Die von der Fa. Heeren-Herkener Kiesbaggerei GmbH für das Abgrabungsvorhaben beantragte landschaftsrechtliche Befreiung von dem Verbot, in dem Landschaftsschutzgebiet „Breels-Herzebocholt“ eine Abgrabung zu betreiben, wird erteilt.
Rechtsgrundlage:
§ 69 Abs. 1 Landschaftsgesetz NW in der aktuellen Fassung i.V.m. Ziffer 2.2 C Verbote Nr. 8 des Landschaftsplanes „Isselburg“ für den Bereich des Landschaftsschutzgebietes 2.2.6 „Breels-Herzebocholt“
Sachdarstellung:
A - Beschreibung des Vorhabens:
Die Firma Heeren-Herkener Kiesbaggerei GmbH, Isselburg, beabsichtigt, in Isselburg, Gemarkung Anholt, Flur 10 – Breels -, die Durchführung einer Abgrabung zur oberirdischen Gewinnung von Sand und Kies.
Die Genehmigungsbehörde für derartige Verfahren ist die Untere Landschaftsbehörde. Da es sich im vorliegenden Fall um eine so genannte Nassabgrabung handelt, ist die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens gemäß § 31 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) erforderlich. Der am Ende des umfangreichen Verfahrens auszufertigende Planfeststellungsbeschluss behandelt abschließend das gesamte Projekt und beinhaltet alle weiteren ggfl. notwendigen Genehmigungen, Erlaubnisse, wie z.B. auch Befreiungen von Verbotsinhalten aufgrund von ordnungsbehördlichen Verordnungen bzw. Landschaftsplänen.
Der Standort „Breels“ ist von dem Unternehmen als Nachfolgeprojekt für die mittlerweile abgeschlossene Abgrabung „Sandland“ im Kreis Kleve auf dem Gebiet der Stadt Rees geplant. Der Abbau wurde dort am 31.12.2001, die Rekultivierung am 31.12.2002 beendet. Eine Erweiterung ist in diesem Bereich ausgeschlossen. Daher muss die Firma Heeren-Herkener Kiesbaggerei GmbH zur Sicherung ihres Betriebes auf einen neuen Standort ausweichen.
Die geplante Abgrabung hat einen Gesamtumfang von ca. 45 ha. Sie soll als Landbaggerei vorwiegend der regionalen Versorgung der Kies verarbeitenden Industrie sowie von Hoch- und Tiefbauunternehmen mit Rohstoffen dienen. Nach Angaben des Planungsbüros weist die beantragte Abgrabung ein verwertbares Abbaugut in einer Größenordnung von ca. 6,3 Mio. Kubikmeter aus. Es wird von einer Gesamtabbauzeit von ca. 21 Jahre ausgegangen. Die tatsächliche Abbaudauer für den beantragten Abgrabungsbereich ist letztlich Abhängig von Konjunktur und Nachfrage.
Nach Beendigung der Abgrabung verbleibt eine Netto-Wasserfläche inklusive naturnah gestalteter Böschungsbereiche von ca. 36 ha.
Der Betriebsstandort mit Siebanlage, Wiegeplatte, Betriebsinfrastruktur usw., liegt innerhalb des geplanten Abgrabungsbereiches unmittelbar südlich der Landstraße 606 und nimmt etwa 5,5 ha Fläche ein. Seine Anbindung an die L 606 erfolgt über eine separate Zufahrt mit Linksabbiegespur.
B - Beschreibung des bisherigen Verfahrens
Der Antrag der Firma Heeren-Herkener Kiesbaggerei GmbH ging beim Kreis Borken am 07.07.2005 ein. Der gesetzlich vorgeschaltete Scopingtermin fand am 12.10.2001 statt. Im Rahmen dieses Termins wurde der Untersuchungsrahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) sowie die Art und der Umfang der nach § 6 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVPG) voraussichtlich beizubringenden Unterlagen festgelegt.
Die Offenlegung für den Antrag der Firma Heeren-Herkener Kiesbaggerei GmbH fand in der Zeit vom 29.08.2005 bis einschließlich 30.09.2005 statt. Eine Mitteilung hierüber erfolgte im Amtsblatt der Stadt Isselburg am 16.08.2005. Parallel hierzu wurden die maßgeblichen Träger öffentlicher Belange beteiligt.
Als Ergebnis dieses Beteiligungsverfahren ist festzuhalten, dass grundsätzliche Bedenken gegen das beantragte Vorhaben nicht vorgetragen wurden. Insbesondere wurden keine landesplanerischen Bedenken seitens der Bezirksplanungsbehörde vorgetragen. Die von der Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten geäußerten Fragestellungen konnten mittels hydrogeologischem Gutachten der Firma AQUANTA beantwortet werden. Eine befürchtete Beeinträchtigung des angrenzenden FFH-Gebietes mit einem bedeutsamen Vorkommen des „Schlammpeizgers“, war nicht zu erwarten. Ansonsten konnte die Firma nachweisen, dass der landschaftsrechtliche Eingriff durch entsprechende Ausgleichsmaßnahmen – auch an anderer Stelle – ausgeglichen werden kann.
C - Beteiligung
des Beirates bei der Unteren Landschaftsbehörde des Kreises Borken
Das von der Antragstellerin beantragte Vorhaben liegt in dem durch den Landschaftsplan „Isselburg“ ausgewiesenen Landschaftsschutzgebiet Ziffer 2.2.6 „Breels-Herzebocholt“. Der Landschaftsplan hat am 21.07.2003 Rechtskraft erlangt.
Gemäß Ziffer 2.2 C Verbote lfd. Nr. 8 ist es in Landschaftsschutzgebieten verboten, Aufschüttungen, Abgrabungen, Verfüllungen, Ausschachtungen oder Sprengungen sowie sonstige Veränderungen des Bodenreliefs vorzunehmen. Demzufolge ist im Zuge des Planfeststellungsbeschlusses eine Befreiung gemäß Ziffer 6 des Landschaftsplanes in Verbindung mit § 69 Abs. 1 Landschaftsgesetz Nordrhein-Westfalen (LG NW) in der zurzeit geltenden Fassung zu erteilen.
Gemäß § 11 Abs. 2 LG NW sind Beiräte vor allen wichtigen Entscheidungen und Maßnahmen der Behörde zu hören, bei der sie eingerichtet sind, seine Beteiligung richtet sich im Übringen nach den näheren Bestimmungen des Landschaftsgesetzes NW.
Es bestand somit die Notwendigkeit, den Beirat bei der Unteren Landschaftsbehörde des Kreises Borken im Rahmen der zu erteilenden Befreiung in die Entscheidungsfindung einzubinden.
Dem Beirat bei der Unteren Landschaftsbehörde des Kreises Borken wurde der Antrag der Heeren-Herkener Kiesbaggerei GmbH erstmals in seiner Sitzung am 18.05.2006 vorgestellt. Aufgrund der Diskussion unterbreitete Vorsitzender Klöcker den Vorschlag, dass seitens des Unternehmens die folgenden Fragen zu beantworten waren:
1. Der im südlichen Abgrabungsbereich befindliche namenlose Graben ist hinsichtlich des Vorkommens des Schlammpeizgers durch ein Fachbüro zu untersuchen. Falls der Schlammpeizger in diesem Bereich in einer nennenswerten Population nachgewiesen wird, ist die Abgrabungsfläche in ausreichendem Maße zu verkleinern.
2. Die Abgrabung liegt in einem durch den Landschaftsplan „Isselburg“ festgesetzten Landschaftsschutzgebiet. Der Bereich ist kleinräumig und soll durch ein großflächiges Gewässer überplant werden. Der Beirat fordert, dass die Abgrabung im südlichen Bereich um etwa 10 % der abzubauenden Fläche zurückgenommen und landschaftsgerecht gestaltet wird.
3. Die Antragstellerin soll alle Möglichkeiten ausschöpfen, mit vorhandenem Bodenmaterial zusätzliche Flachwasserzonen zu schaffen. Hierdurch sollen weitere ökologisch wertvolle Bereiche geschaffen werden. Diesem Vorschlag wurde seitens des Beirates mehrheitlich zugestimmt.
In der Sitzung am 26.09.2006 wurde dem Beirat bei der Unteren Landschaftsbehörde die zwischenzeitlich eingegangene Stellungnahme zu den Fragen vorgelegt. Im Einzelnen wurden die Fragen wie folgt beantwortet:
Zu 1.: Die Untersuchungen des namenlosen Gewässers
erfolgte durch das Büro „Limnoplan“, durch Herrn Dr. Stephan Staas,
Erftstadt. Das Untersuchungsergebnis wurde der Unteren Landschaftsbehörde mit
Schreiben vom 14.08.2006 vorgelegt. Schlammpeizger wurden in dem Gewässer nicht
nachgewiesen. Die rezenten Habitatbedingungen lassen zudem die Etablierung
einer Population unwahrscheinlich erscheinen.
Zu 2.: Die Antragstellerin teilt mit, dass die Wahl
der Lage, Abgrenzung und Größe der beantragten Abgrabung im Hinblick auf eine
optimale wirtschaftliche Nutzung des Standortes und an der Qualität des
anstehenden Sand-Kiesmaterials, der Mächtigkeit der Lagerstätte sowie der
Flächenverfügbarkeit ausgerichtet ist.
Vor diesem Hintergrund und
unter Berücksichtigung des im Gebietsentwicklungsplan (GEP) formulierten Zieles
eines haushälterischen Nutzung von Bodenschätzen wird seitens der
Antragstellerin eine maximale Ausbeutung der Lagerstätte am Standort „Breels“
angestrebt. Insofern würde eine Reduzierung des Abgrabungsbereiches den Zielen
der Raumordnung und Landesplanung sowie der wirtschaftlichen Ausnutzung des
Rohstoffvorkommens widersprechen.
Zu 3.: Im Rahmen der beantragten Herrichtungsplanung
sind Flachwasserzonen bereits in einer Größenordnung von etwa 29.000 m²
vorgesehen. Einer Ausweitung dieser ökologisch bedeutenden Bereiche durch die
Verfüllung von bauseits vorhandenem Abraum im Rahmen der Rekultivierung steht
die Antragstellerin positiv gegenüber. Die betreffenden Antragspläne werden
deshalb dahingehend geändert und dem Kreis Borken zum gegebenen Zeitpunkt
vorgelegt.
Auf Grundlage dieser Stellungnahme wurde das geplante Vorhaben im Beirat erneut diskutiert. Als Ergebnis wurde festgehalten, dass eine weitere Vertagung des Tagesordnungspunktes erfolgen soll, um eine Ortsbesichtigung des geplanten Abgrabungsgeländes in der kommenden Beiratssitzung zu ermöglichen.
Die Besichtigung des Abgrabungsgeländes erfolgte am 30.10.2006.
Das Vorhaben der Firma Heeren-Herkener Kiesbaggerei GmbH wurde in der Sitzung erneut kontrovers diskutiert. Über den Antrag der Antragstellerin selber wurde nicht entschieden. Vielmehr formulierte der Vorsitzende des Beirates bei der Unteren Landschaftsbehörde den folgenden Antrag, über den anschließend abgestimmt wurde:
Der Beirat empfiehlt der Unteren Landschaftsbehörde des Kreises Borken, der Firma Heeren-Herkener Kiesbaggerei GmbH den Abbau von Sand und Kies auf einer Fläche von maximal ca. 20 ha zu genehmigen. Nach Abschluss der Entsandung darf eine maximale Seefläche von ca. 17 ha verbleiben.
Der Antrag wurde bei 6 Zustimmungen, 3 Enthaltungen und 4 Ablehnungen angenommen.
Somit hatte der Beirat bei der Unteren Landschaftsbehörde dem Antrag der Firma auf Befreiung vom Verbot Ziffer 2.2 C Verbot Nr. 8 nicht entsprochen, so das die geplante Abgrabung derzeit nicht positiv beschieden werden könnte.
Die Untere Landschaftsbehörde des Kreises Borken ist
der Auffassung, dass für das Vorhaben des Antragstellers die erforderliche
Befreiung aufgrund der nachstehenden Argumente zu erteilen ist:
· Weder von Trägern öffentlicher Belange noch von privater Seite wurden maßgebliche Bedenken gegen die beantragte Abgrabung vorgetragen.
· Die vom Beirat mehrheitlich vertretene Auffassung hinsichtlich der Kleinräumigkeit des Standortes wird seitens der Unteren Landschaftsbehörde nicht geteilt. Vielmehr handelt es sich um einen offenen, der niederrheinischen Landschaft zuzurechnenden Bereich, der lediglich durch eine Eichenbaumreihe gegliedert wird.
· Im Verlauf des Verfahrens konnten alle aufgetretenen Fragestellungen geklärt werden. Insbesondere ist es dem Unternehmen gelungen, eine ansprechende Einbindung des späteren Landschaftssees in die Landschaft durch geeignete Rekultivierungsmaßnahmen zu erzielen. Darüber hinaus wird der Antragsteller an anderer Stelle in bzw. im unmittelbaren Umfeld zu einem bestehenden Naturschutzgebiet geeignete Ausgleichsflächen schaffen, um den Wegfall von Brutrevieren von drei besonders geschützten Vogelarten zu kompensieren.
§ 69 Abs. 1 LG NW bestimmt unter anderem, dass der Beirat bei der Unteren Landschaftsbehörde einer beabsichtigten Befreiung widersprechen kann. In diesen Fällen ist die Vertretungskörperschaft des Kreises oder der kreisfreien Stadt oder ein von ihr beauftragter Ausschuss über den Widerspruch zu unterrichten. Hält die Vertretungskörperschaft oder der Ausschuss den Widerspruch für berechtigt, muss die Untere Landschaftsbehörde die Befreiung versagen. Wird der Widerspruch für unberechtigt gehalten, darf die Befreiung nur mit Zustimmung der Höheren Landschaftsbehörde erteilt werden.
Dieser Sitzungsvorlage sind die für diesen Tagesordnungspunkt maßgeblichen Auszüge aus den Niederschriften der vergangenen drei Beiratssitzungen beigefügt.
Entscheidungsalternative(n):
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Ja |
|
Nein |
Wenn ja, welche ?
Der Antrag auf Herstellung eines Gewässers zur Gewinnung von Sand und Kies kann in der vorliegenden Form nicht positiv beschieden werden. Eine Änderung des Umfangs des Abgrabungsgewässers würde dazu führen, dass die antragstellende Fa. einen Änderungsantrag zu stellen hätte. Abhängig vom maximal zugelassenen Abbauvolumen würde sich eine Abgrabung ggf. finanziell nicht mehr rechnen.
Finanzielle Auswirkungen:
Die antragstellende Firma hat für die beantragte Abgrabung eine Gebühr zu entrichten.
Anlagen:
Lageplan zum Standort der geplanten Abgrabung
Auszüge aus den Niederschriften der Beiratssitzungen vom 18.05.2006, 14.08.2006 und 30.10.2006