Der
dargestellten interkommunalen Zusammenarbeit mit dem Kreis Recklinghausen wird
zugestimmt. Der Landrat wird beauftragt,
·
die
Öffentlich-rechtliche Vereinbarung über die Delegation einer Teilaufgabe der
Entsorgung von Bioabfällen vom Kreis Recklinghausen auf den Kreis Borken und
·
die
Abstimmungsvereinbarung über die Entsorgung von Bioabfällen aus dem Kreis
Recklinghausen abzuschließen.
Rechtsgrundlage:
§
23 ff. Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit (GkG)
Sachdarstellung:
Die Kreise Recklinghausen und Borken sind jeweils für ihr
Gebiet die für die Entsorgung (Verwertung/Beseitigung) zuständigen
öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gem. den §§ 17, 20 KrWG i. V. m.
§ 5 Abs. 1 LAbfG NW und damit zuständig für die Entsorgung
(Verwertung/Beseitigung) von Abfällen aus privaten Haushalten und Abfällen zur
Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen.
Die Kreise Recklinghausen und Borken beabsichtigen, die interkommunale
Zusammenarbeit zu stärken und im Bereich der Abfallwirtschaft miteinander zu
kooperieren. Durch eine Vernetzung der in beiden Kreisen vorhandenen
Entsorgungsinfrastruktur und -anlagen soll die ordnungsgemäße, schadlose und allgemeinwohlverträgliche
Entsorgung von Bioabfällen langfristig gewährleistet werden.
§ 23 des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit eröffnet dem Kreis
Recklinghausen die Möglichkeit, die ihm obliegende Entsorgungspflicht für
Bioabfälle teilweise mit befreiender Wirkung auf den Kreis Borken zu
übertragen. Zu diesem Zweck ist eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung
abzuschließen.
Ausgangslage:
Der Kreis
Recklinghausen ist Mitglied des EKOCity Abfallzweckverbandes und hat die
thermische Behandlung, die mechanische Aufbereitung, die Vorbehandlung und die
Beseitigung von
überlassungspflichtigen/überlassenen Abfällen zur Beseitigung aus privaten
Haushaltungen und aus anderen Herkunftsbereichen als Teilaufgabe der
Abfallentsorgung auf den Verband übertragen. Hiervon sind ausgenommen die
satzungspflichtigen /überlassenen Abfälle zur Verwertung, insbesondere die
Bioabfälle aus privaten Haushaltungen. Der Abfallwirtschaftsverband EKOCity ist
nicht mit der Bioabfallentsorgung beauftragt. Die Bioabfallentsorgung im Kreis
Recklinghausen wird gegenwärtig durch vom Kreis Recklinghausen beauftragte
Dritte durchgeführt.
Im Kreis Recklinghausen fallen jährlich circa 40.000 Tonnen Bioabfälle
an. 18.000 Tonnen werden derzeit an der integrierten Methanisierungs- und
Kompostierungsanlage der AGR in Herten auf der Grundlage des bestehenden
Vertrages mit der AGR angenommen. Teile dieser Bioabfallmengen erhält die
EntsorgungsGesellschaft Westmünsterland mbH (egw) bereits heute über eine
vertragliche Vereinbarung mit der AGR.
Die AGR ist eine mittelständische, kommunal
geprägte Unternehmensgruppe im Eigentum des Regionalverbandes Ruhr (RVR). Sie
leistet mit ihren Unternehmensbereichen vorwiegend in der Metropolregion Ruhr
einen wichtigen Beitrag zum Umwelt-, Klima- und Ressourcenschutz. Die AGR
betreibt in Herten eine Müllverbrennungsanlage. In dieser Anlage werden Abfälle
u.a. aus dem Kreis Borken thermisch behandelt.
Die Verträge zwischen dem Kreis Recklinghausen und der AGR sowie
zwischen der egw und der AGR haben noch eine Laufzeit bis 31.12.2017. Sie
sollen bei Zustandekommen der angestrebten interkommunalen Zusammenarbeit
einvernehmlich zum 31.12.2013 aufgelöst werden.
Die restliche Menge der Bioabfälle des Kreises Recklinghausen wird
derzeit bei einem privaten Entsorger in einem Kompostwerk verwertet. Der
Vertrag mit dem privaten Entsorger läuft zum 31.12.2013 aus, so dass eine
Anschlusslösung erforderlich ist.
Beabsichtigtes Vorhaben
Der Kreis Recklinghausen beabsichtigt, die
ordnungsgemäße Entsorgung der Bioabfälle aus dem Kreisgebiet ab dem 01.01.2014
neu zu regeln. Hierzu soll die dem Kreis Recklinghausen obliegende
Entsorgungspflicht für die Entsorgung von Bioabfällen über eine
öffentlich-rechtliche Vereinbarung (§ 23 Abs. 1 1. Alt., Abs. 2 Satz 1 GkG) teilweise
mit befreiender Wirkung (Delegation) auf den Kreis Borken übertragen werden. Die Satzungshoheit verbleibt weiterhin beim
Kreis Recklinghausen. Der Kreis Borken soll danach für den Kreis Recklinghausen
die Verwertung der Bioabfälle im Rahmen einer delegierten Aufgabenübertragung
in eigener Zuständigkeit gegen Kostenerstattung übernehmen. Neben dem
öffentlich-rechtlichen Vertrag, der eine Mindestlaufzeit von 10 Jahren umfasst,
ist eine Abstimmungsvereinbarung zu schließen, die die konkrete Durchführung
der Aufgabe regelt.
Die Aufgabenübertragung soll ab einer Umladeanlage im Kreisgebiet
Recklinghausen erfolgen und beinhaltet somit neben der Verwertung in Gescher auch
die Logistik. In der logistischen Gesamtkonzeption würde das bedeuten, dass im
Rahmen eines bestehenden Altvertrages zwischen der egw und der AGR Restmüll aus
dem Kreis Borken in den Kreis Recklinghausen transportiert wird und diese
Rückfahrten in den Kreis Borken für den Transport der Bioabfälle des Kreises
Recklinghausen genutzt werden. Hier wird eine weitgehende Auslastung der
Transporte angestrebt, die sog. „Voll-Voll-Logistik“. Durch die künftige
Vermeidung von Leerfahrten entstehen positive Effekte für die CO²-Bilanz.
Es ist beabsichtigt,
dass der Kreis Recklinghausen dem Kreis Borken / der egw für die Dauer der
Kooperation eine Entschädigung für die Entsorgung der Abfälle gem. § 23 Abs.4
GkG NRW zahlt. Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach den Kosten, die für
die Entsorgung der Abfälle entstehen.
Die nähere Ausgestaltung der Aufgabenübertragung wird durch eine
Abstimmungsvereinbarung geregelt, die zwischen den Kreisen Recklinghausen und
Borken abzuschließen ist. Die Abstimmungsvereinbarung regelt u.a. den
Anlieferungsort der Bioabfälle, d.h. die Umladeanlage/n, den
Anlieferungsturnus, die Verwiegung der Abfälle und das durch den Kreis
Recklinghausen zu zahlende Entgelt sowie die Rechnungslegung. Die
Abstimmungsvereinbarung wird für die gleiche Laufzeit wie die
öffentlich-rechtliche Vereinbarung geschlossen und steht unter der Bedingung,
dass die öffentlich-rechtliche Vereinbarung wirksam wird und bleibt.
Die beabsichtigte
Zusammenarbeit bietet folgende Vorteile
·
Es
wird eine langfristige Entsorgungssicherheit auf hohem Umweltschutzniveau und
eine langfristige Gebührenstabilität erreicht.
·
Für
die hochwertige Behandlung der Bioabfälle werden vorhandene Kapazitäten der egw
genutzt. Die Anlagenauslastung kann so dauerhaft gewährleistet werden.
·
Es
werden die jeweiligen abfallwirtschaftlichen Kernkompetenzen
(Bioabfall-behandlung / MVA) in den Kreisgebieten genutzt.
·
Über
die interkommunale Kooperation wird eine regionale Entsorgungsautarkie durch
den Aufbau von stabilen, regionalen
abfallwirtschaftlichen Strukturen in kommunaler Verantwortung erreicht.
·
Es
wird eine nachhaltige abfallwirtschaftliche Vernetzung von Stoffströmen in den
Kreisgebieten erreicht. Mit dem Ziel der
Organisation einer Voll-Voll-Logistik sollen Transporte von Bioabfällen
aus dem Kreis Recklinghausen (zur Anlage der egw) in den Kreis Borken und von
thermisch zu behandelnden Abfällen aus dem Kreis Borken (zur Anlage der AGR) in
den Kreis Recklinghausen optimiert werden. Dadurch können Synergien erzielt und
CO2-Emissionen reduziert werden.
·
Es
besteht eine hohe Konformität zur Abfallwirtschaftsplanung NRW.
- Prinzip der Nähe
- Förderung interkommunaler Kooperationen
- Geordnete Kapazitätsbewirtschaftung
·
Die
egw / der Kreis Borken kann die bestehende Inkongruenz der Laufzeiten des
bestehenden Entsorgungsvertrags für Restmüll und des Bioabfallvertrags und die
damit verbundenen Unsicherheiten auflösen.
Da es sich um eine Teildelegation
der Entsorgungspflicht vom Kreis Recklinghausen auf den Kreis Borken handelt,
besteht insoweit keine Ausschreibungspflicht.
Die öffentlich-rechtliche Vereinbarung wird gemäß §§ 23, 24 i.V.m. § 29 Abs. 4 GKG der Bezirksregierung Münster als Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorgelegt.
Verarbeitung der Bioabfälle
Die Bioabfälle (rund 40.000 t) können wie folgt am Standort Gescher
verarbeitet werden:
·
Die erste Intensivrottelinie der MBA,
in der Bioabfälle aus Dortmund verarbeitet werden, hat eine freie Kapazität von
rund 5.000 t
·
In der Kompostierungsanlage werden
bereits heute etwa 8.000 t Bioabfälle aus dem Kreis Recklinghausen verarbeitet.
·
Die zweite Intensivrottelinie der MBA
soll ebenfalls umgenutzt werden (27.000 t). Hierdurch wird die erforderliche
Kapazität erreicht.
Die EGW erzeugt aus
dem Bioabfall hochwertigen Kompost und führt zudem einen Teil des Bioabfalls –
die nach Abpressen entstehende energiereiche Biosuspension – einer
energetischen Verwertung in der eigenen Vergärungsanlage zu. Diese enge
Anlagevernetzung, die im Rahmen des Forschungs - und Entwicklungsvorhabens
„Energieeffiziente Bioabfallbehandlung" erreicht werden konnte, führt zu
verschiedenen Vorteilen. So konnte in der Kompostierung eine höhere
Durchsatzleistung und in der Vergärung eine Kostenreduktion erreicht werden, da
die Ver- und Entsorgung der Anlage in die bestehenden Stoffströme eingebunden
wird. Die Gewährleistung einer solch hochwertigen Bioabfallverwertung hat für
den Kreis Recklinghausen einen großen Stellenwert.
Die komplette Umnutzung der Intensivrotte der MBA macht aus Sicht der
egw Sinn. So ist die egw als Betreiber einer MBA im derzeitigen und sich
entwickelnden Marktumfeld nicht Kostenführer für die Behandlung von
Restabfällen. Die MBA-Technologie ist jedoch sehr flexibel, so dass auf den
Markt reagiert werden kann. So soll die Stärke der egw, die biologische
Abfallbehandlung, forciert werden. Über den avisierten Vertrag kann man die
Auslastung der bestehenden Anlagen über 10 Jahre sicherstellen. Die mechanische
Restabfallbehandlung würde nach wie vor stattfinden. Die Sortierreste, die
derzeit biologisch behandelt und anschließend auf der Deponie in Ennigerloh
abgelagert werden, würden in Zukunft in der energetischen Verwertung zum
Einsatz kommen. Die Absatzmöglichkeiten für diesen Stoffstrom sind angesichts
der strukturellen Kapazitätsüberhänge im MVA-Bereich vergleichbar gut. So kann
die hochwertige Verwertung von aussortierten Stoffströmen aus der mechanischen
Behandlung beibehalten sowie eine kostengünstige Beseitigung der Siebreste
erreicht werden.
Die Kooperation mit dem Kreis Warendorf und der AWG, über die die
Deponierung des Rotteoutputs auf der Deponie Ennigerloh geregelt wurde, läuft
in der Folge leer. Mit der AWG werden derzeit konstruktive Gespräche geführt,
den Entsorgungsweg für andere deponierbare Abfälle (z.B. Asbest) zu nutzen, für
die der Kreis Borken / die egw keine eigenen Entsorgungswege hat.
Die Umnutzung der zweiten Linie der Intensivrotte muss bei der
Bezirksregierung Münster beantragt werden. Diese begleitet und unterstützt das
Vorhaben. Es werden keine Probleme erwartet, da die egw sich innerhalb der
genehmigten flächenbezogenen Immissionskontingente und Annahmekapazitäten
bewegt.
Im Ergebnis stellt die geplante Kooperation eine gute
Entwicklungsperspektive im Kerngeschäftsfeld der Behandlung von biogenen
Abfällen für die egw dar.