Antrag der FDP-Gruppe v. 16.01.2015
Die Kreisverwaltung wird beauftragt, nach Vorlage der Ergebnisse des
Forschungsvorhabens „Deponierückbau Pohlsche Heide“ im Kreis
Minden-Lübbecke/OWL diese dem Fachausschuss darzustellen und in Hinblick auf
die Situation der Hausmülldeponien im Kreis Borken Umsetzungsmöglichkeiten
darzustellen.
Sachdarstellung:
Der Kreis Minden-Lübbecke und der Abfallentsorgungsbetrieb des Kreises
Minden-Lübbecke, die technische Universität Braunschweig und die technische
Universität Clausthal, die RWT Aachen sowie die Institute für Energie- und
Umweltforschung Heidelberg (IFEU) und das Ökoinstitut führen unter Beteiligung
des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ein Verbundprojekt auf den
Siedlungsabfalldeponien des Kreises Minden-Lübbecke durch.
Seit Sommer 2013 werden Abfälle der dortigen Deponie „Pohlsche Heide“
durch Probebohrungen geborgen und auf Verwertbares unter-sucht. Im Rahmen des
Forschungsprojektes zum Deponierückbau soll als Ziel erreicht werden, dass
durch eine ganzheitliche Untersuchung die in den Deponieköpern enthaltenen
Wertstoffe ermittelt werden und die Entwicklung eines Gesamtkonzeptes zum
Rückbau bestehender Deponieflächen für Siedlungsabfall und Schlacken unter
weitestgehender Nutzung der darin enthaltenen Ressourcen erstellt wird.
Im Rahmen einer Anfrage aus dem Jahr 2012 durch die damalige
FDP-Kreistagsfraktion hat der Kreis Borken bereits eine Stellungnahme
abgegeben. Zusammengefasst ergibt sich danach folgendes:
Die zu erwartenden Rückbaukosten würden (Stand 2010) die
prognostizierten Nachsorgekosten aus dem Gutachten zur Kostenabschätzung für
den Betriebsabschluss und für die Nachsorgephase um ein Vielfaches übersteigen.
Für die Nachsorge aller sechs Deponien bis 2035 seien Rückstellungsgesamtkosten
in Höhe von brutto 31 Mio. Euro ermittelt worden. Für die auf den Deponien Ahaus-Alstätte
III und der Deponie Borken-Hoxfeld abgelagerten Abfälle ergäben sich hieraus
Kosten von 46,8 Mio. Euro ohne Entsorgung und Rekultivierung. Die Kosten für
eine thermische Verwertung dieser Abfälle überstiegen dann die Kosten der
Nachsorgeaufwendungen um ein Vielfaches. Zum jetzigen Zeitpunkt stelle daher
der Rückbau der Deponien noch keine Alternative zu den bereits eingeleiteten
Nachsorgemaßnahmen dar.
Diese Aussage war mit Stand Februar 2012 richtig. Mittlerweile haben
sich allerdings die Voraussetzungen etwas geändert, weshalb es sich nach
Auffassung der FDP-Gruppe lohnt, sich mit dem Thema erneut zu befassen.
Nach § 36 d Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz müssen die Kosten für
eine Stilllegung und Nachsorge für einen Zeitraum von mindestens 30 Jahren
rückgestellt werden. Eine Entlassung aus der Nachsorge bei der Berücksichtigung
des jetzigen Wissenstandes ist aber zu diesem Zeitpunkt in den meisten Fällen
noch nicht möglich. Zumindest bei den mit dem Thema Deponierückbau befassten
Wissenschaftlern (Rettenberger, G. (2009) Deponierückbau als Alternative zur
Sanierung? Fachhochschule Trier) ist durchgängig Meinung, dass ein
Deponierückbau ein „Muss“ wäre, wenn man die Nachsorgezeiträume der Realität
anpassen würde. Wenn man als Deponiebetreiber dem Grundsatz, dass die Kosten
für die Nachsorge einer Deponie nicht auf die nachfolgenden Generationen
übertragen werden sollen, Folge leisten will, sollte man über alternative
Maßnahmen wie den Rückbau nachdenken.
Richtig ist dabei zunächst, dass zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht mit
Erlösen für Sekundärbrennstoffe zu rechnen ist. Außerdem erscheint es zum
jetzigen Zeitpunkt fraglich, ob die geforderten Qualitäten bei Wertstoffen aus
einer Rückbaumaßnahme erzielt werden können.
Insgesamt ergibt sich, dass die Wirtschaftlichkeit eines Rückbaus vom
Zeitpunkt der Rückbaumaßnahme und der Entwicklung des Preisniveaus abhängt.
Das Problem besteht darüber hinaus zunächst darin, dass die
Nachsorgezeiträume sich auf 30 Jahre fokussieren. Fakt ist allerdings auch,
dass damit die Nachsorge als solche nicht beendet ist, sondern je nach
Fachrichtung in der Wissenschaft Zeiträume von weiteren 30 bis 300 Jahren
diskutiert werden.
Vor diesem Hintergrund ist zwar sicherlich richtig, dass nach wie vor
ein wirtschaftlicher Deponierückbau nicht betreiben werden kann. Diese Aussage
gilt aber nur für den jetzigen Zeitpunkt. Berücksichtigt man allerdings, dass
in Zukunft mit steigenden Primär- und Sekundärrohstoffpreisen zu rechnen ist
(was ernsthaft von niemandem bestritten wird) stellt sich nicht die Frage, ob
der Rückbau einer Siedlungsabfalldeponie in Zukunft wirtschaftlich sein kann,
sondern wann dieser Zeitpunkt erreicht ist.
Untersuchungen zur Siedlungsabfalldeponie Coesfeld-Höven gehen
jedenfalls davon aus, dass spätestens mit der Verdoppelung der Rohöl-Preise und
einer nicht unrealistischen Nachsorgedauer von 50 Jahren das Preisniveau für
die Entsorgung der aus einem Deponierückbau gewonnen heizwertreichen Fraktion
soweit abgesunken sein wird, dass der Rückbau der dortigen Deponie dann
wirtschaftlich ist.
Der Antrag der FDP-Gruppe geht dahin, dass der Fachausschuss zunächst im
Lauf des Jahres 2015 durch die Kreisverwaltung dahingehend informiert wird, wie
sich die Ergebnisse des Forschungsprojektes “ Pohlsche Heide“ in
Minden-Lübbecke darstellen. Mit dem entsprechenden Forschungsbericht wird für
die zweite Jahreshälfte 2015 gerechnet. Danach wäre dann zu prüfen, ob und
inwieweit die dort gefundenen Ergebnisse auf den Kreis Borken übertragbar sind
bzw. verwertbar sind. Daraus wiederum wären weitere Schritte für die Zukunft zu
planen.
Probebohrungen wären auch im Kreis Borken rechtlich durchaus möglich,
weil ansonsten die Probebohrungen im Rahmen des Forschungsprojektes durch die
Bezirksregierung OWL für Minden-Lübbecke kaum hätten genehmigt werden können.
Was für OWL gilt, müsste eigentlich auch für den Regierungsbezirk Münsterland
Gültigkeit haben.
Eine weitere Begründung erfolgt im Rahmen der Sitzung des Fachausschusses.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Schöning
Sprecher der FDP-Gruppe im Kreistag