Betreff
PFAS im Grundwasser
Vorlage
0137/2024/KREIS
Art
Beschlussvorlage

Die Ausführungen zum Thema PFAS im Grundwasser werden zur Kenntnis genommen.

 


Sachdarstellung:

In den Medien wurde am 23.02.2023 über Belastungen von Umweltmedien durch die Stoffgruppe der per-und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) berichtet. Hierzu hatte die Fraktion B90/Die Grünen eine Anfrage an den Ausschuss für Natur, Umwelt, Landwirtschaft und Klimaschutz gestellt (Sitzungsvorlage 0151/2023/KREIS). Die Beantwortung erfolgte in der Sitzung am 25.05.2023 (Anlage 5 zu Top 11.1).

Die Stoffgruppe umfasst mehr als 10.000 verschiedene Stoffe. Bei PFAS handelt es sich um Industriechemikalien, die wasser-, fett- und schmutzabweisend sowie chemisch und thermisch sehr stabil sind. Aufgrund ihrer Eigenschaften werden sie in zahlreichen Verbraucherprodukten wie Kosmetika, Kochgeschirr, Papierbeschichtungen, Textilien oder Ski-Wachsen eingesetzt. Außerdem werden PFAS zur Oberflächenbehandlung von Metallen und Kunststoffen, in Pflanzenschutzmitteln oder Feuerlöschmitteln verwendet. Viele PFAS sind toxisch, reichern sich über die Nahrungskette an oder sind mobil. Alle PFAS sind kaum oder nur sehr schwer aus der Umwelt wieder entfernbar. Der analytische Einzelnachweis stellt sich als schwierig bzw. unmöglich dar. Zu den Einzelsubstanzen kommt noch eine unbekannte Menge von Vorläufern und Varianten.

Nachfolgend soll über aktuelle Ergebnisse und Entwicklungen zur PFAS-Problematik im Allgemeinen und bezogen auf den Kreis Borken informiert werden.

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz hat im Februar 2022 einen „Leitfaden zur PFAS-Bewertung“[1] herausgegeben. Mit Erlass vom 04.03.2022 hat der Minister für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW den nordrhein-westfälischen Verwaltungsbehörden diesen Leitfaden zum Vollzug bekanntgegeben und ihn zur Anwendung empfohlen.

In dem Leitfaden werden Geringfügigkeitsschwellenwerte (GFS) bzw. gesundheitliche Orientierungswerte für 13 als relevant für das Grundwasser angesehene Einzelstoffe genannt (Abbildung 1). Wenn im Grundwasser gleichzeitig mehrere PFAS auftreten, kann analog der Additionsregel der Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS 402) für die Risikobewertung solcher Stoffgemische zusätzlich die Quotientensumme (QS) herangezogen werden.

Mit der Umsetzung der Europäischen Trinkwasserrichtlinie in nationales Recht gelten für Trinkwasser deutlich strengere PFAS-Grenzwerte (Abbildung 2). Abweichend von den 13 Einzelstoffen des Leitfadens werden hier Grenzwerte für die Summe von 20 bzw. 4 Einzelstoffen genannt. Beispielhaft seien hier die GFS-Werte und Trinkwassergrenzwerte für die Einzelstoffe Perfluorbutansäure (PFBA) und Perfluoroctansäure (PFOA) gegenüber­gestellt[2]:

GFS [µg/l]

TrinkwV

Summe PFAS-20 [µg/l]

TrinkwV

Summe PFAS-4 [µg/l]

PFBA

10

0,1

PFOA

0,1

0,02

Die Grenzwerte der TrinkwV gelten für die Summe PFAS-20 ab dem 12.01.2026 und für die Summe PFAS-4 ab dem 12.01.2028.

Abbildung 1: GFS- und GOW-Werte für Grundwasser (BMUV-Leitfaden, 2022)

Abbildung 2: Grenzwerte für PFAS in mg/l (Trinkwasserverordnung vom 20.06.2023)

Die hiesigen Wasserwerksbetreiber befassen sich mit der PFAS-Thematik. So führt die Bocholter Energie- und Wasserversorgung GmbH (BEW) seit 2022 ein PFAS-Monitoring durch. Dabei wurde festgestellt, dass im Bereich des Wassergewinnungsgebietes „Schüttensteiner Wald“ (zum Teil auf Bocholter, zum Teil auf Isselburger Gebiet) ein Parameter (Summe PFAS-4) derzeit geringfügig über dem zukünftigen Grenzwert liegt. Konkret geht es um das Grundwasser. Die dortigen Entnahmebrunnen werden seither von der BEW nicht mehr genutzt.

Die weitere Vorgehensweise wird hier derzeit mit dem Fachbereich Gesundheit, der Bezirksregierung und dem Wasserwerksbetreiber abgestimmt. U.a. wird in 2024 eine im Einzugsbereich liegende Fläche mit ehemaliger Kompostaufbringung als mögliche Schadenquelle untersucht. Für das weitere Untersuchungskonzept hat der Kreis Borken ein Fachbüro beauftragt.

Im Januar 2024 wurde der Kreis Borken darüber informiert, dass im Rohwasser der Stadtwerke Rhede der künftige Grenzwert für Summe PFAS-4 überschritten wurde. In Abstimmung mit den Stadtwerken und der Stadt Rhede wurden auch hier erste Untersuchungen zur Ursachenermittlung eingeleitet.

Wie bereits in der Sitzung am 25.05.2023 mitgeteilt, besteht noch erheblicher Untersuchungsbedarf im Hinblick auf Hintergrundbelastungen von PFAS sowie deren Verhalten in Boden und Grundwasser. Im Februar 2024 hat das LANUV den Fachbericht 150 „Hintergrundgehalte und -werte von PFAS in Böden ländlicher Gebiete in Nordrhein-Westfalen“ veröffentlich. Hierzu wurden in NRW insgesamt 286 Bodenproben im Feststoff und 265 Proben im Eluat auf PFAS (26 Einzelstoffe) untersucht, um Hintergrundwerte für die Nutzungen Grünland, Acker und Wald abzuleiten. Die Analysenergebnisse sind im Bericht tabellarisch angefügt; eine Zuordnung zu Probenahmepunkten ist aber nicht möglich. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass PFAS-Hintergrundgehalte in allen Ober- und Unterböden unter verschiedenen Nutzungsarten nachweisbar sind. Das Spektrum und die Konzentration der vorgefundenen PFAS-Einzelsubstanzen sind vergleichbar. Der ubiquitäre Eintrag der PFAS muss demnach über atmosphärische Deposition erfolgt sein.

Im Kreis Borken wurden insgesamt 12 Flächen untersucht, davon befinden sich 2 Flächen im Besitz des Kreises Borken. Mit E-Mail vom 29.02.2024 teilt uns das LANUV den Schlüssel für eine Zuordnung der Werte zu den beiden kreiseigenen Flächen mit.

Es handelt sich hierbei um zwei Grünlandflächen in Ahaus und Velen. Der bindige Oberboden in Ahaus-Alstätte wies in der Summe der untersuchten 26 Einzelsubstanzen einen Wert von 1,33 µg/kg PFAS auf. Der Eluatgehalt lag bei 285,5 ng/l. Der Unterboden wurde hier nicht untersucht.

Die sandige Probe aus Velen wies einen Wert von 1,49 µg/kg PFAS im Feststoff auf. In der Unterbodenprobe waren keine PFAS nachweisbar. Die Eluatgehalte lagen bei 195,3 ng/l im Oberboden und 56,2 ng/l im Unterboden.

Hintergrundwerte für PFAS im Feststoff konnten für die drei Einzelsubstanzen PFBA, PFOA und PFOS abgeleitet werden. Für alle anderen Einzelsubstanzen lagen zu wenige Befunde oberhalb der Bestimmungsgrenze vor. Der Hintergrundwert für PFOS von 0,91 µg/kg im Oberboden wird in der Grünlandprobe in Velen mit 0,94 µg/kg leicht überschritten.

Hintergrundwerte für PFAS im Eluat konnten für die sechs Carbonsäuren PFBA, PFPeA PFHxA, PFHpA, PFOA und PFNA und drei Sulfonsäuren PFBS, PFHxS und PFOS abgeleitet werden. Für alle anderen Einzelparameter lagen zu wenige Befunde oberhalb der Bestimmungsgrenze vor. Der Hintergrundwert für PFOS von 16 ng/l im Oberboden wird in der Grünlandprobe in Velen mit 16,1ng/l geringfügig überschritten.

Die Hintergrundwerte für PFAS-Eluatgehalte in Böden ländlicher Gebiete in NRW für verschiedene Summenparameter werden jeweils deutlich unterschritten.

Die maximal zulässigen Konzentrationen im W/F 2:1-Eluat in µg/l für die Verwertungskategorien VK1 bis VK3 des o.a. BMUV-Leitfadens werden ebenfalls eingehalten. Es gibt somit keine Hinweise, dass eine Bodenverwertung aufgrund der PFAS-Gehalte einzuschränken ist.

 



[1] https://www.bmuv.de/download/leitfaden-zur-pfas-bewertung

[2] Der Einfachheit halber werden Belastungen duch die jeweiligen Einzelstoffe – ohne weitere PFAS – betrachtet.