Betreff
Anlauf- und Kontaktstelle Rhede: Abschlussbericht und Entscheidung über Weiterführung
Vorlage
0129/2006
Art
Beschlussvorlage öffentlich

1.    Der JHA nimmt den Abschlußbericht der Anlauf- und Kontaktstelle Rhede zur Kenntnis.

2.    Der JHA beschließt, das Projekt Anlauf- und Kontaktstelle Rhede ab dem 01.01.2007 für weitere 3 Jahre zu verlängern. Dabei gelten die u.g. Finanzvereinbarungen.


Rechtsgrundlage:

§ 16 SGB VIII


Sachdarstellung:

Der Träger des Projektes Anlauf- und Kontaktstelle Rhede, Caritasverband Bocholt e.V., legt seinen Abschlussbericht vor. Dem JHA liegt eine Kurzversion vor, in der die Ergebnisse vom Träger komprimiert dargestellt werden. Die ausführliche Langversion steht jeder Fraktion zur intensiven Beschäftigung mit den Ergebnissen zur Verfügung.

Aus Sicht der Verwaltung wird zum Projekt und zum Abschlussbericht wie folgt Stellung genommen:

1.    Mit Beschluss vom 06.12.2001 beauftragte der JHA die Verwaltung, das gemeinsam mit dem CV-Bocholt erarbeitete Konzept einer Anlauf- und Kontaktstelle in Rhede für die Dauer von drei Jahren umzusetzen. Die AuK nahm im Dez. 2002 ihre Arbeit auf. Aufgrund von personellen Veränderungen, die Vakanzzeiten nach sich zogen, verlängerte der JHA den Projektzeitraum im September 2005 bis zum 31.12.2006.

2.    Die AuK-Rhede hat die Besonderheit, dass sie an zwei Standorten angesiedelt ist: Die „Oase“ in der Kleiststr. arbeitet in einem Hochhaus, das als sozialer Brennpunkt bezeichnet werden kann. Die Angebote der „Oase“ richten sich in erster Linie an die Bewohner/innen. In der Krechtinger Str. wird mit Kindern, Jugendlichen und Familien gearbeitet. Als Zielgruppe sind diejenigen angesprochen, die von den bestehenden Bildungsangeboten nicht oder nur schwer erreicht werden. Diese Familien, die auch als bildungsungewohnt bezeichnet werden können, sind häufig ebenfalls diejenigen, die zu ihrer Lebensgestaltung öffentliche Transferleistungen sowie Hilfen zur Erziehung in Anspruch nehmen müssen. Sie frühzeitig zu erreichen und damit präventiv hinsichtlich der Inanspruchnahme von z.B. Hilfen zur Erziehung zu wirken, stand als Leitidee über diesem Projekt.

3.    Damit steht die Beantwortung der Frage an, ob die AuK für den Sozialraum Rhede wirksam ist. Wirksamkeitsanalysen sind in der sozialen Arbeit, besonders wenn sie sich auf eine spezifische Einrichtung beziehen, von besonderer Schwierigkeit. Da Sozialräume unterschiedliche Strukturen und Indikatoren aufweisen, gibt es kein allgemeingültiges Prüfungsschema oder feststehende Kennzahlen für Wirksamkeitsanalysen. Die Beurteilung, ob eine Einrichtung wirksam ist, wird hier daher, unter dem gerade genannten Vorbehalt, sozialraumspezifisch vorgenommen und, vor allem aus einer fachlichen Beurteilung der Zielerreichung und unter Zuhilfenahme einiger ausgewählter relevanter Jugendhilfedaten, abgeleitet.

·         Ist die Zielgruppe „bildungs-/lernungewohnte Familien“ erreicht worden?

Die Statistik weist aus, dass im Projektzeitraum insgesamt 231 Familien in der Krechtinger Str. erreicht worden sind. Die Anzahl der Besucher/innen stieg im Jahresvergleich von 1.600 im Jahr 2003 bis auf 3.141 im Jahr 2004. Im 1. Halbjahr 2006 wurden bereits 2.695 Besucher registriert.

Besonders erwähnenswert ist, dass von 1.805 Kindern, die im Jahr 2005 die Hausaufgabenhilfe in Anspruch genommen haben, 925 Kinder mit Migrationshintergrund waren.

Die Auswertung des sozio-ökonomischen Hintergrundes der Familien weist für 2004 die Familien und Einzelpersonen als „Kunden“ der AuK aus, die auch in der Konzeption als Zielgruppe benannt worden sind, also insbesondere Ein-Eltern-Familien und Sozialhilfeempfänger/innen.

Die Zielgruppe der „Oase“ setzte sich aus den Bewohnern des Hochhauses Kleiststr. zusammen. Die Familien sind i.d.R. sog. Multiproblemfamilien. Insgesamt nahmen 123 Familien an den Angeboten teil. Hierbei handelt es sich um 40 deutsche und 83 ausländische Familien. Von den in 2005 erreichten 649 Kindern bei der Hausaufgabenhilfe waren 592 Kinder mit Migrationshintergrund.

Die stetig ansteigende Besucherzahl sowohl in der „Oase“ als auch in der Krechtingerstr. ist ein deutliches Indiz auf eine wachsende Bekanntheit und Akzeptanz der AuK.

Aus Sicht der Verwaltung kann festgestellt werden, dass die in der Zielsetzung genannte Zielgruppe aufgrund der Auswertung der Anzahl der Besucher/innnen sowie aufgrund der Auswertung sozio-ökonomischer Daten erreicht worden ist.

·         Ist die inhaltliche Zielsetzung erreicht worden?

Die Konzeption weist als inhaltliche Ziele insbesondere die Stärkung und Förderung der Erziehungskompetenz, den Erwerb sozialer Kompetenzen und die Befähigung zur Alltagsbewältigung aus. Die Angebote, die sowohl in der „Oase“ wie auch in der Krechtinger Str. stattgefunden haben, weisen eine Angebotspalette aus, die sowohl im pädagogischen, alltagspraktischen und gruppenorientierten als auch im Erlebnis- und Freitzeitbereich angesiedelt ist. Die hierzu genannten statistischen Daten weisen eine positive Resonanz aus.

Die von der AuK vorgenommenen Evaluationen der Angebote, insbesondere die Befragungen hinsichtlich der Angebotsstruktur und Befragungen hinsichtlich der Zufriedenheit geben wichtige Hinweise darauf, ob die Angebotsbreite und die inhaltliche und methodische Aufbereitung die Bedürfnisse der Besucher/innen trifft. Diese Ergebnisse sind zwar nicht schriftlich dokumentiert, wurden jedoch zum Anlass von kontinuierlichen Verbesserungen der Programmstruktur und der inhaltlichen Abläufe gemacht. Offenbar mit Erfolg, der sich wiederum an der Akzeptanz der Besucher/innen über einen langen Zeitraum nachverfolgen lässt.

Auch hier kann aus Sicht der Verwaltung festgestellt werden, dass alles darauf hindeutet, dass die Angebote zur Erreichung der inhaltlichen Zielsetzung beitragen haben.

·         Kann aus den Jugendhilfedaten für den Sozialraum Rhede Rückschlüsse auf die Wirksamkeit der AuK gezogen werden?

Ein Blick auf die Jugendhilfedaten für Rhede zeigt tlw. erstaunliche Entwicklungen: Die Zahl der Fälle, die finanziell „bedient“ werden, hat von 62 im Jahre 2002 auf 58 im Jahr 2005 abgenommen. Dies ist umso bemerkenswerter wenn man bedenkt, dass neben gesellschaftlichen Entwicklungen, die die Jugendhilfe in vollem Umfang treffen, auch die Stadt Rhede in diesem Zeitraum an Einwohnern hinzugewonnen hat und es keine Überraschung gewesen wäre, wenn sich auch die finanziellen Jugendhilfefälle erhöht hätten. Auch die Fallzahlen im Bereich der Jugendgerichtshilfe sind gleichbleibend: Wurden im Jahr 2002 in diesem Segment 111 Fälle bearbeitet, waren es 113 Fälle in 2005.

Eine im ASD-Team der Nebenstelle Rhede vorgenommene Beurteilung der Jugendhilfedaten für die Stadt Rhede kommt zu dem Ergebnis, dass hier eine sehr konstante Sozialstruktur vorzufinden ist, die in wichtigen Bereichen unterhalb des Kreisschnittes liegt. Es wurde weiter festgestellt, dass die AuK im Zusammenwirken der vor Ort befindlichen Angebote aus Sicht des ASD zu einem wichtigen Faktor geworden ist. Für die präventive Ausrichtung der sozialen Arbeit in Rhede übernimmt die AuK aus Sicht der Jugendhilfe einen immer wichtiger werdenden Beitrag, der zu der stabilen, präventiv orientierten und damit finanzielle Einzelfallhilfen verhindernden Struktur entscheidend beiträgt.

Aus Sicht der Verwaltung ist die AuK-Rhede mit ihren beiden Standorten damit ein wirksames Instrument der örtlichen Jugendhilfe.

4.    Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die AuK-Rhede mit ihren zwei Standorten zur sozialen Stabilität von Rhede entscheidend beiträgt. Der soziale Brennpunkt im Hochhaus in der Kleiststr., in dem Menschen aus mehr als 10 Nationen leben, ist tendenziell ein soziales Pulverfass. Dem wird durch engagierte präventive Sozialarbeit begegnet. Offenbar mit großem Erfolg. Die Sozialarbeiter/innen des ASD berichten von einer sehr guten Kooperation und davon, dass die meisten Probleme und Fragestellungen durch die „Oase“ abgefangen werden.

Das Gleiche kann von der Krechtinger Str. gesagt werden. Die Kooperation bei und die Koordination von Angeboten und Hilfen trägt zur Synergienbildung bei und ermöglicht einen schnellen und unkomplizierten Austausch. Das präventive System der Jugendhilfe wird gestärkt. Durch das Erreichen der Zielgruppe kann davon ausgegangen werden, dass nicht nur teure ambulante oder stationäre Hilfen vermieden, sondern auch Hilfen generell durch vorgelagerte Angebote unnötig werden.

Die Stadt Rhede wies in Gesprächen nachdrücklich darauf hin, dass sie die Weiterführung der AuK wünscht. Aus Sicht der Sozialhilfe in Rhede sei die AuK ein wirksames Instrument der Vernetzung. Die entsprechenden Mittel seien für 2007 im Haushalt vorgesehen.

Entscheidungsalternative(n):

Ja

Nein

Die Anlauf- und Kontaktstelle Rhede wird nicht weitergeführt.


Finanzielle Auswirkungen:

Es entstehen Folgewirkungen, die eine Veränderung des Budgets in Folgejahren verursachen:

Ja

Nein

Wenn ja, wofür ? – Voraussichtlich in welcher Höhe ?

Die bisherigen Rahmenbedingungen und Finanzierungsmodalitäten sollen grundsätzlich weiterhin gelten. Demnach werden 2/3 der Kosten vom Kreis getragen. Die Stadt Rhede trägt 1/3 der Kosten nach Abzug des Trägeranteils von 10 %. Die maximale Fördersumme des Kreises belief sich für die vergangene Laufzeit auf einen Betrag von maximal 60.000 €. Durch Sachkosten- und Personalkostensteigerungen reicht dieser jährliche Höchstbetrag für die zukünftige Laufzeit nicht mehr aus, der Betrag wird auf maximal 70.000 € jährlich angehoben. Dies wird in der Haushaltsplanung 2007 berücksichtigt. Es erfolgt jährlich eine nachträgliche Spitzabrechnung, so dass nur die tatsächlich entstandenen Kosten anteilig vom Kreis finanziert werden.