Der Kreisausschuss
nimmt den Demographiebericht 2009 zur Kenntnis.
Rechtsgrundlage:
keine
Sachdarstellung:
1.
Ausgangslage
Die Auswirkungen
des demographischen Wandels betreffen nahezu alle politischen Handlungsfelder
im Kreis Borken. Aus diesem Grunde wurde bereits vor Jahren ein
fachübergreifender und beteiligungsorientierter Prozess zur Gestaltung des
demographischen Wandels im Kreis Borken initiiert.
Mit dem
Strategiepapier „Brennpunkt Demographie“, das der Kreistag am 26.11.2006
beschlossen hat, konnten die grundlegenden Ausrichtungen für die nächsten Jahre
vereinbart werden. In den zweieinhalb Jahren der Umsetzung wurden eine Vielzahl
von eigenen Aktivitäten des Kreises sowie verschiedene Projekte anderer Träger
ergänzend zu bereits laufenden Maßnahmen initiiert.
2.
Wesentliche
Aussagen des Demographieberichtes 2009
Um die Folgen des
demographischen Wandels effektiv gestalten und nutzen zu können, sind die
maßgeblichen demographischen Grundlagen kontinuierlich zu beobachten und zu
analysieren. Der Demographiebericht, der alle zwei Jahre neu aufgelegt wird,
macht die wesentlichen Datengrundlagen transparent und analysiert aktuelle
demographierelevante Entwicklungen.
Mit dem
Demographiebericht 2009 liegen Daten zur aktuellen Bevölkerungsprognose des
Landesbetriebes Information und Technik NRW und verschiedener Standortmerkmale vor.
Dabei greift der Bericht erstmals die Bereiche Mobilität im Alter,
Siedlungsentwicklung und bürgerschaftliches Engagement auf.
2.1 Bevölkerungsentwicklung
Die aktuelle
Bevölkerungsprognose für den Kreis Borken geht davon aus, dass die
Einwohnerzahl im Kreis Borken ausgehend vom Basisjahr 2008 bis zum Jahr 2030 um
2,9 % wachsen wird. Dabei wird die Zunahme voraussichtlich nur durch
Wanderungsgewinne verursacht, und zwar bis zum Jahr 2029 in einem Umfang von
14.800 Personen oder 4,0 %. Demgegenüber steht bei den natürlichen
Bevölkerungsbewegungen ein voraussichtlicher Sterbefallüberschuss in Höhe von
rund 4.200 Personen oder 1,1 %. Der erwartete Sterbefallüberschuss resultiert
neben der höheren Zahl der Sterbefälle – bedingt durch die größere Anzahl
älterer Menschen – hauptsächlich aus der geringeren Geburtenzahl im Kreis
Borken.
Die Betrachtung
der Altersstruktur macht deutlich, dass der demographische Wandel noch stärker
ausfallen wird als bisher angenommen: die Zahl der Kinder und Jugendlichen wird
weiter zurückgehen als bisher angenommen und bei der Gruppe der älteren
Menschen – und ganz besonders der Hochaltrigen - muss von einem noch stärkeren
Anstieg ausgegangen werden als bisher prognostiziert.
2.2 Demographierelevante Themenfelder
Der Vergleich des
Demographieberichtes 2009 zu den Vorgängerberichten macht deutlich, dass
kommunale Gestaltungsspielräume genutzt wurden. Gleichzeitig werden
verschiedene unbefriedigende Entwicklungen bzw. Herausforderungen sichtbar.
Folgende Aspekte geben einen komprimierten Überblick:
·
Die Anzahl der in Tageseinrichtungen
betreuten Kinder unter drei Jahren hat sich im Kreis Borken seit 2005 mehr als
vervierfacht. Gleichzeitig ist die Zahl der 3- bis unter 6-jährigen Kinder, die
in Tageseinrichtungen betreut werden, seit 2005 stetig zurückgegangen. Die
vorhandenen Plätze werden auch mit unter 3-jährigen Kindern besetzt.
·
Auch bei der Tagespflege sind in
den vergangenen Jahren erhebliche Zuwächse für die Altersgruppe der Kinder
unter 3 Jahre festzustellen: wurden Ende 2006 insgesamt 123 Kinder im Rahmen
von finanziell geförderten Tagespflegeverhältnissen betreut, waren es am
31.05.2009 bereits 346 Kinder.
·
Auch die Betreuung in Grundschulen
im Rahmen von offenen Ganztagsangeboten ist weiter ausgebaut worden. Inzwischen
bieten 51 von 70 Grundschulen und damit 72,9 % den offenen Ganztag an. Alle
Städte und Gemeinden im Kreis Borken verfügen mindestens über eine offene
Ganztagsgrundschule. Das Angebot wird zunehmend angenommen: die Zahl der
Schulkinder, die offene Ganztagsangebote in Grundschulen nutzen, ist seit dem
Schuljahr 2006/ 2007 von 1.031 auf 1.770
im Schuljahr 2008/ 2009 angestiegen, die Nutzerquote stieg von 5,4 auf 10,2 %.
·
Die weltweite wirtschaftliche
Krise ist auch im Kreis Borken angekommen. Die seit 2005 rückläufige
Arbeitslosenquote für den Kreis Borken ist 2009 wieder angestiegen und lag im
Mai 2009 bei 6,7 %.
·
Betrachtet man die Übergänge von
der Grund- zur weiterführenden Schule, so ist festzustellen, dass sich das
Schulwahlverhalten zugunsten einer besseren Qualifizierung verändert. Der
Anteil der Kinder, die zur Hauptschule wechseln, ist kontinuierlich
zurückgegangen. Gleichzeitig ist der Anteil der Übergänge zum Gymnasium
gestiegen. Fast konstant geblieben ist der Anteil der Übergänge zu Realschulen.
·
Im Kreis Borken gibt es immer noch
überdurchschnittlich viele junge Menschen, die die Schule ohne einen Abschluss
verlassen: die Quote der SchulabgängerInnen ohne Hauptschulabschluss ist im
Kreis Borken seit 2005 auf 7,4 % gestiegen, auf Regierungsbezirks- und
Landesebene war im gleichen Zeitraum ein Rückgang auf 6,4 % festzustellen.
Besonders auffällig dabei ist, dass der Anteil ausländischer Schulabgän-gerInnen ohne
Hauptschulabschluss viermal so hoch ist wie die Quote aller SchulabgängerInnen.
·
Die Zahl der Studentinnen und
Studenten aus dem Kreis Borken hat sich von 1975 bis 2007 fast verdoppelt. Die
Studentenquote (Studierende bezogen auf 100 EinwohnerInnen im Alter von 20 bis
unter 25 Jahren) für den Kreis Borken liegt aber immer noch deutlich unter der
für das Land Nordrhein-Westfalen (Kreis Borken: 25,0 %, Land NRW: 32,1 %)
·
Alte Menschen finden im Kreis Borken vielfältige
Möglichkeiten, ihr Leben selbständig und eigenverantwortlich zu gestalten.
Angebote für ein selbständiges Wohnen mit bedarfsgerechten Hilfen sind stetig
weiterentwickelt worden. Die Versorgungsquote mit Altenheimplätzen ist weiter
gestiegen, gleichzeitig sind immer mehr
Plätze nicht belegt.
·
Die Versorgung mit Hausärztinnen und Hausärzten im
Kreis Borken ist rechnerisch nicht in vollem Umfang sichergestellt. Dem
steigenden Bedarf an medizinischer Versorgung stehen in Zukunft nicht mehr
genügend niedergelassene Ärztinnen und Ärzte gegenüber und auch in
Krankenhäusern ist mit einem weiteren Rückgang von Ärztinnen und Ärzten zu rechnen.
Zudem scheiden aus Altersgründen bereits in den nächsten fünf Jahren viele
MedizinerInnen aus dem aktiven Berufsleben aus.
·
Das Thema Mobilität im Alter nimmt weiter an Bedeutung zu. Leider sind jedoch
Daten zur Nutzung des ÖPNV durch ältere Menschen nicht ausreichend vorhanden.
·
Nach der aktuellen Raumordnungsprognose 2025/2050
des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung kann eine Zunahme der
Ein- und Zweipersonenhaushalte von 15 bis 25 % angenommen werden. Gleichzeitig
wird die Zahl der großen familienrelevanten Haushalte
(Vier-und-mehr-Personenhaushalte) im Kreis Borken bis 2025 um 15 bis 25 %
zurückgehen. Die Anzahl der Haushalte junger Familien wird im Prognosezeitraum
sogar um 30 bis 35 % sinken.
·
Der Engagementatlas der Prgnos AG kommt zu dem
Ergebnis, dass der Kreis Borken eine Engagementquote von über 50 % aufweist und
damit weit über dem Durchschnitt des Bundes liegt (34,3 %).
3. Ausblick
Nach 2,5 Jahren
Umsetzung des Strategiepapiers „Brennpunkt Demographie“ mit viel Lust auf
Neues, einer Vielzahl von eigenen Aktivitäten des Kreises sowie verschiedenen
Projekten anderer Träger wie dem Netzwerk Westmünsterland e.V. geht der Prozess
nun in seine wohl zeitlich längste, aber auch entscheidendste Phase.
Mit dem Handlungsprogramm
Demographie, das im Entwurf vorliegt, will der Kreis Borken den begonnenen
Demographieprozess in der Region fester verankern, im Strategiepapier
definierte Schwerpunktsetzungen weiter voran treiben und neue
demographierelevante Themenstellungen aufgreifen. Das Handlungsprogramm
berücksichtigt die Datenlagen des Demographieberichtes 2009 und wurde in einem
beteiligungsorientierten Prozess erarbeitet.
Um die
entwickelten Ziele und Maßnahmen für die nächsten Jahre über die Einbindung
verschiedener Fachexpertinnen und –experten hinaus auf eine noch breitere Basis
zu stellen und noch mehr Wissen und Ideen der Region in das Handlungsprogramms
einzubringen, sind die allgemeine Fachöffentlichkeit und die Vorsitzenden der
Kreistagsfraktionen zu einem webunterstützten Hearing am 29.09.2009 eingeladen.
Außerdem ist eine Diskussion mit Jugendlichen des Berufskollegs Borken
vorgesehen, um auch die Sichtweisen von – zumindest einigen - Jugendlichen
aufgreifen zu können.
Es ist geplant,
das Handlungsprogramm Demographie nach den Herbstferien 2009 in die politische
Abstimmung zu bringen. Abgeschlossen werden soll der Prozess mit einem
Beschluss des Kreistages im Januar 2010.
Finanzielle Auswirkungen:
keine