Entwicklung der Hilfen zur Erziehung
hier: Forschungsprojekt mit der Fachhochschule Münster, Fachbereich Sozialwesen.
Rechtsgrundlage:
§§ 79, 80 SGB VIII
Sachdarstellung:
In einem
fortwährenden Planungsprozess befasst sich das Jugendamt seit 2012 insbesondere
mit der Frage sozialräumlich unterschiedlicher Fallbelastungen bei den Hilfen
zur Erziehung im Kreisjugendamtsbezirk.
Im Fokus standen
dabei zunächst Sozialraumindikatoren (wie z.B. Anteil der Bevölkerung im
Sozialhilfebezug, Anteil der Alleinerziehenden etc.), bei denen die Vermutung
bestand, dass diese in einem Zusammenhang mit der Häufigkeit von Hilfen zur
Erziehung stehen könnten.
Insgesamt wurden
mögliche Erklärungsansätze wie folgt systematisiert:
Systematisierung von Erklärungsansätzen für unterschiedliche
Sozialraumbelastungen
•
Sozialstrukturhypothese
„Sozioökonomische Bedingungen sind bedeutsam
für das Fallaufkommen der Hilfen zur Erziehung“
• Infrastrukturhypothese
„Der Ausbau der Infrastruktur und Angebote
vor Ort hat Einfluss auf das Fallaufkommen“ oder „Prävention verhindert
Intervention“ und „Angebot schafft Nachfrage“
•
Organisationshypothese
„Die Organisation der Hilfen zur
Erziehung/Fallbearbeitung ist bedeutsam für das Fallaufkommen“
Die umfangreiche
Analyse im Hinblick auf die Sozialstrukturhypothese, wurde in 2015 (s.
JHA-Sitzung vom 20.01.2015, TOP 7) mit folgenden Erkenntnissen abgeschlossen:
• Eindimensionale Zusammenhänge (Korrelationen) zwischen einzelnen
Faktoren und dem Fallaufkommen bestehen kaum. Es besteht zudem die Gefahr der
Fehlinterpretation
• Die Faktoren aus allen drei Hypothesen
(Sozialstruktur/ Infrastruktur/ Organisation) können komplex zusammenhängen.
• Einzelfallsteuerung muss als komplexes Zusammenspiel aller Dimensionen verstanden werden (Hilfeplanung als Kernprozess)
In der Folge hat
sich das Jugendamt zunächst intensiv mit der Weiterentwicklung des
Hilfeplanungsprozesses befasst. In einer Auftaktveranstaltung unter Begleitung
von Frau Prof. Dr. Ader (Katholische Hochschule Münster) wurden weitere
Entwicklungsziele der Hilfeplanung erarbeitet, insbesondere zu den Themen
• zentrale Methoden und Instrumente für Fallverstehen
und sozialpädagogische Diagnostik
• Ziele entwickeln, formulieren und aushandeln
– die Arbeit mit Zielen in der Hilfeplanung
Daran anschließend
wurde in einer internen Arbeitsgruppe eine Arbeitsanweisung für die
Hilfeplanung entwickelt, im Dezember 2016 verabschiedet und in Kraft gesetzt.
Am 11.05.2017 fand mit Trägern der Erziehungshilfen im Rahmen eines Fachtages
ein Austausch hierzu statt. Die verstärkte Orientierung an eindeutigen,
messbaren und realistischen Zielen, die für die Beteiligten verständlich
formuliert sein müssen, fand auf allen Seiten positive Resonanz. Neben der
Aushandlung von Zielen mit den Familien dienen sie auch einer besseren
Auftragsklärung zwischen Jugendamt und freiem Träger.
In der JHA Sitzung
am 06.09.2016 wurde darüber berichtet, dass parallel zu den o.g. Maßnahmen zur
Fortentwicklung des Hilfeplanungsprozesses mit der Fachhochschule Münster,
Fachbereich Sozialwesen, Gespräche darüber geführt wurden, ob und wie aus der
Analyse von Einzelfällen weitere Erkenntnisse gewonnen werden können. Die
Fachhochschule, Prof. Dr. Merchel und Prof. Dr. Schone machten deutlich, dass
man bislang zu der Erkenntnis gelangt sei, dass trotz aller Bemühungen,
Prozesse und Verfahren zu vereinheitlichen, die individuelle
Entscheidungsverhalten in der Sozialen Arbeit eine besonderes große Rolle
spielten. Insoweit wurde dargestellt, dass sich die Fachhochschule insbesondere
auch mit solchen Entscheidungsprozessen befasse. Die Fachhochschule hat hierzu
ein Forschungsprojekt erarbeitet (s. Anlage). Wesentliche Fragen aus dem
bisherigen Analyseprozess des Kreisjugendamtes Borken, wie etwa die Bedeutung
von Sozialfaktoren oder die nach der Angebotspalette werden auch in dem
Forschungsprojekt neben dem individuellen Fallverstehen als Leitfragen aufgegriffen.
Die Fachhochschule
ist Ihrerseits an den Kreis Borken herangetreten mit der Frage, ob eine
Bereitschaft bestehe, vor dem Hintergrund der bisherigen Umsetzungsschritte und
Fragestellungen, dieses Projekt zu unterstützen und eine Analyse von konkreten
Fallgestaltungen zu ermöglichen.
Die Verwaltung des
Jugendamtes hat gegenüber der Fachhochschule großes Interesse signalisiert. Die
Fachhochschule würde in einem Projekt eine Erhebung durch eine
wissenschaftliche Mitarbeiterin sowie wissenschaftliche Hilfskräfte
entsprechend der Projektbeschreibung durchführen. Gleichzeitig findet eine
fachliche Begleitung durch Prof. Merchel und Prof. Schone statt.
An den
Gesamtkosten des Projektes (56.000 €) würde sich der Kreis Borken mit 30.000 €
beteiligen. Das Projekt könnte mit einer Auftaktveranstaltung für die
Beschäftigten im Sozialen Dienst Ende September 2017 beginnen und würde 12
Monate laufen.
Entscheidungsalternative(n):
|
Ja |
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|
Nein |
Die Beteiligung an dem Forschungsprojekt ist freiwillig.
Finanzielle Auswirkungen:
|
Ja |
|
|
Nein |
Es entstehen Folgewirkungen, die eine
Veränderung des Budgets in Folgejahren Die Gesamtkosten belaufen sich
auf 30.000 für 12 Monate. Mit der Fachhochschule ist eine hälftige Zahlung der
Zuwendung in den Haushaltsjahren 2017 und 2018 vereinbart worden, die aus dem
laufenden Budget finanziert werden soll.