Betreff
Projekt "Leben im Alter neu denken - Kreis Borken bewegt" - Sachstandsbericht
Vorlage
0105/2010
Art
Beschlussvorlage öffentlich

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Gesundheit nimmt den nachstehenden Bericht zum Projekt „Leben im Alter neu denken – Kreis Borken bewegt“ zur Kenntnis.


Rechtsgrundlage:

keine


Sachdarstellung:

Der damalige Sozial- und Gesundheitsausschuss empfahl dem Kreistag in seiner Sitzung am 06.05.2004, der Verwaltung den Auftrag zu erteilen, Altenhilfestrukturen im Kreisgebiet wirkungsorientiert weiterzuentwickeln. Die Intention dieses Auftrages war, dem überproportional hohen Anstieg der Zahl älterer Menschen Rechnung zu tragen, indem Strukturen mit dem Oberziel „Selbstbestimmtes und selbstorganisiertes Leben und Wohnen im Alter“ aufgebaut würden. Außerdem sollte der Anstieg der Sozialhilfeausgaben für die Heimpflege gebremst werden.

So entstand das Projekt „Leben im Alter neu denken – Kreis Borken bewegt“. Dieses Projekt wurde von einem Beratungsunternehmen professionell begleitet. Im Rahmen von Ideenwettbewerben wurden Teilprojekte für unterschiedliche Zielgruppen wie z.B. „Allein lebende Ältere“, „Ältere Menschen mit pflegenden Angehörigen“, „Ältere Engagierte“ u.a. entwickelt. Eine Lenkungsgruppe, bestehend aus Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Beratungsunternehmens, der Kreis- und Kommunalverwaltung, der Politik, verschiedener Arbeitsgemeinschaften der Wohlfahrtspflege, der Ambulanten Pflegedienste, der Kassenärztlichen Vereinigung u.a. begleitete dieses Projekt über 4 Jahre.

Vom Projektstart am 01.07.2004 bis zum 31.12.2006, dem geplanten Ende des Projektes, wurden 1,25 Millionen € Haushaltsmittel des Kreises zur Verfügung gestellt. Da am Ende dieser Projektlaufzeit noch ausreichend Mittel zur Verfügung standen, beschloss der Sozial- und Gesundheitsausschuss in seiner Sitzung am 12.12.2006 die Projektarbeit weiter fortzusetzen. Diese wurde erst bis zum 31.12.2007 und dann bis zum 30.06.2008 verlängert, wobei weitere Mittel in Höhe von 170.000,00 € im Jahr 2007 und ca. 83.000,00 € für das 1. Halbjahr 2008 im Kreishaushalt bereitgestellt wurden.

In seiner Sitzung am 11.02.2008 beschloss der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Gesundheit auf Grundlage der Empfehlungen der Lenkungsgruppe, ab dem 01.07.2008 Angebote zu

 

folgenden vier Zielgruppen älterer Menschen weiterhin wirkungsorientiert zu steuern und zu fördern:

1.   Ältere Menschen in nicht altersgerechter Wohnsituation

2.   Ältere Menschen ab 70 Jahre im Krankenhaus

3.   Ältere Menschen mit Demenz

4.   Allein lebende Ältere mit Unterstützungsbedarf.

Alle Anbieter der bisher geförderten Angebote zu den vier ausgewählten Zielgruppen erhielten die Möglichkeit einer weiteren Förderung durch den Kreis für den Zeitraum vom 01.07.2008 bis zum 31.12.2010 (Regelförderungszeitraum). Es wurden während dieser Zeit keine neuen Ideenwettbewerbe durchgeführt. Die Bewertung der eingereichten Angebote erfolgte nach fünf Kriterien, die den Beitrag zu den drei Oberzielen (Selbständiges Leben im Alter, Stärkung ambulanter Versorgungstrukturen und Reduzierung des Anstiegs der Heimkosten für den Kreis Borken), die Vernetzung und Transparenz von Angeboten sowie die Kosten-Nutzen-Relation beinhalteten.

Das Angebotscontrolling wurde weiter fortgesetzt und für alle Anbieter verpflichtend. Anstatt der Lenkungsgruppe wurde ein Beratungsgremium in Anbindung an die Kreispflegekonferenz eingerichtet, das den Kreis bei der wirkungsorientierten Steuerung und Finanzierung von freiwilligen Leistungen der Altenhilfe, die auf selbständiges Leben älterer Menschen im Kreis Borken hinwirken, unterstützt. Profil, Aufgaben, Organisation und Besetzung der Arbeitsgruppe wurden im Rahmen einer Geschäftsordnung geregelt.

Im Kreishaushalt wurden für die Regelförderzeit Haushaltsmittel in Höhe von 950.000,00 € zur Verfügung gestellt (2008: 190.000,00 €, 2009 und 2010 je 380.000,00 €).

In jeder Zielgruppe gibt es ein bewährtes Angebot, das bereits im Projektzeitraum vor der Regelförderzeit positiv bewertet und dann auf andere Orte und von anderen Anbietern übertragen wurde.

Die Auszahlung der Fördergelder erfolgte in 5 Raten jeweils zum 01.04 und 01.10. eines Jahres, wobei das Angebotscontrolling jeweils eine Jahresstatistik sowie ein Controlling-Gespräch beinhaltete. Dabei wurden die in den Wirkungsvereinbarungen festgelegten Wirkungsziele überprüft. Die letzte Controlling-Runde wird im September diesen Jahres starten, da die letzte Rate zum 01.10.2010 ausgezahlt wird.

Der Grundtenor bei den bisherigen Controlling-Gesprächen lautet, dass alle Angebote gut laufen und von den älteren Menschen rege angenommen werden.

 

1.   „Ältere Menschen in nicht altersgerechter Wohnsituation“

In diesem Teilbereich geht es um die Wohnumfeldberatung (WUB). Die WUB hat enge Verbindungen zu Hilfsmittelanbietern/Sanitätshäusern aufgebaut, ebenfalls zu kompetenten und zertifizierten Handwerksbetrieben („barrierefreies Bauen“). Bei den Beratungen wird direkter Kontakt zu den Senioren aufgebaut. Diese erhalten die Möglichkeit, sich bereits vor Ort mit den Leistungen und Hilfsmitteln vertraut zu machen, wodurch die Bereitschaft wächst, sich dieser Mittel zu Hause bedienen zu wollen. Die Akquise erfolgt über persönliche Vorstellung des Angebotes in Seniorengruppen und –vereinen, durch Flyer, durch Präsenz auf Seniorenmessen sowie durch regelmäßige Anzeigen- und Pressearbeit.

Die Erstberatung ist für die/den Ratsuchende/n immer kostenlos. Die Pflegekasse zahlt max. einen Zuschuss in Höhe von 2.557,00 € für eine große Umbaumaßnahme. Für Fragen der Wohnraumförderung bzw. der Förderung für barrierefreies Wohnen stehen auch MitarbeiterInnen in der Kreisverwaltung zur Verfügung (Abteilung Wohnbauförderung im Fachbereich Bauen und Wohnen).

Da die Wohnraumberatung der Türöffner für viele weitere Leistungen ist, bieten auch andere ambulante Pflegedienste eine Wohnraumberatung an – ohne Förderung durch Kreismittel.

 

Im Teilbereich der Wohnumfeldberatung wurden 3 Angebote sowohl im Nord- und Südteil des Kreises als auch im Bereich Bocholt, Rhede und Isselburg mit einer Summe von ca. 180.000 € im gesamten Projektzeitraum gefördert.

Andere Förderprogramme, von denen die Träger dieses Angebotes profitieren könnten, sind nicht bekannt..

 

2.   „Ältere Menschen ab 70 Jahre im Krankenhaus“

In diesem Teilbereich wird ein aktiver Beitrag zur Entlassung älterer Menschen vom Krankenhaus in das häusliche Umfeld geleistet, mit dem Schwerpunkt, die langfristige Selbstständigkeit des Betroffenen oder seiner pflegenden Angehörigen zu unterstützen. Die Pflegewerkstätten sollen die Betroffenen und Angehörigen befähigen, nach einem Krankenhausaufenthalt zu Hause besser zurechtzukommen. Dazu wurde in den Krankenhäusern in Borken, Stadtlohn und Gronau (Lukas-Krankenhaus) die Zusammenarbeit mit der Pflegeüberleitung und dem Sozialdienst intensiviert. Die Schulungen der Angehörigen finden sowohl am Krankenbett direkt als auch in Übungsräumen statt. Vorträge und Gesprächskreise für Angehörige werden ebenfalls angeboten.

In den Krankenhäusern in Ahaus und Vreden sowie im Antonius-Hospital in Gronau heißt das Angebot „Begleitet nach Hause“ und richtet sich an allein lebende ältere Menschen, die in das häusliche Umfeld entlassen werden. In regelmäßig stattfindenden Informationsveranstaltungen werden Themen wie Umgang mit Hilfsmitteln, sturzvorbeugende Maßnahmen, Pflegeversicherung etc. angesprochen, so dass dem Betroffenen ein Gefühl von Sicherheit gegeben wird und die Lebensqualität im häuslichen Umfeld erhalten bleibt. Der Umfang der Begleitung, die durch eine/n AlltagsbegleiterIn geleistet wird, wird individuell ermittelt und liegt bei ca. 12 Stunden im Durchschnitt.

Im Teilbereich „Ältere Menschen ab 70 Jahre im Krankenhaus“ waren es 5 Angebote in den Krankenhäusern in Borken, Stadtlohn, Gronau (Lukas-Krankenhaus), in Ahaus und Vreden sowie im Gronauer St. Antonius-Hospital in einer Gesamthöhe von ca. 340.000,00 € die  vom 01.07.2008 bis zum 31.12.2010 gefördert wurden.

Die Schulungen sind für die Angehörigen bisher kostenlos. 2 Stunden der Schulungszeit werden von den Pflegekassen nach § 45 SGB XI übernommen. Die Restfinanzierung erfolgt bisher aus Projektmitteln „Leben im Alter neu denken“ des Kreises. Andere Förderprogramme sind hier nicht bekannt.

Das Krankenhaus in Stadtlohn hat daher z.B. einen neues Projekt mit der AOK und der Uni Osnabrück aufgebaut, bei dem die Pflegekurse und das Pflegetraining mit den Angehörigen am Patientenbett von der AOK finanziert und von der Uni wissenschaftlich begleitet werden. Aber auch hierbei handelt es sich um ein zeitlich befristetes Projekt.

Zu berücksichtigen ist auch, in wie weit sich die Krankenhäuser von sich aus öffnen und tätig werden, um konkurrenzfähig zu bleiben.

 

3.   „Ältere Menschen mit Demenz“

Im Teilbereich sind die Demenzcafés in Rhede und Isselburg, in Reken und Velen sowie in Legden und Heek als Angebote der außerhäuslichen Betreuung inzwischen fest etabliert und werden von den jeweiligen Trägern auch an nicht geförderten Standorten betrieben. Die meist im Nachmittag stattfindende Betreuung - manche Angebote gelten auch ganztägig - gibt dem Demenzkranken die Stärkung seines Wohlbefindens und den Angehörigen Entlastung.

Das Demenzcafé im Lukas-Krankenhaus in Gronau läuft und wird gut angenommen, aber vom Kreis, obwohl es zu den ausgesuchten Angeboten gehört, nicht unterstützt, da die Wirkungsvereinbarungen vom Krankenhaus nicht unterschrieben und bisher keine Jahresstatistiken vorgelegt wurden. Somit ist eine Überprüfung der Wirkungsziele nicht möglich.

Beim Zeitintensivem Betreuungsdienst (ZIB) erfolgt die Betreuung der Demenzkranken im häuslichen Bereich durch geschulte DemenzbegleiterInnen. Das Beratungs– und Entlastungsangebot für den Bereich Stadtlohn-Südlohn–Vreden ist  ähnlich wie in den Demenzcafés auf die Betreuung der Demenzerkrankten und die Beratung und Entlastung der pflegenden Angehörigen ausgerichtet.

Der Besuch im Demenzcafé sowie die Betreuung durch den ZIB, inzwischen in den Dekanaten Ahaus und Borken nicht nur an den geförderten, sondern an etlichen weiteren Standorten verbreitet, werden durch einen Eigenanteil der Betroffenen mitfinanziert. Durch die Einführung des Pflegeleistungsergänzungsgesetzes sind Betreuungsleistungen dementiell erkrankter Personen unabhängig von der Einstufung in eine Pflegestufe über die Pflegekasse seit dem 01.07.2008 bis zu einem Höchstbetrag von 100,00 € bzw. 200,00 € pro Monat für die Betroffenen refinanzierbar. Bei bereits eingestuften Personen kann das Betreuungsangebot auch aus dem Budget der Verhinderungspflege bezahlt werden.

Die Betreuung von Demenzkranken gehört zum festen Bestandteil des Angebotes der Wohlfahrtsverbände.

Die Gesamtförderung für diesen Teilbereich lag bei rund 243.000,00 € für den gesamten Regelförderzeitraum. Andere Förderprogramme sind hier nicht bekannt.

 

4.   „Allein Lebende mit Unterstützungsbedarf“

Es geht um die individuelle Unterstützung allein lebender älterer Menschen, die meist durch Ehrenamtliche geleistet wird. Die Vermittlung zwischen dem Ehrenamtlichen und dem älteren allein Lebendem sowie die Betreuung der Ehrenamtlichen werden durch dieses Angebot in Ahaus, Gronau und Bocholt/Rhede/Isselburg gewährleistet. Der ältere alleinlebende Mensch soll so soziale Kontakte erfahren, aus seiner Isolation geholt werden und sich beachtet und entlastet fühlen. Die Ehrenamtlichen sind meist „junge Alte“, die die Kraft und Möglichkeiten haben, den Älteren zu helfen. Ihre Gewinnung und Betreuung kostet viel Zeit und Energie. In diesem Teilbereich wurden insgesamt rund 137.000,00 € im Regelförderzeitraum investiert.

Mit den Kreismitteln werden die hauptamtlichen Stellenanteile bezahlt, die für die Gewinnung und Koordinierung der ehrenamtlich Tätigen zuständig sind. Aus „anderen Quellen“ gibt es hierfür keine Zuschüsse für die Träger dieser Angebote.

 

 

Finanzierung

Die Aufteilung der finanziellen Mittel in der Regelförderlaufzeit auf die verschiedenen Anbieter gestaltet sich wie folgt:

Betreuungsverein Gronau e.V.                       50.000,00 €  (ehrenamtliche Unterstützung)

SKF Ahaus Vreden e.V.                                 47.295,00 €  (ehrenamtliche Unterstützung

Verein Leben im Alter e.V., Bocholt               40.000,00 €  (ehrenamtliche Unterstützung)

                                                                        62.350,00 €  (Wohnumfeldberatung)

DRK Soziale Arbeit u. Bildung                        66.750,00 €  (Wohnumfeldberatung Nordteil)

                                                                        49.500,00 €  (Wohnumfeldberatung Südteil

                                                                        48.500,00 €  (Pflegewerkstatt Gronau)

 

Caritasverband Borken                                   30.230,00 €  (ZIB Gescher)

                                                                        52.500,00 €  (Demenzcafé Reken-Velen)

                                                                        60.625,00 €  (Pflegewerkstatt Borken)

Caritasverband Ahaus-Vreden                       57.500,00 €  (Beratung u. Entlastung)

                                                                        49.500,00 €  (Demenzcafé Ledgen u. Heek)

Caritasverband Bocholt                                  22.850,00 €  (Demenzcafé Rhede u. Isselburg)

                                                                        41.965,00 €  (Familienverbände)

Krankenhaus Maria Hilf Stadtlohn                  55.000,00 €  (Pflegewerkstatt)

St. Antonius-Hospital Gronau             85.000,00 €  (Begleitet nach Hause)

St. Marien-Krankenhaus Ahaus-Vreden        91.530,00 €  (Begleitet nach Hause)

Familienentlastender Dienst Borken                 2.500,00 €

Familienentlastender Dienst Velen                   2.500,00 €

Gesamtsumme                                              916.095,00 €

Ohne die bisher nicht ausgezahlten 30.000,00 € für das Beratungs- und Entlastungsangebot im Lukas-Krankenhaus Gronau.

 

 

Wie geht es weiter?

In den vergangenen 6 Jahren wurden viele neue Strukturen im Altenhilfebereich aufgebaut, um wirkungsvolle Lösungen für die steigende Zahl älterer Menschen und die steigenden Sozialhilfeausgaben der stationären Pflege zu finden. Gemeinsam mit sozialen Organisationen, Wohlfahrtsverbänden, privaten Anbietern, Vereinen, Kassen, Ärzten, Krankenhäusern, freien Initiativen, Unternehmen, Politik, Städten und Gemeinden hat der Kreis Borken damit neue Wege beschritten und Angebote für die verschiedenen Bedürfnisse älterer Menschen geschaffen. Die Regelförderzeit von „Leben im Alter neu denken – Kreis Borken bewegt“ endet zum 31.12.2010.

Diese Vorlage dient der Information über das Projekt bzw. die Regelförderzeit.


Finanzielle Auswirkungen:

Derzeit werden in einem gesonderten Projekt alle kommunalen Förderstrukturen im freiwilligen sozialen Bereich erfasst. Dazu gehören auch die hier aufgeführten 20 Angebote. Im Rahmen der notwendigen Diskussionen über die Gesamtförderstrukturen ist dann auch darüber zu entscheiden, ob und wie die Angebote aus dem Projekt „Leben im Alter neu denken“ ab dem Haushaltsjahr 2011 fortgeführt werden (siehe hierzu TOP 5, Vorlage 0106/2010).