Betreff
Errichtung von Photovoltaikanlagen
Vorlage
0212/2008
Art
Beschlussvorlage öffentlich

Der Kreistag nimmt den Bericht der Verwaltung zur Errichtung von Photovoltaikanlagen auf den Dächern kreiseigener Gebäude zur Kenntnis. Über die Umsetzung wird im Rahmen der Haushaltsberatungen 2009 entschieden.


Rechtsgrundlage:

§ 26, Absatz 1 der Kreisordnung (KrO)

Sachdarstellung:

Der Kreistag hat durch Beschluss vom 21.06.2007 die Verwaltung beauftragt, die Errichtung von Anlagen zur Nutzung regenerativer Energien auf kreiseigenen Gebäuden zu prüfen. In der Folge dieses Auftrags ist zunächst eine eigene Grobabschätzungen zur Geeignetheit von Dächern der kreiseigenen Gebäude für Photovoltaikanlagen durchgeführt worden. Nach dieser Abschätzung, über die der Kreistag mit der Vorlage des Hochbauprogrammes 2008 informiert worden ist, sind die weiteren Detailplanungen unter Beteiligung des Fachplaners, Dipl. Ingenieur Klemmer, Borken, fortgesetzt worden. Der Fachplaner hat sein Gutachten im Juli 2008 vorgelegt.

 

Nach diesem Gutachten erscheinen insgesamt 8 kreiseigene Gebäude für die Errichtung von Photovoltaikanlagen geeignet. Das vom Gutachter grundsätzlich als geeignet eingestufte Berufskolleg für Wirtschaft und Verwaltung in Ahaus wurde in der Folge unberücksichtigt gelassen, da aufgrund der schwierigen statischen Situation die Aufbringung von Photovoltaikmodulen mit unvertretbar hohen Kosten verbunden wäre. Es verbleiben somit 7 Standorte die geeignet sind.

 

Die nachstehende Übersicht stellt die maximal erreichbare Größe der zu installierenden Anlagen dar. Hierbei ist berücksichtigt worden, das Möglichkeiten zum Einsatz von Solarthermieanlagen zur Unterstützung der Wärmeerzeugung für die Heizung und Warmwasseraufbereitung durch die Phtovoltaikanlagen nicht verbaut werden und jeweils bei Anpassung der vorhandenen Heizungsanlagen mit in Konzeption einbezogen werden können.

 

Standort

Leistung in KWp1

Leistung in KWh/a

Vergütung je KWh
Cent

BK Technik/ Lise-Meitner Ahaus

232,05

201.884

40,46

Landwirtschaftsschule Borken

18,03

15.686

43,01

Neumühlenschule Borken

60,73

52.835

40,91

Kreishaus Borken

168,88

146.936

40,46

BK Gronau

46,90

40.803

40,91

Hans-Christian-Andersen-Schule Rhede

38,15

33.191

40,91

BK Stadtlohn

36,23

21.520

40,91

Gesamt

600,97

522.844

 

 

Nach der Begutachtung verbleibt somit eine kurzfristig realisierbare Gesamtleistung von rd. 600 KWp. Zur Prüfung der Realisierung dieses Potentials, das im Interesse einer umweltschonenden Energieerzeugung liegt, müssen Wirtschaftlichkeitsberechnungen angestellt werden.

 

Der Gutachter setzt die zu erwartende Jahresleistung je KWp durchgängig mit 870 KWh an. Dies erscheint angesichts der in den letzten Jahren zu verzeichnenden tatsächlichen Jahresleistungen, die auch im „Regensommer“ 2007 nicht unter 900 KWh/KWp/a gesunken sind, eine vertretbare Annahme, die auch mögliche Leistungsverluste aufgrund des Alters der Anlagen mit berücksichtigt. Ausgehend von dieser Umrechnung ergibt sich somit eine Jahresstromproduktion von 522.843,9 KWh. (600,97 KWp * 870 KWh/a).

 

Maßgeblich für die Wirtschaftlichkeit ist die zu erwartende Stromvergütung. Diese beträgt nach dem ErneuerbareEnergienGesetz (EEG) derzeit je nach Größe der Anlage zwischen 46,75 Cent und 43,98 Cent je KWh. Diese Vergütung wird fest für 20 Jahre gezahlt, wenn die Anlagen noch im Jahr 2008 mit der Stromproduktion beginnen. Dies erscheint jedoch nicht realistisch. Es ist daher auf die Erlöse für Anlagen, die im Jahr 2009 in Betrieb gehen, abzustellen.

 

Nach den Vorschlägen der Bundesregierung sollen die maßgeblichen Preisgarantien um 8 % zum Jahreswechsel gesenkt werden. Der Erlös je KWh beträgt damit im Jahr 2009 zwischen 43,01 Cent und 40,46 Cent. Die genauen Beträge sind der nachstehenden Übersicht zu entnehmen.

 

Neben den Erlösen müssen natürlich auch die Aufwendungen beziehungsweise Investitionsausgaben abgeschätzt werden.

 

Die Investitionsausgaben hat der Gutachter für jede Anlage kalkuliert. Die Werte können ebenfalls der nachstehenden Tabelle entnommen werden. Bei allen Angaben handelt es sich um Nettobeträge, da die Umsatzsteuer im Wege des Vorsteuerabzugs geltend gemacht werden kann. Die angesetzten Ausgaben liegen mit kleineren Unterschieden je nach Größe der Anlage bei regelmäßig knapp unter 4.000 €/KWp.

 

Dieser Wert erscheint zum gegenwärtigen Zeitpunkt sehr ehrgeizig, allerdings angesichts einer dynamischen Preisentwicklung für vergleichbare Anlage auch nicht unrealistisch. Die erste vom Kreis Borken im Frühjahr auf der Brüder-Grimm-Schule in Gescher realisierte Anlage verursachte Investitionsausgaben von rd. 4.500 €/KWp. Bei der zweiten im Herbst beauftragten Anlage für die Hans-Christian-Andersen-Schule in Ahaus sind die maßgeblichen Ausgaben bereits auf 4.300 €/KWp gesunken.

 

Insbesondere aufgrund der zum Jahreswechsel anstehenden Senkung der Einspeisevergütung wird in der Branche ein erneutes deutliches Sinken der Anlagenpreise erwartet. Dies hat seine Ursache darin, dass aufgrund der bislang großzügigen Förderung durch das EEG derzeit überhöhte Anschaffungspreise in Deutschland vermutet werden, die nach Abschmelzen der Förderung korrigiert werden könnten. Letztlich hat das EEG damit genau das ursprüngliche gesetzgeberische Ziel erreicht.

 

Für die laufenden Betriebskosten kann 1 Prozent der Investitionsausgaben als Jahresdurchschnittswert angesetzt werden. Dieser Wert berücksichtigt auch zu erwartende Preissteigerungen während der Laufzeit. Im Einzelnen ergeben sich somit folgende Werte:

 

Standort

Leistung in KWh/a

 

Jahres-einnahme

 

Betriebs-kosten

 

Investition


BK Technik/ Lise-Meitner Ahaus

201.884

81.682

9.000

900.000

Landwirtschaftsschule Borken

15.686

6.747

720

72.000

Neumühlenschule Borken

52.835

21.615

2.400

240.000

Kreishaus Borken

146.936

59.446

6.600

660.000

BK Gronau

40.803

16.693

1.840

184.000

Hans-Christian-Andersen-Schule Rhede

33.191

13.578

1.500

150.000

BK Stadtlohn

21.520

12.895

1.440

144.000

Gesamt

522.844

212.655

23.500

2.350.000

 

Ausgehend von diesen Eckwerten lassen sich nun grundsätzlich für drei Finanzierungsalternativen Wirtschaftlichkeitsberechnungen anstellen:

 

 

 1. Volle Eigenkapitalfinanzierung:

 

Bei einer vollen Eigenkapitalfinanzierung ist vor allem zu berücksichtigen, dass das eingesetzte Eigenkapital an anderer Stelle zu anderen Erträgen führen könnte. Wegen der im wesentlichen unrentierlichen Tätigkeiten der öffentlichen Hand ist im Vergleich allerdings nur eine Geldanlage als denkbare Alternative zu untersuchen. Als langjähriger Mittelwert für die Verzinsung angelegter Gelder wird hierbei ein Zinssatz von 4 %/a angenommen. Ein höherer angenommener Zinssatz würde im Weiteren zu geringeren Gewinnen führen.

 

Aus der in Anlage 1 dargestellten Berechnung ergibt sich, dass sich auch unter Berücksichtigung einer möglichen alternativen Geldanlage durch die Photovoltaikanlagen ein zusätzlicher Gewinn vor Steuern von knapp 650.000 € in zwanzig Jahren erwirtschaften lässt.

 

Allerdings ist zu beachten, dass das Betreiben von Photovoltaikanlagen als sogenannter Betrieb gewerblicher Art grundsätzlich körperschaftssteuerpflichtig ist. Die einzelnen Steuergrundlagen hängen dabei von mehreren Faktoren, wie zum Beispiel der Berücksichtigung innerer Leistungsverrechnungen ab. Aus Vereinfachungsgründen ist in der anliegenden Berechnung allerdings pauschal mit dem Durchschnittssteuersatz von
25 % gerechnet worden, wobei der steuerliche Freibetrag von 3.835 € berücksichtigt wurde.  Die hiernach zu erwartende Steuerlast beträgt 360.000 €.

Zu beachten ist hierbei, dass nicht nur der gegenüber einer reinen Geldanlage zusätzlich zu erzielende Gewinn besteuert wird, sondern der Gesamtgewinn, der durch die Stromproduktion entsteht. An dieser Stelle wirkt sich aus, dass Zinserlöse an sich für den Kreis nicht körperschaftssteuerpflichtig sind, da sie wegen der Einheitskasse dem hoheitlichen Aufgabenbereich zugerechnet werden. Die Möglichkeit zur Steuerminderung muss noch geprüft werden.

 

 

2. Volle Fremdkapitalfinanzierung:

Die in der Anlage 2 ermittelten Werte machen deutlich, dass bei einer vollständigen Fremdfinanzierung kein Gewinn zu erzielen ist, die Anlagen bei den angesetzten Kalkulationsgrundlagen allerdings auch zu keinem Verlust führen würden. Anders ausgedrückt bedeutet dies, dass die mit der Errichtung und dem Betrieb der Anlagen verfolgten Klimaziele haushaltsneutral umgesetzt werden können. Die sich aus der EEG-Förderung ergebenden wirtschaftlichen Vorteile verbleiben allerdings vollständig im Bankensektor.

 

Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass bei dieser Variante Risiken bei den Kalkulationsannahmen zum Abrutschen in die Verlustzone führen können. Derartige Risiken könnten zunächst im Anschaffungspreis liegen. Hier müsste zur Risikovermeidung schon bei der Ausschreibung der Anlagen vorgegeben werden, dass bei einem Überschreiten der angesetzten Investitionsbeträge die Ausschreibung aufgehoben werden müsste. Die Anlagen können dann nicht realisiert werden. Die Risiken bei der Darlehensaufnahme müssten im Vorfeld durch langfristige Verträge abgesichert werden. Darüber hinaus müssen die Anlagen umfassend gegen Schäden und Produktionsausfallzeiten versichert werden, was aber bei Photovoltaikanlagen ohnehin dem gängigen Standard entspricht. Unter Berücksichtigen dieser Vorgaben erscheinen die Risiken kalkulierbar, zumal die angesetzten Sonnenerträge eher im unteren Bereich angesetzt wurden (s.o.).

 

 

3. Mischfinanzierung (angesetzt wird die höchstmögliche Finanzierung aus KfW[1] Mitteln – 75%)

 

Die in der Anlage 3 dargestellte Finanzierung stellt eine von letztlich unendlich vielen Formen der Mischfinanzierung dar. Sie basiert auf dem nach der KfW-Förderung höchstmöglichen Fördersatz von 75% Fremdmitteln. Mit einem Gesamtgewinn von rund 185.000 € lässt sie neben der Umsetzung der Klimaziele auch noch in kleinerem Maße Erlöse für den Kreishaushalt erwarten. Hinsichtlich der steuerlichen Situation gilt das bereits zu Ziffer 1. Gesagte analog und hinsichtlich der Kalkulationsrisiken kann auf die entsprechenden Ausführungen unter Ziffer 2 verwiesen werden.

 

Entscheidungsalternativen:

Hinsichtlich der Umsetzung der angestrebten Klimaziele erscheinen alle drei Finanzierungsalternativen geeignet. Lediglich bei vollständiger Fremdfinanzierung besteht die Gefahr, dass aufgrund nicht auskömmlicher Angebote die Ausschreibung der Anlagen aufgehoben werden muss und eine Realisierung dann nicht mehr möglich ist, um kein unnötiges Verlustrisiko einzugehen.

 

Am wirtschaftlichsten ist die Finanzierung aus reinem Eigenkapital, wie es beispielsweise auch die Stadt Borken für ihre Photovoltaikanlagen vorgesehen hat. Allerdings muss der Kreis über Eigenkapitalmittel hierzu verfügen. Soweit mittelfristig nicht die Veräußerung von Anlagevermögen in Betracht kommt, müsste dies von den Gemeinden beschafft werden. Die Möglichkeit zur Steuerminderung muss noch geprüft werden.

 

Neben diesen beiden Finanzierungsalternativen sind auch sämtliche Formen der Mischfinanzierung denkbar, wobei die Wirtschaftlichkeit mit der Höhe des Eigenkapitalanteils steigt.

 

Soweit der Kreis auf eine eigene Gewinnmaximierung verzichten möchte, bietet sich neben der Mischfinanzierung alternativ auch die Bereitstellung der Dächer für Dritte an. Grundsätzlich könnten dies gewerbliche Anbieter sein, die die Dächer gegen Entgelt zur Errichtung der Anlagen zur Verfügung gestellt bekommen. Diesen Weg hat beispielsweise die Stadt Bocholt beschritten. Allerdings dürften nennenswerte Gewinne, wegen der zurückgehenden Einspeisevergütung und der geographischen Lage des Kreises mit eher geringer Sonnenleistung hierdurch nicht zu erzielen sein.

 

Eine mögliche Alternative könnte die Bereitstellung von Dächern für sogenannte Bürgerfonds sein. An Bürgerfonds können sich insbesondere Personen beteiligen, die selber keine Möglichkeiten haben, Photovoltaikanlagen auf eigenen Gebäuden zu errichten. Je nach Ausgestaltung könnten diesen Bürgerfonds die Kreisdächer gegen eine Anerkennungsgebühr oder kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

 

Entscheidungsalternativen:

x

Ja

 

Nein

Wenn ja, welche ?

Völliger Verzicht auf Photovoltaikanlagen



[1] KfW – Kreditanstalt für Wiederaufbau; Die KfW verwaltet heute unter anderem Fördermittel des Bundes zur Förderung von Energiesparmaßnahmen, die als verbilligte Darlehen zur Verfügung gestellt werden.


Finanzielle Auswirkungen:

Der Aufwand von       Euro ist im laufenden Budget finanziert:

Ja

 

Nein

Es entstehen Folgewirkungen, die eine Veränderung des Budgets in Folgejahren verursachen:

Ja

 

Nein

Wenn ja, wofür ? – Voraussichtlich in welcher Höhe ?