Betreff
Anregung gem. § 21 KrO: Erstellung eines Inklusionsplanes im Bereich Bildung, eingereicht vom Arbeitskreis Behindertenhilfe
Vorlage
0120/2013
Art
Beschlussvorlage

1.      Der Kreistag dankt dem AK Behindertenhilfe insbesondere der AG Bildung und Erziehung für die Initiative einen gemeinsamen Antrag auf Erstellung eines Inklusionsplans für den Bereich Bildung auf den Weg zu bringen.

2.      Der Kreistag bekennt sich ausdrücklich zu der Zielsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, die allen Kindern und Jugendlichen den Zugang zu einem inklusiven Bildungssystem ermöglichen soll.

3.      Der Kreistag erwartet, dass die Landesregierung insbesondere im Rahmen des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes die erforderlichen rechtlichen, pädagogischen und finanziellen Rahmenbedingungen zur Umsetzung eines inklusiven Schulsystems zur Verfügung stellt.

4.      Die Verwaltung wird beauftragt,

  • in Abstimmung mit den 17 Städten und Gemeinden einen kommunalen Inklusionsplan für den Bereich Bildung im Kreis Borken zu erarbeiten, sobald die noch ausstehenden Vorgaben des Landes NRW als Schulgesetzgeber vorliegen. Parallel soll die weitere Entwicklung eines inklusiven Bildungssystems im Kreis Borken vorbereitet werden.
  • Eltern, Schulen, Kindertagesstätten sowie weitere Bildungsakteure und die Öffentlichkeit sind über die Zielsetzung der UN – Behindertenrechtskonvention im Bildungsbereich und ihre Umsetzung im Kreis Borken aktiv und gezielt zu informieren.


Rechtsgrundlage:

§  UN-Behindertenrechtskonvention, insbesondere Artikel 24

§  § 21 KrO


Sachdarstellung:

1.      Zum Hintergrund

Der Arbeitskreis Behindertenhilfe hat seine Kooperation mit dem Kreis Borken in einer Vereinbarung vom 07.10.2010 geregelt. Mitglieder im AK Behindertenhilfe sind Einrichtungen, Verbände, Vereine und Initiativen, die sich für die Belange der Menschen mit Behinderung einsetzen. In dieser Kooperationsvereinbarung verpflichten sich der Kreis Borken und der AK Behindertenhilfe darauf hinzuwirken, dass die Gleichstellung und gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung im Kreis Borken realisiert werden und das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung – UN-Behindertenrechtskonvention – umgesetzt werden. Darüber hinaus hat der Arbeitskreis Behindertenhilfe die Möglichkeit seine Empfehlungen, Anliegen und Vorschläge an die Verwaltung und die Politik zu richten. Der Kreis hat in der Kooperationsvereinbarung zugesagt, diese im Rahmen seiner Zuständigkeiten zu verfolgen und bei der Vermittlung und Weiterleitung an Dritte zu unterstützen.

Mit dem Datum vom 07. Mai 2013 hat der AK Behindertenhilfe gem. § 21 KrO einen Antrag zur Erstellung eines Inklusionsplans im Bereich Bildung eingereicht. Zeitgleich ist dieser Antrag auch an die Bürgermeisterin und die Bürgermeister der kreisangehörigen Kommunen gestellt worden. Deshalb sollte das Ergebnis der Beratung im Fachausschuss auch in der Bürgermeisterkonferenz erörtert werden, um ein kreisweit abgestimmtes Vorgehen zu ermöglichen.

Die grundsätzliche Umsetzungsverantwortung liegt in erster Linie beim Land NRW als zuständigem Gesetzgeber für die Bildungspolitik. Daher ist in Übereinstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden deutlich darauf hinzuweisen, dass zur Umsetzung des Art. 24 UN-Behindertenrechtskonvention eine Änderung des Schulgesetzes zur Sicherung des Rechts auf inklusive Beschulung an allgemeinen Schulen unter Wahrung des Konnexitätsprinzips vorzunehmen ist.

Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund hat der Kreistag Borken und haben im Anschluss auch einige Räte im Kreis Borken eine Resolution „Schulische Inklusion braucht gute Gelingensbedingungen“ verabschiedet und diese im März 2013 an Frau Schulministerin Löhrmann übermittelt. In einem Antwortschreiben an den Landrat hat Herr Staatssekretär Hecke den jetzt vorliegenden Gesetzentwurf erläutert.

2.      Sachstand der gesetzliche Rahmenregelungen auf Landesebene

Die Landesregierung hat  am 19. März 2013 beschlossen, ihren Entwurf für ein "Erstes Gesetz zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in den Schulen" (9. Schulrechtsänderungsgesetz) in den Landtag einzubringen. Diesem Schritt ist ein umfangreiches Beteiligungsverfahren vorausgegangen. In dieses waren neben den Lehrer- und Elternverbänden, den Kommunalen Spitzenverbänden, Kirchen und vielen Fachverbänden auch die Selbsthilfeorganisationen der Menschen mit Behinderungen eingebunden. Zahlreiche Stellungnahmen sind eingereicht worden.

Nach derzeitigem Sachstand würden beim Inkrafttreten des 9.Schulrechtsänderungsgesetzes und der Verordnung über die Schulgrößen (144  Schüler/-innen pro Schulstandort als untere Grenze) im Bereich der Förderschulen Lernen im Kreis Borken nur die Standorte in Bocholt und Vreden über dieser Mindestgröße verfügen. Die übrigen vier Förderschulen dürften ab dem Schuljahr 2014/15 keine neuen Schüler/-innen aufnehmen. Die kreiseigenen Förderschulen im Bereich Sprache und Emotionale und Soziale Entwicklung weisen auch perspektivisch ausreichend Schüler/-innen für einen weiteren Betrieb nach (66 Schüler/-innen pro Schulstandort als untere Grenze). Die Modellphase der Kompetenzzentren, an denen alle Förderschulen beteiligt sind, wird spätestens zum Schuljahr 2014/15 auslaufen.


3.      Aktuelle Entwicklung Schulische Inklusion im Kreis Borken

Bereits der Referentenentwurf des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes hat dazu geführt, dass sich die kommunalen Schulträger der Förderschulen Lernen, Emotionale und Soziale Entwicklung und Sprache zusammen mit der Schulaufsicht und der Kreisverwaltung zu einer Arbeitsgruppe verabredet haben, um die regionale Perspektive der sonderpädagogischen Förderung im Kreis Borken gemeinsam zu erörtern und zu entwickeln.

Zur Unterstützung dieses Prozesses ist die Erstellung eines sog. Masterplans zur Perspektive der sonderpädagogischen Förderung im Kreis Borken an Dr. Habeck, Institut für Schulentwicklungsforschung in Dortmund, vergeben worden.

Darüber hinaus beteiligt sich der Kreis Borken neben der Stadt Essen auf Initiative der kommunalen Spitzenverbände in Abstimmung mit allen Schulträgern an einem Gutachten zur Ermittlung der Mehrkosten einer inklusiven Beschulung. Der Auftrag ist durch die kommunalen Spitzenverbände an Prof. Dr. Schneider, Bergische Universität in Wuppertal, sowie an Prof. Dr. Weishaupt, Deutsches Institut für internationale pädagogische Forschung in Frankfurt, erteilt worden. Erste Ergebnisse werden in Kürze erwartet.

Die Arbeitsgruppe sieht in der Erstellung dieser beiden Gutachten eine gute Grundlage, um die weitere Planung der sonderpädagogischen Förderung entsprechend dem regionalen Bedarf zu gestalten und gleichzeitig mit den verantwortlichen Schulträgern abzustimmen. Das Ergebnis des Gutachtens zur Ermittlung der Mehrkosten für die schulische Inklusion fließt in den Masterplan zur sonderpädagogischen Förderung mit ein. Dieses Vorgehen ist mit der Bürgermeisterkonferenz abgestimmt worden.

Im Rahmen des 3. Bildungsberichts, der im Herbst 2013 herausgegeben wird, wird auf die Entwicklungen schulischer Inklusion eingegangen.

4.    Zu den Forderungen der Anregung

Der AK Behindertenhilfe fordert die Kreisverwaltung auf, in Abstimmung mit den Städten und Gemeinden einen kommunalen Inklusionsplan Bildung zu erstellen, der die Vorgaben des Landes NRW berücksichtigt, und parallel hierzu die weitere Entwicklung zur Inklusion aller Kinder und Jugendlichen, unabhängig von der Art oder Form ihrer Behinderung, vorzubereiten.

Dieser Inklusionsplan soll bis spätestens Ende 2014 verabschiedet sein. Im Rahmen der Erstellung des Inklusionsplans soll Sachverstand aus Wissenschaft, Politik, Verwaltung, Bildungsträgern, Schulen und dem Arbeitskreis Behindertenhilfe einbezogen werden.

In der o.g. Sachdarstellung wird deutlich, dass bereits jetzt viele Strukturen und Absprachen getroffen worden sind, die sinnvollerweise für die Erstellung eines kommunalen Inklusionsplans genutzt werden können.

Darüber hinaus stellt der AK Behindertenhilfe folgende Einzelforderungen:

·         Die Bildungslandschaft im Kreis Borken soll hinsichtlich der Anforderungen der UN-Behindertenrechtskonvention überprüft und in Richtung eines inklusiven Bildungssystems weiterentwickelt werden.

·         Eine Informationskampagne, die Eltern, Schulen, Kindertageseinrichtungen und die Öffentlichkeit über das Leben und Lernen aller Kinder in einem inklusiven Bildungssystem informiert, soll erarbeitet werden.


·         Die Einrichtung einer unabhängigen Beratungsstelle soll unterstützt und begleitet werden, die Eltern von Kindern mit Behinderung bei den Entscheidungen im Bildungssystem beraten.

·         Allen Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf, deren Eltern eine inklusive Beschulung fordern, soll ein Platz im Gemeinsamen Unterricht angeboten werden. Dafür  sollen die sächlichen, räumlichen und personellen Voraussetzungen geschaffen werden. Die Zuteilung der notwendigen Sonderpädagogen wird vom Land mit Nachdruck eingefordert.

·         Allgemeine Schulen sollen in ihrem Auftrag unterstützt werden, zunehmend mehr Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf qualitativ hochwertig unterrichten zu können und zum Regelförderort für Kinder mit einer Behinderung zu werden. Für Kinder, die nicht oder noch nicht in der allgemeinen Schule lernen können, sollen weiterhin Förderschulen vorgehalten. Die Versorgung aller Kinder mit den notwendigen Ressourcen ist sicherzustellen.

·         Sonderpädagogen der Förderschulen sowie der bereits inklusiv arbeitenden Schulen sollen mit ihren Kompetenzen bei der Gestaltung eines inklusiven Bildungssystems aktiv mitwirken.

·         Die Finanzierung für notwendige Integrationshilfen im "offenen Ganztag" oder in der "verlässlichen Betreuung" soll in Zukunft gesichert werden.

·         Schule soll durch Schulsozialarbeiter und Schulpsychologen im Inklusionsprozess unterstützt werden.

Auf diese Einzelforderungen, die zum Teil abhängig von den rechtlichen Rahmenbedingungen des Schulministeriums sind, zum anderen Bezüge zum Bereich der Jugend- und/oder Sozialhilfe haben, sollte aus Sicht der Verwaltung im Rahmen der Erstellung des Inklusionsplans Bildung eingegangen werden. Die Ergebnisse sollten im Inklusionsplan dokumentiert werden.

5.      Struktur und Aufbau für die Erarbeitung eines Inklusionsplans im Bereich Bildung

Als Basis für Erstellung des Inklusionsplans sollte zunächst eine Bestandsaufnahme und Analyse der aktuellen Situation im Kreis Borken erarbeitet werden. Die Bedarfslage und Gelingensbedingungen für inklusives Lernen sollten dabei aufgezeigt werden, um anschließend konkrete Empfehlungen und Maßnahmen entwickeln zu können.

Bei dem Aufbau und Inhalt eines kommunalen Inklusionsplans im Bereich Bildung sollte auf bereits vorliegende Erfahrungen anderer Kommunen zurückgegriffen werden, z.B. Kreis Olpe, Kreis Warendorf oder die Stadt Köln.

Die Arbeitsstruktur sollte auf bereits bestehende Gremien zurückgreifen. Die Federführung für diesen Prozess sollte das Bildungsbüro übernehmen, da der Lenkungskreis Regionales Bildungsnetzwerk bereits das Thema Inklusion in verschiedenen Veranstaltungsformaten aufgegriffen hat.

Darüber hinaus sollte die bestehende Arbeitsgruppe der kommunalen Schulträger im Bereich der Förderschulen Lernen, Emotionale und Soziale Entwicklung und Sprache genutzt werden. Das Angebot des AK Behindertenhilfe auf Unterstützung des Planungsprozesses soll nach Bedarfslage angenommen werden.

Sobald kommunale Gegebenheiten berührt werden, sind diese im Prozess auf der Kreisebene gesondert zu berücksichtigen und möglichst mit den Kommunen abzustimmen.