Betreff
Entwicklung der Hilfen zur Erziehung - hier: Forschungsprojekt mit der Fachhochschule Münster
Vorlage
0143/2017/KREIS
Art
Beschlussvorlage

Entwicklung der Hilfen zur Erziehung

hier: Forschungsprojekt mit der Fachhochschule Münster, Fachbereich Sozialwesen.

 


Rechtsgrundlage:

§§ 79, 80 SGB VIII

 

Sachdarstellung:

In einem fortwährenden Planungsprozess befasst sich das Jugendamt seit 2012 insbesondere mit der Frage sozialräumlich unterschiedlicher Fallbelastungen bei den Hilfen zur Erziehung im Kreisjugendamtsbezirk.

 

Im Fokus standen dabei zunächst Sozialraumindikatoren (wie z.B. Anteil der Bevölkerung im Sozialhilfebezug, Anteil der Alleinerziehenden etc.), bei denen die Vermutung bestand, dass diese in einem Zusammenhang mit der Häufigkeit von Hilfen zur Erziehung stehen könnten.

Insgesamt wurden mögliche Erklärungsansätze wie folgt systematisiert:

Systematisierung von Erklärungsansätzen für unterschiedliche Sozialraumbelastungen

        Sozialstrukturhypothese

„Sozioökonomische Bedingungen sind bedeutsam für das Fallaufkommen der Hilfen zur Erziehung“

 

     Infrastrukturhypothese

„Der Ausbau der Infrastruktur und Angebote vor Ort hat Einfluss auf das Fallaufkommen“ oder „Prävention verhindert Intervention“ und „Angebot schafft Nachfrage“

 

      Organisationshypothese

„Die Organisation der Hilfen zur Erziehung/Fallbearbeitung ist bedeutsam für das Fallaufkommen“

 

Die umfangreiche Analyse im Hinblick auf die Sozialstrukturhypothese, wurde in 2015 (s. JHA-Sitzung vom 20.01.2015, TOP 7) mit folgenden Erkenntnissen abgeschlossen:

Eindimensionale Zusammenhänge (Korrelationen) zwischen einzelnen Faktoren und dem Fallaufkommen bestehen kaum. Es besteht zudem die Gefahr der Fehlinterpretation

 

• Die Faktoren aus allen drei Hypothesen (Sozialstruktur/ Infrastruktur/ Organisation) können komplex zusammenhängen.

 

• Einzelfallsteuerung muss als komplexes Zusammenspiel aller Dimensionen verstanden werden (Hilfeplanung als Kernprozess)

 

In der Folge hat sich das Jugendamt zunächst intensiv mit der Weiterentwicklung des Hilfeplanungsprozesses befasst. In einer Auftaktveranstaltung unter Begleitung von Frau Prof. Dr. Ader (Katholische Hochschule Münster) wurden weitere Entwicklungsziele der Hilfeplanung erarbeitet, insbesondere zu den Themen

zentrale Methoden und Instrumente für Fallverstehen und sozialpädagogische Diagnostik

Ziele entwickeln, formulieren und aushandeln – die Arbeit mit Zielen in der Hilfeplanung

Daran anschließend wurde in einer internen Arbeitsgruppe eine Arbeitsanweisung für die Hilfeplanung entwickelt, im Dezember 2016 verabschiedet und in Kraft gesetzt. Am 11.05.2017 fand mit Trägern der Erziehungshilfen im Rahmen eines Fachtages ein Austausch hierzu statt. Die verstärkte Orientierung an eindeutigen, messbaren und realistischen Zielen, die für die Beteiligten verständlich formuliert sein müssen, fand auf allen Seiten positive Resonanz. Neben der Aushandlung von Zielen mit den Familien dienen sie auch einer besseren Auftragsklärung zwischen Jugendamt und freiem Träger.

 

In der JHA Sitzung am 06.09.2016 wurde darüber berichtet, dass parallel zu den o.g. Maßnahmen zur Fortentwicklung des Hilfeplanungsprozesses mit der Fachhochschule Münster, Fachbereich Sozialwesen, Gespräche darüber geführt wurden, ob und wie aus der Analyse von Einzelfällen weitere Erkenntnisse gewonnen werden können. Die Fachhochschule, Prof. Dr. Merchel und Prof. Dr. Schone machten deutlich, dass man bislang zu der Erkenntnis gelangt sei, dass trotz aller Bemühungen, Prozesse und Verfahren zu vereinheitlichen, die individuelle Entscheidungsverhalten in der Sozialen Arbeit eine besonderes große Rolle spielten. Insoweit wurde dargestellt, dass sich die Fachhochschule insbesondere auch mit solchen Entscheidungsprozessen befasse. Die Fachhochschule hat hierzu ein Forschungsprojekt erarbeitet (s. Anlage). Wesentliche Fragen aus dem bisherigen Analyseprozess des Kreisjugendamtes Borken, wie etwa die Bedeutung von Sozialfaktoren oder die nach der Angebotspalette werden auch in dem Forschungsprojekt neben dem individuellen Fallverstehen als Leitfragen aufgegriffen.

Die Fachhochschule ist Ihrerseits an den Kreis Borken herangetreten mit der Frage, ob eine Bereitschaft bestehe, vor dem Hintergrund der bisherigen Umsetzungsschritte und Fragestellungen, dieses Projekt zu unterstützen und eine Analyse von konkreten Fallgestaltungen zu ermöglichen.

 

Die Verwaltung des Jugendamtes hat gegenüber der Fachhochschule großes Interesse signalisiert. Die Fachhochschule würde in einem Projekt eine Erhebung durch eine wissenschaftliche Mitarbeiterin sowie wissenschaftliche Hilfskräfte entsprechend der Projektbeschreibung durchführen. Gleichzeitig findet eine fachliche Begleitung durch Prof. Merchel und Prof. Schone statt.

 

An den Gesamtkosten des Projektes (56.000 €) würde sich der Kreis Borken mit 30.000 € beteiligen. Das Projekt könnte mit einer Auftaktveranstaltung für die Beschäftigten im Sozialen Dienst Ende September 2017 beginnen und würde 12 Monate laufen.

 

Entscheidungsalternative(n):

Ja

 

Nein

Die Beteiligung an dem Forschungsprojekt ist freiwillig.

 


Finanzielle Auswirkungen:

Ja

 

Nein

Es entstehen Folgewirkungen, die eine Veränderung des Budgets in Folgejahren Die Gesamtkosten belaufen sich auf 30.000 für 12 Monate. Mit der Fachhochschule ist eine hälftige Zahlung der Zuwendung in den Haushaltsjahren 2017 und 2018 vereinbart worden, die aus dem laufenden Budget finanziert werden soll.