Betreff
Interkommunale Zusammenarbeit mit dem Kreis Recklinghausen auf dem Gebiet der Bioabfallverwertung
Vorlage
0126/2013
Art
Beschlussvorlage

Der dargestellten interkommunalen Zusammenarbeit mit dem Kreis Recklinghausen wird zugestimmt. Der Landrat wird beauftragt,

·         die Öffentlich-rechtliche Vereinbarung über die Delegation einer Teilaufgabe der Entsorgung von Bioabfällen vom Kreis Recklinghausen auf den Kreis Borken   und

·         die Abstimmungsvereinbarung über die Entsorgung von Bioabfällen aus dem Kreis Recklinghausen abzuschließen.


Rechtsgrundlage:

§ 23 ff. Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit (GkG)

Sachdarstellung:

Die Kreise Recklinghausen und Borken sind jeweils für ihr Gebiet die für die Entsorgung (Verwertung/Beseitigung) zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gem. den §§ 17, 20 KrWG i. V. m. § 5 Abs. 1 LAbfG NW und damit zuständig für die Entsorgung (Verwertung/Beseitigung) von Abfällen aus privaten Haushalten und Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen.

Die Kreise Recklinghausen und Borken beabsichtigen, die interkommunale Zusammenarbeit zu stärken und im Bereich der Abfallwirtschaft miteinander zu kooperieren. Durch eine Vernetzung der in beiden Kreisen vorhandenen Entsorgungsinfrastruktur und -anlagen soll die ordnungsgemäße, schadlose und allgemeinwohlverträgliche Entsorgung von Bioabfällen langfristig gewährleistet werden.

§ 23 des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit eröffnet dem Kreis Recklinghausen die Möglichkeit, die ihm obliegende Entsorgungspflicht für Bioabfälle teilweise mit befreiender Wirkung auf den Kreis Borken zu übertragen. Zu diesem Zweck ist eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung abzuschließen.

Ausgangslage:

Der Kreis Recklinghausen ist Mitglied des EKOCity Abfallzweckverbandes und hat die thermische Behandlung, die mechanische Aufbereitung, die Vorbehandlung und die Beseitigung  von überlassungspflichtigen/überlassenen Abfällen zur Beseitigung aus privaten Haushaltungen und aus anderen Herkunftsbereichen als Teilaufgabe der Abfallentsorgung auf den Verband übertragen. Hiervon sind ausgenommen die satzungspflichtigen /überlassenen Abfälle zur Verwertung, insbesondere die Bioabfälle aus privaten Haushaltungen. Der Abfallwirtschaftsverband EKOCity ist nicht mit der Bioabfallentsorgung beauftragt. Die Bioabfallentsorgung im Kreis Recklinghausen wird gegenwärtig durch vom Kreis Recklinghausen beauftragte Dritte durchgeführt.

Im Kreis Recklinghausen fallen jährlich circa 40.000 Tonnen Bioabfälle an. 18.000 Tonnen werden derzeit an der integrierten Methanisierungs- und Kompostierungsanlage der AGR in Herten auf der Grundlage des bestehenden Vertrages mit der AGR angenommen. Teile dieser Bioabfallmengen erhält die EntsorgungsGesellschaft Westmünsterland mbH (egw) bereits heute über eine vertragliche Vereinbarung mit der AGR.

Die AGR ist eine mittelständische, kommunal geprägte Unternehmensgruppe im Eigentum des Regionalverbandes Ruhr (RVR). Sie leistet mit ihren Unternehmensbereichen vorwiegend in der Metropolregion Ruhr einen wichtigen Beitrag zum Umwelt-, Klima- und Ressourcenschutz. Die AGR betreibt in Herten eine Müllverbrennungsanlage. In dieser Anlage werden Abfälle u.a. aus dem Kreis Borken thermisch behandelt.

Die Verträge zwischen dem Kreis Recklinghausen und der AGR sowie zwischen der egw und der AGR haben noch eine Laufzeit bis 31.12.2017. Sie sollen bei Zustandekommen der angestrebten interkommunalen Zusammenarbeit einvernehmlich zum 31.12.2013 aufgelöst werden.

Die restliche Menge der Bioabfälle des Kreises Recklinghausen wird derzeit bei einem privaten Entsorger in einem Kompostwerk verwertet. Der Vertrag mit dem privaten Entsorger läuft zum 31.12.2013 aus, so dass eine Anschlusslösung erforderlich ist.

Beabsichtigtes Vorhaben

Der Kreis Recklinghausen beabsichtigt, die ordnungsgemäße Entsorgung der Bioabfälle aus dem Kreisgebiet ab dem 01.01.2014 neu zu regeln. Hierzu soll die dem Kreis Recklinghausen obliegende Entsorgungspflicht für die Entsorgung von Bioabfällen über eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung (§ 23 Abs. 1  1. Alt., Abs. 2 Satz 1 GkG) teilweise mit befreiender Wirkung (Delegation) auf den Kreis Borken übertragen werden. Die Satzungshoheit verbleibt weiterhin beim Kreis Recklinghausen. Der Kreis Borken soll danach für den Kreis Recklinghausen die Verwertung der Bioabfälle im Rahmen einer delegierten Aufgabenübertragung in eigener Zuständigkeit gegen Kostenerstattung übernehmen. Neben dem öffentlich-rechtlichen Vertrag, der eine Mindestlaufzeit von 10 Jahren umfasst, ist eine Abstimmungsvereinbarung zu schließen, die die konkrete Durchführung der Aufgabe regelt.

Die Aufgabenübertragung soll ab einer Umladeanlage im Kreisgebiet Recklinghausen erfolgen und beinhaltet somit neben der Verwertung in Gescher auch die Logistik. In der logistischen Gesamtkonzeption würde das bedeuten, dass im Rahmen eines bestehenden Altvertrages zwischen der egw und der AGR Restmüll aus dem Kreis Borken in den Kreis Recklinghausen transportiert wird und diese Rückfahrten in den Kreis Borken für den Transport der Bioabfälle des Kreises Recklinghausen genutzt werden. Hier wird eine weitgehende Auslastung der Transporte angestrebt, die sog. „Voll-Voll-Logistik“. Durch die künftige Vermeidung von Leerfahrten entstehen positive Effekte für die CO²-Bilanz.

Es ist beabsichtigt, dass der Kreis Recklinghausen dem Kreis Borken / der egw für die Dauer der Kooperation eine Entschädigung für die Entsorgung der Abfälle gem. § 23 Abs.4 GkG NRW zahlt. Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach den Kosten, die für die Entsorgung der Abfälle entstehen.

Die nähere Ausgestaltung der Aufgabenübertragung wird durch eine Abstimmungsvereinbarung geregelt, die zwischen den Kreisen Recklinghausen und Borken abzuschließen ist. Die Abstimmungsvereinbarung regelt u.a. den Anlieferungsort der Bioabfälle, d.h. die Umladeanlage/n, den Anlieferungsturnus, die Verwiegung der Abfälle und das durch den Kreis Recklinghausen zu zahlende Entgelt sowie die Rechnungslegung. Die Abstimmungsvereinbarung wird für die gleiche Laufzeit wie die öffentlich-rechtliche Vereinbarung geschlossen und steht unter der Bedingung, dass die öffentlich-rechtliche Vereinbarung wirksam wird und bleibt.

Die beabsichtigte Zusammenarbeit bietet folgende Vorteile

·         Es wird eine langfristige Entsorgungssicherheit auf hohem Umweltschutzniveau und eine langfristige Gebührenstabilität erreicht.

·         Für die hochwertige Behandlung der Bioabfälle werden vorhandene Kapazitäten der egw genutzt. Die Anlagenauslastung kann so dauerhaft gewährleistet werden.

·         Es werden die jeweiligen abfallwirtschaftlichen Kernkompetenzen (Bioabfall-behandlung / MVA) in den Kreisgebieten genutzt. 

·         Über die interkommunale Kooperation wird eine regionale Entsorgungsautarkie durch den Aufbau von stabilen, regionalen  abfallwirtschaftlichen Strukturen in kommunaler Verantwortung erreicht.

·         Es wird eine nachhaltige abfallwirtschaftliche Vernetzung von Stoffströmen in den Kreisgebieten erreicht. Mit dem Ziel der  Organisation einer Voll-Voll-Logistik sollen Transporte von Bioabfällen aus dem Kreis Recklinghausen (zur Anlage der egw) in den Kreis Borken und von thermisch zu behandelnden Abfällen aus dem Kreis Borken (zur Anlage der AGR) in den Kreis Recklinghausen optimiert werden. Dadurch können Synergien erzielt und CO2-Emissionen reduziert werden.

·         Es besteht eine hohe Konformität zur Abfallwirtschaftsplanung NRW.

    • Prinzip der Nähe
    • Förderung interkommunaler Kooperationen
    • Geordnete Kapazitätsbewirtschaftung

·         Die egw / der Kreis Borken kann die bestehende Inkongruenz der Laufzeiten des bestehenden Entsorgungsvertrags für Restmüll und des Bioabfallvertrags und die damit verbundenen Unsicherheiten auflösen.

Da es sich um eine Teildelegation der Entsorgungspflicht vom Kreis Recklinghausen auf den Kreis Borken handelt, besteht insoweit keine Ausschreibungspflicht.

Die öffentlich-rechtliche Vereinbarung wird gemäß §§ 23, 24 i.V.m. § 29 Abs. 4 GKG der Bezirksregierung Münster als Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorgelegt.


Verarbeitung der Bioabfälle

Die Bioabfälle (rund 40.000 t) können wie folgt am Standort Gescher verarbeitet werden:

·         Die erste Intensivrottelinie der MBA, in der Bioabfälle aus Dortmund verarbeitet werden, hat eine freie Kapazität von rund 5.000 t

·         In der Kompostierungsanlage werden bereits heute etwa 8.000 t Bioabfälle aus dem Kreis Recklinghausen verarbeitet.

·         Die zweite Intensivrottelinie der MBA soll ebenfalls umgenutzt werden (27.000 t). Hierdurch wird die erforderliche Kapazität erreicht.

Die EGW erzeugt aus dem Bioabfall hochwertigen Kompost und führt zudem einen Teil des Bioabfalls – die nach Abpressen entstehende energiereiche Biosuspension – einer energetischen Verwertung in der eigenen Vergärungsanlage zu. Diese enge Anlagevernetzung, die im Rahmen des Forschungs - und Entwicklungsvorhabens „Energieeffiziente Bioabfallbehandlung" erreicht werden konnte, führt zu verschiedenen Vorteilen. So konnte in der Kompostierung eine höhere Durchsatzleistung und in der Vergärung eine Kostenreduktion erreicht werden, da die Ver- und Entsorgung der Anlage in die bestehenden Stoffströme eingebunden wird. Die Gewährleistung einer solch hochwertigen Bioabfallverwertung hat für den Kreis Recklinghausen einen großen Stellenwert.

Die komplette Umnutzung der Intensivrotte der MBA macht aus Sicht der egw Sinn. So ist die egw als Betreiber einer MBA im derzeitigen und sich entwickelnden Marktumfeld nicht Kostenführer für die Behandlung von Restabfällen. Die MBA-Technologie ist jedoch sehr flexibel, so dass auf den Markt reagiert werden kann. So soll die Stärke der egw, die biologische Abfallbehandlung, forciert werden. Über den avisierten Vertrag kann man die Auslastung der bestehenden Anlagen über 10 Jahre sicherstellen. Die mechanische Restabfallbehandlung würde nach wie vor stattfinden. Die Sortierreste, die derzeit biologisch behandelt und anschließend auf der Deponie in Ennigerloh abgelagert werden, würden in Zukunft in der energetischen Verwertung zum Einsatz kommen. Die Absatzmöglichkeiten für diesen Stoffstrom sind angesichts der strukturellen Kapazitätsüberhänge im MVA-Bereich vergleichbar gut. So kann die hochwertige Verwertung von aussortierten Stoffströmen aus der mechanischen Behandlung beibehalten sowie eine kostengünstige Beseitigung der Siebreste erreicht werden.

Die Kooperation mit dem Kreis Warendorf und der AWG, über die die Deponierung des Rotteoutputs auf der Deponie Ennigerloh geregelt wurde, läuft in der Folge leer. Mit der AWG werden derzeit konstruktive Gespräche geführt, den Entsorgungsweg für andere deponierbare Abfälle (z.B. Asbest) zu nutzen, für die der Kreis Borken / die egw keine eigenen Entsorgungswege hat.

Die Umnutzung der zweiten Linie der Intensivrotte muss bei der Bezirksregierung Münster beantragt werden. Diese begleitet und unterstützt das Vorhaben. Es werden keine Probleme erwartet, da die egw sich innerhalb der genehmigten flächenbezogenen Immissionskontingente und Annahmekapazitäten bewegt.

Im Ergebnis stellt die geplante Kooperation eine gute Entwicklungsperspektive im Kerngeschäftsfeld der Behandlung von biogenen Abfällen für die egw dar.