Der Kreistag nimmt die vorgelegte Gebührenbedarfsberechnung zustimmend zur Kenntnis und beschließt die in der Anlage beigefügte Satzung des Kreises Borken über die Erhebung von Gebühren für Amtshandlungen auf dem Gebiet der Fleisch- und Fischhygiene.
Rechtsgrundlagen:
- Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (Abl. Nr. L 165 vom 30.04.2004) in der zur Zeit geltenden Fassung
- § 2 Abs. 3 und § 3 des Gebührengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.08.1999 (GV NRW S. 527/SGV NRW 2011) in der zur Zeit geltenden Fassung
- § 1 der Verordnung über die Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Frischfleischhygiene vom 10. Januar 2006 (GV NRW 2006 S. 42) in der zur Zeit geltenden Fassung
- §§ 5, 26 Abs. 1 Buchstabe f der Kreisordnung für das Land Nordrhein‑Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 14.07.1994 (GV NW S. 646) in der zur Zeit geltenden Fassung
Sachdarstellung:
Die Europäische Union (EU) hat im Rahmen des neuen Lebensmittelhygienepaketes u.a. die VO EG Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (EG-VO) beschlossen.
Die bisher noch geltende Gebührensatzung des Kreises auf dem Gebiet der Fleischhygiene aus dem Jahr 2003 basiert auf gesetzlichen Regelungen, die zum 31.12.2006 außer Kraft treten.
Nach Art. 27 Abs. 2 dieser EG-VO sind zur Deckung der Kosten amtlicher Kontrollen Gebühren zu erheben. Die Kreise und kreisfreie Städte sind auf Grund landesrechtlicher Regelungen zuständig für die Gebührenfestlegung. Die EU hat in den Anlagen zur o.g. Verordnung für bestimmte Amtshandlungen Mindestgebühren bzw. -kostenbeiträge festgelegt.
Nach Anhang IV, Abschnitt B, Kapitel I der EG-VO sind folgende Mindestgebührensätze- bzw. -kostenbeiträge im Zusammenhang mit der Fleischuntersuchung festgelegt worden:
a)
Rindfleisch
-
ausgewachsene
Rinder: 5,00
€/Tier
-
Jungrinder: 2,00
€/Tier
b)
Einhufer-/Equidenfleisch: 3,00
€/Tier
c)
Schweinefleisch:
Tiere mit einem Schlachtgewicht von
-
weniger
als 25 kg: 0,50
€/Tier
-
mindestens
25 kg: 1,00
€/Tier
d)
Schaf-
und Ziegenfleisch:
Tiere mit einem Schlachtgewicht von
-
weniger
als 12 kg: 0,15
€/Tier
-
mindestens
12 kg: 0,25
€/Tier
e)
Geflügelfleisch
-
Haushuhn
und Perlhuhn: 0,005
€/Tier
-
Enten
und Gänse: 0,01
€/Tier
-
Truthühner: 0,025
€/Tier
-
Zuchtkaninchen: 0,005
€/Tier
Nach Anhang IV, Abschnitt B, Kapitel V der EG-VO sind folgende Mindestgebührensätze- bzw. –kostenbeiträge im Zusammenhang mit der Erzeugung und Vermarktung von Fischereierzeugnissen und Erzeugnissen der Aquakultur festgelegt worden:
a) Verarbeitung von Fischereierzeugnissen und Erzeugnissen der Aquakultur: 0,5 €/Tonne.
Von diesen Mindestbeträgen können die EU-Mitgliedstaaten zur Deckung der Kosten, die durch amtliche Kontrollen entstehen, nach oben abweichen. Bei der Berechnung der Gebühren sind die folgenden im Anhang VI der EG-VO aufgeführten Kosten zugrunde zu legen:
- Löhne und Gehälter des für die amtlichen Kontrollen eingesetzten Personals,
- Kosten für das für die amtlichen Kontrollen eingesetzte Personal, einschließlich der Kosten für Anlagen, Hilfsmittel, Ausrüstung und Schulung sowie der Reise- und Nebenkosten,
- Kosten für Probenahme und Laboruntersuchung.
Das Land Nordrhein-Westfalen hat diese EG-Vorgaben übernommen, indem es die EU-Mindestbeträge als Mindestgebührensätze in die Allgemeine Verwaltungsgebührenordnung (AVerwGebO) aufgenommen hat (gültig ab 01.01.2007). Durch das Gebührengesetz NRW (GebG) sind die Kreise und kreisfreien Städte ermächtigt, durch eine Satzung von den in der AVerwGebO genannten Gebühren abweichende Gebührensätze festzulegen (vgl. § 2 Abs. 3 Satz 1 GebG)
Ausgehend von der Prämisse, dass die Kosten der durchzuführenden Kontrollen durch Einnahmen zu decken sind, bedarf es in den Fällen, in denen durch die Mindestgebühren der AVerwGebO die Kosten nicht gedeckt werden, einer Gebührenbedarfsberechnung.
Nach Art. 27 Abs. 5 EG-VO sind bei der Festsetzung der Gebühren die Art des betroffenen Unternehmens und die entsprechenden Risikofaktoren, die Interessen der Unternehmen mit geringem Durchsatz, die traditionellen Methoden der Produktion, der Verarbeitung und des Vertriebs und ggf. die Erfordernisse von Unternehmen in Regionen in schwieriger geografischer Lage zu berücksichtigen. Berücksichtigt wurden diese Kriterien in der beigefügten Kalkulation in der Form einer Gebührendifferenzierung u.a. hinsichtlich der Betriebsgrößen und der Besonderheiten beim Personaleinsatz.
Eine Unterschreitung der Mindestgebühren ist nur ausnahmsweise im Einzelfall für konkret benannte Betriebe möglich (vgl. Art. 27 Abs. 6 EG-VO). In diesen Fällen ist dann jeweils ein Bericht des EU-Mitgliedsstaates an die EG-Kommission erforderlich, in dem die in den Betrieben durchgeführten Kontrollen und die Methode der Berechnung der vorgeschlagenen Gebührenreduzierung vorzulegen ist. Hintergrund dieser EU-Vorgabe ist es, innerhalb der EG keine Wettbewerbsverzerrungen und keine öffentlichen Subventionen zuzulassen.
In der beigefügten Gebührenbedarfsberechnung sind für die genannten Amtshandlungen von den Mindestgebühren nach oben abweichende Gebühren zur Deckung der Kosten unter Berücksichtigung der o.a. Kriterien kalkuliert worden. Nach § 3 GebG sind bei der Bemessung der Gebührensätze (d.h. bei der Festlegung der Gebührenhöhe) der Verwaltungsaufwand einerseits und die Bedeutung, der wirtschaftliche Wert oder sonstige Nutzen für den Gebührenschuldner andererseits zu berücksichtigen.
Für alle nicht in der Gebührensatzung aufgeführten Gebührentatbestände gelten die Gebührensätze der AVerwGebO.
Nach den neuen EG-Vorschriften - hier der EG-VO Nr. 854/2004 Anhang I, Abschnitt IV, Kapitel IV, Buchst. B Nr. 2 - besteht bei Mastschweinen die Möglichkeit, auf eine Lebenduntersuchung der Schlachttiere zu verzichten und ausschließlich eine visuelle Fleischuntersuchung durchzuführen. Der Personalaufwand und damit die Kosten und die Gebühren dürften geringer sein als die Gebühren für die herkömmliche Schlachttier- und Fleischuntersuchung bei Schweinen. Diese Möglichkeit der Durchführung verringerter Kontrollen besteht aber nur dann, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen (kontrollierte Haltung in integrierten Produktionssystemen, Vorabübermittlung epidemiologischer und sonstiger Daten des Herkunftsbetriebes). Die Voraussetzungen für die Durchführung der visuellen Fleischuntersuchung werden derzeit noch in keinem Schlachtbetrieb in Nordrhein-Westfalen erfüllt. Aus diesem Grund ist in der jetzt vorgelegten Gebührensatzung auf die Festsetzung einer speziellen Gebühr für die visuelle Fleischuntersuchung von Schlachtschweinen zunächst verzichtet worden.
Da die EG-Verordnung die Gebührenerhebung ab 01.01.2007 völlig neu gestaltet, wurde beim Landkreistag NRW eine Arbeitsgruppe gebildet, der auch Vertreter des Kreises Borken angehörten. Die Arbeitsgruppe hat sich mit zahlreichen Fragen gebühren- und gemeinschaftsrechtlicher Art beschäftigt, Gespräche mit Vertretern des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW geführt und eine Mustersatzung erarbeitet. Die zu beschließende Gebührensatzung orientiert sich an der Mustersatzung.
Hinweise
zur Gebührenkalkulation:
Die Gesamtkosten für die Kontrollen/Amtshandlungen auf dem Gebiet der Fleisch- und Fischhygiene im Kreis Borken werden im Jahr 2007 voraussichtlich etwa 2,7 Mio. € betragen. Hiervon entfallen
- 2,0 Mio € Personalkosten für das unmittelbar in der Schlachttier- und Fleischuntersuchung eingesetzte Personal.
Enthalten sind in dieser Summe einerseits die an das nebenamtliche Personal zu zahlenden Vergütungen (29 Tierärzte und 43 amtliche Fachassistenten). Maßgebend sind hier der Tarifvertrag außerhalb öffentlicher Schlachthöfe, der grundsätzlich eine Stückvergütung vorsieht, und der Tarifvertrag in öffentlichen Schlachthöfen, der eine Stundenvergütung vorsieht. Die Kosten des Untersuchungspersonals können den Betriebsarten (gewerbliche Schlachtbetriebe bzw. öffentliche Schlachtbetriebe) direkt zugeordnet werden. Sie werden unmittelbar durch die Zahl der Schlachtungen beeinflusst, können also steigen und sinken und verändern in dem Umfang somit auch die Höhe der zu zahlenden Gebühren. Außerdem sind in dieser Summe die Vergütungen der 8 in den Untersuchungsstellen Bocholt, Legden und Schöppingen tätigen hauptamtliche Tierärzte enthalten.
- 0,3 Mio. € entfallen auf die „indirekten“ Personalkosten für die Tierärztinnen/Tierärzte und Verwaltungskräfte im Fachbereich Tiere und Lebensmittel, die im Zusammenhang mit den Untersuchungen bei der Schlachtung und Zerlegung tätig sind, einschließlich der anteiligen Kosten der Verwaltungsleitung. Diese Personalkosten wurden entsprechend dem voraussichtlichen Schlachtaufkommen pro Tier verteilt.
- 0,4 Mio. € sind für Sachkosten, wie z.B. für Untersuchungsgeräte/-materialien, Telefon, Porto, Literatur, Bürobedarf, Fahrtkosten, Schutzkleidung usw. zu kalkulieren. Diese Kosten wurden ebenfalls entsprechend dem voraussichtlichen Schlachtaufkommen verteilt. Zusätzlich sind in dieser Summe die Untersuchungsgebühren für Rückstandsuntersuchungen und BSE-Tests, die im Chemischen Landes- und Staatlichen Veterinäruntersuchungsamt Münster durchgeführt werden, enthalten (ca. 300 T€ p.a.). Diese Landesgebühren werden über die nach dieser Satzung zu erhebenden Gebühren als Kosten an die Schlachtbetriebe weitergegeben.
Die Gebührensatzung basiert – wie die bisherige Gebührensatzung aus dem Jahr 2003 - im Aufbau auf den beiden genannten Tarifverträgen für das Fleischuntersuchungspersonal. Es sind in § 3 die Gebühren in gewerblichen Schlachtbetrieben (in Kleinbetrieben, basierend auf den tariflichen Schlachtzahlstaffeln und entsprechend in Großbetrieben) und in § 4 die Gebühren in öffentlichen Schlachthöfen geregelt. Da in den öffentlichen Schlachthöfen eine Stundenvergütung an das Untersuchungspersonal zu zahlen ist, von den Schlachthöfen aber eine Stückgebühr zu erheben ist, muss eine Umrechung erfolgen. Diese Umrechnung erfolgt mit Hilfe der Tabellen, die als Anlagen Bestandteil der Gebührensatzung sind.
Einzelheiten ergeben sich aus der als Anlage beigefügten Gebührenkalkulation.
Zusammenfassung:
Die Ermächtigungsgrundlagen für die z.Z. geltende Gebührensatzung entfallen mit Ablauf des 31.12.2006. Die Gebühren der ab 01.01.2007 anzuwendenden Verordnung (EG) Nr. 882/2004 und der Tarifstellen der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung NRW reichen nicht aus, um die im Kreis Borken entstehenden Kosten der amtlichen Kontrollen in zu überwachenden Betrieben zu decken. Zur Erhebung kostendeckender Gebühren ist daher der Erlass einer neuen Gebührensatzung erforderlich.
Entscheidungsalternative(n):
Ja |
|
Nein |
Wenn ja, welche ?
Falls die Gebührensatzung nicht in der vorgelegten Fassung beschlossen wird, werden die Gebühren nicht kostendeckend sein.
Finanzielle Auswirkungen:
Die finanziellen Auswirkungen sind in der Vorlage dargestellt.
Anlagen:
1. Entwurf der Gebührensatzung Fleisch- und Fischhygiene
2. Gebührenbedarfsberechnung