Der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration nimmt
den SGB II-Sachstandsbericht zum 31.12.2022 zur Kenntnis.
Rechtsgrundlage:
SGB II, SGB III
Sachdarstellung:
1. Aktuelle Entwicklung im Kreis Borken
1.1
Arbeitslosigkeit
und Arbeitsmarkt
Im Kreis Borken waren im Dezember mehr
Menschen arbeitslos als noch im November dieses Jahres. Mit 8.495 Personen
waren es 64 Personen mehr als zuletzt. Der Blick auf die Arbeitslosenquote
zeigt keine Veränderung. Sie liegt weiterhin bei 3,9 Prozent. Die Arbeitslosigkeit
ist in beiden Rechtskreisen ähnlich angestiegen.
Allerdings waren vor einem Jahr noch
deutlich weniger Menschen arbeitslos gemeldet. 6.817 Arbeitslose verzeichnete
die Arbeitsagentur im Dezember letzten Jahres und damit 1.678 Menschen weniger
als im aktuellen Berichtsmonat. Die Arbeitslosenquote lag zu diesem Zeitpunkt
um 0,8 Prozentpunkte niedriger. Das liegt im Wesentlichen an den Menschen, die
vor dem Krieg in der Ukraine geflohen sind und nun hier versuchen, Fuß zu
fassen und sich damit auch arbeitslos melden.
Zudem ist die aktuelle Entwicklung auch
der insgesamt schwierigen Situation durch die Energiekrise und weiterhin
bestehenden Lieferengpässen geschuldet. Insgesamt ist der Arbeitsmarkt in der
Region jedoch stabil.
Die Nachfrage nach neuen Arbeitskräften
ist im Kreis Borken leicht gesunken. Die Personalverantwortlichen von
Unternehmen und Verwaltungen meldeten im Dezember 518 neue freie Stellen bei
der Agentur für Arbeit Coesfeld und damit 180 weniger als im Vormonat. Damit
sind es 208 weniger als noch vor einem Jahr. Der Bestand an insgesamt bei der
Arbeitsagentur gemeldeten Stellen sank gegenüber dem Vorjahresmonat um 280 und
liegt aktuell bei 4.730 offenen Stellen.
Die
Zahl der Arbeitslosen im SGB II –
als Teilgruppe der Arbeitslosen insgesamt – steigt im Dezember mit zusätzlichen
26 Personen auf insgesamt 5.798 langsamer an als in den Vormonaten. Die Dynamik
bei den geflüchteten Personen aus der Ukraine hat deutlich abgenommen. Der
Aufwuchs der Zahl der Arbeitslosen ist in diesem Monat dagegen auf die
Entwicklung bei den Personen aus Deutschland und den EU/EWR-Staaten
zurückzuführen.
Im
Vergleich mit dem Vorjahr setzt sich der Aufwärtstrend bei den
Arbeitslosenzahlen deutlich fort. Gegenüber Dezember 2021 ist die Zahl der
Arbeitslosen bis dato um 1.535 Personen gestiegen.
Die
SGB II-Arbeitslosenquote steigt ebenfalls um 0,1 Prozentpunkte auf einen Wert
von 2,7%.
1.2
Hilfebedarf
im Rechtskreis SGB II
Bedarfsgemeinschaften:
Anders als die Zahl der SGB II-Arbeitslosen ist der
SGB II-Hilfebedarf im November und Dezember leicht gesunken:
Insgesamt haben damit im Dezember 15.480
Leistungsberechtigte in 7.721 Bedarfsgemeinschaften Grundsicherung für
Arbeitsuchende erhalten:
¢ Insgesamt 10.644 der Leistungsberechtigten gelten als erwerbsfähig; der
Anteil der Männer beträgt 43%, der Anteil der Frauen 57 %.
¢ Mit Blick auf die Altersstruktur bildet die Altersgruppe „25-39 Jahre“
mit rd. 34% den größten Anteil. Der Anteil der Altersgruppe „unter 25 Jahren“
liegt bei rd. 18%.
1.3 Geflüchtete aus der Ukraine
Im Juni 2022
wurden erstmals 789 BG´s mit dem Fluchthintergrund „Geflüchtete aus der
Ukraine“ im SGB II gezählt. Zum Stand 31.12.2022 erhalten nunmehr 2.788
Geflüchtete aus der Ukraine in 1.324 Bedarfsgemeinschaften Leistungen nach dem
SGB II.
¢ Von den 2.788 Leistungsberechtigten aus der Ukraine gelten 68% als
erwerbsfähig; die übrigen sind überwiegend Kinder unter 15 Jahren.
¢ Von den Erwerbsfähigen wiederum sind 66% weiblich.
1.4 Situation in den örtlichen Jobcentern
Zum aktuellen Sachstand der
(Beratungs-)Situation in den örtlichen Jobcentern wird folgendes berichtet:
§ Ukraine-Krise:
Der bereits in 2022 festzustellende hohe Beratungsaufwand rund um die
Geflüchteten aus der Ukraine hält weiterhin an. Das Themenspektrum der Anfragen
ist wie bislang sehr breit gefächert – viele Themen sind im eigentlichen Sinne
nicht im SGB II verortet. Dies führt – in Verbindung mit den Sprachbarrieren –
zu großen Herausforderungen in den Beratungsgesprächen.
§ Energie-Krise:
Mit Umsetzung der verschiedenen Entlastungsprogramme von Bund und Ländern hat
sich das diesbezügliche Beratungsaufkommen zunächst deutlich reduziert.
Gleichwohl ist im Zuge der anstehenden Nebenkostenabrechnungen und deren
Bearbeitung mit erneutem Aufwand zu rechnen.
§ Bürgergeld: Die
Einführung des Bürgergeld-Gesetzes ist weitestgehend problemlos erfolgt. Zum
Jahreswechsel ging es in vorrangig um die Anpassung der Regelsätze. Die
Umstellung erfolgte automatisch und war mit keinem gesonderten
Antragserfordernis der Leistungsberechtigten verbunden. Es bleibt abzuwarten,
wie sich in den nächsten Monaten die Umsetzung der neuen Regelungen im
Leistungsbereich insbesondere bei Neukunden gestaltet. Die Änderungen im
aktiven Bereich treten überwiegend erst zum 01.07.2023 in Kraft. Weitere
Informationen zum Bürgergeld sind unter Pkt. 3 dargestellt.
2.
Eingliederungsaktivitäten
2.1
Maßnahmen
und Angebote
Der
aktuelle Sachstand lässt sich anhand folgender Eckpunkte beschreiben:
§ Insgesamt ist in
2022 erneut ein deutlicher Rückgang bei den TN-Zahlen feststellbar. Bis auf den
Bereich der Sprachförderung sind in allen anderen Bereichen im Vergleich zum
Vorjahr niedrigere Auslastungsquoten erkennbar.
§ Der
Besetzungsstand zum Jahresende 2022 lag - ohne den Bereich Sprachförderung - um
rd. 20% unter dem Jahresendstand 2021. Die TN-Anzahl 2022 insgesamt lag um rd.
11 % unter dem Jahreswert 2021 - ohne den Bereich Sprachförderung.
Allerdings ist zu
berücksichtigen, dass angesichts der knappen Budgetsituation 2023 bereits in
2022 einige Aktivitäten gekürzt wurden, so dass dies auch bereits die
Maßnahme-Belegung 2022 beeinflusst hat.
Die bisherige
Entwicklung der Maßnahme-Teilnahmen in 2022 stellt sich –insgesamt und mit
Blick auf die unterschiedlichen Förderbereiche - wie folgt dar:
¢ Zum Vergleich
„Stand 31.12.2021“: 1.256 TN, davon 502 TN mit Fluchthintergrund.
Angebote zur
Förderung der Beschäftigung wurden bislang wie folgt in Anspruch genommen:
2.2
Integrationen in den
Arbeitsmarkt
Zum Stichtag 31.12.2022 wurden bislang
nachfolgende Integrationen in den Arbeitsmarkt erfasst:[1]
Weitere
Differenzierung der Integrationsdaten:
2.3 Geflüchtete aus der Ukraine
Das Jobcenter im Kreis Borken unterstützt die geflüchteten Menschen aus
der Ukraine bei ihrer beruflichen und sozialen Integration. Hierbei werden die
individuellen Fluchterfahrungen und die damit einhergehenden besonderen
Belastungen und Handlungsbedarfe berücksichtigt.
Da die Beratungsgespräche aktuell fast ausschließlich nur mit
Sprachunterstützung stattfinden können, gestaltet sich der Aktivierungs- bzw.
Integrationsprozess noch schwierig:
§ Rd. 355 Personen haben in 2022 an einem
BAMF-Integrationskurs teilgenommen oder einen sonstigen Sprachkurs besucht,
z.B. über die Volkshochschulen.
§ Rd. 240 Personen haben an einem Online-Angebot zur
Bedarfsermittlung teilgenommen.
§ 75 Personen wurden in ein betriebliches Praktikum
vermittelt bzw. haben vereinzelt an Maßnahmen teilgenommen.
§ 250 Personen haben in 2022 eine sv-pflichtige
Beschäftigung aufgenommen, 120 Personen wurden geringfügig beschäftigt und 5
Personen sind nun selbständig tätig.
3. Entwicklungen im SGB II auf Bundesebene
3.1
Einführung eines
Bürgergeld-Gesetzes
Zum 01.01.2023 ist das Bürgergeld in Kraft getreten. Hier die wichtigsten Regelungen im Überblick:
Höhere Regelsätze und Neuregelungen der
Leistungsminderungen:
-
Die
Regelsätze sind zum 1. Januar 2023 angemessen und deutlich gestiegen - je nach
Regelbedarfsstufe auf bis zu 502 Euro.
-
Die
Vorgaben für Leistungsminderungen (sogenannte Sanktionen) werden auf Basis des
Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 5. November 2019 neu geregelt.
Neues Miteinander, neue Chancen auf Arbeit:
-
Grundlage der Zusammenarbeit sollen Kooperation und
Vertrauen sein. Gemeinsam vereinbaren Arbeitsuchende und Jobcenter einen
Kooperationsplan für den individuellen Weg in Arbeit. Dieser ist verständlich
und enthält keine Rechtsfolgenbelehrung. Die erste Einladung zur Erarbeitung
des Kooperationsplans erfolgt unverbindlich.
-
Leistungsminderungen bei Pflichtverletzungen und
Meldeversäumnissen sind seit dem 1. Januar 2023 von Beginn des Leistungsbezugs
an möglich.
-
Weiterbildung und der Erwerb eines Berufsabschlusses
stehen beim Bürgergeld im Vordergrund. Der sogenannte Vermittlungsvorrang (also
die bevorzugte Vermittlung in Erwerbstätigkeit) wird daher abgeschafft.
-
Für Weiterbildungen werden ein zusätzlicher
finanzieller Ausgleich und neue Angebote geschaffen. Wer etwa einen
Berufsabschluss nachholt, kann künftig statt bisher zwei dann für bis zu drei
Jahre gefördert werden.
-
Der Soziale Arbeitsmarkt (§ 16i SGB II)
wird fortgeführt: Jobcenter können weiterhin sozialversicherungspflichtige
Arbeitsverhältnisse fördern, um Menschen nach besonders langer Arbeitslosigkeit
zu aktivieren.
-
Menschen, denen es besonders schwerfällt, eine
Arbeit zu finden oder aufzunehmen, können durch professionelles Coaching
unterstützt werden.
Mehr Sicherheit, mehr Respekt für Lebensleistung:
-
Vermögen und Angemessenheit der Wohnung werden erst
nach 12 Monaten Bürgergeldbezug überprüft. Die Heizkosten werden aber nur im
angemessenen Umfang gewährt, um auf einen sparsamen Umgang mit Energie
hinzuwirken.
-
Nach Ablauf der 12 Monate (Karenzzeit) ist ein
höheres Schonvermögen (als Vermögen, das trotz Leistungsbezug unangetastet
bleibt) als bisher vorgesehen. Rücklagen für die Altersvorsorge werden
ebenfalls besser geschützt.
-
Verbesserung der Freibeträge für alle
Erwerbstätigen, Auszubildende, Studierende und Schüler/innen.
Entscheidungsalternative(n):
Nein
[1] Diese Zahlen können sich im Verlauf der nächsten Monate noch ändern, da insbesondere Integrationsdaten z.T. mit zeitlichem Versatz eingepflegt werden.
Finanzielle Auswirkungen:
Nein
Klimafolgenabschätzung:
Klimafolgen, die sich aus dem Beschluss ergeben, sind nicht zu erwarten / sind nicht ersichtlich.