Betreff
Reduzierung der Unfallschwerpunkte im Kreis Borken - Antwort der Verwaltung auf den Haushaltsantrag der SPD-Fraktion (07-01) zum Budget 07
Vorlage
0056/2017/KREIS
Art
Beschlussvorlage

Der Antrag der SPD-Fraktion wird abgelehnt.

 

Für eine generelle Begutachtung aller Unfallhäufungsstellen durch einen externen Gutachter besteht kein Erfordernis.

 


Sachdarstellung:

1.    Grundsätze der Bekämpfung von Unfallhäufungsstellen

Die Verkehrsunfallbekämpfung im Kreis Borken erfolgt nach einem bundesweit weitestgehend einheitlich vorgegebenen Verfahren. Die sachliche Zuständigkeit zur Identifizierung und Bekämpfung von Unfallhäufungsstellen ergibt sich aus der Verwaltungsvorschrift zu § 44 Absatz 2 der Straßenverkehrsordnung (StVO). Danach werden die Straßenverkehrsbehörden, die Träger der Straßenbaulast und die Polizei ausdrücklich zur engen Zusammenarbeit mit dem Ziel der Verkehrsunfallbekämpfung verpflichtet. Zu diesem Zweck sieht die Verwaltungsvorschrift vor, dass die Straßenverkehrsbehörden Unfallkommissionen errichten.

 

Das Land NRW hat die Aufgaben, Organisation und Zuständigkeiten der Unfallkommission in dem gemeinsamen Runderlass Gem. RdErl. des Innenministeriums u. d. Ministeriums für Bauen und Verkehr - III B 3 - 75 - 05 / 2 - vom 11. März 2008 „Aufgaben der Unfallkommission in Nordrhein-Westfalen“ konkret geregelt.

 

Die Unfallkommission hat das Verkehrsgeschehen an Unfallhäufungsstellen zu beobachten, auszuwerten und Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit zu beraten und zu beschließen.

 

 

Bei den Maßnahmen kann es sich um

 

·         verkehrsregelnde oder –lenkende Maßnahmen,

·         Maßnahmen der Verkehrsüberwachung,

·         Maßnahmen der Verkehrssicherheitsberatung und

·         straßenbauliche bzw. verkehrstechnische Maßnahmen

handeln.

 

Die Verantwortung für die Durchführung dieser Maßnahmen liegt bei den örtlich zuständigen Straßenverkehrsbehörden, Trägern der Straßenbaulast bzw. Kreispolizeibehörden.

 

2.    Straßenverkehrsbehörden im Kreis Borken

Im Kreis Borken existieren insgesamt fünf Straßenverkehrsbehörden. Sie sind bei den Städten Gronau, Ahaus, Borken, Bocholt -mit Zuständigkeiten für das jeweilige Gemeindegebiet- sowie beim Kreis Borken - für die Gebiete der übrigen Kommunen im Kreis Borken- angesiedelt.

 

Zur Verfahrensoptimierung sowie zur Reduzierung von Kommunikationshemmnissen wurde dem Kreis Borken im Einvernehmen mit den Straßenverkehrsbehörden Gronau, Ahaus, Borken, Bocholt der Vorsitz in der Unfallkommission übertragen und damit im Ergebnis eine kreisweite Unfallkommission errichtet.

 

3.    Zusammensetzung der Unfallkommission

Die Unfallkommission des Kreises Borken hat folgende Teilnehmer:

 

1. Vertreter des Fachbereichs Verkehr (36) des Kreises Borken

2. Vertreter des Kreisbetriebs (81) des Kreises Borken (für Kreisstraßen)

3. Vertreter des Landesbetriebs Straßenbau Nordrhein-Westfalen (für Bundes- und Landesstraßen)

4. Vertreter der Straßenverkehrsbehörden der Städte Ahaus, Bocholt, Borken und Gronau

5. Vertreter der Kommunen im Kreis Borken (für Gemeindestraßen im Zuständigkeitsbereich)

6. Vertreter der Bezirksregierung Münster, Dezernat Verkehr

7. Vertreter der Kreispolizeibehörde Borken

 

In die Unfallkommission werden Vertreter der Behörden entsandt, die auf dem Gebiet der Unfallprävention neben ihrer beruflichen Qualifikation durch spezifische Schulungen über eine entsprechende Fachkunde verfügen. Der Leiter der Unfallkommission Bernhard Sieverding ist sogar zertifizierter „Sicherheitsauditor von Innerortsstraßen und Ortsdurchfahrten“.

 

4.    Ermittlung der Unfallhäufungsstellen

Die Kreispolizeibehörde Borken ermittelt die Unfallhäufungsstellen anhand eines dezidiert vorgegebenen Verfahrens.

 

Die Verkehrsunfälle werden von der Polizei in verschiedene Kategorien eingeordnet.

 

 

 

Hierzu zählen u.a. folgende Kategorien:

 

Kategorie 1: Verkehrsunfall mit Getöteten

Kategorie 2: Verkehrsunfall mit Schwerverletzten

Kategorie 3: Verkehrsunfall mit Leichtverletzen

Kategorie 4: Schwerwiegender Verkehrsunfall mit Sachschaden

Kategorie 5: Sonstiger Sachschadensunfall ohne Alkoholeinwirkung und ohne Verkehrsunfallflucht.

 

Des Weiteren wird der Unfalltyp erfasst. Der Unfalltyp beschreibt die Unfallursache, welche ein bestimmter Verkehrsvorgang und/oder eine Konfliktsituation sein kann.

 

In der Unfalluntersuchung werden sieben Unfalltypen unterschieden:

 

§  Unfalltyp 1: Fahrunfall (F)

§  Unfalltyp 2: Abbiege-Unfall (AB)

§  Unfalltyp 3: Einbiegen/Kreuzen-Unfall (EK)

§  Unfalltyp 4: Überschreiten-Unfall (ÜS)

§  Unfalltyp 5: Unfall durch ruhenden Verkehr (RV)

§  Unfalltyp 6: Unfall im Längsverkehr (LV)

§  Unfalltyp 7: Sonstiger Unfall (SO)

Anhand dieser Kategorien und Grundtypen identifiziert die Kreispolizeibehörde Borken die Unfallhäufungsstellen im Kreisgebiet.

 

Eine Unfallhäufungsstelle wird bejaht, wenn es innerhalb eines Kalenderjahres zu mindestens drei Unfällen der Kategorien 1-4 des gleichen Unfalltyps an einem Verkehrsknoten bzw. Streckenabschnitt kommt. Ein Streckenabschnitt umfasst innerhalb geschlossener Ortschaften 200 m und außerhalb geschlossener Ortschaften 500 m.

 

Daneben gelten Verkehrsknoten und Streckenabschnitte als Unfallhäufungsstellen, bei denen innerhalb von drei Kalenderjahren mindestens drei Verkehrsunfälle mit schweren Unfallfolgen, nämlich der Kategorien 1 und 2 auftraten.

Die Polizei meldet der Unfallkommission die Unfallhäufungsstelle und stellt dieser zusätzlich sorgfältig aufbereitete Daten über den gesamten Unfallhergang zur Verfügung.

 

 

5.    Verbindlichkeit der Beschlüsse der Unfallkommission

Die Unfallkommission berät in regelmäßigen Abständen, ob bauliche oder verkehrliche Gegebenheiten des Unfallortes ursächlich für das Unfallgeschehen waren und legt Maßnahmen zur Beseitigung der festgestellten unfallbegünstigenden Faktoren fest. Nach 4.3 des Runderlasses sind die beteiligten Behörden an die gemeinsamen Beschlüsse gebunden und haben diese zeitnah umzusetzen.

 

6.    Zuständigkeit für die Umsetzung von Maßnahmen

Umgesetzt werden die Maßnahmen durch die zuständige Straßenverkehrsbehörde oder den Träger der Straßenbaulast. Die Umsetzung der konkreten Maßnahmen betrifft überwiegend den Zuständigkeitsbereich der Städte und Gemeinden als Straßenbaulastträger bzw. bei den Städten Gronau, Ahaus, Borken und Bocholt auch als Straßenverkehrsbehörde. Ist der Kreis Borken in der überwiegenden Zahl der Fälle nicht für die Durchführung der Maßnahmen zuständig ist, dann zählt auch eine gutachterliche Unfallanalyse der Unfallhäufungsstellen im gesamten Kreisgebiet nicht zu den Aufgaben Kreises.

 

7.    Externe Unterstützung im Zuge der Aufgabenbewältigung

Wenn nach dem Ergebnis der Beratung in der Unfallkommission eine ergänzende fachliche Unterstützung erforderlich ist, kann die Unfallkommission -nach Beschluss- zudem auch weitere Fachleute aus anderen Behörden, Institutionen und Interessenverbänden zu den Beratungen der Unfallkommission hinzuziehen. Auch eine gutachterliche Bewertung durch einen externen Sachverständigen kann ggf. in Auftrag gegeben werden, wenn sich die Unfallursache nicht abschließend klären lässt. 

 

Über den Sachverständigentitel im Budget 12 stehen für die Unfallhäufungsstellen an Kreisstraßen ausreichende Haushaltsmittel zur Verfügung. In anderen Fällen müsste der jeweilige Träger der Straßenbaulast die Gutachterkosten tragen.

 

Für eine externe gutachterliche Analyse sämtlicher Unfallhäufungsstellen wird angesichts der Fach-und Sachkunde der Unfallkommission aber kein Bedarf gesehen.

 

8.    Schwerwiegende Unfallursachen

Die Unfallursachen werden auch über die Arbeit in der Unfallkommission hinaus in enger Zusammenarbeit mit den Straßenverkehrsbehörden, den Trägern der Straßenbaulast und der Kreispolizeibehörde näher betrachtet.

 

Bei schwerwiegenden Unfällen, insbesondere bei Unfällen mit Toten, findet umgehend ein Ortstermin statt, an dem neben dem Fachbereich Verkehr des Kreises Borken auch Polizeibeamte der KPB Borken und Vertreter des Straßenbaulastträgers teilnehmen. Dabei wird ebenfalls geprüft, ob unfallbegünstigende Faktoren wie Mängel beim Straßenzustand, bei den Verkehrszeichen und -markierungen vorliegen können.

 

9.    Verkehrsschauen

Der Kreis Borken führt als Straßenverkehrsbehörde regelmäßig Verkehrsschauen in den Städten und Gemeinden durch. An diesen Verkehrsschauen nehmen ebenfalls Vertreter der KPB Borken, der Gemeinde und des Straßenbaulastträgers teil.

 

10.  Fazit

Da eine qualifizierte Analyse der Unfallursachen durch die enge Zusammenarbeit der KPB Borken, der Straßenverkehrsbehörden und Träger der Straßenbaulast im Kreisgebiet erfolgt, wird kein Bedarf für eine umfassende flächendeckende Betrachtung gesehen. Bereits über diesen interdisziplinären Austausch zwischen den Fachbehörden wird sachgerecht bewertet, welche Maßnahmen zur Verhinderung der Unfallursachen zu treffen sind. Angesichts der derzeitigen Entwicklung der Unfallstatistik wird jedoch der Anlass gesehen, dass sich der Verkehrsausschuss in seiner nächsten Sitzung mit dem Thema Unfallstatistik, -ursachen und –bekämpfung konkret unter Beiladung der Polizei beschäftigt.