Betreff
Sachstandsbericht zur COVID-19-Pandemie und Ukraine-Krise
Vorlage
0143/2022/KREIS
Art
Beschlussvorlage

Der Jugendhilfeausschuss nimmt den Bericht zur Kenntnis.


Rechtsgrundlage:

./.

 

Sachdarstellung:

Auf die Berichterstattung zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie in der Jugendhilfe in den letzten Sitzungen des Jugendhilfeausschusses am 26.05.2020, 10.09.2020, 01.12.2020 09.02.2021, 20.05.21,02.09.2021, 09.11.2021 und 21.01.2022 wird Bezug genommen.

Die schrecklichen Nachrichten und Bilder aus der Ukraine bewegen uns sehr und die Vertreibung der Menschen aus der Ukraine hat unmittelbare Auswirkungen auf die Jugendhilfe:

 

Situation in der Kindertagesbetreuung

Die Corona-Pandemie hat den Eltern, den Beschäftigten, und den Kindern extrem viel zugemutet. Die neuen Virusvarianten und hohen Infektionszahlen haben unterschiedliche Maßnahmen erforderlich gemacht, die alle Beteiligte extrem herausgefordert hat.

Zum 8. April 2022 ist die Coronabetreuungsverordnung mit den besonderen Regelungen für die Kindertagesbetreuung außer Kraft getreten. Es gilt uneingeschränkter Regelbetrieb mit besonderen Hygieneregeln. Insbesondere die verpflichtende Testung von Kindern und die Dokumentation bei einem Infektionsfall in der Kita sind weggefallen. Symptomatische Kinder sollen weiterhin getestet werden. Lediglich infizierte Kinder und Beschäftigte müssen noch eine Quarantäne von 10 Tagen mit einer Freitestmöglichkeit nach 5 Tagen einhalten. Die Lieferungen der kostenlosen Sebsttests durch das Land NRW ist zum 22.04.2022 eingestellt worden. Das wiederaufgenommene Förderprogramm für Alltagshelfer*innen läuft bis Ende Juli 2022 mit einem maximalen Förderbetrag von 13.200 Euro pro Kita. Für 92 Kitas ist eine beantragte Summe von 1,17 Mio. Euro weiterbewilligt worden.

Nach einem sehr stark gestiegenen Infektionsgeschehen mit bis zu 100 von 230 Kitas im Kreisgebiet in der Testverpflichtung hat seit der 2. Märzhälfte die Betroffenheit der Kindertagesbetreuung beständig abgenommen. Nach wie vor führen allerdings Personalausfälle und der Fachkräftemangel zu einer großen Belastung in der Kindertagesbetreuung.

Aufgrund der Krise in der Ukraine sind im Kreis Borken ca. 2.600 geflüchtete Personen registriert, davon entfallen ca. 1.200 auf den Bezirk des Kreisjugendamtes. Darunter sind vor allem Frauen und Kinder. Es ist besonders wichtig den Vertriebenen Schutz und Geborgenheit zu geben.

Für rund 110 Kinder im Kreisjugendamtsbezirk ist bislang ein Betreuungsinteresse bzw. –bedarf angezeigt worden. Die sogenannten Brückenprojekte eignen sich besonders für die erste Zeit des Ankommens. Sie können die Regelbetreuungssysteme, die durch die Pandemie sehr belastet sind, entlasten. Für umfangreichere Betreuungsbedarfe und zur Vorbereitung der älteren Kinder auf den Schulbesuch ist die Aufnahme in die regelmäßige Kindertagesbetreuung vorrangig vorgesehen. Neben dem bereits bewilligten Brückenprojekt in Stadtlohn, ist die Förderung für drei weitere Angebote beantragt. Mit den Trägern planen wir weitere Brückenprojekte entsprechend der Bedarfe in den einzelnen Orten. Zurzeit werden die Betreuungswünsche und -bedarfe in Brückenprojekte, Kitas und Kindertagespflege vermittelt.

 

Situation im Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD)

Gegenüber der letzten Berichterstattung haben sich im Rahmen der Corona-Pandemie keine wesentlichen Veränderungen in den sozialen Diensten ergeben. Mit der Aufhebung der Masken- und Testpflicht in den Schulen sind die meisten Familien in den Alltag ohne Pandemieeinschränkungen zurückgekehrt. Vereinzelt melden sich Eltern, die von Schwierigkeiten mit dem regelmäßigen Schulbesuch ihrer meist jugendlichen Kinder berichten. Diese Jugendlichen benötigen Unterstützung, um sich wieder an den täglichen Schulbesuch zu gewöhnen. Beratungstermine mit Familien erfolgen wieder im persönlichen Kontakt, auch die freien Träger der Jugendhilfe stehen mit den zu betreuenden Familien wieder im persönlichen Austausch.

Im Rahmen der Ukraine-Flüchtlingskrise wird im ASD wahrgenommen, dass Kinder verunsichert sind, sie formulieren Ängste und können abends nicht einschlafen. Die meisten Eltern würden die tragischen Bilder vom Krieg von ihren Kindern gerne fernhalten. Dennoch werden unsere Kinder auch außerhalb der Familie, in der Schule, im Freundeskreis, im Sportverein oder auch unbeabsichtigt, in dem sie Gespräche Erwachsener zufällig aufschnappen, mit dem Kriegsgeschehen konfrontiert. Die Kinder haben Fragen und wünschen sich von ihren Eltern, von den erwachsenen Menschen um sie herum eine Antwort. Um mit ihren Kindern altersangemessen über den Krieg in der Ukraine sprechen zu können, hat der Kreis Borken auf seiner Homepage Anregungen und hilfreiche Links veröffentlicht, wie Eltern und weitere Betreuungspersonen mit Kindern über das Kriegsgeschehen in der Ukraine sprechen können.

Neben den vielen geflüchteten Familien, häufig Mütter mit ihren Kindern, rechnet der Fachbereich Jugend und Familie auch mit der Ankunft unbegleiteter geflüchteter Kinder und Jugendlicher (umA). Die Solidarität und Hilfsbereitschaft der Bevölkerung im Kreisgebiet ist sehr groß. Es wurden in Kooperation mit den Stadtjugendämtern zwei unverbindliche Informationsveranstaltungen zur Aufnahme eines unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings in einer Gastfamilie organisiert, an der über 100 interessierte Personen teilgenommen haben. Bestreben ist es, die Gastfamilien möglichst umfassend über die Aufnahmemodalitäten zu informieren, die eigene Belastbarkeit in den Blick zu nehmen und seriöse Aufnahmeangebote von unseriösen Angeboten abzugrenzen. Bisher sind nur wenige unbegleitete minderjährige junge Menschen im Kreisgebiet angekommen, dennoch möchte der Fachbereich Jugend und Familie vorbereitet sein. Bei anhaltendem Krieg muss mit der Ankunft unbegleiteter Kinder und Jugendlicher gerechnet werden.

Bislang machte der Fachbereich Jugend und Familie die Erfahrung, dass eine Vielzahl von minderjährigen Kindern und Jugendlichen zwar ohne die Personensorgeberechtigten einreisen, sich aber in Begleitung von befreundeten Familien in Deutschland aufhalten (Erziehungsberechtigte einer Fluchtgemeinschaft). Zumeist bringen die jungen Menschen bereits Vollmachten mit, die von Seiten des Fachbereiches in einem persönlichen Gespräch gesichtet und ggf. in Zusammenarbeit mit den Eltern in der Ukraine erweitert werden. Dies erfolgt derzeit zentral durch das Team UMA des Fachbereichs Jugend und Familie

Der Fachbereich Jugend und Familie bereitet sich darauf vor, dass Fluchtgemeinschaften mit Kinder und Jugendlichen, im Verlauf auseinanderbrechen könnten und betroffene Kinder dann einen sicheren Ort in einer Gastfamilie benötigen.

Ende März 2022 kam im Rahmen einer vom Deutschen Caritasverband koordinierten Hilfsaktion ein Bus mit insgesamt neun unbegleiteten minderjährigen Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen aus einem Waisenhaus in der Ukraine in Gescher an. Die Kinder und Jugendlichen sind in einer Einrichtung des Trägers Haus Hall untergebracht. Diese Kinder und Jugendlichen sind nicht nur auf eine besondere medizinische Versorgung angewiesen, sondern stellen auch die Mitarbeiter*innen von Haus Hall tagtäglich vor eine besondere, pädagogische Herausforderung.

 

Die Situation in der Kinder- und Jugendförderung

Durch die lang anhaltende Corona Pandemie war das Arbeiten in der verbandlichen sowie offenen Kinder- und Jugendarbeit sehr stark eingeschränkt. Dies hatte große Auswirkungen auf die Erreichbarkeit von jungen Menschen und deren soziale und gesellschaftliche Entwicklung.

Das Förderprogramm „Aufholen nach Corona“ vom Land NRW hat an dieser Stelle Möglichkeiten geschaffen, um diesen Auswirkungen entgegenwirken zu können.

Die Abteilung Kinder- und Jugendförderung hat einen Förderkatalog geschaffen um zusätzliche Angebote in der Jugendarbeit finanzieren zu können. Im Fokus steht die Förderung des sozialen Miteinanders von jungen Menschen. Neben den Möglichkeiten ergänzende freizeitpädagogische Angebote im Alltag der Kinder und Jugendlichen zu schaffen, werden auch Ferienmaßnahmen, Projekte und die Förderung des jungen Ehrenamtes unterstützt. Die Resonanz der Fachkräfte, sowie der Träger und ehrenamtlich Tätigen ist enorm. Für das Jahr 2022 sind bis jetzt bereits 220 Anträge für zusätzliche Angebote und Aktionen in der Jugendarbeit eingegangen. Das Antragsaufkommen lässt ebenfalls erkennen, dass auch die Planungen und Vorbereitungen für die Sommerferien 2022 in vollem Gange sind.

Der Fachbereich Jugend und Familie hat auch in Kooperation mit dem Fachbereich Bildung, Schule, Kultur und Sport verschiedene Angebotsformate für alle 28 Grundschulen im Kreisjugendamtsbezirk konzipiert, die kostenfrei und mit wenig Aufwand gebucht werden können. Auf der Internetseite des Bildungskreises Borken sind die Angebote von bislang 7 unterschiedlichen Referenten mit breitgestreuter Themenauswahl zu finden.

Neben kreativpädagogischen und zirkuspädagogischen Angeboten, gibt es Workshops für Schüler*innen u.a. zu den Themen Stress, Kommunikation, Gewaltprävention, Medienkompetenzen, Umwelt. Des Weiteren werden Vorträge für Eltern und Lehrkräfte zu Themen wie z.B. Kommunikation und Konfliktlösung angeboten.

In der Woche vor den Osterferien wurden die Schulleiter*innen über die Angebotsstrukturen bis zu den Sommerferien informiert. In der Woche nach den Osterferien sind bereits etwa ¼ der Angebote durch unterschiedliche Schulen gebucht und terminiert worden. Von Seiten der Lehrkräfte gibt es durchweg positive Resonanz zu den einzelnen Angeboten und der unkomplizierten Vorgehensweise.

Perspektivisch sollen weitere Angebote nach den Sommerferien vorgehalten werden. Hierzu werden neue Referenten gesucht und vorhandene Strukturen ausgeweitet.

 

Der Wegfall fast aller Regelungen und Einschränkungen durch die Coronaschutzverordnung macht sich ebenfalls in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen deutlich bemerkbar. Die pädagogischen Kräfte aus der Jugendarbeit melden zurück, dass es einen stetig wachsenden Zulauf bei den Besuchern*innen in den Jugendeinrichtungen gibt. Die Offenen Treffs werden auch wieder Begegnungsräume für Jugendliche in ihren Peergroups. Diese waren während der vergangenen Regelungen selten bis gar nicht mehr im Blickfeld der Jugendarbeit vertreten. Die Auswirkungen der Pandemie sind besonders bei den Jugendlichen weiterhin zu spüren.

Auch die Veränderungen und Auswirkungen durch den Ukrainekrieg beschäftigen die Kinder und Jugendlichen in ihrem Alltag. Viele Gespräche drehen sich im übertragenen Sinne um die Vermittlung und Erklärung von demokratischem und politischem Verständnis bei den jungen Menschen. Einen großen Einfluss auf die jungen Menschen haben hier die sozialen Medien durch falsche Informationen und eine selektierte Auswahl der Quellen.

Hier hat das Projekt „Deine Meinung zählt – U-18 Landtagswahl im Kreis Borken“ angesetzt. Die Abteilung Kinder- und Jugendförderung hat dieses Projekt initiiert und 8 freie Träger aus der Jugendarbeit haben das Projekt in ihren Kommunen gemeinsamen mit Kindern und Jugendlichen umgesetzt. In vielen verschiedenen Aktionen wurden Themen wie das Wahlsystem, die Bausteine der Demokratie oder auch die Politik vor Ort näher betrachtet.

Die direkten Berührungspunkte mit jungen geflüchteten Menschen aus der Ukraine sind im Kreis Borken unterschiedlich. Einige Jugendhäuser werden von jungen ukrainischen Kindern und Jugendlichen besucht und in anderen Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit wird das Angebot bislang noch nicht wahrgenommen.