Die Ausführungen zum Sachstand zur Umsetzung
der Beschlussfassung zu dem Haushaltsantrag 06-02: Kräuterreiches Grünland
werden zur Kenntnis genommen.
Sachdarstellung:
Der Ausschuss für Natur, Umwelt, Landwirtschaft
und Klimaschutz hat in seiner Sitzung am 02.03.2023 zu dem Haushaltsantrag
06-02 zum Haushalt 2023 folgenden Beschluss gefasst:
Im
Rahmen der für 2023 erstmals geplanten und auch vom Kreis Borken
mitfinanzierten Begleitung der Biologischen Station Zwillbrock bei der
Biodiversitätsberatung der Landwirtschaftskammer und anderen Akteuren wird die
Kreisverwaltung zunächst beauftragt, die Biologische Station Zwillbrock und die
Landwirtschaftskammer in die Konzeption zur Umsetzung von
Förderungsmöglichkeiten für Saatgutmischungen einzubinden. Bei Bedarf werden
überplanmäßige Mittel (maximal 30.000 €) im Haushalt bereitgestellt.
In der Sitzung am 25.05.2023 (Sitzungsvorlage
0156/2023) wurde berichtet, dass sich am 09.05.2023 Landwirtschaftskammer,
Biologische Station Zwillbrock und Kreisverwaltung erstmalig umfassend zu dem
Beschluss und der Möglichkeit der Umsetzung fachlich ausgetauscht haben,
insbesondere zu rechtlichen, naturschutzfachlichen Aspekten und Aspekten der
Förderkulisse der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP).
In einem Folgetermin am 15.06.2023 sollten die
erörterten Ansätze näher konkretisiert werden. Ziel war es, ein gemeinsames
Konzept zu erarbeiten, das dem Ausschuss für Natur, Umwelt, Landwirtschaft und
Klimaschutz in seiner Sitzung spätestens am 16.11.2023 vorgestellt werden
sollte.
Aufgrund der umfangreichen fachlichen und
rechtlichen Rahmenbedingungen trafen sich die Vertreter der
Landwirtschaftskammer, der Biologischen Station Zwillbrock und der
Kreisverwaltung erneut am 14.9. und 31.10.2023 um adäquate
Umsetzungsmöglichkeiten auch vor dem Hintergrund der novellierten, neuen
GAP-Förderung zu prüfen. In der Sitzung am 16.11.2023 (Sitzungsvorlage
0314/2023) wurde berichtet, dass vielfältige Rahmenbedingungen zu beachten sind
und sich ein Zielkonflikt zwischen der gewollten Unterstützung von
Biodiversität und EU-Richtlinien ergibt, der sich auf lokaler Ebene nicht
auflösen lässt.
Änderung der
rechtlichen Rahmenbedingungen:
Am 20.11.2023 ist ein Erlass zu § 3 Gesetz zur
Durchführung der im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik geltenden
Konditionalität (GAPKondG) in Kraft getreten, der weitere Ausnahmen zulässt.
Darin wurde u.a. unter Punkt 3 eine Regelung ergänzt, die es ermöglicht bei
umweltsensiblem Dauergrünland Bodenbearbeitungsverfahren wie Pflügen
zuzulassen, sofern der Pflugeinsatz zur Durchführung von Maßnahmen zur
Erhaltung, Entwicklung und Wiederherstellung verschiedener Lebensraumtypen im
Sinne einer naturschutzfachlichen Aufwertung unerlässlich ist.
Nach Bekanntwerden des Erlasses trafen sich die
Vertreter der Landwirtschaftskammer, der Biologischen Station Zwillbrock und
der Kreisverwaltung erneut am 14.02. und 30.04.2024, um vor dem Hintergrund
dieser geänderten gesetzlichen Grundlagen erneut die Umsetzungsmöglichkeiten
zum o.g. Haushaltsantrag zu prüfen. Die Beratung führte zu folgenden
Erkenntnissen:
- Kräuterreiches
Grünland
Im Kreisgebiet liegen
bei der Biologischen Station Zwillbrock, der Stiftung Natur und Landschaft
Westmünsterland, der Stiftung Kulturlandschaft Kreis Borken und der
Kreisverwaltung Erfahrungswerte bei der Anlage von kräuterreichem Grünland auf
naturschutzfachlich bewirtschafteten Dauergrünlandflächen (rd. 2000 ha) sowie
Ökokonto-/Ausgleichs-und Ersatzgeldflächen vor. Die Anlage solcher Flächen
erfolgt über die Einbringung von regionalen Saatgutmischungen oder durch
Mahdgutübertragung. Artenreiche Grünlandflächen steigern die Artenvielfalt
(Insekten, Vögel etc.) und tragen zur Förderung der Biodiversität,
Bodenfruchtbarkeit und Funktionsfähigkeit des Bodens bei.
- Fachliche
Voraussetzungen
Bei der Anlage und
Bewirtschaftung artenreicher Grünlandflächen sind folgende Rahmenbedingungen
einzuhalten um einen nachhaltigen Erfolg der gewünschten Ziele zu erreichen:
·
Vor Einbringung des Saatgutes ist eine
Bodenbearbeitung erforderlich, da bei konventionellem Grünland die Grasnarbe in
der Regel so dicht ist, dass eine oberflächennahe Einsaat nicht zum Aufwuchs
kräuterreicher Arten führt. Zudem dominieren vorhandene Ertragsgräser und
Verdrängen den Aufwuchs artenreicher Kräuter.
·
Zur Bodenbearbeitung soll, möglichst nach
vorheriger Ausmagerung, ein Pflegeumbruch (zumindest Grubbern) erfolgen um
anschließend eine flächige Aussaat durchzuführen. Alternative Verfahren wie
Schlitz- oder Streifeneinsaat führten in der Praxis bislang nicht zu einer
nachhaltigen Etablierung von kräuterreichen Arten, da die vorhandene
Ertragsvegetation weiterhin oft dominant ist.
·
Entscheidend für die Nachhaltigkeit artenreicher
Grünländer ist eine anschließende extensive Bewirtschaftung der Fläche durch
geringere Mahdzyklen oder extensive Weidetierhaltung.
·
Auf den artenreichen Grünländern sollen möglichst
keine Pflanzenschutz-und Düngemittel eingesetzt werden. Im Bedarfsfall können
Erhaltungsdüngungen zielführend eingesetzt werden.
- Betriebswirtschaftliche
/ Förderrechtliche Aspekte (GAP/VNS)
Um durch ein
Förderangebot Anreize zur Anlage artenreicher Grünlandflächen zu schaffen wurden
ferner die betriebswirtschaftlichen und förderrechtlichen Rahmenbedingungen
(GAP / VNS) betrachtet.
1. Die Kosten für
regionales Saatgut liegen aktuell bei rd. 50-60 €/kg. Nach Angaben von
Herstellern von Regio-Saatgut werden ca. 30-35 kg Saatgut (3-3,5 g/m²) für
einen ha benötigt. Die Kosten für den Erwerb von Saatgut für die Einsaat von
artenreichem Grünland kostet demnach ca. 1.500 – 2.100 €/ha.
2. Betriebswirtschaftlich
sind nach Berechnungen der Landwirtschaftskammer noch die Kosten für den Pflegeumbruch
und die Wiedereinsaat (Arbeitslohn, Maschineneinsatz) hinzuzurechnen. Diese
liegen bei insgesamt 358,00 € / ha zzgl. MwSt.
3. Erfahrungsgemäß
ist auf artenreichen Grünlandflächen eine Ertragsminderung gegenüber
konventionell bewirtschaften Grünlandflächen zu erwarten, sodass bei der
überwiegenden Betriebsstruktur der landwirtschaftlichen Betriebe im Kreis
Borken Folgekosten bei der Futtermittelbeschaffung und der Dungverwertung über
andere Wege entstehen.
4. Für den Umbruch
von Grünlandflächen ist eine Antragsstellung bei der LWK erforderlich. Hierzu
muss ein Pflegeumbruchantrag gestellt und zusätzlich eine Ausnahme für den
Pflegeumbruch im umweltsensiblen Dauergrünland beantragt werden. In beiden
Verfahren wird die Kreisverwaltung (Untere Naturschutzbehörde) beteiligt.
5. Durch eine
separate Saatgutförderung darf es nicht zu einem Konflikt mit der Förderkulisse
der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) kommen (Doppelförderung).
6. Fördermöglichkeiten
für Regio-Saatgut gibt es zurzeit bedingt über den Vertragsnaturschutz, FöNa
jedoch nur, wenn Ackerflächen zu Grünland umgewandelt werden nicht aber für die
Aufwertung bereits bestehender Grünlandflächen.
7. Im Rahmen der
GAP-Direktzahlungen 2023 (1.Säule) besteht die Möglichkeit über die Öko-Regelung
5 (4 regionaltypische Kennarten in extensiv bewirtschaftetem Dauergrünland)
eine Prämie in Höhe von 240,00 €/ha zu erhalten.
Unter Berücksichtigung der genannten Aspekte
kam die Arbeitsgruppe aus Vertretern der Landwirtschaftskammer, der Biologischen
Station Zwillbrock und der Kreisverwaltung zum Ergebnis, das eine
Zuschussförderung in Höhe von 200 €/ha für das Saatgut den landwirtschaftlichen
Betrieben wohl keine Anreize bietet, konventionell bewirtschaftete
Grünlandflächen in arten- und kräuterreiche Grünlandflächen umzuwandeln. Die
Förderhöhe sollte die Höhe der tatsächlichen Saatgutkosten (1500-2100 €/ha)
zuzüglich der Kosten für die Anlage der Flächen sowie eine jährliche
Ertragsminderung berücksichtigen, um damit überhaupt Anreize schaffen zu können.
Alternativenprüfung:
Im weiteren Verlauf der Konzeptionierung wurde
daher untersucht, ob und welche Alternativlösungen zielführend sein könnten.
Grundsätzlich kämen vorhandene,
naturschutzfachlich bewirtschaftete Grünlandflächen in Frage (Private
/Öffentliche Flächen), bei denen über vertragliche Regelungen (Pachtverträge /
Vertragsnaturschutz) bereits eine extensive Bewirtschaftung (Mahdzeitpunkte/
Viehbesatz / Düngungsverbot etc.) stattfindet.
Viele der öffentlichen Flächen waren zum
Zeitpunkt des Ankaufs in konventioneller Bewirtschaftung. Nur die Umstellung
auf naturschutzkonforme Nutzung hat nicht automatisch zu einer Artenerhöhung
geführt, da in die vorhandene Grünlandnarbe kaum neue Arten einwandern konnten.
Insofern wird hier ein möglicher Optimierungsansatz gesehen.
Gleichwohl wären aber auch hier vorab
Pflegeumbrüche vor Neueinsaat von Regio-Saatgut durchzuführen, was jedoch bei
bestehenden Vertragsnaturschutzflächen nicht möglich ist.
Bei der Neuanlage von extensiven
Grünlandflächen ist zu beachten, dass eine zusätzliche finanzielle Förderung
über den Vertragsnaturschutz nur innerhalb der Förderkulisse der NATURA 2000
Gebiete (FFH/VSG) und in Naturschutzgebieten erfolgen kann. Dies schränkt somit
die Flächenkulisse für artenreiches Grünland und den Kreis möglicher
Antragsteller erheblich ein.
Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die
Höhe der Förderpakete des Vertragsnaturschutzes (Säule 2 GAP) im landesweiten
Mittel berechnet werden.
Da das Pachtpreisniveau im Kreis Borken
deutlich über dem Landesschnitt liegt, sind die Mittel des
Vertragsnaturschutzes somit im Vergleich für die Bewirtschafter oft
betriebswirtschaftlich uninteressant.
Darüber hinaus sind weitere wesentliche Aspekte
aus der neuen Förderkulisse der gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) zu
beachten.
Eine Umwandlung von Dauergrünland liegt bereits
immer dann vor, wenn Dauergrünland umgepflügt wird. Hierunter fällt auch das
Pflügen im Rahmen des Pflegeumbruches.
Hier ist unter Umpflügen nach Auslegung der
EU-Kommission eine mechanische Bodenbearbeitung zu verstehen, die die
Grünlanddecke zerstört oder verändert, darunter ist das Pflügen, Grubbern oder
Fräsen einer Fläche zu verstehen.
Dabei muss nicht unbedingt der Pflug zur
Anwendung kommen. Auch andere Bodenbearbeitungsgeräte (z. B. Grubber,
Kreiselegge) können eine tiefgründige Bodenbearbeitung mit Zerstörung der
Grünlandnarbe bewirken.
Zusammenfassend lässt sich aus Sicht der Arbeitsgruppe folgendes
feststellen:
- Zur Anlage
kräuterreicher Grünländer sind vielfältige Rahmenbedingungen zu beachten.
- Die
finanziellen Anreize sind für den überwiegenden Teil der
landwirtschaftlichen Grünlandflächen zu gering, da die tatsächlich
entstehenden Kosten nicht von der beabsichtigten Förderhöhe gedeckt
werden.
- Es verbleiben
einige, wenige Grünlandflächen, die bereits einen höheren
„Biodiversitätsstandard“ aufweisen, die durch eine Förderung aufgewertet
werden können.