Betreff
Qualitätsprüfungen in den Altenpflegeheimen durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen
Vorlage
0104/2010
Art
Beschlussvorlage öffentlich

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Gesundheit nimmt die Sachdarstellung zur Kenntnis.


Rechtsgrundlage:

§§ 114 ff SGB XI


Sachdarstellung:

Nach § 115 Abs. 1a S. 1 SGB XI stellen die Landesverbände der Pflegekassen sicher, dass die von Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität, insbesondere hinsichtlich der Ergebnis- und Lebensqualität, für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen verständlich, übersichtlich und vergleichbar sowohl im Internet als auch in anderer geeigneter Form kostenfrei veröffentlicht werden. Bei dieser Veröffentlichung sind die Ergebnisse der Qualitätsprüfungen des MDK zu Grunde zu legen (§ 115 Abs. 1a S. 2 SGB XI).

Zur Durchführung der Qualitätsprüfungen haben der Bund der Pflegekassen, die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene, die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände sog. Pflege-Transparenzvereinbarungen (PTV) herausgegeben (z.B. die PTVS für den stationären Bereich vom 17.12.2008).

Die Qualitätsprüfung bildet die Grundlage der Transparenzberichte. Nähere Regelungen zu den Qualitätsprüfungen enthalten außerdem die Qualitätsprüfungsrichtlinien des GKV-Spitzenverbandes.

 

Seit dem 01.07.2009 führt der MDK die Qualitätsprüfung der Pflegeeinrichtungen unter den vg. Rahmenbedingungen durch. Das Ergebnis der Prüfungen wird mittlerweile veröffentlicht (vgl. www.pflegelotse.de).

Die Durchführung der Prüfung, die Gewichtung einzelner Prüfungsbestandteile, das Zustandekommen von Prüfungsergebnissen, das Fehlen von verlässlichen Messgrößen für die Qualität der pflegerischen Versorgung, der hohe und häufig zusätzliche Aufwand für die Dokumentation der Pflegeleistungen, das unterschiedliche Vorgehen einzelner Prüferinnen und Prüfer, die Aussichtslosigkeit von Stellungnahmen der Pflegeeinrichtungen zu festgestellten Kritikpunkten: Seitens der Pflegeeinrichtungen gibt es eine Vielzahl von Argumenten, die sich gegen die praktizierte Form der Prüfung durch den MDK und die Veröffentlichung der Prüfergebnisse richten.

Diverse Pflegeeinrichtungen haben gegen die Veröffentlichung zunächst den Rechtsweg zu den Sozialgerichten beschritten und versucht, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Veröffentlichung des Prüfergebnisses zu verhindern. In den Eilverfahren in erster Instanz haben die Sozialgerichte zunächst voneinander abweichend entschieden: So hat z.B. das SG Dortmund die Veröffentlichung der Prüfberichte für zulässig gehalten, das SG Münster jedoch eine gegenteilige Auffassung vertreten.

Zuletzt hat das LSG Essen in seinem rechtskräftigen Beschluss vom 10.05.2010 festgestellt, dass Transparenzberichte des MDK über Leistungen und Qualität von Pflegeheimen („Pflege-TÜV“) nicht verfassungswidrig seien und im Internet veröffentlicht werden dürfen.

Zwar ist mit dieser Entscheidung des LSG nur eine solche im Eilverfahren getroffen worden, jedoch dürfte für anhängige Hauptsacheverfahren keine grundlegend andere Entscheidung zu erwarten sein.

Die kontroverse Diskussion um den sog. „Pflege-TÜV“ war Anlass, eine Vertreterin des MDK Westfalen-Lippe (WL) zur Sitzung der Kreispflegekonferenz am 21.04.2010 einzuladen. Frau Reus vom MDK WL erläuterte das Prüfverfahren in den Pflegeeinrichtungen und das Zustandekommen der einzelnen Noten. Anschließend stellte sie sich den Fragen der Pflegekonferenz. Frau Reus räumte ein, dass das Prüfverfahren punktuell durchaus Unebenheiten beinhalte. Diese habe jedoch nicht der MDK, sondern der Bundesgesetzgeber zu vertreten. Dass es an pflegewissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen über valide Indikatoren der Ergebnis- und Lebensqualität der pflegerischen Versorgung fehle, sei im Übrigen allseits bekannt. Auch der MDK sei an einer laufenden Evaluierung der Prüfaktivitäten interessiert und habe deshalb den Bundesgesetzgeber in eigener Initiative auf diverse berechtigte Kritikpunkte hingewiesen. Näheres ist auch dem Protokoll zur Kreispflegekonferenz zu entnehmen (www.kreis-borken.de/Kreisvewaltung/Soziales).

Die Betreiber von Pflegeeinrichtungen suchen ihrerseits außerhalb der Verfahren bei den Sozialgerichten nach Wegen, den Bundesgesetzgeber auf die Kritikpunkte an den Prüfverfahren aufmerksam zu machen. So waren z.B. Bundestags- und Landtagsabgeordnete aus dem Kreis Borken am 14.04.2010 zu einer Veranstaltung der kath. stationären Altenpflegeeinrichtungen eingeladen. Bei dieser Veranstaltung nutzten die Einrichtungen die Gelegenheit, den Politikern ihren Unmut und ihr Unverständnis über die gelebte Prüfpraxis zu schildern. Daneben gibt es mehrere Aktivitäten auf überregionaler Ebene durch die Träger der Altenpflegeeinrichtungen, um eine zügige Evaluierung des „Pflege-TÜV“ zu bewirken.

Auch der Bundesrat hat sich bereits mit dem „Pflege-TÜV“ befasst. Zuletzt hat er in einer Entschließung am 26.03.2010 begrüßt, dass mit dem Pflege-Weiterentwicklungsgesetz die Voraussetzungen für mehr Transparenz in der Pflege geschaffen wurden. Der Bundesrat hat die Bundesregierung aufgefordert, grundsätzlich am Transparenzsystem festzuhalten, die Qualitätskriterien und das Bewertungssystem aber anhand der ersten Prüfungsergebnisse rasch wissenschaftlich evaluieren zu lassen und im Anschluss daran ggf. zügig auf Korrekturen hinzuwirken. Diese Korrekturen sollen darauf abzielen, noch besser zu gewährleisten, dass gute Pflege als gut und schlechte Pflege als schlecht erkennbar ist.