Betreff
Anfrage zur PFAS-Belastung im Kreis Borken
Vorlage
0151/2023/KREIS
Art
Anfrage Bündnis90/DIE GRÜNEN

Rechtsgrundlage:

 

Sachdarstellung:

Sehr geehrter Herr Landrat Dr. Zwicker,

in den Medien wurde jüngst ausführlich über die gravierend weitreichenden Belastungen von Menschen und Natur durch PFAS berichtet. Auf einer interaktiven Karte (https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/pfas-chemikalien-deutschland-101.html)  wurden dabei PFAS-Funde auch im Kreis Borken verzeichnet, insbesondere in Vreden und Gescher wurden hohe Konzentrationen gemessen. Aber auch in Borken, Rhede, Bocholt und Isselburg wurden PFAS in Gewässern nachgewiesen.

PFAS kommen nicht natürlich vor, sondern sind anthropogenen Ursprungs. PFAS sind Industriechemikalien, die aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften – wasser-, fett- und schmutzabweisend, UV-beständig sowie chemisch und thermisch stabil – in zahlreichen industriellen Prozessen und Verbraucherprodukten wie Kochgeschirr, Textilien und Papier eingesetzt werden. Aufgrund ihrer Eigenschaften enthalten auch Löschschäume mitunter PFAS. In der Umwelt sind PFAS als persistent (biotisch und abiotisch schwer bzw. nicht abbaubar), gut wasserlöslich, mobil, bioakkumulierbar (d.h. Anreicherung in Pflanzen und Organismen) sowie öko- und humantoxikologisch sehr wirksam einzustufen. PFAS sind ubiquitär verbreitet.

Eine Exposition gegenüber PFAS kann unerwünschte gesundheitliche Wirkungen verursachen. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat im September 2020 die gesundheitlichen Risiken durch PFAS in Lebensmitteln neu bewertet und eine tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge [Tolerable Weekly Intake (TWI)] von 4,4 Nanogramm (ng) pro Kilogramm (kg) Körpergewicht für die Summe von vier PFAS- Verbindungen ermittelt. Erhöhte Konzentrationen von PFAS im menschlichen Blut können Wirkungen von Impfungen vermindern, die Neigung zu Infekten erhöhen, zu erhöhten Cholesterinwerten führen und bei Nachkommen ein verringertes Geburtsgewicht zur Folge haben. In der Muttermilch und im menschlichen Blut der Allgemeinbevölkerung sind langkettige PFAS nachweisbar. Die verminderte Immunantwort auf Impfungen stellt die bedeutsamste Wirkung auf die Gesundheit des Menschen dar, die bei der Bestimmung der tolerierbaren wöchentlichen Aufnahmemenge zu berücksichtigen ist. Menschen können PFAS auf verschiedene Weise aufnehmen, unter anderem durch Lebensmittel, wo diese Stoffe am häufigsten in Trinkwasser, Fisch, Obst, Eiern und Eiprodukten nachweisbar sind. Im menschlichen Körper können besonders die langkettigen PFAS an Proteinen in Blut, Leber und Niere binden. Im Vergleich zu anderen Chemikalien werden langkettige PFAS sehr langsam ausgeschieden und können sich deshalb im Körper anreichern. Besonders kritisch ist auch die Weitergabe langkettiger PFAS von der Mutter zum Kind während der Schwangerschaft und Stillzeit. Den Wissenschaftlern der EFSA zufolge weisen Kleinkinder und andere Kinder die höchste Exposition auf. Die PFAS- Spiegel bei Säuglingen sind hauptursächlich auf die Exposition während der Schwangerschaft und Stillzeit zurückzuführen. Insbesondere kurzkettige PFAS können von Pflanzen aufgenommen werden und gelangen so in die Nahrungskette. Vor diesem Hintergrund bittet die Fraktion Bündnis 90 /Die Grünen um die Beantwortung der folgenden Fragen in der nächsten Sitzung des Ausschusses für Natur, Umwelt, Landwirtschaft und Klimaschutz:

 

1. Sind die genannten PFAS-Nachweise dem Kreis bekannt und wie wurde ggf. auf sie reagiert?

 

2. Wie verhalten sich PFAS in Gewässern? Ist es möglich, mit PFAS kontaminierte Böden und Gewässer zu sanieren? Wie lange brauchen PFAS, um abgebaut zu werden/sich zu zersetzen?

 

3. Besteht oder bestand durch PFAS eine Gefahr für das Grundwasser?

 

4. In welchem Umfang erfolgt eine Testung von stehenden oder fließenden Gewässern im Kreis auf PFAS?

 

5. Wie stellt sich die Überwachung des Trinkwassers diesbezüglich dar?

 

Mit freundlichen Grüßen

Heinrich Rülfing

Daniel Leuders

Herbert Moritz

Jens Steiner