Der Antrag der SPD-Fraktion wird abgelehnt.
Für eine generelle Begutachtung aller
Unfallhäufungsstellen durch einen externen Gutachter besteht kein Erfordernis.
Sachdarstellung:
1.
Grundsätze der Bekämpfung von Unfallhäufungsstellen
Die Verkehrsunfallbekämpfung im Kreis Borken erfolgt nach einem
bundesweit weitestgehend einheitlich vorgegebenen Verfahren. Die sachliche
Zuständigkeit zur Identifizierung und Bekämpfung von Unfallhäufungsstellen
ergibt sich aus der Verwaltungsvorschrift zu § 44 Absatz 2 der
Straßenverkehrsordnung (StVO). Danach werden die Straßenverkehrsbehörden, die
Träger der Straßenbaulast und die Polizei ausdrücklich zur engen Zusammenarbeit
mit dem Ziel der Verkehrsunfallbekämpfung verpflichtet. Zu diesem Zweck sieht
die Verwaltungsvorschrift vor, dass die Straßenverkehrsbehörden
Unfallkommissionen errichten.
Das Land NRW hat
die Aufgaben, Organisation und Zuständigkeiten der Unfallkommission in dem
gemeinsamen Runderlass Gem. RdErl. des
Innenministeriums u. d. Ministeriums für Bauen und Verkehr - III B 3 - 75 - 05
/ 2 - vom 11. März 2008 „Aufgaben der Unfallkommission in Nordrhein-Westfalen“ konkret geregelt.
Die Unfallkommission hat das Verkehrsgeschehen an Unfallhäufungsstellen
zu beobachten, auszuwerten und Maßnahmen zur Verbesserung der
Verkehrssicherheit zu beraten und zu beschließen.
Bei den Maßnahmen kann es sich um
·
verkehrsregelnde oder
–lenkende Maßnahmen,
·
Maßnahmen der
Verkehrsüberwachung,
·
Maßnahmen der
Verkehrssicherheitsberatung und
·
straßenbauliche bzw.
verkehrstechnische Maßnahmen
handeln.
Die Verantwortung für die Durchführung
dieser Maßnahmen liegt bei den örtlich zuständigen Straßenverkehrsbehörden,
Trägern der Straßenbaulast bzw. Kreispolizeibehörden.
2.
Straßenverkehrsbehörden im Kreis Borken
Im Kreis Borken existieren insgesamt fünf Straßenverkehrsbehörden. Sie
sind bei den Städten Gronau, Ahaus, Borken, Bocholt -mit Zuständigkeiten für
das jeweilige Gemeindegebiet- sowie beim Kreis Borken - für die Gebiete der
übrigen Kommunen im Kreis Borken- angesiedelt.
Zur Verfahrensoptimierung sowie zur Reduzierung von
Kommunikationshemmnissen wurde dem Kreis Borken im Einvernehmen mit den
Straßenverkehrsbehörden Gronau, Ahaus, Borken, Bocholt der Vorsitz in der
Unfallkommission übertragen und damit im Ergebnis eine kreisweite
Unfallkommission errichtet.
3.
Zusammensetzung der Unfallkommission
Die Unfallkommission des Kreises Borken hat
folgende Teilnehmer:
1. Vertreter des Fachbereichs Verkehr (36) des
Kreises Borken
2. Vertreter des Kreisbetriebs (81) des Kreises
Borken (für Kreisstraßen)
3. Vertreter des
Landesbetriebs Straßenbau Nordrhein-Westfalen (für Bundes- und Landesstraßen)
4. Vertreter der
Straßenverkehrsbehörden der Städte Ahaus, Bocholt, Borken und Gronau
5. Vertreter der
Kommunen im Kreis Borken (für Gemeindestraßen im Zuständigkeitsbereich)
6. Vertreter der
Bezirksregierung Münster, Dezernat Verkehr
7. Vertreter der
Kreispolizeibehörde Borken
In die Unfallkommission werden Vertreter der Behörden entsandt, die auf
dem Gebiet der Unfallprävention neben ihrer beruflichen Qualifikation durch
spezifische Schulungen über eine entsprechende Fachkunde verfügen. Der Leiter
der Unfallkommission Bernhard Sieverding ist sogar zertifizierter
„Sicherheitsauditor von Innerortsstraßen und Ortsdurchfahrten“.
4.
Ermittlung der Unfallhäufungsstellen
Die Kreispolizeibehörde Borken ermittelt die Unfallhäufungsstellen
anhand eines dezidiert vorgegebenen Verfahrens.
Die Verkehrsunfälle werden von der Polizei in
verschiedene Kategorien eingeordnet.
Hierzu zählen u.a. folgende Kategorien:
Kategorie 1: Verkehrsunfall
mit Getöteten
Kategorie 2: Verkehrsunfall
mit Schwerverletzten
Kategorie 3: Verkehrsunfall
mit Leichtverletzen
Kategorie 4: Schwerwiegender
Verkehrsunfall mit Sachschaden
Kategorie 5: Sonstiger Sachschadensunfall ohne
Alkoholeinwirkung und ohne Verkehrsunfallflucht.
Des Weiteren wird der Unfalltyp erfasst. Der Unfalltyp beschreibt die
Unfallursache, welche ein bestimmter Verkehrsvorgang und/oder eine
Konfliktsituation sein kann.
In der Unfalluntersuchung werden sieben Unfalltypen
unterschieden:
§ Unfalltyp 1: Fahrunfall (F)
§ Unfalltyp 2: Abbiege-Unfall (AB)
§ Unfalltyp 3: Einbiegen/Kreuzen-Unfall (EK)
§ Unfalltyp 4: Überschreiten-Unfall (ÜS)
§ Unfalltyp 5: Unfall durch ruhenden Verkehr (RV)
§ Unfalltyp 6: Unfall im Längsverkehr (LV)
§ Unfalltyp 7: Sonstiger Unfall (SO)
Anhand dieser Kategorien und Grundtypen identifiziert die
Kreispolizeibehörde Borken die Unfallhäufungsstellen im Kreisgebiet.
Eine Unfallhäufungsstelle wird bejaht, wenn es innerhalb eines Kalenderjahres zu mindestens drei Unfällen der Kategorien 1-4 des gleichen Unfalltyps an einem
Verkehrsknoten bzw. Streckenabschnitt kommt. Ein Streckenabschnitt umfasst
innerhalb geschlossener Ortschaften 200 m und außerhalb geschlossener
Ortschaften 500 m.
Daneben gelten Verkehrsknoten und Streckenabschnitte als Unfallhäufungsstellen,
bei denen innerhalb von drei Kalenderjahren mindestens drei Verkehrsunfälle mit
schweren Unfallfolgen, nämlich der Kategorien 1 und 2 auftraten.
Die Polizei meldet der Unfallkommission die Unfallhäufungsstelle und
stellt dieser zusätzlich sorgfältig aufbereitete Daten über den gesamten
Unfallhergang zur Verfügung.
5.
Verbindlichkeit der Beschlüsse der Unfallkommission
Die Unfallkommission berät in regelmäßigen Abständen, ob bauliche oder
verkehrliche Gegebenheiten des Unfallortes ursächlich für das Unfallgeschehen
waren und legt Maßnahmen zur Beseitigung der festgestellten
unfallbegünstigenden Faktoren fest. Nach 4.3 des Runderlasses sind die
beteiligten Behörden an die gemeinsamen Beschlüsse gebunden und haben diese
zeitnah umzusetzen.
6.
Zuständigkeit für die Umsetzung von Maßnahmen
Umgesetzt werden die Maßnahmen durch die zuständige
Straßenverkehrsbehörde oder den Träger der Straßenbaulast. Die Umsetzung der
konkreten Maßnahmen betrifft überwiegend den Zuständigkeitsbereich der Städte
und Gemeinden als Straßenbaulastträger bzw. bei den Städten Gronau, Ahaus,
Borken und Bocholt auch als Straßenverkehrsbehörde. Ist der Kreis Borken in der
überwiegenden Zahl der Fälle nicht für die Durchführung der Maßnahmen zuständig
ist, dann zählt auch eine gutachterliche Unfallanalyse der
Unfallhäufungsstellen im gesamten Kreisgebiet nicht zu den Aufgaben Kreises.
7.
Externe Unterstützung im Zuge der Aufgabenbewältigung
Wenn nach dem Ergebnis der Beratung in der Unfallkommission eine
ergänzende fachliche Unterstützung erforderlich ist, kann die Unfallkommission
-nach Beschluss- zudem auch weitere Fachleute aus anderen Behörden,
Institutionen und Interessenverbänden zu den Beratungen der Unfallkommission
hinzuziehen. Auch eine gutachterliche Bewertung durch einen externen
Sachverständigen kann ggf. in Auftrag gegeben werden, wenn sich die
Unfallursache nicht abschließend klären lässt.
Über den Sachverständigentitel im Budget 12 stehen für die
Unfallhäufungsstellen an Kreisstraßen ausreichende Haushaltsmittel zur
Verfügung. In anderen Fällen müsste der jeweilige Träger der Straßenbaulast die
Gutachterkosten tragen.
Für eine externe gutachterliche Analyse sämtlicher Unfallhäufungsstellen
wird angesichts der Fach-und Sachkunde der Unfallkommission aber kein Bedarf
gesehen.
8.
Schwerwiegende Unfallursachen
Die Unfallursachen werden auch über die Arbeit in der Unfallkommission
hinaus in enger Zusammenarbeit mit den Straßenverkehrsbehörden, den Trägern der
Straßenbaulast und der Kreispolizeibehörde näher betrachtet.
Bei schwerwiegenden Unfällen, insbesondere bei Unfällen mit Toten,
findet umgehend ein Ortstermin statt, an dem neben dem Fachbereich Verkehr des
Kreises Borken auch Polizeibeamte der KPB Borken und Vertreter des
Straßenbaulastträgers teilnehmen. Dabei wird ebenfalls geprüft, ob
unfallbegünstigende Faktoren wie Mängel beim Straßenzustand, bei den
Verkehrszeichen und -markierungen vorliegen können.
9.
Verkehrsschauen
Der Kreis Borken führt als Straßenverkehrsbehörde regelmäßig
Verkehrsschauen in den Städten und Gemeinden durch. An diesen Verkehrsschauen
nehmen ebenfalls Vertreter der KPB Borken, der Gemeinde und des
Straßenbaulastträgers teil.
10. Fazit
Da eine qualifizierte Analyse der Unfallursachen durch die enge Zusammenarbeit
der KPB Borken, der Straßenverkehrsbehörden und Träger der Straßenbaulast im
Kreisgebiet erfolgt, wird kein Bedarf für eine umfassende flächendeckende
Betrachtung gesehen. Bereits über diesen interdisziplinären Austausch zwischen
den Fachbehörden wird sachgerecht bewertet, welche Maßnahmen zur Verhinderung
der Unfallursachen zu treffen sind. Angesichts der derzeitigen Entwicklung der
Unfallstatistik wird jedoch der Anlass gesehen, dass sich der Verkehrsausschuss
in seiner nächsten Sitzung mit dem Thema Unfallstatistik, -ursachen und
–bekämpfung konkret unter Beiladung der Polizei beschäftigt.