Rechtsgrundlage:
Sachdarstellung:
Sehr geehrter Herr Landrat Dr. Zwicker,
in den Medien wurde jüngst ausführlich über die gravierend
weitreichenden Belastungen von Menschen und Natur durch PFAS berichtet. Auf
einer interaktiven Karte (https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/pfas-chemikalien-deutschland-101.html) wurden dabei PFAS-Funde auch im Kreis Borken
verzeichnet, insbesondere in Vreden und Gescher wurden hohe Konzentrationen
gemessen. Aber auch in Borken, Rhede, Bocholt und Isselburg wurden PFAS in
Gewässern nachgewiesen.
PFAS kommen nicht natürlich vor, sondern sind anthropogenen Ursprungs.
PFAS sind Industriechemikalien, die aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften –
wasser-, fett- und schmutzabweisend, UV-beständig sowie chemisch und thermisch
stabil – in zahlreichen industriellen Prozessen und Verbraucherprodukten wie
Kochgeschirr, Textilien und Papier eingesetzt werden. Aufgrund ihrer
Eigenschaften enthalten auch Löschschäume mitunter PFAS. In der Umwelt sind
PFAS als persistent (biotisch und abiotisch schwer bzw. nicht abbaubar), gut
wasserlöslich, mobil, bioakkumulierbar (d.h. Anreicherung in Pflanzen und
Organismen) sowie öko- und humantoxikologisch sehr wirksam einzustufen. PFAS
sind ubiquitär verbreitet.
Eine Exposition gegenüber PFAS kann unerwünschte gesundheitliche
Wirkungen verursachen. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit
(EFSA) hat im September 2020 die gesundheitlichen Risiken durch PFAS in
Lebensmitteln neu bewertet und eine tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge
[Tolerable Weekly Intake (TWI)] von 4,4 Nanogramm (ng) pro Kilogramm (kg)
Körpergewicht für die Summe von vier PFAS- Verbindungen ermittelt. Erhöhte
Konzentrationen von PFAS im menschlichen Blut können Wirkungen von Impfungen
vermindern, die Neigung zu Infekten erhöhen, zu erhöhten Cholesterinwerten
führen und bei Nachkommen ein verringertes Geburtsgewicht zur Folge haben. In
der Muttermilch und im menschlichen Blut der Allgemeinbevölkerung sind
langkettige PFAS nachweisbar. Die verminderte Immunantwort auf Impfungen stellt
die bedeutsamste Wirkung auf die Gesundheit des Menschen dar, die bei der
Bestimmung der tolerierbaren wöchentlichen Aufnahmemenge zu berücksichtigen
ist. Menschen können PFAS auf verschiedene Weise aufnehmen, unter anderem durch
Lebensmittel, wo diese Stoffe am häufigsten in Trinkwasser, Fisch, Obst, Eiern
und Eiprodukten nachweisbar sind. Im menschlichen Körper können besonders die
langkettigen PFAS an Proteinen in Blut, Leber und Niere binden. Im Vergleich zu
anderen Chemikalien werden langkettige PFAS sehr langsam ausgeschieden und
können sich deshalb im Körper anreichern. Besonders kritisch ist auch die
Weitergabe langkettiger PFAS von der Mutter zum Kind während der
Schwangerschaft und Stillzeit. Den Wissenschaftlern der EFSA zufolge weisen
Kleinkinder und andere Kinder die höchste Exposition auf. Die PFAS- Spiegel bei
Säuglingen sind hauptursächlich auf die Exposition während der Schwangerschaft
und Stillzeit zurückzuführen. Insbesondere kurzkettige PFAS können von Pflanzen
aufgenommen werden und gelangen so in die Nahrungskette. Vor diesem Hintergrund
bittet die Fraktion Bündnis 90 /Die Grünen um die Beantwortung der folgenden
Fragen in der nächsten Sitzung des Ausschusses für Natur, Umwelt,
Landwirtschaft und Klimaschutz:
1. Sind die genannten PFAS-Nachweise dem Kreis bekannt und wie wurde
ggf. auf sie reagiert?
2. Wie verhalten sich PFAS in Gewässern? Ist es möglich, mit PFAS
kontaminierte Böden und Gewässer zu sanieren? Wie lange brauchen PFAS, um
abgebaut zu werden/sich zu zersetzen?
3. Besteht oder bestand durch PFAS eine Gefahr für das Grundwasser?
4. In welchem Umfang erfolgt eine Testung von stehenden oder fließenden
Gewässern im Kreis auf PFAS?
5. Wie stellt sich die Überwachung des Trinkwassers diesbezüglich dar?
Mit freundlichen Grüßen
Heinrich Rülfing
Daniel Leuders
Herbert Moritz
Jens Steiner