmitgliedern mit den Sitzungsunterlagen zur Verfügung gestellt (vgl. Anlagen). Die wesentlichen Ergebnisse werden in der Sitzung präsentiert.

Bedarfsanalyse für den Kreis Borken

Im Kreis Borken sind große Veränderungen der Altersstruktur der Bevölkerung bis zum Jahr 2036 zu erwarten. Während im Jahr 2021 der Anteil der Bevölkerung über 65 Jahren an der Gesamtbevölkerung bei 19,5% liegt, wird für 2036 prognostiziert, dass 28,2% der Gesamtbevölkerung im Kreis Borken älter als 65 Jahre sind. Der Anteil der Bevölkerung über 80 Jahre steigt von 2021 bis 2036 von 6,2% auf 7,2%.

Die Veränderungen der Altersstruktur haben einen Anstieg der Anzahl der Pflegebedürftigen zur Folge. Bis 2036 steigt die Anzahl der Pflegebedürftigen um insgesamt 3.574 Personen an, von denen voraussichtlich 833 Personen vollstationär und 152 Personen in ambulanten Wohngemeinschaften betreut werden.

Die aktuelle Fortschreibung der Pflegebedarfsplanung zeigt, dass der Kreis Borken bis 2024 insgesamt mit einem Überangebot von 335 Plätzen sehr gut aufgestellt ist, wenn die geplanten Einrichtungen rechtzeitig fertiggestellt werden. Bis 2029 werden kreisweit 88 und bis 2036 370 zusätzliche Plätze benötigt. Zudem besteht kreisweit ein Bedarf an zusätzlichen solitären Kurzzeitpflegeplätzen.

Bedarfsanalyse für die sechs Sozialräume

Betrachtet man die Bedarfe in den sechs Sozialräumen des Kreises Borken, wird deutlich, dass große Unterschiede zwischen den einzelnen Sozialräumen bestehen. Bedarfe für zusätzliche Pflegeplätze zeigen sich vermehrt im Südkreis. Der Nordkreis ist deutlich besser aufgestellt.

Sowohl im Sozialraum Heek, Legden, Schöppingen als auch im Sozialraum Gescher, Stadtlohn, Südlohn, Velen gibt es sowohl kurz- als auch mittelfristig ein Überangebot an vollstationären Plätzen bzw. an Plätzen in ambulanten Wohngemeinschaften. Kurzfristig ist auch die Versorgung im Sozialraum Ahaus, Vreden gesichert. Mittelfristig bis 2029 besteht ein Bedarf von 18 zusätzlichen Plätzen. Im Sozialraum Gronau besteht aktuell ein Bedarf von 20 zusätzlichen Plätzen, der aber voraussichtlich bis 2024 durch die Fertigstellung der Pflegeeinrichtung „Weiße Dame“ gedeckt werden kann. Mittelfristig bis 2029 gibt es in dem Sozialraum weiterhin ein Überangebot von 15 Plätzen.

Der Bedarf von aktuell 23 zusätzlichen Plätzen im Sozialraum Borken, Heiden, Raesfeld, Reken kann voraussichtlich durch die für 2022 geplante Fertigstellung des „Altenheims Borken“ kurzfristig gedeckt werden. Mittelfristig bis 2029 ergibt sich jedoch erneut ein Bedarf von 47 zusätzlichen Plätzen in vollstationären Einrichtungen oder in ambulanten Wohngemeinschaften. Im Sozialraum Bocholt, Isselburg, Rhede besteht sowohl kurz- als auch mittelfristig ein hoher Bedarf an zusätzlichen Plätzen. Trotz der für 2024 geplanten Fertigstellung der Seniorenresidenz am Hammersengelände in Bocholt werden im Jahr 2024 noch 28 zusätzliche Plätze und im Jahr 2029 bereits 140 zusätzliche Plätze benötigt. Weitere Pflegeeinrichtungen sind in diesem Sozialraum daher dringend notwendig.

Personal in der Pflege im Kreis Borken

Mit der zusätzlichen Anzahl an Pflegebedürftigen und dem zusätzlichen Bedarf an Plätzen steigt auch der Bedarf an Personal in der Pflege im Kreis Borken. Bis zum Jahr 2036 werden insgesamt voraussichtlich 1.214 Kräfte in Vollzeitäquivalenz – davon 487 Fachkräfte – benötigt. Diese Zahlen berücksichtigen noch nicht den Ersatz für Arbeitskräfte, die den Pflegesektor verlassen werden.

Die bereits ergriffenen Initiativen zur Fach- und Arbeitskräftesicherung auf Landes- und Bundesebene werden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht ausreichen, um den Bedarf an zusätzlichen Pflegekräften kurz- und mittelfristig zu decken. Das Ergreifen weiterer Maßnahmen scheint in jedem Fall unabdingbar zu sein, um das Personal kurz-, mittel- und langfristig nicht zum limitierenden Faktor in der Pflege werden zu lassen. Die Möglichkeiten der Kreisverwaltung Borken sind jedoch begrenzt. Der Kreis Borken wird den Fach- und Arbeitskräftemangel im Pflegesektor nicht lösen können.

c) Weiterer Verfahrensablauf

Nach Vorstellung des Entwurfs der Pflegebedarfsplanung im Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration am 17.05.2022 haben alle Fraktionen die Gelegenheit, den Bericht zu beraten.

Darüber hinaus ist geplant, den Entwurf der Pflegebedarfsplanung mit der Möglichkeit zur Stellungnahme an die kreisangehörigen Städte und Gemeinden, die „AG Wohlfahrtsverbände“ und die Nachbarkreise zu versenden und ihn in den Sozialausschüssen der Städte und Gemeinden sowie in der Kommunalen Konferenz Alter und Pflege (KKAP) vorzustellen, um auch den dortigen Mitgliedern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

Gemeinsam mit den verschiedenen Akteuren im Kreis (Politik, Kommunen, KKAP, Wohlfahrtsverbände etc.) sollen aus dem Entwurf der 2. Fortschreibung der Pflegebedarfsplanung in den nächsten Monaten neue Handlungsempfehlungen erarbeitet werden, bevor der Kreistag die 2. Fortschreibung der Pflegebedarfsplanung für den Kreis Borken beschließt und dabei auch eine Entscheidung hinsichtlich der Verbindlichkeit der Pflegebedarfsplanung trifft.

 

Entscheidungsalternative(n):

Nein


Finanzielle Auswirkungen:

Nein


Klimafolgenabschätzung:

Klimafolgen, die sich aus dem Beschluss ergeben, sind nicht zu erwarten / sind nicht ersichtlich..