1. Der Vertiefung und
Verlängerung der interkommunalen Zusammenarbeit mit dem Kreis Recklinghausen in
der dargestellten Form wird zugestimmt.
2. Der Landrat wird
beauftragt,
·
die öffentlich-rechtliche Vereinbarung
über die teilweise Delegation von Aufgaben aus dem Bereich der Abfallwirtschaft
im Rahmen einer interkommunalen Zusammenarbeit zwischen dem Kreis
Recklinghausen und dem Kreis Borken sowie
·
die Abstimmungsvereinbarung über die
Entsorgung von Bioabfällen
des
Kreises Recklinghausen und von Krankenhausabfällen des Kreises Borken
abzuschließen.
3. Die Verwaltung wird
ermächtigt, redaktionelle Änderungen an der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung
vorzunehmen, die im Rahmen des kommunalaufsichtlichen Genehmigungsverfahrens
von der Kommunalaufsicht als erforderlich bezeichnet werden.
.
Rechtsgrundlage:
§§ 23 ff. Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit Nordrhein-Westfalen (GkG NRW)
Sachdarstellung:
1. Ausgangslage
Status quo
Die Kreise Recklinghausen und Borken sind jeweils für ihr Gebiet
die für die Entsorgung (Verwertung/Beseitigung) zuständigen öffentlich-rechtlichen
Entscheidungsträger gem. den §§ 17, 20 KrWG NRW i. V. m. § 5 Abs. 1 LAbfG NRW
und damit zuständig für die Entsorgung (Verwertung/Beseitigung) von Abfällen
aus privaten Haushalten und Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen.
Bereits seit dem 01.01.2014 kooperieren der Kreis Recklinghausen und der Kreis Borken auf Basis einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung vom 02.10.2013 im Bereich der Entsorgung und Bewirtschaftung von Bioabfällen miteinander (vgl. Beschlussvorlage 0126/2013 aus der Kreistagssitzung vom 18.07.2013). Auf Grundlage dieser Vereinbarung übernimmt der Kreis Borken für den Kreis Recklinghausen im Rahmen einer delegierten Aufgabenübertragung die Verwertung der Bioabfälle des Kreises Recklinghausen, die dann durch die Entsorgungsgesellschaft Westmünsterland mbH (EGW) als 100 %-ige Tochtergesellschaft des Kreises Borken am Standort Gescher/Velen hochwertig verarbeitet werden.
Intention / beabsichtigtes Vorhaben
Die Kreise beabsichtigen nun, ihre Zusammenarbeit in Form
einer gegenseitigen Delegation von Aufgaben aus dem Bereich der
Abfallwirtschaft zu verlängern und zu vertiefen, indem die Pflicht zur
Entsorgung von Bioabfällen (weiterhin) vom Kreis Recklinghausen auf den Kreis
Borken übertragen sowie die dem Kreis Borken obliegende Pflicht zur Entsorgung
der in seinem Gebiet anfallenden Krankenhausabfälle vom Kreis Borken auf den
Kreis Recklinghausen übertragen wird. Zu diesem Zweck soll eine neue
öffentlich-rechtliche Vereinbarung für die Zeit ab dem 01.01.2025 abgeschlossen
werden.
Durch diese Vertiefung der interkommunalen Zusammenarbeit im Bereich der Abfallwirtschaft möchten die beiden Kreise sicherstellen, dass für das öffentliche Interesse an einer ordnungsgemäßen, schadlosen und hochwertigen Verwertung und an einer allgemeinwohlverträglichen Beseitigung sowie sonstigen Bewirtschaftung von Abfällen Sorge getragen wird. Sie treten hiermit für das gemeinsame Ziel einer nachhaltigen Verbesserung des Umwelt- und Klimaschutzes sowie der Ressourceneffizienz in der Abfallwirtschaft durch Stärkung der Abfallvermeidung und des Recyclings von Abfällen ein.
2. Geplante Ausgestaltung der zukünftigen Kooperation
Inhaltliche Ausgestaltung
Die bereits bestehende öffentlich-rechtliche Vereinbarung
soll durch eine neue öffentlich-rechtliche Vereinbarung auf der Grundlage des §
23 Abs. 1 Alt. 1, Abs. 2 Satz 1 GkG ersetzt werden, mit der im Rahmen der
gemeinsamen Aufgabenerfüllung die jeweiligen Pflichten der beiden Kreise mit
befreiender Wirkung (Delegation) jeweils auf den anderen Kooperationspartner
übertragen werden.
Weiterhin soll der Kreis Borken im Rahmen dieser delegierten Aufgabenübertragung in eigener Zuständigkeit gegen Kostenerstattung die Verwertung Bioabfälle für den Kreis Recklinghausen übernehmen. Zusätzlich soll zukünftig die Pflicht zur Entsorgung von Krankenhausabfällen, die im Gebiet des Kreises Borken anfallen, vom Kreis Borken auf den Kreis Recklinghausen delegiert werden. Hierbei handelt es sich um nach früher gebräuchlicher Terminologie sogenannte „B-Abfälle“, an deren Sammlung und Entsorgung aus infektionspräventiver Sicht keine besonderen Anforderungen gestellt werden (z. B. Wund- und Gipsverbände, Wäsche, Einwegkleidung, Windeln).
Operative Durchführung / Beauftragung
Zur näheren Ausgestaltung der Aufgabenübertragung soll wie
bereits zuvor eine Abstimmungsvereinbarung zwischen dem Kreis Borken und dem
Kreis Recklinghausen geschlossen werden, deren Laufzeit an die
öffentlich-rechtliche Vereinbarung gekoppelt ist. Diese Abstimmungsvereinbarung
regelt u. a. den Anlieferungsort der Abfälle, den Anlieferungsturnus, die
Verwiegung der Abfälle und die zu zahlenden Entgelte.
Für den Kreis Borken soll operativ weiterhin die EGW tätig werden. Für den Kreis Recklinghausen wird operativ der EKOCity Abfallwirtschaftsverband mit Sitz in Herne (EKOCity) tätig. EKOCity übernimmt für seine Mitglieder u. a. die thermische Behandlung und die Beseitigung von überlassungspflichtigen/überlassenen Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen.
Laufzeit
Die Vereinbarung soll für den Zeitraum vom 01.01.2025 bis
zum 31.12.2039 – mithin für eine Laufzeit von 15 Jahren – abgeschlossen werden
und sich anschließend um jeweils fünf Jahre verlängern, wenn sie nicht mit
einer Frist von 24 Monaten vor Laufzeitende gekündigt wird. Auf diese Weise
kann für beide Parteien eine langfristige Planbarkeit, Investitionssicherheit
und Entsorgungssicherheit in Bezug auf die jeweils überlassenen Abfälle
erreicht werden.
3. Vorteile der Interkommunalen Zusammenarbeit
Folgende Aspekte sprechen dafür, dass die geplante
Kooperationsform sich in besonderem Maße dazu eignet, die gesetzlichen
Anforderungen an eine ordnungsgemäße, schadlose und hochwertige Verwertung bzw.
Beseitigung der Bioabfälle respektive Krankenhausabfälle sicherzustellen:
3.1 Fortführung der erfolgreichen
Bioabfallkooperation und Wirtschaftlichkeit
Der Kreis Recklinghausen und
der Kreis Borken blicken auf eine bereits über zehnjährige erfolgreiche
Kooperation im Bereich der Bioabfallverwertung zurück. Durch die Kooperation
wurde eine nachhaltige abfallwirtschaftliche Vernetzung von Stoffströmen in den
beiden Kreisgebieten erreicht. Transporte von Bioabfällen aus dem Kreis Recklinghausen
zur EGW und von thermisch zu behandelnden Abfällen aus dem Kreis Borken zur
Anlage der AGR in Herten konnten durch eine Voll-Voll-Logistik optimiert
werden. Diese bereits etablierten logistischen und technischen Strukturen
bieten eine solide Grundlage für eine langfristige Zusammenarbeit und sollen
auch zukünftig weiterhin genutzt werden.
Durch Mengeneffekte und die resultierende Verteilung der Anlagenfixkosten kann für beide Kreise eine Kostensenkung in Bezug auf die Bioabfallbehandlungskosten erreicht werden. Diese wirtschaftlichen Synergien sowie die langfristige Anlagenauslastung ermöglichen zukunftsgerichtete Investitionen in moderne Anlagentechnik (sh. Punkt 3.2).
3.2 Hochwertige
Bioabfallbehandlung durch Kaskadennutzung
Die klimapolitischen Ziele der
Bundesrepublik haben die regenerative Energieerzeugung aus Bioabfällen
zunehmend in den Fokus gerückt. Durch sogenannte Kaskadennutzung der Bioabfälle
sollen Wertstoffpotentiale im Rahmen der Vergärung und Kompostierung der
Bioabfälle optimal energetisch und stofflich genutzt werden.
Auch die Kreise Recklinghausen und Borken verfolgen das Ziel einer hochwertigen und klimaoptimalen Bioabfallbehandlung. Mit den Bioabfallmengen beider Kreise plant die durch den Kreis Borken beauftragte EGW als 100 %-ige Tochtergesellschaft des Kreises Borken den Bau einer modernen Bioabfall-Vollstrom-Vergärungsanlage. Neben der Erzeugung von hochwertigem Qualitätskompost soll durch die Vergärung der Bioabfälle Biomethan erzeugt werden, welches in das Erdgasnetz eingespeist wird. So werden der Anteil an klimafreundlichem Gas sowie die Versorgungssicherheit erhöht. Zudem besteht in dem Prozess das Potential einer CO₂-Abscheidung. Insgesamt tragen die Erzeugung von Biogas und die Aufbereitung zu Biomethan und dessen Einspeisung ins Erdgasnetz somit zur Energiewende und zur Reduzierung der CO₂-Emissionen bei.
Das Anlagenkonzept der Vollstromvergärung mit Einspeisung des Biomethans in das Erdgasnetz bietet mithin eine ausgezeichnete Grundlage für eine ökonomische sowie zugleich ökologisch nachhaltige und zukunftsorientierte Kooperation der Kreise Recklinghausen und Borken.
Neben der Energiegewinnung aus
Biomasse ist auch die Dekarbonisierung der Transporte ein wichtiges Element der
Kooperation. Für die Rundläufe zwischen dem Anlagenstandort der EGW in Gescher,
des MHKW der AGR in Herten und der Bioabfall-Umladeanlage in Herten-Bertlich
ist seit dem Frühjahr 2024 erfolgreich eine batterieelektronisch betriebene
Sattelzugmaschine für den Transport der Bio- und Restabfälle im Einsatz, die
mit eigenem Strom aus Windkraft- und Solaranlagen betrieben wird. Dieser Weg
soll strategisch fortgesetzt werden, um die Transportlogistik perspektivisch
komplett auf emissionsfreie Fahrzeuge umzustellen.
3.3
Entsorgungssicherheit für Krankenhausabfälle
Bisher wurden die
Krankenhausabfälle aus dem Kreis Borken über verschiedene Kontingente thermisch
beseitigt. Da es sich um Abfälle zur Beseitigung handelt, für die weder eine
Sortierung noch eine Entsorgung im Ausland zulässig sind, kann nun über die
Kooperation mit dem Kreis Recklinghausen langfristig ein gesicherter und
zuverlässiger Entsorgungsweg für die Krankenhausabfälle aus dem Kreis Borken
gewährleistet werden. Für die Entsorgung stehen dem Kreis Recklinghausen mit
den Anlagen des Abfallwirtschaftsverbandes EkoCity sich technisch auf dem
aktuellen Stand befindende Anlagen mit ökologischen Spitzenwerten zur
Verfügung. Auf diese Weise kann der Kreis Recklinghausen seine
abfallwirtschaftliche Kernkompetenz im Bereich der thermischen Behandlung von
Abfällen einbringen.
Fazit
Insgesamt dient die interkommunale Kooperation folglich in
jeder Hinsicht der gemeinsamen Zielsetzung beider Kreise einer an den
öffentlich-rechtlichen Zielen des KrWG orientierten, kostengünstigen,
qualitativ – auch im Hinblick auf Umweltziele – hochwertigen Entsorgung. Sie
gewährleistet eine langfristige Entsorgungssicherheit in Bezug auf die beiden
Abfallströme und ist dem Ziel der Gebührenstabilität in den Gebieten der
beteiligten öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zuträglich, wovon auch die
Bürgerinnen und Bürger in den jeweiligen Kreisen profitieren.
4.
Weiteres
Verfahren
Da es sich um eine vergaberechtsfreie interkommunale
Zusammenarbeit im Sinne des § 108 Abs. 6 GWB handelt, besteht für die
Leistungen keine Ausschreibungspflicht.
Die öffentlich-rechtliche Vereinbarung ist bereits mit der für beide Vertragspartner zuständigen Bezirksregierung Münster vorabgestimmt worden, die die nach dem GkG NRW erforderliche aufsichtsbehördliche Genehmigungsfähigkeit bereits signalisiert hat. Sie wird – positive Beschlüsse aus beiden Kreisgremien vorausgesetzt – der Bezirksregierung nach Unterzeichnung zur finalen Genehmigung vorgelegt.
Die Planung zum Bau der Vollstromvergärungsanlage wird von der EGW intensiv mit dem Ziel der Genehmigungsreife vorangetrieben, sodass die Inbetriebnahme der skizzierten Anlage im zweiten Halbjahr 2027 angestrebt wird.
Entscheidungsalternative(n):
|
Ja |
|
|
Nein |
Finanzielle Auswirkungen:
Direkte finanzielle Auswirkungen
außerhalb der ansatzfähigen Kosten nach §§ 4 und 6 KAG bestehen nicht. Die
Behandlungskosten der EGW im Bereich der Bioabfallverwertung können durch die
langfristig weiterhin aus dem Gebiet des Kreises Recklinghausen generierten
Mengen stabil gehalten werden.