Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Gesundheit nimmt den nachstehenden Bericht zum Projekt „Leben im Alter neu denken – Kreis Borken bewegt“ zur Kenntnis.
Rechtsgrundlage:
keine
Sachdarstellung:
Der damalige
Sozial- und Gesundheitsausschuss empfahl dem Kreistag in seiner Sitzung am
06.05.2004, der Verwaltung den Auftrag zu erteilen, Altenhilfestrukturen im
Kreisgebiet wirkungsorientiert weiterzuentwickeln. Die Intention dieses
Auftrages war, dem überproportional hohen Anstieg der Zahl älterer Menschen
Rechnung zu tragen, indem Strukturen mit dem Oberziel „Selbstbestimmtes und
selbstorganisiertes Leben und Wohnen im Alter“ aufgebaut würden. Außerdem
sollte der Anstieg der Sozialhilfeausgaben für die Heimpflege gebremst werden.
So entstand das
Projekt „Leben im Alter neu denken – Kreis Borken bewegt“. Dieses Projekt wurde
von einem Beratungsunternehmen professionell begleitet. Im Rahmen von Ideenwettbewerben
wurden Teilprojekte für unterschiedliche Zielgruppen wie z.B. „Allein lebende
Ältere“, „Ältere Menschen mit pflegenden Angehörigen“, „Ältere Engagierte“ u.a.
entwickelt. Eine Lenkungsgruppe, bestehend aus Mitarbeitern und
Mitarbeiterinnen des Beratungsunternehmens, der Kreis- und Kommunalverwaltung,
der Politik, verschiedener Arbeitsgemeinschaften der Wohlfahrtspflege, der
Ambulanten Pflegedienste, der Kassenärztlichen Vereinigung u.a. begleitete
dieses Projekt über 4 Jahre.
Vom Projektstart
am 01.07.2004 bis zum 31.12.2006, dem geplanten Ende des Projektes, wurden 1,25
Millionen € Haushaltsmittel des Kreises zur Verfügung gestellt. Da am Ende
dieser Projektlaufzeit noch ausreichend Mittel zur Verfügung standen, beschloss
der Sozial- und Gesundheitsausschuss in seiner Sitzung am 12.12.2006 die
Projektarbeit weiter fortzusetzen. Diese wurde erst bis zum 31.12.2007 und dann
bis zum 30.06.2008 verlängert, wobei weitere Mittel in Höhe von 170.000,00 € im
Jahr 2007 und ca. 83.000,00 € für das 1. Halbjahr 2008 im Kreishaushalt
bereitgestellt wurden.
In seiner Sitzung
am 11.02.2008 beschloss der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Gesundheit auf
Grundlage der Empfehlungen der Lenkungsgruppe, ab dem 01.07.2008 Angebote zu
folgenden vier
Zielgruppen älterer Menschen weiterhin wirkungsorientiert zu steuern und zu
fördern:
1.
Ältere
Menschen in nicht altersgerechter Wohnsituation
2.
Ältere
Menschen ab 70 Jahre im Krankenhaus
3.
Ältere
Menschen mit Demenz
4.
Allein
lebende Ältere mit Unterstützungsbedarf.
Alle Anbieter der
bisher geförderten Angebote zu den vier ausgewählten Zielgruppen erhielten die
Möglichkeit einer weiteren Förderung durch den Kreis für den Zeitraum vom
01.07.2008 bis zum 31.12.2010 (Regelförderungszeitraum). Es wurden während
dieser Zeit keine neuen Ideenwettbewerbe durchgeführt. Die Bewertung der
eingereichten Angebote erfolgte nach fünf Kriterien, die den Beitrag zu den
drei Oberzielen (Selbständiges Leben im Alter, Stärkung ambulanter
Versorgungstrukturen und Reduzierung des Anstiegs der Heimkosten für den Kreis
Borken), die Vernetzung und Transparenz von Angeboten sowie die
Kosten-Nutzen-Relation beinhalteten.
Das
Angebotscontrolling wurde weiter fortgesetzt und für alle Anbieter
verpflichtend. Anstatt der Lenkungsgruppe wurde ein Beratungsgremium in
Anbindung an die Kreispflegekonferenz eingerichtet, das den Kreis bei der
wirkungsorientierten Steuerung und Finanzierung von freiwilligen Leistungen der
Altenhilfe, die auf selbständiges Leben älterer Menschen im Kreis Borken
hinwirken, unterstützt. Profil, Aufgaben, Organisation und Besetzung der Arbeitsgruppe
wurden im Rahmen einer Geschäftsordnung geregelt.
Im Kreishaushalt
wurden für die Regelförderzeit Haushaltsmittel in Höhe von 950.000,00 € zur
Verfügung gestellt (2008: 190.000,00 €, 2009 und 2010 je 380.000,00 €).
In jeder
Zielgruppe gibt es ein bewährtes Angebot, das bereits im Projektzeitraum vor
der Regelförderzeit positiv bewertet und dann auf andere Orte und von anderen
Anbietern übertragen wurde.
Die Auszahlung der
Fördergelder erfolgte in 5 Raten jeweils zum 01.04 und 01.10. eines Jahres,
wobei das Angebotscontrolling jeweils eine Jahresstatistik sowie ein
Controlling-Gespräch beinhaltete. Dabei wurden die in den
Wirkungsvereinbarungen festgelegten Wirkungsziele überprüft. Die letzte
Controlling-Runde wird im September diesen Jahres starten, da die letzte Rate
zum 01.10.2010 ausgezahlt wird.
Der Grundtenor bei
den bisherigen Controlling-Gesprächen lautet, dass alle Angebote gut laufen und
von den älteren Menschen rege angenommen werden.
1.
„Ältere Menschen in nicht altersgerechter
Wohnsituation“
In diesem Teilbereich
geht es um die Wohnumfeldberatung (WUB). Die WUB hat enge Verbindungen zu
Hilfsmittelanbietern/Sanitätshäusern aufgebaut, ebenfalls zu kompetenten und
zertifizierten Handwerksbetrieben („barrierefreies Bauen“). Bei den Beratungen
wird direkter Kontakt zu den Senioren aufgebaut. Diese erhalten die
Möglichkeit, sich bereits vor Ort mit den Leistungen und Hilfsmitteln vertraut
zu machen, wodurch die Bereitschaft wächst, sich dieser Mittel zu Hause
bedienen zu wollen. Die Akquise erfolgt über persönliche Vorstellung des
Angebotes in Seniorengruppen und –vereinen, durch Flyer, durch Präsenz auf Seniorenmessen
sowie durch regelmäßige Anzeigen- und Pressearbeit.
Die Erstberatung
ist für die/den Ratsuchende/n immer kostenlos. Die Pflegekasse zahlt max. einen
Zuschuss in Höhe von 2.557,00 € für eine große Umbaumaßnahme. Für Fragen der
Wohnraumförderung bzw. der Förderung für barrierefreies Wohnen stehen auch
MitarbeiterInnen in der Kreisverwaltung zur Verfügung (Abteilung
Wohnbauförderung im Fachbereich Bauen und Wohnen).
Da die
Wohnraumberatung der Türöffner für viele weitere Leistungen ist, bieten auch
andere ambulante Pflegedienste eine Wohnraumberatung an – ohne Förderung durch
Kreismittel.
Im Teilbereich der
Wohnumfeldberatung wurden 3 Angebote sowohl im Nord- und Südteil des Kreises
als auch im Bereich Bocholt, Rhede und Isselburg mit einer Summe von ca.
180.000 € im gesamten Projektzeitraum gefördert.
Andere
Förderprogramme, von denen die Träger dieses Angebotes profitieren könnten,
sind nicht bekannt..
2.
„Ältere Menschen ab 70 Jahre im Krankenhaus“
In diesem
Teilbereich wird ein aktiver Beitrag zur Entlassung älterer Menschen vom
Krankenhaus in das häusliche Umfeld geleistet, mit dem Schwerpunkt, die
langfristige Selbstständigkeit des Betroffenen oder seiner pflegenden
Angehörigen zu unterstützen. Die Pflegewerkstätten sollen die Betroffenen und
Angehörigen befähigen, nach einem Krankenhausaufenthalt zu Hause besser
zurechtzukommen. Dazu wurde in den Krankenhäusern in Borken, Stadtlohn und
Gronau (Lukas-Krankenhaus) die Zusammenarbeit mit der Pflegeüberleitung und dem
Sozialdienst intensiviert. Die Schulungen der Angehörigen finden sowohl am
Krankenbett direkt als auch in Übungsräumen statt. Vorträge und Gesprächskreise
für Angehörige werden ebenfalls angeboten.
In den Krankenhäusern
in Ahaus und Vreden sowie im Antonius-Hospital in Gronau heißt das Angebot
„Begleitet nach Hause“ und richtet sich an allein lebende ältere Menschen, die
in das häusliche Umfeld entlassen werden. In regelmäßig stattfindenden
Informationsveranstaltungen werden Themen wie Umgang mit Hilfsmitteln,
sturzvorbeugende Maßnahmen, Pflegeversicherung etc. angesprochen, so dass dem
Betroffenen ein Gefühl von Sicherheit gegeben wird und die Lebensqualität im
häuslichen Umfeld erhalten bleibt. Der Umfang der Begleitung, die durch eine/n
AlltagsbegleiterIn geleistet wird, wird individuell ermittelt und liegt bei ca.
12 Stunden im Durchschnitt.
Im Teilbereich „Ältere
Menschen ab 70 Jahre im Krankenhaus“ waren es 5 Angebote in den Krankenhäusern
in Borken, Stadtlohn, Gronau (Lukas-Krankenhaus), in Ahaus und Vreden sowie im
Gronauer St. Antonius-Hospital in einer Gesamthöhe von ca. 340.000,00 € die vom 01.07.2008 bis zum 31.12.2010 gefördert
wurden.
Die Schulungen
sind für die Angehörigen bisher kostenlos. 2 Stunden der Schulungszeit werden
von den Pflegekassen nach § 45 SGB XI übernommen. Die Restfinanzierung erfolgt
bisher aus Projektmitteln „Leben im Alter neu denken“ des Kreises. Andere
Förderprogramme sind hier nicht bekannt.
Das Krankenhaus in
Stadtlohn hat daher z.B. einen neues Projekt mit der AOK und der Uni Osnabrück
aufgebaut, bei dem die Pflegekurse und das Pflegetraining mit den Angehörigen
am Patientenbett von der AOK finanziert und von der Uni wissenschaftlich
begleitet werden. Aber auch hierbei handelt es sich um ein zeitlich befristetes
Projekt.
Zu berücksichtigen
ist auch, in wie weit sich die Krankenhäuser von sich aus öffnen und tätig
werden, um konkurrenzfähig zu bleiben.
3.
„Ältere Menschen mit Demenz“
Im Teilbereich
sind die Demenzcafés in Rhede und Isselburg, in Reken und Velen sowie in Legden
und Heek als Angebote der außerhäuslichen Betreuung inzwischen fest etabliert
und werden von den jeweiligen Trägern auch an nicht geförderten Standorten
betrieben. Die meist im Nachmittag stattfindende Betreuung - manche Angebote
gelten auch ganztägig - gibt dem Demenzkranken die Stärkung seines
Wohlbefindens und den Angehörigen Entlastung.
Das Demenzcafé im
Lukas-Krankenhaus in Gronau läuft und wird gut angenommen, aber vom Kreis,
obwohl es zu den ausgesuchten Angeboten gehört, nicht unterstützt, da die
Wirkungsvereinbarungen vom Krankenhaus nicht unterschrieben und bisher keine
Jahresstatistiken vorgelegt wurden. Somit ist eine Überprüfung der
Wirkungsziele nicht möglich.
Beim
Zeitintensivem Betreuungsdienst (ZIB) erfolgt die Betreuung der Demenzkranken
im häuslichen Bereich durch geschulte DemenzbegleiterInnen. Das Beratungs– und
Entlastungsangebot für den Bereich Stadtlohn-Südlohn–Vreden ist ähnlich wie in den Demenzcafés auf die
Betreuung der Demenzerkrankten und die Beratung und Entlastung der pflegenden
Angehörigen ausgerichtet.
Der Besuch im
Demenzcafé sowie die Betreuung durch den ZIB, inzwischen in den Dekanaten Ahaus
und Borken nicht nur an den geförderten, sondern an etlichen weiteren Standorten
verbreitet, werden durch einen Eigenanteil der Betroffenen mitfinanziert. Durch
die Einführung des Pflegeleistungsergänzungsgesetzes sind Betreuungsleistungen
dementiell erkrankter Personen unabhängig von der Einstufung in eine
Pflegestufe über die Pflegekasse seit dem 01.07.2008 bis zu einem Höchstbetrag
von 100,00 € bzw. 200,00 € pro Monat für die Betroffenen refinanzierbar. Bei
bereits eingestuften Personen kann das Betreuungsangebot auch aus dem Budget
der Verhinderungspflege bezahlt werden.
Die Betreuung von
Demenzkranken gehört zum festen Bestandteil des Angebotes der Wohlfahrtsverbände.
Die
Gesamtförderung für diesen Teilbereich lag bei rund 243.000,00 € für den
gesamten Regelförderzeitraum. Andere Förderprogramme sind hier nicht bekannt.
4.
„Allein Lebende mit Unterstützungsbedarf“
Es geht um die
individuelle Unterstützung allein lebender älterer Menschen, die meist durch
Ehrenamtliche geleistet wird. Die Vermittlung zwischen dem Ehrenamtlichen und
dem älteren allein Lebendem sowie die Betreuung der Ehrenamtlichen werden durch
dieses Angebot in Ahaus, Gronau und Bocholt/Rhede/Isselburg gewährleistet. Der
ältere alleinlebende Mensch soll so soziale Kontakte erfahren, aus seiner
Isolation geholt werden und sich beachtet und entlastet fühlen. Die
Ehrenamtlichen sind meist „junge Alte“, die die Kraft und Möglichkeiten haben,
den Älteren zu helfen. Ihre Gewinnung und Betreuung kostet viel Zeit und
Energie. In diesem Teilbereich wurden insgesamt rund 137.000,00 € im
Regelförderzeitraum investiert.
Mit den
Kreismitteln werden die hauptamtlichen Stellenanteile bezahlt, die für die
Gewinnung und Koordinierung der ehrenamtlich Tätigen zuständig sind. Aus „anderen
Quellen“ gibt es hierfür keine Zuschüsse für die Träger dieser Angebote.
Finanzierung
Die Aufteilung der
finanziellen Mittel in der Regelförderlaufzeit auf die verschiedenen Anbieter
gestaltet sich wie folgt:
Betreuungsverein
Gronau e.V. 50.000,00
€ (ehrenamtliche Unterstützung)
SKF Ahaus Vreden
e.V. 47.295,00
€ (ehrenamtliche Unterstützung
Verein Leben im
Alter e.V., Bocholt 40.000,00
€ (ehrenamtliche Unterstützung)
62.350,00
€ (Wohnumfeldberatung)
DRK Soziale Arbeit
u. Bildung 66.750,00
€ (Wohnumfeldberatung Nordteil)
49.500,00
€ (Wohnumfeldberatung Südteil
48.500,00
€ (Pflegewerkstatt Gronau)
Caritasverband
Borken 30.230,00
€ (ZIB Gescher)
52.500,00
€ (Demenzcafé Reken-Velen)
60.625,00
€ (Pflegewerkstatt Borken)
Caritasverband
Ahaus-Vreden 57.500,00
€ (Beratung u. Entlastung)
49.500,00
€ (Demenzcafé Ledgen u. Heek)
Caritasverband
Bocholt 22.850,00
€ (Demenzcafé Rhede u. Isselburg)
41.965,00
€ (Familienverbände)
Krankenhaus Maria
Hilf Stadtlohn 55.000,00
€ (Pflegewerkstatt)
St.
Antonius-Hospital Gronau 85.000,00
€ (Begleitet nach Hause)
St.
Marien-Krankenhaus Ahaus-Vreden 91.530,00
€ (Begleitet nach Hause)
Familienentlastender
Dienst Borken 2.500,00 €
Familienentlastender
Dienst Velen 2.500,00 €
Gesamtsumme 916.095,00
€
Ohne die bisher
nicht ausgezahlten 30.000,00 € für das Beratungs- und Entlastungsangebot im
Lukas-Krankenhaus Gronau.
Wie geht es weiter?
In den vergangenen
6 Jahren wurden viele neue Strukturen im Altenhilfebereich aufgebaut, um
wirkungsvolle Lösungen für die steigende Zahl älterer Menschen und die
steigenden Sozialhilfeausgaben der stationären Pflege zu finden. Gemeinsam mit
sozialen Organisationen, Wohlfahrtsverbänden, privaten Anbietern, Vereinen, Kassen,
Ärzten, Krankenhäusern, freien Initiativen, Unternehmen, Politik, Städten und
Gemeinden hat der Kreis Borken damit neue Wege beschritten und Angebote für die
verschiedenen Bedürfnisse älterer Menschen geschaffen. Die Regelförderzeit von
„Leben im Alter neu denken – Kreis Borken bewegt“ endet zum 31.12.2010.
Diese Vorlage
dient der Information über das Projekt bzw. die Regelförderzeit.
Finanzielle Auswirkungen:
Derzeit werden in
einem gesonderten Projekt alle kommunalen Förderstrukturen im freiwilligen
sozialen Bereich erfasst. Dazu gehören auch die hier aufgeführten 20 Angebote.
Im Rahmen der notwendigen Diskussionen über die Gesamtförderstrukturen ist dann
auch darüber zu entscheiden, ob und wie die Angebote aus dem Projekt „Leben im
Alter neu denken“ ab dem Haushaltsjahr 2011 fortgeführt werden (siehe hierzu
TOP 5, Vorlage 0106/2010).